Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Jetzt will ich Ihnen einmal sagen, warum das wichtig ist. Natürlich ist durch diese Verdächtigung am Ende in der Öffentlichkeit ein Eindruck entstanden, der die Organisation diskreditiert, aber, noch viel gravierender, der die Partner verunsichert. Wir wollen doch, dass Extremismusbekämpfung in Schulen stattfindet. Aber wenn Schulleiter oder die verantwortlichen Lehrer bei uns anrufen und fragen: „Können wir die überhaupt noch für die Extremismusbekämpfung engagieren?“, dann leidet doch das gesamte Programm.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen ist es wichtig, dass wir dort vorsichtig sind, um Schaden von den Projekten fernzuhalten.

Deswegen haben wir einen guten Weg gefunden. Es gibt bei uns keine Generalverdächtigungen. Die etwaigen Missverständnisse konnte ich am Montag, soweit ich das von meiner Warte aus sehen kann, mit den Trägern ausräumen. Das war in einem Gespräch. Übrigens, Herr Kollege Schaus, das ist nicht das erste und einzige Gespräch gewesen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Wir waren gar nicht eingeladen!)

Der hessische Innenminister ist gemeinsam mit dem HKE am laufenden Band im Gespräch mit den Verbänden. Insofern ist das nichts Neues. Die Missverständnisse sind nach meinem Eindruck ausgeräumt worden. Wir können jetzt sagen: Es gibt keinen Generalverdacht bei uns im Lande Hessen, was die Extremismusprävention angeht. Aber – und das ist auch unsere und insbesondere meine Aufgabe – es gibt auch keine Sicherheitslücke. Dafür werden wir Sorge tragen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Frau Abg. Wissler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte einmal auf etwas hinweisen, weil das VPN – das Violence Prevention Network – jetzt mehrfach genannt wurde. Wenn man sich einmal die Begründung zu dem Gesetzentwurf anschaut – also dem mit der grünen Handschrift –, und zwar die Begründung zu dem § 21, also da, wo es um die Extremismusklausel geht, fällt auf, dass in der Begründung das VPN namentlich genannt ist, und zwar als einzige Organisation.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Obwohl das aufgeklärt ist!)

Das heißt, eine Organisation, die im Bereich Salafismusprävention aktiv ist, die eine wichtige Anlaufstelle für Lehrer, für Eltern, für Jugendliche ist. Sie waren Anfang des Jahres in der Situation, dass zwei ihrer Mitarbeiter zu Unrecht verdächtigt wurden – durch Hinweise des Verfassungsschutzes.

(Holger Bellino (CDU): Das hat man doch aufgeklärt!)

Sie wurden zu Unrecht verdächtigt, selbst Kontakte in die salafistische Szene zu haben. Die Mitarbeiter wurden suspendiert – mit all den medialen Begleiterscheinungen, was der Arbeit des VPN, das eine sehr gute Arbeit leistet, wirklich nicht geholfen hat.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Mittlerweile ist klar, dass das falsche Verdächtigungen waren. Beide Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten wieder beim VPN. Aber dass Sie ausgerechnet dieses Netzwerk, das Opfer einer Falschverdächtigung wurde, jetzt namentlich als einzige Organisation in die Begründung Ihres Gesetzentwurfs hineinschreiben, ist unglaublich. Lesen Sie es auf Seite 56 nach. In der Begründung steht das VPN, von dem Herr Frömmrich jetzt gesagt hat, dass sie gute und wichtige Arbeit leisten. Es kann doch nicht wahr sein, dass Sie genau diese Organisation als Begründung für die Extremismusklausel hineinschreiben. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, nachdem es da diese Falschverdächtigung gab.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Dass Sie das VPN, das gerade Opfer einer Falschverdächtigung war, jetzt als namentliches Beispiel dafür nennen, dass Sie alle neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Projekten durch den Verfassungsschutz überprüfen lassen wollen, halte ich wirklich für eine Frechheit.

Ich finde, beim VPN müsste man sich für diese Falschverdächtigung entschuldigen, aber es nicht noch in die Begründung des Gesetzentwurfs als Begründung für diese Maßnahme hineinschreiben.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Auch da frage ich mich: Wie ist denn das VPN da hineingekommen? – Mittlerweile weiß ja keiner mehr, wer das geschrieben hat. Vielleicht das Innenministerium, vielleicht hat es der Verfassungsschutz auch selbst geschrieben. Das könnte ich mir auch vorstellen. Die GRÜNEN haben es offensichtlich weder geschrieben noch vernünftig durchgelesen. Sonst wäre ihnen aufgefallen, dass das da drinsteht. Aber da frage ich mich schon: Wie kommt denn das da rein? Warum schreibt man denn in die Begründung dann noch genau das VPN mit hinein?

