Protokoll der Sitzung vom 21.05.2014

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Michael Bod- denberg (CDU))

Deswegen habe ich auch ein bisschen das Problem, zu verstehen, was der Landesvorsitzende der hessischen CDU auf dem letzten Landesparteitag meint, wenn er erklärt, es sei das Ziel der von ihm geführten Regierung, die nachfolgenden Generationen endlich nicht mehr mit weiteren Schulden zu belasten.

(Demonstrativer Beifall der Abg. Holger Bellino, Michael Boddenberg und Peter Stephan (CDU))

Lieber Herr Boddenberg, ich teile dieses politische Ziel. Aber dazu gehört ein bisschen mehr Anstrengung als diese Umbuchung, die Sie uns nunmehr im Nachtragshaushalt vorgelegt haben.

(Beifall bei der FDP)

So kann man jedenfalls nicht das Gefühl bekommen, Sie meinten es tatsächlich ernst.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, eigentlich zocken Sie in diesem Haushalt mit dem hervorragenden Abschlussergebnis des Jahres 2013 – Kollege Schmitt hat vorhin von der „Abschlussbilanz“ der ehemaligen Landesregierung von CDU und FDP gesprochen.

(Zuruf von der CDU: Hier zockt keiner! – Hans-Jür- gen Irmer (CDU): Das lag nur an der FDP!)

Ich bin nicht so überheblich wie ihr.

(Lebhafter Widerspruch bei der CDU)

Der Zwischenruf eben: „Das lag nur an der FDP!“ – was soll denn das? Herr Kollege Irmer, was ist denn das für eine Überheblichkeit, so etwas hier hereinzurufen?

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Ich mache so etwas nicht, aber es ist ganz offensichtlich euer Denken, sonst wäre Ihnen das eben nicht aus dem Munde herausgerutscht.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Aber heute ist die Lahn-Dill-Ecke richtig kräftig beim Hereinrufen. Ich bedanke mich. Wie gesagt, macht das alles nur ein bisschen dynamischer.

Schauen Sie nach. In dem von uns mitzuverantwortenden Haushalt betrug die Nettoneuverschuldung für 2013 1,3 Milliarden €. Erwirtschaftete Haushaltsverbesserung im Jahr 2013, alle gemeinsam – das war die Landesregierung von Volker Bouffier und von mir mit verantwortet –: 973 Millionen €. Wenn Sie nur diese beiden Zahlen addieren, ergibt sich ein tatsächliches Defizit für das Jahr 2013 von gerade einmal 327 Millionen €. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist aktive Sparpolitik.

(Beifall bei der FDP)

Die haben wir im Jahr 2013 gemeinsam gemacht. Deshalb frage ich die Kollegen von der Union: Warum hört das eigentlich im Jahr 2014 auf? Im Jahr 2013 hat es keine

großen Besonderheiten gegeben, die man als Einmalzahlungen in die Rechnung aufnehmen muss. Es gab viele Änderungen in der Struktur. Ja, auch mit Konjunktur hat das etwas zu tun. Aber vorhin hat der Finanzminister zu Recht darauf hingewiesen: Die Konjunktur boomt. Unserer Wirtschaft, gerade der hessischen Wirtschaft, geht es gut. – Das hat er mehrfach betont.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus einem tatsächlichen Defizit des Jahres 2013, gemeinsam von Schwarz und Blau-Gelb verantwortet, in Höhe von 327 Millionen € haben Sie mit der Entnahme aus der Rücklage, sowohl aus der allgemeinen wie auch aus der WeimarRücklage, nunmehr ein tatsächliches Defizit von 1,259 Milliarden € aufgehäuft. Das können Sie keinem erklären. Und Ihr Satz, Sie wollen nicht neue Schulden an unsere Kinder übertragen, wird dadurch natürlich nicht glaubwürdig.

(Beifall bei der FDP)

Das Thema Grunderwerbsteuer hat zwei Aspekte. Ich habe es erwartet, dass sämtliche Rednerinnen und Redner, garantiert auch der Kollege Schork von der Union, darauf hinweisen werden: Ihr Liberale habt doch vor zwei Jahren der Erhöhung der Grunderwerbsteuer zugestimmt.

(Clemens Reif (CDU): Eben!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das weiß ich, das wissen wir – Florian Rentsch, damals Fraktionsvorsitzender, und ich als FDP-Landesvorsitzender.

(Clemens Reif (CDU): Eben!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diesen Chart zeige ich Ihnen jetzt nicht, denn ich weiß nicht, ob er damals öffentlich gezeigt wurde. Aber Sie können mir vertrauen: Auch damals gab es einen solchen Chart, mit Balken. Und es gab die Feststellung: Nur dann, wenn die Grunderwerbsteuer von 3,5 % auf 5 % erhöht wird und damit ein Einnahmepotenzial von 160 oder 180 Millionen € – das habe ich jetzt nicht genau parat – erzielt wird, erreicht man die gesetzlich vorgeschriebene Nettoneuverschuldung.

(Beifall des Abg. Florian Rentsch (FDP) – Norbert Schmitt (SPD): Der Alte! Genau so war es! – Zuruf des Ministers Tarek Al-Wazir)

Meine Damen und Herren, damit es jeder versteht: Jetzt rede ich in der Sprache der Bundeskanzlerin: In der Vorlage war es alternativlos. Man musste die Grunderwerbsteuer erhöhen, da man keine anderen Ausgleichsmechanismen herstellen konnte.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört! Einsparungen!)

