Protokoll der Sitzung vom 21.05.2014

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Gegenruf des Abg. Manfred Pentz (CDU): Hören Sie doch zu!)

Meine Damen und Herren, wie Sie genau wissen, ist die Stilllegungsverfügung, die Begründung der Verfügung, wörtlich vom Bund vorgegeben.

(Timon Gremmels (SPD): Nein, nein!)

Außerdem ist vorgegeben – Zitat –: „Der Bund legt Wert auf einen einheitlichen Verwaltungsvollzug.“ Meine Damen und Herren, das kann ernsthaft niemand bestreiten; das ergibt sich aus den Fakten. Deshalb ist es richtig, dass sowohl der Form als auch dem Inhalt nach der Bund die Dinge bestimmt hat.

(Norbert Schmitt (SPD): Nein, nicht der Form nach!)

Deshalb – das ist mir wichtig, und darüber müssen wir nicht streiten, weil wir ein gemeinsames Interesse haben – handeln Länderbehörden, Bayern, Hessen, egal wer, im Auftrag des Bundes in Bundesauftragsverwaltung. Das richtet sich so nach Art. 104a Abs. 2 Grundgesetz. Darin steht, dass für die entsprechenden Ausgaben – das gilt übrigens auch für die 3 Millionen € Verfahrenskosten, die angefallen sind und die wir dem Bund in Rechnung stellen werden –,

(Norbert Schmitt (SPD): Ich denke, es sind 2!)

der Bund haftet.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß nicht, 2 oder 3. – Das gilt natürlich auch für eventuelle Schadenersatzansprüche, damit das noch einmal geklärt ist. Weil das so ist, ist zunächst im Ergebnis festzustellen: Es gab kein dilettantisches Handeln der Landesregierung,

(Lachen bei der SPD)

sondern die Hessische Landesregierung hat gehandelt wie alle anderen Landesregierungen auch. – Mir ist wichtig, dass wir dies einmal feststellen. Ihr ständiger Versuch, es anders darzustellen, ist nicht nur falsch, er ist auch unredlich.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wie ist der Sachverhalt? – Der Sachverhalt sieht so aus: Alle Länder haben nicht angehört, alle. Warum haben sie das getan? – Weil sie, wie übrigens der Bund auch, davon ausgegangen sind,

(Norbert Schmitt (SPD): Weil sie mit dem verhandelt haben!)

dass ein Fall der Ausnahmen vorliege, wie sie in § 28 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz ausdrücklich vorgesehen sind. Was steht im Gesetz? – Im Gesetz steht, dass man in bestimmten Fällen eine Verfügung auch ohne Anhörung erlassen kann. Alle Länder und der Bund gingen davon aus, dass dieser Sachverhalt gegeben sei.

Der VGH und das Bundesverwaltungsgericht haben nunmehr festgestellt, er war nicht gegeben. Okay. Das macht unter anderem die Verfügung rechtswidrig. Der einzige

Umstand, von dem Sie glauben, Ihre Diskussion führen zu können, besteht darin, dass das hessische Umweltministerium auf diesen Sachverhalt hingewiesen hat und alle anderen nicht.

Meine Damen und Herren, dies bedeutet nach der Sachund Rechtslage gar nichts. Man kann doch ein Land, das die gemeinsame Überzeugung niederschreibt, nicht anders behandeln als diejenigen, die ihre gemeinsame Überzeugung nicht niedergeschrieben haben. An der Sach- und Rechtslage ändert das nichts. Alle Länder haben in gleicher Weise gehandelt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Alle anderen Länder waren CDU-geführt! – Gegenrufe von der CDU: Ah!)

Und das zum Mitschreiben: Die Frage der Anhörung – – Herr Schmitt, ich weiß ja, dass es Sie umtreibt, aber vielleicht hören Sie einfach einmal zu.

(Manfred Pentz (CDU): Genau!)

Die schlichte Wahrheit ist: Die Frage der Anhörung oder Nichtanhörung ändert an der Frage einer Rechtswidrigkeit und des Schadenersatzes nichts, schlicht nichts. Warum? – Weil der VGH in seiner Entscheidung, das ist der entscheidende Punkt, außerdem rechtskräftig festgestellt hat, dass die Rechtsgrundlage und die Begründung aus seiner Sicht nicht gegeben waren. Das ist der entscheidende Punkt.

Die Rechtsgrundlage und die Begründung – es wird niemand ernsthaft bestreiten können, dazu gibt es unzählige Unterlagen – hat der Bund geliefert.

