Es gibt bessere Vorschläge. Wir haben Ihnen sogar die Zahlen geliefert. Wenn einem dazu nur der Hinweis einfällt, dass diese Zahlen deswegen nicht verwendbar seien – Herr Kollege Frömmrich, wenn ich Sie richtig verstanden habe –, weil die Leute zur Bundestagswahl zu diesem Zeitpunkt wahlberechtigt waren, aber zur Landtagswahl nur wahlberechtigt ist, wer schon drei Monate lang in Hessen lebt, dann halte ich das für schwierig. Wenn ich halbwegs rechnen kann, dann ist zwischen dem 24. September 2017 und jedem denkbaren Wahltermin für eine Landtagswahl im Jahr 2018 in Hessen eine Frist von drei Monaten verstrichen. Ich glaube, das ist nicht wegzudiskutieren.
Ich bin ein großer Freund Nordhessens. Es ginge mir schon in der eigenen Fraktion nicht gut, wenn ich das nicht wäre. Deswegen hoffe ich, dass die Vertretung Nordhessens bei einem Neuzuschnitt der Wahlkreise unverändert bleibt. Eines muss aber auch sicher sein: Auch in Nordhessen gilt die Gleichheit des Stimmgewichts.
Deswegen muss man ordentlich rechnen. Dann wird dort hoffentlich kein Wahlkreis wegfallen. Aus Gründen des Regionalproporzes macht man das jedoch nach dem grünen Motto: legal, illegal, ganz egal. – Das andere Wort lasse ich lieber weg.
Dann kommt der interessante Hinweis, dass die Wählerverzeichnisse ja keine amtlichen Statistiken seien.
Das ist mir auch bekannt. Die Wählerverzeichnisse sind keine amtliche Statistik. Was wollen Sie damit aber eigentlich sagen? Wollen Sie damit sagen, dass eine Statistik besser sei als reale Zahlen? Aus meiner Praxis weiß ich, dass die Statistik immer die Krücke ist, wenn man keine vernünftigen belastbaren Zahlen hat, um trotzdem irgendwie zu einem belastbaren Ergebnis zu kommen. Reale Zahlen sind aber allemal besser.
Es scheint eine neue Platte zu sein, die Sie schon ein paarmal aufgelegt haben, die ich aber jetzt schon nicht mehr hören kann: Die Opposition soll doch jetzt einmal Gesetzgebungsvorschläge machen.
Ich finde das ganz nett. Wir können so etwas machen. Frau Kollegin Dorn, Sie haben aber gar nichts gemacht. Sie haben sich der Zuarbeit durch die Landesregierung bedient. Eines ist ja wohl klar, und das sehen wir in jedem Gesetzgebungsverfahren: Hauptaufgabe der Landesregierung ist es, darüber zu wachen, das Parlament rechtzeitig darüber zu informieren, wenn es gesetzlichen Änderungsbedarf gibt, wenn z. B. die Gültigkeitsdauer eines Gesetzes abläuft. Beim Polizeirecht würde der liebe Innenminister auch nicht darauf warten, dass die Opposition einen Vorschlag macht. Er würde nicht das Risiko eingehen, dass das Gesetz einfach ausläuft. Es wäre in der Tat bedenklich, wenn man das so sehen würde. Es ist Aufgabe der Landesregierung und insbesondere des Verfassungsministers, wenn es um das Wahlrecht geht, dafür zu sorgen, dass wir nach einem geordneten Verfahren wählen können und dass rechtzeitig entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden.
Wir haben dies nun schon zweimal in kürzerer Zeit erlebt. Warum ist denn der Gesetzentwurf zum Verfassungsschutzgesetz so spät vorgelegt worden? – Weil Sie sich in der Koalition nicht einigen konnten und dann keine Zeit mehr war, über die Landesregierung, die diesen Gesetzentwurf ausgearbeitet hat, ihn einzubringen. Wie war es denn in diesem Fall, Frau Dorn? Sie haben nichts gemacht. Gemacht hat das das Innenministerium. Sie haben das lediglich unterschrieben und das in den Geschäftsgang gebracht.
Die Arbeit haben aber nicht Sie gemacht. Sie können auch nicht erwarten, dass wir das als Opposition machen. Das ist die verdammte Pflicht und Schuldigkeit dieser Landesregierung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um die Frage: Wer kommt wie und unter welchen Voraussetzungen als Abgeordneter ins hessische Parlament? Das ist die Frage. Ich denke, es ist einsichtig, dass es nicht sein kann, dass bei dem einen Kollegen 60.000 Wählerinnen und Wähler entscheiden und bei dem anderen Kollegen 102.000 Wählerinnen und Wähler. Dieses Ungleichgewicht ist sicherlich nicht verfassungskonform. Schließlich ist die Frage des Zählwerts der Stimme hinterfragbar. Auch in diesem Fall ist die Verfassungskonformität zu hinterfragen.
Wer ist denn dafür zuständig, die Kriterien zu bestimmen, wer in dieses Hohe Haus kommt? Das ist doch das Parlament. Das sind wir Abgeordnete. Wir haben zu entschei
Nicht die Regierung hält sich ein Parlament, sondern das Parlament hält sich eine Regierung. Das ist der entscheidende Unterschied. Wir haben die Kriterien festzulegen. Von Ihrer Seite kommt aber nichts an konstruktiven Vorschlägen.
