Wir hatten uns verständigt, dass neben den Einzelplänen auch weitere Tagesordnungspunkte in die Abstimmung zu den jeweiligen Einzelplänen heute Vormittag genommen werden. Ich lege Wert auf die Tatsache – weil das auch im weiteren Verfahren noch eine Rolle spielt –, dass wir uns nicht im Tagesordnungspunkt 39 befunden haben,
sondern in der Abstimmung der Einzelpläne, mit denen auch weitere Tagesordnungspunkte, insgesamt vier, nämlich 90, 91, 54 und 69 – so steht es auch im Protokoll –, abgestimmt worden sind.
Nach der Abstimmung, die möglicherweise seitens der Regierungsfraktionen irrtümlich erfolgt ist, der Zustimmung zu unserem Antrag, habe ich im ersten Moment gedacht: Na ja, sie haben es eingesehen und stimmen unserem Antrag zu.
Ich habe erst später mitgekriegt, dass dem nicht so ist. Aber nach dieser Abstimmung und diesem klaren Ergebnis gab es 14 weitere Abstimmungen, auch zu unterschiedlichen Tagesordnungspunkten, bis die Kollegin Dorn dann Folgendes reklamiert hat – hier zitiere ich aus dem Protokoll –:
Mit anderen Worten: Selbst Kollegin Dorn war zu diesem Zeitpunkt der Meinung, dass wir einen eigenständigen Tagesordnungspunkt 90 hatten und nicht, wie es jetzt als Begründung für die Wiederholung der Wahl herhalten muss, Tagesordnungspunkt 39.
Herr Präsident, mit Verlaub, ich betrachte das als eine willkürliche Auslegung. Wenn 14 Abstimmungen schon erfolgten – –
Herr Kollege Schaus, ich gehe nicht davon aus, dass Sie die vorgetragene Meinung des Präsidenten hier kritisieren wollen.
Denn sonst müsste ich Ihnen das Wort entziehen, weil der Präsident in der Sitzung nicht kritisiert werden darf. Das wissen Sie.
Nein, Herr Präsident, ich kritisiere die Diskussion, die wir im Ältestenrat geführt haben, in anonymisierter Weise.
Ich will an dieser Stelle, weil ich nur noch eine Minute Zeit habe, deutlich machen – auch für die Öffentlichkeit –, was diese Entscheidung jetzt letztendlich bedeutet. Sie bedeutet in zukünftigen Fällen, dass immer dann, auch wenn Tagesordnungspunkte schon verlassen wurden und weitere aufgerufen wurden, eine Abstimmung, die möglicherweise irrtümlich erfolgte, dann wieder zurückgeholt werden kann – also möglicherweise Stunden später.
Das halte ich für verfassungsrechtlich nicht korrekt. Deshalb werden wir in dieser Frage auch prüfen, inwieweit wir den Staatsgerichtshof mit dieser Angelegenheit befassen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nicht das allererste Mal im Hessischen Landtag, dass bei einer Abstimmung ein Missverständnis entstanden ist. Es ist schon mehrfach und wahrscheinlich allen Fraktionen hier passiert. Auch wir hatten heute ein Missverständnis über die Abstimmung. Am Ende des Tagesordnungspunktes habe ich mich dementsprechend pflichtgemäß gemeldet und habe um eine Wiederholung dieser Abstimmung gebeten. Normalerweise behandeln wir solche Punkte sehr solidarisch kollegial untereinander.
Es gab sogar schon einmal die Fälle, bei denen wir rübergerufen haben: „Hey, Vorsicht, ihr stimmt gerade falsch ab.“
Das ist schon häufig passiert. Wir haben jetzt die vorweihnachtliche Zeit. Heute lief es nicht so. Das ist aber auch gar kein Problem. Wir können das auch gern rechtlich, juristisch sauber machen. Insofern kann ich gern zitieren aus der Kommentierung von Zinn/Stein zu Art. 88 der Landesverfassung. Da findet sich unter Nr. 6 der Hinweis:
Nach parlamentarischer Praxis kann eine Abstimmung nur wiederholt werden, wenn entweder aufseiten der Abgeordneten, z. B. wegen Missverstehens der gestellten Frage,
ein Irrtum über den Inhalt der Abstimmungserklärung vorgelegen hat, wenn Abgeordnete also anders abgestimmt haben, als sie abstimmen wollten,...
