An diesem Punkt stellt sich mir die Frage nach dem Warum. – Warum geben Sie uns keine detaillierten Antworten auf unsere Fragen?
Weil die Fragen für Sie vielleicht zu unbequem sind? Rein organisatorisch sind in Hessen die Kommunen für die Wasserversorgung zuständig. Die Betreiber der Wasser
werke müssen für die Sauberkeit des Wassers sorgen und es zur Verfügung stellen. Das, werte Verantwortliche der Landesregierung, erlaubt Ihnen nicht, sich wegzudrücken, zurückzulehnen und die Verantwortung von sich zu schieben. Sie sind als Regierung in der Pflicht, vorausschauend zu denken, weiter zu blicken. Sie wollen nichts mit der Finanzierung von Trinkwassergewinnungsanlagen, deren Instandhaltung, der technischen Umrüstung und modernen Versickerungsanlagen zu tun haben. Darum sollen sich die Kommunen und Betreiber kümmern; bezahlen soll es der Verbraucher.
Sie sagen: Seitens der Kommunen und/oder der Wasserversorgungsunternehmen sind kostendeckende Wasserpreise und Gebühren zu erheben. – So kommen Sie Ihrer Daseinsvorsorgepflicht nicht nach. Hier üben Sie die Kunst des Von-sich-Weisens.
Die Betreiber sollen auch die Landwirte entschädigen, Kläranlagen ausbauen und das Problem von Verunreinigungen lösen. Die Qualität des Wassers wird nur „fortlaufend“ überprüft. Sie können nicht einmal sagen, wie oft das der Fall ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wollen Sie diese Themen ernsthaft von sich weisen und so tun, als hätten Sie keine Handhabe?
Gleiches gilt für das gewichtige Thema der Verunreinigung unseres Wassers durch Pharmaindustrie, Chemie, Landwirtschaft und Privathaushalte. Sie scheinen einfach nicht wissen zu wollen, was da wirklich los ist. Sie bewerten das Risiko nicht, wollen den Eintrag nicht wirklich minimieren, machen die Thematik fast zum Tabu und schieben alle Verantwortung in die Hände der Betreiber. Wollen Sie bewusst nicht wissen, dass Sie da reagieren müssten? Ist das etwa verantwortungsvolles Regierungshandeln? – Eher nein.
Zur Einführung einer vierten Klärstufe präsentiert das Umweltministerium zwei Pilotprojekte, die finanziell gefördert werden. Das ist aber kein Paukenschlag, keine Sensationsmeldung. Werte Frau Ministerin, es ist doch nicht Ihr Ernst, dass unser hoch entwickeltes Hessenland in Sachen vierte Klärstufe noch im Pilotstadium feststeckt?
Aus Nachbarbundesländern liegen detaillierte Studienergebnisse vor, auf die Sie leicht hätten zurückgreifen können. Bereits im Jahr 2012 hat in Nordrhein-Westfalen der grüne Umweltminister Johannes Remmel eine vierte Klärstufe in Gütersloh eingeweiht, nachdem diese ein Jahr lang erprobt wurde. Es ist lange bekannt, was eine vierte Reinigungsstufe leisten kann und was sie nicht leisten kann.
Wir wissen doch alle sehr gut, welche Mikroverunreinigungen in welchen Gegenden in Hessen unser Wasser belasten. Wir brauchen kein Pilotprojekt in Hessen. Wir brauchen engagiertes Handeln der Verursacher der Verunreinigungen sowie bei der Reinigung selbst.
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass es Verunreinigungen gibt, die auch eine vierte Reinigungsstufe nicht entfernen kann. Daher müssen wir dringend Konzepte entwickeln, die solche Verunreinigungen erst gar nicht ins Trinkwasser kommen lassen.
Warum ergreifen Sie nicht wirklich klare Initiativen? Laut einer Beschwerde von NABU und BUND in Brüssel, bei der Deutschland die Nichteinhaltung der Wasserrahmenrichtlinie vorgeworfen wird, sind auch Rahmenbedingungen dafür angegriffen worden. Es gibt Überschneidungen bei Kompetenzfragen. Die Zuständigkeiten sind offenbar nicht klar.
