Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

(Nancy Faeser (SPD): Und wer regiert in Hamburg?)

Damit rede ich keineswegs gegen die Ganztagsschulen – das möchte ich an dieser Stelle klarstellen –, auch nicht gegen die gebundenen. Ich habe oft erklärt und wiederhole es gerne, dass ich gebundene Ganztagsschulen für einen wichtigen Bestandteil unseres Schulsystems halte, dass sie hervorragende Arbeit leisten – das weiß ich, wie Sie wissen, aus ganz persönlicher Erfahrung –, und deswegen genehmigen wir auch schon seit Jahren alle Profil-3-Anträge, wenn sich Schulen zu gebundenen Ganztagsschulen weiterentwickeln. Es gibt da keinerlei Hemmnisse von unserer Seite.

Wogegen ich mich nur wehre – das tue ich allerdings auf der Basis der vorliegenden Studien und ihrer Ergebnisse sehr entschieden –, ist der Versuch, die gebundene Ganztagsschule zum Königsweg und alle anderen Formen ganztägiger Angebote für irgendetwas Minderwertiges zu erklären.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der SPD)

Denn das geben die Fakten nun wirklich nicht her. Aber das markiert in der Tat die entscheidende bildungspolitische Wasserscheide zwischen uns und der SPD: Wir fragen nach den Wünschen und Bedarfen der Schulgemeinden vor Ort, wir lassen ihnen die Wahl. Wir bieten ihnen eine Vielfalt möglicher Modelle an und geben damit auch Raum für Schulentwicklungsprozesse, und wir maßen uns nicht an, von oben her zu wissen, was für die Kinder oder Schulen vor Ort am besten ist.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In einem Satz: Wir glauben einfach nicht an allein selig machende Einheitsmodelle.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der Oppositionsführer hat dazu in seiner Grundsatzrede am Dienstag einen verräterischen Terminus gebraucht. Er hat als Vorwurf an uns formuliert, wir müssten die Schulen auf das Ziel, gebundene Ganztagsschulen zu werden, hinleiten. – Das fand ich interessant. Was soll „hinleiten“ wohl bedeuten? Dabei will ich eines gleich klarstellen –

Herr Abg. Degen, das dürfen Sie gerne auch Ihrem Fraktionsvorsitzenden so ausrichten, wir haben das Thema beim Bildungsgipfel intensiv miteinander erörtert –: Ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie vorhätten, das im Fall der Fälle par ordre du mufti zu erzwingen. Diese Diskussion brauchen wir hier gar nicht zu führen.

(Nancy Faeser (SPD): Wer zwingt denn hier wen, und wer hat das gesagt? – Gegenruf von der CDU)

Ich sagte doch gerade, dass ich Ihnen nicht unterstelle, dass Sie das par ordre du mufti erzwingen wollen. – Aber in „hinleiten“ stecken natürlich noch zwei andere Aspekte. Erstens ein grundsätzliches Misstrauen dahin gehend, dass Schulen den richtigen Weg nicht alleine finden; denn sonst müsste man sie ja nicht leiten.

Zweitens. Wenn Sie keinen Zwang ausüben wollen – was ich Ihnen, wie gesagt, nicht unterstelle –, dann brauchen Sie doch eine mögliche Veränderung der Parameter, sodass die anderen Ganztagsprofile gegenüber der gebundenen Ganztagsschule unattraktiv werden und sich Schulen vernünftigerweise nur noch für das eine Modell entscheiden können, weil es anders nicht funktioniert.

(Stephan Grüger (SPD): Ach, so macht ihr das?)

Sehen Sie, genau dort liegen die entscheidenden Unterschiede zwischen uns. Wir vertrauen den Schulgemeinden und Entscheidungsträgern vor Ort, und wir behandeln alle Ganztagsmodelle grundsätzlich gleich und ermöglichen den Schulen damit echte Wahlfreiheit. Diese Wahlfreiheit bringt nur nicht das von der Opposition gewünschte Ergebnis.