Man hätte auch noch einsparen können, das ist richtig.

Lieber Herr Staatsminister, ich habe jetzt ein Problem. Aus den Interna des Regierungshandelns werde ich hier nichts sagen. Ich erwarte auch von Ihnen, dass das so sein wird. Aber ich kann darauf hinweisen: Vor Ihnen steht der ehemalige hessische Justizminister, und der hat bewiesen, dass er sogar in Strukturentscheidungen der hessischen Justiz eingegriffen hat, um dadurch mittelfristig ein Sparpotenzial zu erarbeiten.

Ich lasse mich aber erneut nicht vom Pfad abbringen. Diese 160 oder 180 Millionen € waren nach dem Vortrag des Finanzministeriums unausweichlich nötig, damit man den gesetzlichen Pfad der Nettoneuverschuldung erreicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Ergebnis der Jahresrechnung 2013 hat bewiesen, dass diese Prognose grottenfalsch war.

(Beifall bei der FDP)

Es stimmte einfach nicht, dass für das Jahr 2013 die Grunderwerbsteuer erhöht werden musste. „Müssen“ heißt hier: um den gesetzlichen Rahmen zu halten. Wir haben aber bewiesen, dass wir nur 327 Millionen € an zusätzlichen Schulden machen mussten, obwohl 1,3 Milliarden € rechtlich möglich gewesen wären. Auf einem Landesparteitag meiner Partei habe ich das vielleicht sehr flapsig formuliert: In diesem Punkt haben wir uns auf alle Fälle nicht gut informiert gefühlt. – Ich glaube, so kann man es sagen. Es war einfach falsch.

(Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn etwas falsch ist, muss man es zurücknehmen. Es war nicht alternativlos. Aber weil wir die Erhöhung der Grunderwerbsteuer vorgenommen haben, sind anscheinend einige nicht mehr bereit, wieder in das tatsächliche Sparen zu gehen.

(Beifall bei der FDP)

Lieber Thomas Schäfer, das ist die Antwort, die ich Ihnen gerne auf die rhetorische Frage von eben geben möchte. Hier hat es etwas mit Bildern zu tun. Ja, Kolleginnen und Kollegen in den Ministerien, in den nachgeordneten Bereichen: Wenn es wirklich eng wird, erhöhen wir die Steuern. – Das ist nicht der liberale Ansatz. Das ist ja nicht fürs Land. Deshalb muss die Grunderwerbsteuer wieder runter. Das ist auch nichts für die Kommunen. Deshalb muss auch dieser Teil des „Beuth-Rosenmontagserlasses“ wieder weg. Der Verzicht, von dem Kollege Noll immer gesprochen hat, wird erst dann richtig greifbar, wenn man sieht: Es gibt nicht einfach mehr Kohle in die Kasse, sondern du musst jetzt tatsächlich sparen.

Deshalb will die FDP, dass die Grunderwerbsteuer wieder auf den alten Satz zurückgesetzt wird.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt komme ich zu dem Aspekt Erhöhung. Ich will es Ihnen gar nicht sagen, weil Sie es doch wissen, welches verheerende Bild Sie in die Immobilienwirtschaft hineinbringen. Herr Fasbender hat von 60-Millionen-Foulspiel gegenüber den Immobilieninvestoren gesprochen. Der Präsident der IHK Frankfurt, Herr Müller, hat auf der Veranstaltung, auf der die Herren Fraktionsvorsitzenden fast alle anwesend waren, als zentralen Punkt der Fehlentscheidungen die Erhöhung der Grunderwerbsteuer angesprochen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie kann man auf der einen Seite den Menschen sagen, wir Politiker hätten erkannt, dass wir eine Wohnungsnot haben, und würden etwas dagegen tun, und auf der anderen Seite die Leute hemmen, die privates Geld in diesen Markt investieren wollen, indem die Grunderwerbsteuer erhöht wird? Das ist ein so queres Bild, dass ich nicht erwartet hätte, dass es von einer schwarz-grünen Regierung in Hessen in die Welt gesetzt würde.

(Beifall bei der FDP)

Sie werden die Folgen sehen. Ich weiß genau, warum Sie die Erhöhung nach vorne ziehen: Weil Sie gemerkt haben, dass die betroffenen Investoren versuchen, darauf zu rea

gieren, und noch in diesem Jahr entsprechende Maßnahmenkäufe vornehmen wollten. Am Anfang zu sagen, das wird erst 2015 kommen – dazu gibt es eine Aussage in der „Frankfurter Neuen Presse“ von Thomas Schäfer –, es jetzt aber schon in der zweiten Hälfte 2014 einzuführen, das macht deutlich, wie unsicher Sie sind und wie Sie zur Verunsicherung in unserem Lande beitragen.

Lassen Sie mich deshalb zum Abschluss – ich sehe, die 20-minütige Redezeit geht ihrem Ende entgegen – –

Die Redezeit ist zu Ende.

10 Millionen € für den Bereich Inklusion, das bedeutet: kein einziger zusätzlicher Pfennig für neue Inklusionsleistungen in diesem Jahr. Die Mittel bedienen nur die Ansprüche, die die Bürgermeister und Landräte formuliert haben, ohne dass es eine Gegenleistung gibt. Das hätte man sich wirklich sparen können.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.