Eines ist aber klar: Verantwortlich für die Umsetzung der Richtlinie sind in Deutschland die Bundesländer. Sie stehen in der Verantwortung – ob sie wollen oder nicht. Diese Hausaufgaben haben Sie endlich zu machen. Kommen Sie endlich in Bewegung. Handeln Sie endlich, anstatt sich zu belobigen mit Pilotprojekten, Arbeitskreisen, der Entwicklung von Leitbildern und der Erstellung von Hochglanzbroschüren.
Erst 21 der hessischen Gewässer sind in einem guten Zustand, wie ihn Brüssel fordert. 414 Wasserkörper dagegen befinden sich noch in einem mäßigen bis schlechten Zustand. Es wurde erst ein Sechstel der erforderlichen Maßnahmen umgesetzt. Mit zwei Dritteln wurde noch nicht einmal begonnen.
Von den insgesamt 400.000 km Länge deutscher Fließgewässer werden nur 127.000 km überhaupt erfasst. Das ist gerade einmal ein Drittel. Für Hessen bedeutet das, dass von den 24.000 km Fließgewässern nur 8.400 km überhaupt erfasst werden. Über 65 % der hessischen Gewässer kommen somit in den Planungen überhaupt nicht vor. Für sie sind erst gar keine Maßnahmen vorgesehen.
Wie können Sie da zuschauen, frage ich Sie, meine Damen und Herren. Sie sollten sich endlich bewusst machen, dass unser Trinkwasser eines der wichtigsten Güter für das Leben und Überleben auf dieser Erde ist.
Sie sollten sich endlich bewusst machen, dass unser Trinkwasser eines der wichtigsten Güter für das Leben und Überleben auf dieser Erde ist.
Auch wenn einige immer noch davon ausgehen: Es ist keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Gut, das geschützt und bewahrt werden will. Sie schreiben, dass Sie Ihr Handeln an Bundesvorgaben einer beschlossenen Spurenstoffstrategie und EU-Vorgaben ausrichten wollen. Gibt es aber neben Pilotprojekten und Symposien überhaupt etwas, was Sie eigeninitiativ in dieser Angelegenheit tun? Wollen Sie das überhaupt? Sie finden lange Wortreihen, in denen Sie immerzu beschreiben, warum Sie für Bestimmtes nicht zuständig sind.
Ihre Antwort offenbart vor allem eines: Es fehlt die Leidenschaft in dieser Regierung. Sie fehlt beim Thema Trinkwasser. Sie fehlt ebenso – wie wir es in diesen Tagen erleben durften – bei anderen Themen. Sie fehlt beim Willen, voranzugehen. Sie fehlt beim Einsatz für die Menschen in unserem Land. Ich bin enttäuscht von Ihnen und Ihrer Haltung.
Frau Ministerin, warum zeigen Sie uns in den Antworten keine Perspektiven auf oder geben uns zumindest Signale, dass Sie sich bemühen, etwa indem Sie fehlende Informationen beschaffen wollen, Akzente setzen oder wenigstens ein Mindestmaß an Einsatz deutlich wird? Beginnen Sie doch einfach einmal. Lassen Sie sich nicht von der Opposition, von Umwelt- und Interessenverbänden treiben. Warten Sie nicht auf immer neue und weitere Runden und Analysen, sondern schauen Sie auch einmal über den Tellerrand. Schauen Sie einfach, was grüne Umweltminister in anderen Bundesländern bereits umgesetzt haben. Es wird Zeit, dass Sie erwachsen werden, meine Damen und Herren der Regierung.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Löber, ich bin ein wenig überrascht über die Art und Weise, wie Sie diese Große Anfrage lesen. Sie haben gesagt, die Antworten seien sehr spärlich ausgefallen. Ich habe einmal die Große Anfrage und die Antwort mitgenommen, damit man sich ein Bild davon machen kann. Die Antworten umfassen zwölf Seiten, hinzu kommen 20 Seiten Anlagen. Wahrscheinlich haben Sie sich nicht die Mühe gemacht, die einzelnen Daten herauszusuchen. Zur Frage der Trinkwasserversorgung in Hessen liegen aber alle verfügbaren Daten vor. Wir können uns nun über das Trinkwasser im Main-Taunus-Kreis, im Odenwaldkreis, im Wetteraukreis usw. in den Jahren 2005 bis 2015 unterhalten. Wenn Sie nun sagen, es lägen zu wenige Informationen vor, geht das wirklich an der Realität vorbei, Frau Kollegin Löber.