Was ist das denn anderes als ein Misstrauen gegenüber den Organisationen? – Es kann doch nicht sein, dass das Landesamt für Verfassungsschutz, bei dem wir wirklich in den letzten drei Jahren im NSU-Untersuchungsausschuss gesehen haben, welche Verfehlungen und welche Probleme es da gab, jetzt allen Ernstes das tun soll. Jetzt müssen Sie der Bildungsstätte Anne Frank erklären: Eure Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen zukünftig von genau diesem Landesamt sicherheitsüberprüft werden. – Das ist doch absurd. Das ist doch völlig absurd.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Das ist natürlich ein Misstrauen, das Sie gegenüber diesen Organisationen haben. Wenn man sagt, man setzt sich zusammen, dann macht man das doch, bevor man so einen Gesetzentwurf einbringt, und nicht danach.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Jetzt kann man natürlich so tun, als sei das alles ein großes Missverständnis. Bei den Trägern war und ist die Empörung wirklich groß.

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Träger haben gesagt, sie fühlen sich unter einen Generalverdacht gestellt. Sie fragen, warum dieses Misstrauen da ist.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Dass Sie jetzt zurückrudern, finde ich gut; aber ich finde, Sie rudern noch nicht weit genug zurück. Aber das passiert doch nur aufgrund der öffentlichen Empörung, die es aufgrund der ganzen Sache gibt.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): So ist es!)

Und das passiert, weil die Träger sich darüber beschwert haben und die Empörung so groß war. Deswegen rudern Sie jetzt zurück.

Wir sind der Meinung: Demokratie fördert Projekte gegen rechts. Sie brauchen Unterstützung und Förderung, aber sie brauchen kein Misstrauen, wie es in Ihrem Gesetzentwurf steht.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Frau Abg. Faeser für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muss auch sagen: Herr Innenminister, das war eben schon ein interessanter Auftritt. Sich hierhin zu stellen und so zu tun, als würden wir das Problem herbeireden, ist unglaublich.

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Wer hat denn das Gesetz geschrieben? Wer hat das in das Gesetz hineingeschrieben? Wer denn?

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Waren das die Fraktionen? – Mir liegt ein Gesetzentwurf vor, den CDU und GRÜNE unterschrieben haben. Also muss ich zunächst davon ausgehen, dass das CDU und GRÜNE hineingeschrieben haben.

Ich will noch einmal zitieren, was der Bundesverband Mobile Beratung Ihnen dazu öffentlich geschrieben hat:

Misstrauen gegen demokratisches Engagement ablegen!

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ab dem 01.01.2018 sollen die Projektträger im Land, die Mittel aus den genannten Fördertöpfen bekommen, einer anlasslosen „sicherheitsbehördlichen

Überprüfung“ ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Neueinstellungen oder „begründeten Zweifeln“ zustimmen.

Wer hat denn diese neue Zuwendungsrichtlinie den Trägern geschickt? Wer hat sie denn da hingeschickt? Das hätte ich von Ihnen gern einmal beantwortet.

(Lachen und Zurufe von der SPD)

Ich will Ihnen einmal eines sagen: Solche Förderrichtlinien bei einem Verein wie dem Anne-Frank-Verein, in dem die Ehrenbürgerin der Stadt Frankfurt Trude Simonsohn Mitglied ist, die Überlebende des Holocaust ist, sind wirklich unanständig.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Herr Frömmrich, sich hierhin zu stellen und zu sagen, wir wären bei VPN abgetaucht, kann doch nicht sein. Wer hat denn VPN sicherheitsüberprüft? Wer war denn das? – Das war doch das Landesamt für Verfassungsschutz, was dazu geführt hat, dass VPN zwei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr einsetzen konnte. Bis heute sind sie öffentlich nicht rehabilitiert worden. Das ist unglaublich, was Sie hier mit den Trägervereinen veranstalten, die wirklich eine extrem gute Arbeit in der Extremismusprävention leisten.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))