Wolfgang Decker

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Herr Präsident, meine sehr verehren Damen und Herren! Die Beschäftigten von Ryanair brauchen unsere Solidarität und unsere Unterstützung, und dieses Haus sollte ihnen diese Unterstützung auch geben.
Aus diesem Grund haben wir Ihnen diesen Entschließungsantrag vorgelegt. Wir sind uns in diesem Hause wie immer einig, dass wir damit keinesfalls in die Tarifauseinandersetzungen eingreifen wollen, weil das natürlich die Sache der Tarifpartner ist. Wir sollten aber eines tun: Wir sollten heute ein klares politisches Signal senden, dass für Menschen, die in Deutschland arbeiten, deutsches Arbeitsrecht und deutsches Sozialrecht gelten müssen.
Wir sollten die klare politische Botschaft senden: Der Hessische Landtag will keinen Dumpingwettbewerb, auch nicht am Frankfurter Flughafen. Er will nicht, dass ein solcher Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird.
Angesichts der arbeitsrechtlichen Zustände, die offenbar bei Ryanair herrschen, können wir nur allzu gut verstehen, dass die Beschäftigten und die Gewerkschaften aufstehen
und für Besserung kämpfen. Allein schon ihr Mut verdient unsere Unterstützung. Unser besonderer Gruß gilt daher auch den streikenden Kolleginnen und Kollegen – auf der Besuchertribüne sitzen welche –: Seien Sie uns herzlich willkommen.
Ich will allen, die dort beschäftigt sind, zurufen: Bei dem, was ihr an Arbeit täglich leistet, habt ihr eindeutig bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen verdient.
Unser Fraktionsvorsitzender Thorsten Schäfer-Gümbel, der gestern die Streikenden vor Ort besucht hat – und im Moment wieder in einem Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen aus der Branche von einer anderen Airline ist –, hat unsere Unterstützung bereits zugesagt. Ich will das hier gerne wiederholen.
Die heutige Debatte ist aus unserer Sicht auch deshalb wichtig, weil wir dem irischen Unternehmen einmal deutlich sagen sollten: So könnt ihr mit Beschäftigten nicht umgehen.
Hier herrscht nationales Arbeits- und Sozialrecht. Das haben sie gefälligst auch anzuwenden, nichts anderes.
Noch eines sollten wir dem Management von Ryanair mit auf den Weg geben: Wir dulden keine Versuche, Streikende einzuschüchtern oder ihnen gar mit Entlassung oder Arbeitsplatzverlagerung zu drohen. Man muss den Damen und Herren des Managements das Grundgesetz, das Verfassungsrecht vor Augen führen. Demnach ist es nämlich schlicht unzulässig. Ich füge hinzu: Es ist obendrein auch noch unanständig.
Auch Ryanair muss sich daran gewöhnen, dass die bei uns geltenden Gesetze einzuhalten sind. Das gilt im Übrigen auch für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder für die ordnungsgemäße Abführung von Sozialbeiträgen. Wir sind unserem Fraktionsvorsitzenden Thorsten SchäferGümbel dankbar, dass er den Bundesarbeitsminister gestern gebeten hat, die Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Wir sind gespannt.
Eines ist auch klar: Wenn Ryanair weiterhin unzulässigen Druck auf die Beschäftigten ausübt und nicht zu faireren Arbeitsbedingungen bereit ist, müssen sie mit unserem ganz entschiedenen politischen Widerstand rechnen.
Wir wollen im Übrigen auch, dass alle Behörden, die zuständig sind, einmal genauer hinschauen, was in Ordnung ist und was nicht in Ordnung ist. Es werden gewiss auch die anderen Unternehmen der Branche über diesen Arbeitskampf ganz froh sein; denn wenn es darum geht, faire Löhne und gute soziale Standards zu erringen, bedeutet das am Ende – wenn das für alle gilt – auch einen faireren Wettbe
werb auf gleicher Augenhöhe. Das kann nur gut sein. Das ist ein Grund mehr, den Streikenden die Daumen zu drücken.
Ich komme zum Schluss. Meine Damen und Herren, unsere Botschaft ist klar: Wir wollen, dass für alle Beschäftigten deutsches Sozial- und Arbeitsrecht und deutsches Tarifrecht und kein irisches angewandt wird. Wir wollen, dass es am Frankfurter Flughafen fair zugeht, auch bei Ryanair. Denken Sie daran: Geiz ist für manche geil, für viele bedeutet das aber schlechte Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen.