Sie haben eine Große Anfrage bezüglich der Gewässerverunreinigung und bezüglich Arzneimittelrückständen gestellt. Die Antwort auf die Große Anfrage zeigt wieder einmal – und das ist die wichtige Botschaft für die vielen Menschen da draußen –, dass das Grundwasser und das Trinkwasser in Hessen insgesamt von einer sehr guten Qualität sind.
Vereinzelt zeigt sich, dass Arzneimittelrückstände nachgewiesen werden. Das ist übrigens nicht nur in Hessen so, sondern das ist bundesweit ein Problem, dem man sich
auch bundesweit stellen muss. Dem stellt sich auch die Landesregierung. Frau Kollegin Löber, ich weiß nicht, ob Sie die Gelegenheit hatten, an einem spannenden Symposium teilzunehmen, das im März stattgefunden hat. Ich hatte leider keine Zeit. Deshalb ist unsere Referentin dorthin gegangen. Dabei ging es um die Frage, wie man dieses Problem von der Wurzel her angeht. Hierzu gab es sehr spannende Vorträge, über die ich mir habe berichten lassen. Als einen Experten möchte ich Herrn Thomas Hillenbrand vom Fraunhofer-Institut nennen. Dort ist untersucht worden, was man denn tun kann.
Eine spannende Frage ist die Frage der vierten Reinigungsstufe, Frau Kollegin Löber. Das andere ist die Ursache. Es wäre schön, wenn Sie sich mit dem Thema so auseinandersetzen würden, dass Sie sich auch einmal fragen würden, was denn überhaupt Lösungen wären. Bei der vierten Reinigungsstufe sind wir auf Ihrer Seite. Wir meinen auch, dass man mehr vierte Reinigungsstufen einrichten soll, nämlich dort, wo dies sinnvoll ist. Da ist die Landesregierung auch tätig geworden. Sie ist z. B. in Langen tätig geworden. Das ist im Jahr 2011 passiert. Das Projekt wurde fortgeführt und um die Fragestellung der Mikroplastik und der antibiotikaresistenten Keime erweitert. Im August 2017 wurden Projekte in Büttelborn und in Seeheim-Jugenheim vorangetrieben und mit 2,7 Millionen € bezuschusst. Da hat das Land 55 % der förderfähigen Kosten übernommen. Es wird also ganz konkret etwas getan, Frau Kollegin Löber.
Gerade habe ich gesagt, dass es wichtig ist, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Manchmal macht die vierte Reinigungsstufe Sinn. Wir sollten uns aber auch einig sein, dass es wichtig ist, bei den Ursachen anzusetzen. Jetzt nenne ich einmal Ursachen für diese Thematik. Die vierte Reinigungsstufe steht ganz am Schluss. Man muss aber vorne beginnen. Ein wichtiger Aspekt sind Krankenhäuser. Wir haben nämlich viele Arzneimittelrückstände durch die Krankenhäuser und durch Urin, der irgendwann in die Kläranlagen gerät. Bei einigen Sachen wäre es eigentlich relativ einfach, wenn man die Patienten entsprechend informiert und aufklärt, dass man das auffängt, wenn es Röntgenmittel oder Ähnliches gibt.
Ja, so. Frau Kollegin Löber, haben Sie sich einmal mit dem Thema befasst? Warum ist es nicht so einfach? – Weil man das freiwillig machen muss, weil man eine ganz große Informationskampagne braucht. Das hat sich da gezeigt.
Ja, Frau Kollegin Löber, das sind alles Projekte, die das Land Hessen im Rahmen seiner Strategie macht. Ich weiß nicht, ob Sie mitbekommen haben, dass wir gerade eine Spurenstoffstrategie entwickeln, dass dieses Symposium die Grundlage dafür gelegt hat, um Ideen zu entwickeln, um weiterzukommen. Genau diese Punkte wurden nämlich angesprochen: wie schwer es ist, das umzusetzen. Das war ein sehr spannendes Projekt, und es hat gezeigt, dass es sehr aufwendig ist, dass es sehr schwierig ist, Patientinnen und Patienten zu überzeugen. Das geht nur – das ist nämlich der Punkt, Frau Kollegin Löber – im Dialog und in der Kooperation mit den Krankenhäusern selbst.
Deswegen ist das kein Punkt, bei dem Sie sich hinstellen und sagen können, hier passiert ja nichts, sondern hier muss mit allen Beteiligten im Dialog verhandelt werden. Genau das passiert in der Spurenstoffstrategie, dass man hier bei der Ursache anfängt.