Protokoll der Sitzung vom 28.02.2018

Sie haben zahlreiche Dinge vergessen, die auch gemacht worden sind. Ich sage nur: Tarifstärkungsgesetz. Von wem ist es gekommen? – Nicht von euch. Das ist von der SPD

Arbeitsministerin gekommen. Die vorgezogene Rente mit 63 ohne Abschläge als Anerkennung einer Lebensleistung ist nicht von der LINKEN gekommen, sondern von einer SPD-Arbeitsministerin.

Die Reihe könnte ich fortsetzen. Ich freue mich auf das nächste Duell. Beim nächsten Mal werden Sie sich auch wieder ärgern, weil es wieder etwas neues Gutes gibt, das wir initiiert haben. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Kollege Rock, FDPFraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute die schöne Situation, dass wir auf der Tribüne jüngere Menschen, ältere Menschen, Frauen und Männer haben – eben so, wie auch unsere Gesellschaft aufgebaut ist. Wenn man überlegt, wie sich in den Neunzigerjahren die SPD und die GRÜNEN in einer Reformkoalition unter Herrn Schröder der Rente gewidmet haben,

(Unruhe bei der LINKEN – Glockenzeichen der Prä- sidentin)

weiß man, dass die das ja nicht gemacht haben, um Menschen zu ärgern. Das haben die damals gemacht, weil sie überlegt haben, wie denn künftig die staatliche Rente sicher finanziert werden kann, wenn in unserer Gesellschaft immer mehr ältere Menschen und immer weniger junge Menschen leben.

(Jürgen Lenders (FDP): Das nennt man demografische Entwicklung!)

Es ist wohl auch mathematisch nachvollziehbar, dass man dann gesagt hat, immer weniger jüngere Menschen können nicht das gleiche Rentenniveau finanzieren wie bisher, weil die eben weniger werden. Und alles, was wir uns überlegen, was wir im Endeffekt an Steuermitteln in die Rente hineingeben, muss erwirtschaftet werden.

Da hat diese damalige rot-grüne Koalition versucht, einen Kompromiss zu finden.

(Jürgen Lenders (FDP): Ach, die GRÜNEN!)

Der basierte auf den Zahlen, die man damals zugrunde gelegt hat.

Wenn Sie möchten, dass ältere Menschen steuerfinanziert mehr Geld erhalten, dann müssen Sie auch sagen, wer es bezahlt. Sie vergessen aber in Ihrer Politik immer den zweiten Teil. Bei einem Generationenvertrag geht es jedoch darum, dass man beide Seiten berücksichtigt, weil die Loyalität entsprechend sein muss.

Man hat damals unter dieser Koalition gesagt, wir stellen die Rente auf drei Säulen, nicht mehr nur auf eine. Das hat man versucht den Menschen frühzeitig nahezubringen, dass sie dann, wenn sie 30, 40 Jahre gearbeitet haben, sich nicht mehr allein auf die gesetzliche Rente verlassen können. Das ist in den Neunzigerjahren auf den Weg gebracht worden.

Dann gab es zwischendurch immer wieder politische Debatten, zu sagen, die gesetzliche Rente reicht doch völlig

aus, um einen guten Lebensstandard sicherzustellen. Damit hat man natürlich die eigene Politik konterkariert.

Wenn jetzt die Situation so ist, wie sie ist, dass wir eben das Rentenniveau abgesenkt haben – das ist jetzt wieder ein Stück weit ausgesetzt worden –, dann müssen Sie sich einmal daran erinnern – das ist, glaube ich, hier angesprochen worden; ich weiß gar nicht, von wem –, dass wir in Hessen eine Sozialberichterstattung haben.

Wenn man sich die Sozialberichterstattung in Hessen anschaut, dann sieht man, dass das Armutsrisiko von Frauen nicht bei den älteren Frauen ist, sondern bei den jungen, bei den bis 25-jährigen Frauen. Das Armutsrisiko bei den jüngeren Frauen ist doppelt so hoch wie der Schnitt. Bei den älteren Frauen, die in Rente gehen, liegt es 1,5 % über dem Schnitt. Das weisen die hessischen Zahlen aus. Warum ist das so? – Weil natürlich die Alleinerziehenden hier eine Riesenrolle spielen.

Sie müssen auch einmal schauen, wo die akuten Probleme sind. Das akute Problem, die Altersarmut, liegt bei 3 % – ein bisschen darüber. Das Kriterium für Armut in Deutschland ist nicht das Kriterium Alter, das ist das Kriterium Kind. Das ist aus meiner Sicht auch der wirkliche Skandal, auf dem dann alles andere aufbaut.

Wenn in Hessen 20.000 Krippenplätze fehlen und 10.000 Ganztagsplätze fehlen, dann kann man der Landesregierung sehr wohl einen Vorwurf machen, dass sie hier nicht genug tut.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Torsten War- necke (SPD))

Aber wenn man jetzt zugrunde legt, was sich die letzte Bundesregierung und die kommende Bundesregierung vorgenommen haben – gerade im Hinblick auf die Frage der Rentner –, hat man nicht den Eindruck, dass die Frage der Renten und der Rentner keine wichtige Rolle auf der bundespolitischen Ebene spielt. Ich erinnere einmal an Mütterrente eins, an Mütterrente zwei, die Einfrierung. Herr Decker hat ja alle die Themen aufgezählt, die sich die Große Koalition auf die Fahnen geschrieben hat. Man hat nicht den Eindruck, dass die Situation der Rentner bei den großen Parteien aus dem Fokus geraten wäre. Man hat eher den Eindruck, diese Themen sind sehr im Fokus.