Genau das war bei uns hier der Fall. Dann haben Sie gesagt, Herr Kollege von der SPD, dass man ja nicht dauernd abstimmen könnte. Nein, natürlich ist es juristisch sehr sauber geklärt, wann man so eine Abstimmung wiederholen kann. Man kann eine Abstimmung nur wiederholen, „wenn der Irrtum für das Abstimmungsergebnis erheblich“ ist. Das ist es. Denn normalerweise wäre der Antrag nicht angenommen worden. Und es betraf hier Haushaltsfragen.
Dann lautet die Bedingung weiter: „wenn er sofort, d. h. spätestens bis zum nächsten Tagesordnungspunkt, bemerkt wird“. Wir waren gerade in der Gesamtabstimmung der Einzelpläne, d. h. bei Tagesordnungspunkt 39. Bevor dieser Tagesordnungspunkt 39 beendet worden ist, habe ich mich entsprechend der Geschäftsordnung gemeldet. Wir haben es also sofort, bis zum nächsten Tagesordnungspunkt, bemerkt, und wir haben uns gemeldet. Insofern ist auch rechtlich alles in Ordnung.
Das hat der Präsident auch gerade gesagt. Der Präsident teilt die Meinung, dass wir uns in Tagesordnungspunkt 39 befunden haben.
Insofern lassen Sie uns bitte einfach die Abstimmung wiederholen. Ansonsten wünsche ich uns ein entspanntes Plenum. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist falsch, wenn hier zwei Vorredner den Eindruck erwecken wollen, Herr Schaus und Herr Rudolph, es wäre dann so, dass man abstimmen würde, bis das Ergebnis passt.
Das ist falsch. Das hat auch niemand gefordert. Das geben auch die Kommentierung und die Gesetzeslage nicht her, sondern es ist eindeutig geregelt: Wenn ein Missverständnis vorliegt oder wenn ein Abstimmungsergebnis angezweifelt wird, dann kann man einmal abstimmen. Man muss sogar einmal abstimmen. Das geht auch nur dann, wenn man sich noch in dem Tagesordnungspunkt befindet.
Wir haben im Ältestenrat in aller Ruhe dargelegt, dass das auch keine einmalige Angelegenheit ist – auch wenn Sie sich jetzt darüber freuen und wir uns darüber zugegebenermaßen ärgern, dass dieses Missverständnis entstanden ist.
Aber das gab es schon häufig, dass Oppositionsfraktionen aus deren Sicht falsch abstimmt haben. Dann haben wir, Frau Kollegin Dorn und ich, kollegial gesagt: Dann machen wir es halt gerade noch einmal, damit das Abstimmungsverhältnis so, wie es sich die einzelnen Fraktionen wünschen, in dem Plenarprotokoll entsprechend aufgeführt
ist. – Es ist also nichts Einmaliges. Es ist auch nicht normal. Es kann aber passieren, dass es zu solchen Fehlern kommt. Bisher haben wir das in diesem Hause kollegial geregelt.
Es ist doch auch klar – das hat doch auch die Debatte am gestrigen Tag gezeigt –, dass wir diesem Antrag inhaltlich nicht zustimmen können.
Tun Sie doch nicht so überrascht und meinen, dass wir über Nacht gesagt hätten: Dann stimmen wir halt einmal einem Antrag der LINKEN zu. – Das war doch nicht zu erwarten, auch aufgrund der Debatte, die zuvor geführt wurde.
Ich möchte schon einmal darauf hinweisen, dass wir uns noch in Tagesordnungspunkt 39 befunden haben. Der Haushaltsplan ist mit seinen Einzelplänen noch nicht zur Vorbereitung der dritten Lesung an den Ausschuss überwiesen worden. Vielmehr waren wir noch in der Debatte zu Tagesordnungspunkt 39.
Ich habe es im Ältestenrat auch mehrfach gesagt: Frau Kollegin Dorn kam zu mir. Wir haben uns bewusst entschieden, jetzt nicht mit einer Geschäftsordnungsdebatte einzusteigen während der Abstimmungsarie zu den Einzelplänen und zu den einzelnen Initiativen, die dazu aufgerufen wurden. Vielmehr haben wir bewusst entschieden, bis zum Ende dieses Abstimmungsmarathons abzuwarten und dann darauf hinzuweisen, dass wir diesen einen Abstimmungsprozess wiederholen wollen, weil wir es missverstanden haben. – Das ist der Sachstand, und das haben wir in aller Freundschaft und Deutlichkeit vorhin entsprechend dargelegt.