(Stephan Grüger (SPD): Das sehen viele Schulen aber ziemlich anders!)

In diesem Zusammenhang komme ich noch einmal auf den Anfang meiner Rede zurück, nämlich dass wir in der Tat seit Jahren jede Profil-3-Schule, wo der entsprechende Wunsch und das Konzept bestehen, genehmigen. Es gibt aber nicht mehr Wünsche. Vor allem deswegen nicht – und das ist das, was wir vor Ort zurückgemeldet bekommen –, weil die Menschen und gerade die Eltern oft vor dem verpflichtenden Charakter der Ganztagsschule zurückschrecken, also genau davor, die Kinder den ganzen Tag in die Schule schicken zu müssen.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Einen Moment. – Ja, sie wollen Ganztagsschulen, aber sie wollen offene Modelle. Deswegen haben wir für die Grundschulen den Pakt für den Nachmittag kreiert, weil es ein offenes Modell ganztägiger Beschulung ist, und deswegen wird er auch so viel besser angenommen.

Jetzt nehme ich gerne die Zwischenfrage von Herrn Abg. Degen entgegen.

Danke für die Möglichkeit der Zwischenfrage, Herr Kultusminister. – Ist es richtig, dass Ihr Haus den Schulträgern

ein gedeckeltes Budget zur Weiterentwicklung in die Profile 1, 2 und 3 gibt?

Herr Abg. Degen, es liegt in den Gesetzmäßigkeiten des Haushalts, dass es immer eine bestimmte Anzahl an Stellen, ein bestimmtes Quantum an Geld gibt, was für einen bestimmten Zweck zur Verfügung gestellt wird. Natürlich weisen wir das auch für den Ganztagsausbau aus.

Aber wenn es um die konkrete Umsetzung geht, dann sind wir mit den Schulträgern im Gespräch, und dann achten wir sehr wohl darauf – das hat bisher noch immer funktioniert –, dass eine Schule, wenn sie Profil-3-Schule werden will, es auch werden kann. Seit ich in diesem Ministerium Verantwortung trage, ist das noch nie am Geld gescheitert.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mir kommt es auf den Unterschied zwischen den offenen und den gebundenen Modellen an, weil wir – wie gesagt, das unterscheidet uns – da keine Präferenz vorgeben. Wir sagen, man kann auch in einem offenen Modell hervorragende Beschulung machen. Übrigens kann man auch in einem gebundenen schlechte Beschulung machen; deswegen haben wir das französische Beispiel gebracht. Das ist für mich nicht entscheidend.

Entscheidend ist für mich: Wir bieten beides an, wir richten uns nach den Wünschen der Eltern, der Schulgemeinden, der Beteiligten vor Ort, und wir fahren sozusagen auf beiden Schienen gleichberechtigt weiter.

Deswegen zum Abschluss eine letzte Zahl aus dem IQBBildungstrend: Im Vergleich der Schuljahre 2010/11 zu 2015/16 ist der Anteil der Ganztagsschulen in Deutschland um 11 Prozentpunkte gestiegen. In Hessen war der Anstieg mehr als doppelt so hoch: 24 Prozentpunkte haben wir erreicht. Ja, der Großteil davon geht in die offenen Ganztagsschulmodelle, weil das eben einfach den Wünschen der Beteiligten vor Ort entspricht. Aber die Zahl zeigt, was für eine Priorität wir auf diesen bedarfsgerechten Ausbau der Angebote legen. Wahlfreiheit und Qualitätssicherheit ist unser Credo, das ist unser Beitrag zu Bildungsgerechtigkeit, und das halten wir auch weiterhin für den richtigen Weg. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt 83.