Von daher glaube ich schon, dass es wert ist, bei der Frage der Armut auch einmal die Herleitung zu betrachten, nämlich: Wie ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Hessen organisiert?

Dann kann ich Ihnen – auch der Linksfraktion – nur einmal den Gesetzentwurf der FDP zu § 28 des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuchs nahelegen. Da geht es darum, dass Eltern den Betreuungsplatz ihres Kindes frei wählen dürfen. Das betrifft vor allem auch Alleinerziehende. Wenn die einen Job gefunden haben und jetzt ein Kleinkind haben, während der Arbeit in der Nähe ihres Kleinkindes sein möchten und jetzt in einer Gemeinde einen Betreuungsplatz kriegen – z. B. in Frankfurt –, die Kommune sich aber nicht mit der Entsendegemeinde einigt, dann verlieren die wieder ihren Job.

Wir haben dazu einen Gesetzentwurf eingebracht. Hier könnten Sie einmal über Ihren Schatten springen und sagen, das kostet nur das eine oder andere Milliönchen – das sind wirklich kleine Summen –, würde aber für die Lebenssituation der betroffenen Frau oder der betroffenen Fa

milie die Grundlage schaffen, dass man arbeiten kann, dass man die Möglichkeit der Arbeitsaufnahme hat.

(Beifall bei der FDP)

Dazu brauchen wir keinen Antrag der LINKEN. Das ist ein fertig formulierter Gesetzentwurf der Freien Demokraten. Dieser Gesetzentwurf ist in der Anhörung; den brauchen Sie nur mitzutragen. Sie brauchen nur zu sagen: Genau, uns ist das wichtig, wir wollen hier nicht nur Sonntagsreden halten, sondern wir haben einen konkreten Vorschlag der Freien Demokraten.

Ich muss an der Stelle auch noch einmal unterlegen:

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Wer ist unterlegen?)

Hinterlegen, Ihnen unterlegen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Alles klar!)

Die Frage, ob die Altersvorsorge und die Rente in der deutschen Politik eine angemessene Rolle spielen, kann man doch einmal auf der Grundlage des Bundeshaushalts beantworten. Schauen Sie sich doch einmal den Bundeshaushalt an, schauen Sie sich den Steuerzuschuss in die Rente im Bundeshaushalt einmal an. Der geht auf die 100 Milliarden € zu bei einem Haushaltsvolumen von vielleicht 360 Milliarden €. Der Steuerzuschuss in die Rente geht hier auf 100 Milliarden € zu.

(Jürgen Lenders (FDP): Das war der Preis der deutschen Einheit!)

Dass die Politik in Deutschland die Rentner nicht im Auge hätte und nicht sieht, dass die Alterssicherung und die Abwendung von Altersarmut ein wichtiges Thema sind, kann man nicht behaupten, wenn man hier Zahlen und Fakten zugrunde legt. Das ist dann einfach eine Falschbehauptung.

(Beifall bei der FDP)

Sie müssen bei der Prognose – bei den Zahlen – jetzt schon die Situation in 30 Jahren zugrunde legen, dass dann das Problem entsteht, aber dass wir dazwischen noch jede Menge Handlungsmöglichkeiten haben, um darauf zu reagieren, dass wir natürlich versuchen, die Wertschöpfung im System zu erhöhen, damit wir, wenn die Wirtschaft effizienter arbeitet, vielleicht durch die Digitalisierung eine höhere Wertschöpfung erreichen können und uns die besseren Renten leisten können. Aber das greift doch ineinander. Man kann doch nicht einfach sagen, jemand, der in Altersarmut lebt, muss jetzt automatisch mehr Geld kriegen. Wir müssen es doch ermöglichen, dass wir das Geld erwirtschaften, um ein gutes Rentenniveau finanzieren zu können. Wir müssen es doch ermöglichen, dass Menschen, die ihr ganzes Leben lang arbeiten, die Chance haben, sich für das Alter etwas aufzubauen.

Aber was mich bei der Debatte stört, ist: Ein Kind hat noch keine Verantwortung dafür, ob es in Armut groß werden muss. Jemand, der 40 Jahre arbeitet und die Chance hat, 40 Jahre für das Alter vorzusorgen, hat es eher in der Hand. Darum ist die Frage der Kinderarmut für mich eine viel konkretere. Wenn Sie sich die statistischen Daten und den Landessozialbericht anschauen, stellen Sie fest, das ist wirklich eine evident wichtige Aufgabe für unsere – –

(Janine Wissler (DIE LINKE): Stimmt aber nicht! Im Sozialbericht steht Altersarmut sehr wohl!)

Schauen Sie doch nach, Seite 70.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja, aber Altersarmut auch!)

Das ist eine evidente Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Da stehen die Kinderbetreuung, die Qualität und ausreichende Plätze im Vordergrund. Das glaube ich schon, dass wir genau an der Stelle auch hier in Hessen die Möglichkeit haben, zu handeln.

(Beifall bei der FDP)

Noch einmal zurück: Die Rentner in Deutschland sind in den Händen der Großen Koalition gut aufgehoben. Das kann man in dem Programm deutlich nachlesen. Herr Decker hat das hier auch noch einmal sehr gut ausgeführt.

Ob die Generationengerechtigkeit in guten Händen ist, wird die Zukunft zeigen. Aber dass die Koalition, die Kollegen dort nicht nach den Menschen, die älter werden und in Rente gehen, schauen würden, das kann man ihnen wirklich nicht vorwerfen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Torsten War- necke (SPD))

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Kollegin Erfurth, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Gegensatz zum Kollegen Rock bin ich nicht der Auffassung, dass es allen älteren Menschen und allen Rentnerinnen und Rentnern

(Janine Wissler (DIE LINKE): Allerdings!)