Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist vielerorts, Herr Kollege Degen hat auch schon zutreffend darauf hingewiesen, allein den handelnden Lehrkräften und Schulleitungen zu verdanken, dass die Kinder und Jugendlichen schnellstmöglich in den Schulen aufgenommen wurden und man nicht an kreativen Ideen sparte. Bedauerlicherweise – das ist die Rückmeldung, die man aus den Schulen bekommt – vermisst man diesen Ideenreichtum und diesen Tatendrang beim Kultusministerium.
Herr Kollege Boddenberg, es scheint so, als hätten Sie andere Schulen besucht. Gehen Sie doch einmal mit mir auf Tour, dann können wir das gemeinsam begutachten.
Es ist absolut zu bezweifeln, dass die beteiligten Schulen Ihrer Einschätzung beistehen. Wir werden das nicht unwi
dersprochen so stehen lassen. Herr Kollege Boddenberg, gerade die starren Regeln und die Inflexibilität sind Kritikpunkte am Kultusministerium und an den dort zuständigen Verantwortlichen.
Ein Beispiel ist das bereits erwähnte Festhalten an der strikten Altersgrenze. Das haben wir bereits mehrfach kritisiert und thematisiert.
Herr Kollege Schwarz, Sie können monatlich so viele Zahlen hin und her drehen, wie Sie wollen; das Entscheidende ist, dass Sie den Schulen die Freiheit und die Ressourcen geben müssen, um monatlich und täglich auf die Herausforderungen, die dort aufschlagen, reagieren zu können. Das ist der entscheidende Punkt.
Nicht nur bei der strikten Altersgrenze, sondern gerade auch wenn es um die Flexibilität geht, ist diese Landesregierung alles andere als kompromissbereit, alles andere als bereit, auf die Forderungen der Schulen einzugehen.
In der Antwort auf die Frage 7 wird die Praxis zur Ermittlung der Schülerzahlen bei InteA-Klassen zur Einrichtung von Alphabetisierungsgruppen beschrieben. Es gibt für jede vierte InteA-Gruppe eine Alphabetisierungsgruppe mit Absenkung des Klassenteilers. – Auch das haben wir mehrfach beanstandet. Sie berücksichtigen den tatsächlichen Bedarf überhaupt nicht. Es ist nicht so starr, dass man sagen kann, man braucht das für jeden Vierten. Sie müssen dem tatsächlichen Bedarf, der vor Ort festgestellt wird, Rechnung tragen und nicht zu viel zu späten Zeitpunkten auf Alphabetisierungsbedarfe reagieren. Deswegen brauchen die Schulen die Freiheit, zu entscheiden, wann etwas geschieht.
Auf diese Weise wird den Anforderungen an Lerngruppen mit besonders hohem Förderbedarf Rechnung getragen. Die Festsetzung dieser Grenzen wurde unter Abwägung von fachlichen und pädagogischen Aspekten sowie von Ressourcenfragen so gewählt, dass einerseits eine Beschulung aller Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger der primären Zielgruppe der Intensivsprachfördermaßnahme InteA ermöglicht werden kann und andererseits die Vereinbarungen des „Hessischen Aktionsplans zur Integration von Flüchtlingen und Bewahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts“ umgesetzt werden können, ohne dabei einen möglichst flexiblen Umgang mit stark heterogenen Lerngruppen zu gefährden.
Vielleicht wäre es ratsam, nicht nur einen Flüchtlingsbeirat zu berufen, sondern auch bei den fachlichen und pädagogischen Aspekten auf die Praktiker aus den Schulen zu hören, die die Regelungen für nicht ausreichend und realitätsfremd empfinden. Nicht umsonst haben wir schon vor Län
gerem die Kleine Anfrage, Drucks. 19/4797, betreffend InteA- und Alphabetisierungsklassen eingereicht. Das war verbunden mit der Hoffnung, dass die Bedenken und Kritikpunkte einmal aufgenommen werden. Leider, wie so oft, war die Hoffnung vergeblich.
Die Begründung, die die Landesregierung zur Überschreitung des Klassenteilers gibt, ist in den Schulen nur begrenzt nachzuvollziehen. Ich will das im Einzelnen nicht ausführen. Wenn es z. B. um die Frage geht, den Klassenteiler hochzusetzen, dann heißt es in der Antwort, in diesen Einzelfällen sei das so, dass es im Rahmen einer effizienten Verteilung der zur Verfügung stehenden Ressourcen erforderlich sei, die Schülerinnen und Schüler anderen InteA-Standorten zuzuordnen.