Dieser Antrag, Drucks. 19/5760, wird nach der Debatte an den Kulturpolitischen Ausschuss überwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 82 auf, den Setzpunkt der FDP:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend Energiepolitik der Landesregierung gescheitert – Drucks. 19/5759 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. Das Wort hat Kollege Rock für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin froh, dass der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Boddenberg, heute hier ist. Er hat mir in der Generalaussprache Hinweise zu seiner Einschätzung gegeben, dass die Freien Demokraten ihre Energiepolitik in Hessen weiterentwickelt hätten. Ich kann Ihnen nur zurückgeben, dass Sie heute gut zuhören sollten, Herr Boddenberg – vielleicht lernen Sie noch etwas und können Ihre Energiepolitik auch weiterentwickeln und zu den guten Ansätzen, die Sie vor einigen Jahren noch hatten, zurückkehren. Da waren Herr Rock und Herr Beuth bei der Energiepolitik noch einer Meinung.

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das hat sich leider sehr geändert. Vielleicht gibt es heute einen Denkanstoß für Sie, sich in die richtige Richtung zurückzuentwickeln.

(Beifall bei der FDP – Michael Boddenberg (CDU): Ich möchte mich aber nicht zurückentwickeln!)

Eigentlich hoffe ich ja, dass heute ganz besonders die GRÜNEN gut zuhören. Ich glaube, für Sie ist es ein besonderer Tag. Ich habe hier schon sehr oft vorgetragen und Sie auf die Fakten und die Realität hingewiesen. Jetzt habe ich als Grundlage den Bericht der Landesregierung zur Energiepolitik in Hessen, und das sind ja Ihre eigene Fakten, also das, was Sie selbst darlegen. Vielleicht glauben Sie sich ja selbst, das wäre ein guter Anlass, zu sagen: Wir müssen die in Deutschland betriebene Energiepolitik und die, die Sie als Landesregierung in Hessen betreiben, hinterfragen.

(Beifall bei der FDP)

Was sind diese Fakten? – Wir geben Geld für gigantische Subventionen aus: 173 Milliarden € an Subventionen für das Erneuerbare-Energien-Gesetz.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Und die Atomkraft war so viel billiger?)

Ich habe in den letzten Plenarwochen den Energieminister des Landes Hessen, Tarek Al-Wazir, gefragt, wie es mit der CO2-Entwicklung aussieht und ob diese gewaltigen Subventionen zu einer Absenkung des CO2-Ausstoßes geführt haben. Dann hat er hier eingeräumt – ich hätte ja gesagt, die Entwicklung des CO2-Ausstoßes stagniert –, dass er zeitweise sogar wieder ansteigt.

Angesichts dieser gigantischen Summe an Geld, die wir ausgeben, muss man einmal nachfragen. Es ist eine gigantische Summe an Subventionen, die ja nicht verschwinden, sondern die irgendeiner bekommt – oft ein chinesisches Unternehmen, das die Anlagen mittlerweile baut, oder ein guter Projektierer, Finanzinstitute, die diese 173 Milliarden € vereinnahmt haben. Aber gezahlt haben das die Verbraucher in Deutschland, der Hartz-IV-Empfänger genauso wie der Millionär, und zwar genau die gleiche Summe. Der Effekt aber ist seit einigen Jahren nicht mehr nachweisbar. Dann muss man diese Politik hinterfragen.

(Beifall bei der FDP)

Ich glaube, es ist klug, an die großen Denker der Vergangenheit zu erinnern. In der Renaissance hat einmal ein großer Denker versucht, Staatslenkern eine Anleitung zu geben, wie sie ihren Staat am besten regieren können. Er hat ausgeführt: Es ist weise und schwierig, eine Krankheit in einem frühen Stadium zu erkennen. Dann kann man

aber oft noch eine Therapie entwickeln. Es ist einfach, eine Krankheit im Endstadium zu erkennen. Aber dann stirbt der Patient in der Regel.

Wir als Freie Demokraten haben kein Interesse daran, dass Deutschland eine Energiepolitik betreibt, die nicht dazu beiträgt, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Wir wollen den CO2-Ausstoß reduzieren, aber wir wollen auch, dass es vernünftig und an der Sache orientiert gemacht wird. Das ist unser Ansatz.

(Beifall bei der FDP)

Lieber Herr Minister Al-Wazir, Sie haben diese 1.000 Windräder bejubelt, die jetzt in Hessen stehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)