Viele Juristen haben gefragt: Warum wollt ihr das mit einem Änderungsantrag noch einmal einbringen? Das Kindeswohl ist doch sowieso die große Überschrift über diesem Gesetzbuch. Wir aber wollen die Sorgen und das letzte Missverständnis ausräumen, dass es bei der Verteilung in allererster Linie nicht darum gehen könne, das Kindeswohl zu beachten. Aber genau darum muss es gehen. Das Kindeswohl liegt zuallererst und zuvorderst jeglicher Entscheidung hinsichtlich der Verteilung zugrunde. Das abgebende Jugendamt kann, auf das einzelne Kind bezogen,
Kriterien mitteilen. Das aufnehmende Jugendamt hat das dann zu beachten. Mit dieser Änderung wird die letzte Sorge genommen, dass es bei der Verteilung nicht um das Kindeswohl gehen könne.
Ich will auch das noch einmal sagen: Es ist das Kerngeschäft, und zwar ihr tägliches mühsames Kerngeschäft, der Jugendämter in Hessen und insgesamt, sich für das Kindeswohl einzusetzen. Ich wüsste nicht, warum das bei unbegleiteten minderjährigen Jugendlichen nicht so sein sollte. So wird es sicherlich auch in Zukunft bleiben. Wir haben das noch einmal unmissverständlich ausgedrückt. Dieses Gesetz wird richtig und wichtig sein. Ich hoffe, der Gesetzentwurf wird angenommen werden. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Regelungen, die bisher schon Praxis waren, sollen jetzt gesetzlich festgehalten werden.
Das will ich an der Stelle schon sagen: Darüber hinaus ist eine Landesstelle zu bestimmen, die Ansprechpartner für das Bundesverwaltungsamt ist, das ausschließlich die Verteilung zu organisieren hat. Es geht da nicht um Betreuung, Unterbringung und anderes mehr.
Wir denken, dass im Regierungspräsidium Darmstadt große Expertise vorhanden ist. Denn dort werden schon seit vielen Jahren die entsprechenden Verteilungen vorgenommen. Das zu bestimmen, bleibt dort.
Es wird Möglichkeiten geben, Rechtsverordnungen zu erlassen. Sie sind auch ein Stück weit sinnvoll. Ich will einen Fall nennen. Wenn ein unbegleiteter Minderjähriger kommt, wird er aufgenommen und einem Jugendamt zugewiesen. Anschließend stellt sich heraus, dass seine Familie in einem anderen Bundesland lebt. Solche Öffnungen und Verordnungen ermöglichen es dann der Landesregierung, eine Familienzusammenführung zu machen. Das wäre auf anderem Weg nicht möglich.
Insofern ist damit nicht etwas verbunden, was letztendlich dem gesetzlichen Handeln entzogen ist und Tür und Tor öffnet. Vielmehr entspricht es eigentlich einem guten Verwaltungshandeln und den Ableitungen aus der Praxis.
Zur Abstimmung rufe ich den Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung jugendhilferechtlicher Vorschriften auf. Wer dem seine Zustimmung gibt, den
bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Mitglieder der Fraktionen der CDU, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das sind die Mitglieder der Fraktion der LINKEN. Enthaltungen? – Enthaltungen gibt es bei den Mitgliedern der Fraktion der SPD. Damit wird der Gesetzentwurf zum Gesetz erhoben.
Kolleginnen und Kollegen, zu der Initiative unter Tagesordnungspunkt 41, dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung des Landtagswahlgesetzes, Drucks. 19/5510 zu Drucks. 19/5439 zu Drucks. 19/5273, ist noch eingegangen und an Sie verteilt der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 19/5781.
Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Stärkung der finanziellen Ausstattung bei der Flüchtlingsunterbringung – Drucks. 19/5621 zu Drucks. 19/5166 –
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Sozialund Integrationspolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und GRÜNEN gegen die Stimme der LINKEN bei Stimmenthaltung von SPD und FDP, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 19/5470 – und damit in der aus der Anlage zu der Beschlussempfehlung ersichtlichen Fassung – in zweiter Lesung anzunehmen.
Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen war es immer sehr wichtig, die Flüchtlingsunterbringung in großem Konsens mit der kommunalen Familie durchzuführen. Aus diesem Grund sind die Pauschalen für die Flüchtlinge im Land Hessen im Vergleich zu anderen Ländern besonders hoch.
Bei diesem Gesetzentwurf geht es im Wesentlichen um die sogenannte kleine Pauschale. Das sind die Zuwendungen des Landes an die Kommunen für die Personen, die bereits in das Sozialsystem integriert sind und entsprechende Transferleistungen beziehen. Sie bekommen zusätzlich eine Pauschale für Maßnahmen der Integration. Diese wurde in diesem Gesetz sehr deutlich angehoben. Das zeigt die gute Zusammenarbeit dieser staatlichen Ebenen.
Das kam auch im Wesentlichen bei der Anhörung zum Ausdruck. Ich möchte hier nur zwei Zitate vortragen. Herr Gieseler vom Städtetag:
Es gab Gespräche zwischen der Landesregierung und den Kommunalen Spitzenverbänden zu dieser Frage. Der vorgeschlagene Gesetzentwurf spiegelt die Ergebnisse wider.
Im weiteren Verfahren konnten wir außerordentlich gut mit dem Ministerium zusammen zwar nicht alle, aber die meisten maßgeblichen Punkte klären.