Meine Damen und Herren, das ist das Fördern von Schülertourismus bei den Schülern, die besonders darunter leiden, wenn sie ständigem Wechsel ausgesetzt werden. Diese Schüler haben in der Regel ganz besonderen Förderbedarf. Wir reden in einem anderen Zusammenhang immer wieder davon. Sie sind traumatisiert und haben teilweise gebrochene Bildungsgänge und auch besonders schwere gebrochene Lebensläufe hinter sich. Deswegen ist das genau die falsche Reaktion.
Ich hatte es schon gesagt, es ist deutlich, dass InteA stark vom Engagement der einzelnen Schule lebt. Dort muss die Unterstützung stattfinden, dazu zählt auch die Unterstützung beim Übergang von der Schule in die Ausbildung. Das stellt für viele auch noch einmal eine besondere Herausforderung dar. Ich habe gerade gelesen, dass 32 % den Übergang geschafft haben. Insofern ist es kein Wunder, dass Sie den Namen Ihres Programms ändern und nicht etwa die Notwendigkeiten den Zielen anpassen. Sie reduzieren einfach die Ziele und bringen das im Namen des Programms unter. Das funktioniert offensichtlich nicht, weil Sie die Arbeit in multiprofessionellen Teams zwar erwähnen und als notwendig herausstellen, aber nicht im ausreichenden Maß fördern.
Das Thema „0,2 Sozialpädagogenstellenanteile pro InteAKlasse“ wurde von Herrn Kollegen Degen bereits erwähnt. Das ist schlichtweg zu wenig. Die Krönung ist, dass Sie jetzt noch dafür sorgen, dass es leerläuft. Sie stellen die Stellen bereit, aber Ihre angekündigte Maßnahme, 700 Sozialpädagogen für die allgemeinbildenden Schulen einzustellen – so schön, wie das wäre, Sie werden die 700 Sozialpädagogen nicht bekommen. Was wird das Erste sein? – Ich vermeide das Wort „prekär“, weil ich es für falsch halte. Die befristet und nicht im Beamtenverhältnis beschäftigten Sozialpädagogen, die z. B. in den InteA-Klassen eingesetzt sind, werden natürlich sofort die Gelegenheit nutzen, sich anderweitig zu bewerben. Damit kannibalisieren Sie genau dieses System.
Meine Damen und Herren, was die Schulen prinzipiell benötigen, ist ein deutliches Mehr an Flexibilität und Freiheit in der Organisation. Der Kontrollwahn des Kultusministeriums, das jeder einzelnen Stundenverwendung nachsteigt, schadet dieser Arbeit ganz eindeutig. Deswegen kann ich abschließend nur sagen: Bei den besonderen Belastungen und Herausforderungen, bei den posttraumatischen Belastungsstörungen etc. hilft der Verweis auf einen Zahlenschlüssel nicht, sondern es bedarf dann konkreter Maßnahmen, die nicht zu lange warten dürfen. Auch hier muss die Landesregierung endlich das Schneckentempo hinter sich lassen und einen Gang zulegen.
Lassen Sie mich als letzten Satz noch sagen: Insgesamt gilt hier ganz besonders die Forderung in Anlehnung an die Formulierung der Forderung an König Philipp II. von Spanien in Schillers Drama „Don Carlos“:
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Große Anfrage der SPD-Fraktion zum Inklusivsprachförderprogramm InteA mit ihren 80 Fragen und den dazugehörenden Antworten zeigt eindrucksvoll, dass die Hessische Landesregierung frühzeitig sehr klug und vorausschauend – Herr Kollege Greilich, vorausschauend – auf den immens hohen Anteil jugendlicher Migranten reagiert hat, die im Jahr 2015 in unser Land gekommen sind.
Bereits zum Schuljahresbeginn 2015/2016 wurde das schulische Sprachförderkonzept zur durchgängigen Sprachförderung um den Baustein der Intensivklassen an beruflichen Schulen erweitert. Diese Intensivklassen zur Integration durch Anschluss und Abschluss, auch kurz InteA genannt, basieren auf der Grundüberzeugung, dass das Erlernen der deutschen Sprache den Schlüssel für den Einstieg in eine Berufsausbildung und eine erfolgreiche Integration in unser Gesellschaftssystem darstellt.