Der Kollege von der Linksfraktion sagt, wir hätten ein schäbiges Verfahren durchgeführt. – Wir haben alle Fristen gewahrt. Wir haben alle Anzuhörenden zu Wort kommen lassen. Jeder Bürgermeister, der betroffen war, konnte sich äußern. Wir haben alle Kriterien für ein ordnungsgemäßes Gesetzgebungsverfahren eingehalten. Wir sind noch mittendrin. Wir haben jetzt die zweite Lesung. Wir haben einen Änderungsantrag eingebracht. Wir kommen zur dritten Lesung. Was an diesem Verfahren ist nicht rechtskonform, lieber Kollege Wilken?
Nun zur Validität der Zahlen. Hier wird immer gesagt, das seien reale Zahlen. Das sind aber nur angenäherte Zahlen, und diese Zahlen sind nicht vergleichbar mit den Zahlen, die man braucht, nämlich Zahlen aus amtlichen Statistiken. Diesen Differenzbezug konnten Sie immer noch nicht entkräften.
Der Minister hat deutlich gemacht, dass bei der Reform im Jahr 2005 Zahlen zugrunde gelegt wurden, die aus dem Jahr 2004, vielleicht auch aus dem Jahr 2003 stammten. Die eigentliche Wahl fand dann im Jahr 2008 statt. Das heißt, die Zahlen waren damals schon seit vier Jahren veraltet. Wir haben also eine Wahl durchgeführt, die damals schon mit Blick auf die Demografie vier Jahre zurücklag. Damals hat niemand gesagt, dass dies altes Zahlenmaterial sei.
Jetzt verwenden wir Zahlen aus dem Jahr 2014 für eine Wahl, die im Jahr 2018 stattfinden soll. Ich kann die Aufregung nicht nachvollziehen, weshalb man sich selbst auf die Bäume treibt.
Sie müssen sich schon entscheiden, welchem Argument Sie folgen. Entweder Sie schlagen sich auf die Seite der Bürgermeister, die diese Änderung nicht wollen, weil sie sagen, dass sie davon betroffen seien. Als Argumente wurden vorgebracht, dass sie eine andere Zeitung abonnieren müssten, dass die Zusammenarbeit der Musikschulen eingestellt werden müsse, dass man kein interkommunales Gewerbegebiet mehr betreiben könne, weil man von einem anderen Wahlkreisabgeordneten betreut werde. Solche Argumente kamen, und Sie haben diese unterstützt.
Oder man sagt, man muss eine Debatte über eine Toleranzgrenze führen. Alle Sachverständigen, auch die Sachverständigen, die Sie eingeladen haben, sagen, dass 25 % das absolute Maximum sind. Man müsste eigentlich runtergehen auf 20 % oder 15 % Toleranzgrenze. Was wäre aber die Konsequenz daraus? – Dann hätten wir keine neun Bürgermeister, sondern 90 Bürgermeister zu Gast, die alle die gleichen Argumente vorbringen würden. Niemand will eine Änderung.
Ich wünsche uns viel Vergnügen bei der Frage, wie wir die Wahlkreise neu zuschneiden können. Wir haben klare Kriterien festgelegt, an die wir uns auch bei der Reform 2005 gehalten haben.
Ich muss noch einmal sagen: Es ist ein Vorschlag. Es ist eine Anregung, mit der eine geringfügige, auf Kontinuität ausgerichtete, minimalinvasive Änderung vorgeschlagen wird. Sie können alles schöner herbeireden, aber Sie können uns bis zum heutigen Tag keinen besseren Vorschlag vorlegen. Das ist ein Armutszeugnis.
Lieber Kollege Rudolph, Ihr Verhalten erinnert mich an einen Schüler, der ständig dazwischenruft, der ständig dazwischenhampelt, der Aufmerksamkeit erregt, am Ende aber nichts versteht.
Nun aber zurück zur Sache. Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Rechtssicherheit schafft, der die demografischen Verhältnisse berücksichtigt und der klar begründet, weshalb die Wahlkreise geändert werden sollen. Es liegt nichts Besseres auf dem Tisch. Nicht einmal einen Änderungsantrag haben Sie vorgelegt, meine Damen und Herren.
Was soll denn anders gemacht werden? Wo sollen wir Änderungen vornehmen? Nichts liegt vor. Daher würde ich sagen: Das, was wir in der zweiten Lesung beraten haben, wird durch eine dritte Lesung verstärkt und bekräftigt werden. Ich bin gespannt, wie wir die Debatte weiterführen können. Heute sind wir mit Ihren Beiträgen kein Stück weitergekommen.
Herr Präsident! Ich will noch einmal versuchen, daran zu erinnern, was ich vorhin gesagt habe: Der Werdegang dieses Gesetzentwurfs, die Frage, mit der wir es zu tun hatten, der Abwägungsprozess, die letztendliche Entscheidung, unser Angebot als Koalition an das Haus, an die Fraktionen, eigene Vorschläge zu machen, die wir wohlwollend übernehmen – –
Natürlich. Es ist doch die Frage – – Herr Schmitt, ich weiß gar nicht, warum Sie sich hier beschweren. Wir haben den Vorschlag, den Sie gemacht haben, übernommen. Ich weiß gar nicht, warum Sie sich beschweren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Vizepräsidentin Heike Habermann über- nimmt den Vorsitz.)