Weil das so ist, wäre auch, wenn angehört worden wäre, das Ergebnis das Gleiche, weil die Rechtsgrundlage fehlt. Wie der VGH entschieden hat, führt dies zur Rechtswidrigkeit.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Ich wäre ganz dankbar, wenn wir nicht an einer Schimäre entlang diskutieren, die im Ergebnis sachlich und rechtlich ohne Bedeutung ist.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Schauen Sie, Sie werden doch nicht ernsthaft bestreiten wollen: Wenn die Rechtsgrundlage vom VGH für nicht gegeben gehalten wird, ist es schlicht unerheblich, ob die Anhörung war oder nicht.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Selbst wenn sie gewesen wäre, ist dieser Bescheid immer noch rechtswidrig. – Meine Damen und Herren, Sie sollten das mit gespannter Ruhe verfolgen und nicht mit Lautstärke.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Ihre Position wird nicht dadurch richtig, dass Sie versuchen, sie mit mehr Lautstärke mitzuteilen. Genau deshalb habe ich mich gemeldet, damit wir nicht an Dingen entlang diskutieren, die in der Sache falsch sind.

(Norbert Schmitt (SPD): Sehen Sie in die Gesichter, was die GRÜNEN von Ihrer Rede halten! – Heiterkeit bei der SPD)

Ich halte hier sehr sorgfältig fest: Es gab kein selbstständig anzulastendes Fehlverhalten der hessischen Behörden. Die hessischen Behörden haben gehandelt wie alle anderen

auch. Dieses ist gerichtlich beurteilt worden. Das ist von uns zu akzeptieren. Was ich nicht akzeptiere, ist Ihr ständiger Versuch, uns in eine Ecke zu stellen, wo wir nicht hingehören.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will mich, um die Zeit nicht überzustrapazieren, sehr kurz auch zu den anderen Punkten äußern. Zu Ziffer 4 Ihres Antrages erwarten Sie selbst nicht ernsthaft eine Zustimmung. Das ist eine politische Diskussion, die möge nachher geführt werden.

Anders sieht das mit den Ziffern 1 und 3 Ihres Antrags aus. Als Landesregierung teilen wir ausdrücklich das, was dort steht. Damit es auch jeder weiß: Meine Damen und Herren, es muss dabei bleiben, dass die Atomwirtschaft auch für die Folgen der nuklearen Energieerzeugung und deren Beseitigung verantwortlich bleibt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich zitiere nicht so gerne und häufig andere, aber auch das zum Mitschreiben.

(Lachen der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Mit dieser Landesregierung wird es keine Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste geben. Auch das ist klar, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der SPD)

Herr Ministerpräsident, ich darf darauf hinweisen, dass die Redezeit der Fraktionen abgelaufen ist.

Frau Präsidentin, ich will noch auf den letzten Punkt eingehen, weil er uns auch in der Zukunft häufig beschäftigen wird.

In Ziffer 2 Ihres Antrags weisen Sie selbst auf ein großes Problem hin. Das ist der Punkt, über den wir uns heute meines Erachtens unterhalten sollten. Sie fordern dort, die Landesregierung möge ein Konzept zur Insolvenzsicherheit der Rückstellungen entwickeln, jener Rückstellungen, die die Kraftwerksunternehmen gebildet haben, um die Folgen der Beseitigung der Nuklearenergieerzeugung zu finanzieren.

Meine Damen und Herren, Sie zeigen damit selbst, wo das Problem liegt. Sie richten Ihre Forderung aber an den Falschen. Warum? – Das Land kann das nicht, nicht nur, weil wir nicht zuständig sind. Wir sind weder für die Steuergesetzgebung noch für die Unternehmensrechtsgesetzgebung zuständig. Wir würden es auch von der Dimension der Aufgabe her nicht hinbekommen. Deshalb ist das eine nationale Angelegenheit.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

In diesem Zusammenhang wird gelegentlich auf das Beispiel der Ruhrkohle AG hingewiesen, die als Stiftung die Ewig-Lasten des Steinkohlebergbaus im Interesse aller abwickeln soll. Ob das eine richtige Lösung ist, mag dahingestellt sein. Aber es zeigt, dass die Debatte geführt werden

muss. Ich kann Ihnen nur sagen – deshalb bin ich dankbar für diesen Antrag –, wir sollten dies mit großer Intensität, aber ohne Schaum vor dem Mund tun.