Deshalb ist es wichtig, Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache von Anfang an bei diesem Spracherwerb nachhaltig zu unterstützen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, dem kann und will wohl keiner widersprechen. Das Hauptziel der InteA-Klassen ist daher folgerichtig der angestrebte Übergang in eine duale Berufsausbildung oder eine andere schulische oder außerschulische Anschlussmaßnahme.
Ja, Herr Kollege Degen, Sie haben recht. Am Anfang stand in der Tat der Abschluss im Vordergrund. Unterstellen Sie der Landesregierung einfach einmal, dass sie auch lernfähig ist.
Die Bezeichnung „Integration durch Anschluss und Abschluss“ ist deutlich schlüssiger als der von Ihnen verwendete Begriff „Abschluss und Anschluss“. Es ist nicht das Hauptziel von InteA, Schülerinnen und Schüler innerhalb von zwei Jahren für einen Abschluss sprachlich zu qualifizieren. Der Übergang in eine duale Ausbildung oder in andere schulische Bildungsgänge steht vielmehr im Vordergrund dieser Bildungsmaßnahme. Der Beginn einer dualen Ausbildung ist auch ohne Hauptschulabschluss möglich. Aus meiner Sicht viel entscheidender ist das Sprachdiplom, das erworben werden kann. Mit einer erfolgreich abgeschlossenen Berufsausbildung – Herr Kollege Degen, das wissen Sie auch – kann die Gleichwertigkeit des Ab
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Zielgruppe der bis zu zweijährigen InteA-Maßnahme sind berufsschulberechtigte Seiteneinsteiger ab dem 16. Lebensjahr bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ohne ausreichende Deutschkenntnisse. Darüber hinaus werden im Rahmen des Hessischen Aktionsplans zur Integration von Flüchtlingen und Bewahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts freiwillig nicht berufsschulpflichtige Jugendliche ab 18 Jahren bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres als Eintrittsalter mit einem Kontingent von 3.000 Plätzen in InteA zusätzlich aufgenommen.
Die immens große, richtungsweisende Bedeutung dieser Bildungsmaßnahme InteA spiegelt sich auch eindrucksvoll in der Entwicklung der Schülerzahlen wider. Die Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler stieg von 1.682 beim Start im September 2015 auf stolze 7.610 im Juli 2017. Aktuell befinden sich allerdings nur rund 6.200 Schüler in diesen Klassen. Jetzt könnte man fragen, wie das kommt. Das ist leicht zu erklären: Es ist erfreulich, dass eine hohe Zahl an Übergängen aus InteA-Klassen in Schulformgruppen des Regelschulsystems zum Schuljahresbeginn 2017/2018 zu vermelden ist.
Ich möchte mich an dieser Stelle ganz ausdrücklich – das muss man noch einmal wiederholen – bei allen Lehrerinnen und Lehrern bedanken, die in den InteA-Klassen unterrichten.
Die beruflichen Schulen selbst und gerade diese Kolleginnen und Kollegen haben Vorbildliches geleistet.
Zahlreiche Qualifizierungsmaßnahmen wurden wahrgenommen. Die Lehrer dieser Maßnahmen leisten deutlich mehr, als sie eigentlich müssten.
Sie haben maßgeblich dazu beigetragen, dass diese Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger unterschiedlichster Herkunft, Vorbildung und Sprachstände durch eine intensive Deutschförderung mit beruflichem Fachsprachenerwerb auf eine duale Ausbildung vorbereitet wurden.
Es besteht schon die Gefahr – Herr Kollege Degen, Sie haben das ja selbst mit angeführt, und es war heute Morgen schon zu erkennen, dass man das Gefühl hat –, dass bei all diesen Großen Anfragen immer das Ziel ist: Wo kann man der Landesregierung einen mitgeben, wo kann man in den Krümeln suchen, und wo kann man ein Negativpünktchen finden? – Aber denken Sie immer daran, dass Sie die Menschen mit strafen, die vor Ort das Ganze leisten. Sie leisten das vorbildlich. Sie schütteln dann schon teilweise den Kopf, wenn sie hören, was die Politik hier über die Maßnahmen von sich gibt.