Das heißt, dass wir hier auf einem guten Weg sind, auch nachdem die Flüchtlinge in die Kommunen gekommen sind und in das Sozialsystem integriert sind, zusätzliche Maßnahmen zu fördern, damit die Integration auch gelingen wird. – Besten Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann es bei diesem Gesetzentwurf auch sehr kurz machen. Wir sind grundsätzlich mit der Umsetzung, mit der Unterstützung der Kommunen im Reinen, auch so, wie es hier die Landesregierung vorgeschlagen hat. Wir hatten im Ausschuss noch eine kleine Diskussion zu der Frage: Wie gehen am Ende Landkreise mit den kreisangehörigen Kommunen bei der Frage des Leerstands und den Konsequenzen daraus um? Wir sind da sozusagen noch im Dialog.
Was uns stört, ist: Wenn man das Landesaufnahmegesetz anfasst, dann hätte man die aus unserer Sicht nicht sehr deutliche Regelung, dass die Landkreise und Kommunen diese Aufgabe als Gemeinschaftsaufgabe erfüllen, auflösen müssen. Es gab ja in der Umsetzung den einen oder anderen Rechtsstreit in der Fläche. Das ist zwar juristisch entschieden worden – aber auf der Grundlage der Regelung des Gesetzes, die wir für nicht angemessen halten.
Darum werden wir uns an der Stelle enthalten, obwohl wir mit dem Kern der Regelung, der jetzt hier angesprochen wurde, einverstanden sind. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Diese Novelle des Landesaufnahmegesetzes wäre einmal eine gute Gelegenheit gewesen, endlich verbindliche Vorgaben einzuführen, was die Qualität, die menschenwürdige Unterbringung und die integrationsfördernde Unterbringung von Geflüchteten betrifft. Ich bedauere, dass diese Chance vertan wurde, obwohl in der Anhörung zu dem Gesetzentwurf eindringlich auf diese Lücke hingewiesen wurde. Dieser Gesetzentwurf beschränkt sich weitgehend auf fiskalische As
pekte und berücksichtigt ausschließlich Verhandlungsergebnisse zwischen dem Land und den Kommunalen Spitzenverbänden über Höhe und Modalitäten der Kostenerstattung.
Eigentlich hätte ich mir gewünscht, dass die Landesregierung die Kritik der Wohlfahrtsverbände und der Flüchtlingsorganisationen an der Unterbringungssituation zumindest thematisiert hätte. Aber weder wurde in den Verhandlungen mit den Interessenvertretungen der Gebietskörperschaften darauf eingegangen, noch wird das in diesem Gesetzentwurf geregelt. Diese Ignoranz ist eigentlich nicht akzeptabel.
In vielen Kommunen Hessens sind Flüchtlinge gezwungen, jahrelang in überfüllten Gemeinschaftsunterkünften zu leben. Ich möchte hier einmal kurz aus der Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte zitieren:
Auseinandersetzungen um Koch-, Reinigungs-, Wasch- und Trockengelegenheiten sind … vorprogrammiert. Konflikte unter den Erwachsenen entzünden sich auch am Verhalten der Kinder, etwa wenn sie in den Fluren und Wohnräumen spielen. Bedürfnisse von Einzelpersonen oder Familien nach Wohnraum, Privatsphäre und Gemeinschaftsräumen werden nicht berücksichtigt. … Besonders Frauen sind in solchen Unterkünften erhöhter Gefahr von Belästigungen und sexuellen Übergriffen ausgesetzt. Kindern und Jugendlichen fehlen Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten, Lernlust und Lernerfolg der Minderjährigen leiden … schon allein wegen des Lärmpegels.
Meine Damen und Herren, diese Form der Unterbringung wirkt isolierend, behindert die gesellschaftliche Teilhabe, führt zu psychischen Belastungen und oft auch psychischen Erkrankungen, unter denen wieder besonders die Kinder leiden.
Die verwendeten Unterkünfte sind oftmals in architektonischen Auslaufmodellen untergebracht. Durch die Belegung mit Geflüchteten bringen sie ihren Eigentümern noch einmal eine gute Rendite. Einen Eindruck von der konkreten Situation vor Ort vermittelt z. B. eine Dokumentation auf der Homepage des Hessischen Flüchtlingsrats. Da werden Flüchtlinge in Autogaragen gezeigt, oder im Wald – Ewigkeiten entfernt von Einkaufsmöglichkeiten, der Schule und ohne Busverbindung.
Jetzt mögen Sie sagen, das sind krasse Fälle. Aber auch in den Unterkünften in den Kommunen steht nicht alles zum Besten. Schauen Sie sich einmal den Bericht von „defacto“ vom 4. Dezember über die Unterkünfte in Bad Vilbel an. Oder gehen Sie einmal nach Karben an den Spitzacker. Das sind Unterkünfte, die ich selbst gesehen habe. Sie sind in einem desolaten Zustand. Es liegt auf der Hand, dass Isolation und beengte Unterkünfte weder den Menschen besonders guttun noch in irgendeiner Form förderlich für die Integration in die Gesellschaft und Arbeitswelt sind.
Die Landesregierung muss sich endlich verantwortlich zeigen für Unterbringungsstandards, die den menschenrechtlichen Verpflichtungen in Hessen gerecht werden. Es kann nicht sein, dass die Unterbringung von Geflüchteten rein fiskalisch unter dem Gesichtspunkt der Kostenminimierung betrachtet wird.
Wir brauchen dringend verbindliche Regeln zu den Standorten der Flüchtlingsunterkünfte und zu den Standards in den Unterkünften. Es gibt zahlreiche Vorschläge von Wohlfahrtsverbänden, von UNICEF oder vom Deutschen Institut für Menschenrechte. Auch wir haben hier schon zahlreiche Initiativen ergriffen. Andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Brandenburg und Hamburg haben bereits Mindeststandards formuliert. Hessen sollte hier endlich nachziehen. – Vielen Dank.