Ich darf zum Schluss noch einen Satz zu dem Entschließungsantrag der CDU und der GRÜNEN sagen. Der ist fachlich, inhaltlich nicht zu bemängeln. Es ist in Ordnung, was drinsteht. Aber er geht uns nicht weit genug, weil wir von Ihnen eine noch kräftigere Botschaft für diejenigen erwartet hätten, um die es hier geht, nämlich dass sie vernünftiges Arbeitsrecht erhalten. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung enthalten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hole in der Tat die Zeit vom Kollegen Boddenberg wieder herein.
„Die Deutschlands-Rente, das überzeugende Altersvorsorge-Modell aus Hessen“ – so die Überschrift der Aktuellen Stunde. Aber irgendwie scheint das Modell in Deutschland keiner so richtig zu wollen. Zumindest ist die Skepsis größer als die Überzeugung.
Schon im April, als unsere drei hessischen Minister auf die Public-Relations-Tour gegangen sind, um für dieses Modell zu werben, hieß es unter anderem in der Presse – ich darf das zitieren, Frau Präsidentin –:
Die GRÜNEN im Bundestag wendeten sich gegen den Vorstoß. „Der Aktienmarkt ist keine Alternative zur Rentenversicherung“, kritisierte ihr Rentenexperte Markus Kurth. „Die Deutschland-Rente hat daher keine Zukunft.“
Weiter heißt es:
Alle Fraktionen des Bundestages seien sich im Grundsatz einig, dass das Niveau der gesetzlichen Rente nicht im freien Fall absinken dürfe. „Dieser Konsens wird von den drei hessischen Ministern ganz offensichtlich nicht geteilt.“
So Markus Kurth abschließend.
Meine Damen und Herren, ich habe mir noch einmal den Koalitionsvertrag angeschaut. Ich habe ihn regelrecht durchforstet von vorne nach hinten, von hinten nach vorne. Ich habe darin eine Menge Gutes gefunden. Es ist richtig, was Sie zitiert haben, Kollege Boddenberg.
Ja, es ist viel Gutes auch auf Druck der SPD hereingekommen, nämlich den freien Fall des Rentenniveaus zu verhindern. Es steht auch noch etwas darin, was das DreiSäulen-Modell anbelangt. Ich muss es nicht zitieren; Sie kennen es auswendig. Von der Deutschland-Rente steht davon jedenfalls Nullkommanichts drin.
Was wir aber gefunden haben, ist ein Presseartikel der „FAZ“ vom 20. Januar. Darin wird über die Rede von Finanzminister Dr. Schäfer beim Neujahrsempfang der Darmstädter CDU berichtet. Darin steht, dass er unter anderem Folgendes gesagt habe:
Die Vorstellung, dass man auch in Zukunft nur bis 63 oder 65 Jahre arbeiten müsse, sei „sozialromantisch“. Statistisch gesehen werde jedes zweite heute geborene Mädchen über 100 Jahre alt. Selbstverständlich müsse diese Generation bis 70 arbeiten.
Jetzt frage ich mich: Ist das das Kleingedruckte in Ihrem Deutschland-Renten-Modell? Was sagen Sie dazu? Ich habe hier nur festzustellen, dass heute Morgen bei der CDU irgendwie nicht alles zusammenpasst und wahrscheinlich in dieser Frage gar nichts zusammenpasst. Wir wissen nicht genau, wohin Sie damit wollen. Es wird morgen im Bundesrat diskutiert. Wir schauen einmal: Ist das Ganze ein Rohrkrepierer, oder ist es ein Ladenhüter? Wir wissen es nicht. Wir sind gespannt.
Auf jeden Fall danke ich recht herzlich, dass ich heute Morgen dazu reden durfte. Mehr gibt es aus unserer Sicht dazu im Moment nicht zu sagen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe gehört, dass der Antrag der FDP auf diese Aktuelle Stunde beim Präsidenten nach Ladenschluss eingegangen sei.
Aber wir haben den Laden extra für Sie noch einmal geöffnet,
weil es nämlich einen Anlass gegeben hat. Aber auf den Anlass kommt es eben an, meine Damen und Herren. So muss das auch sein, und so muss das aber auch bleiben.
Die letzte Debatte haben wir schon sehr ausführlich am 23. November letzten Jahres in diesem Hause geführt. Das ist exakt drei Monate und sechs Tage her. Ich weiß es noch genau: Es war auch ein Donnerstag – so wie heute.
Ich will Ihnen auch gleich verraten, dass sich unsere grundsätzliche Auffassung als SPD-Fraktion weder über Weihnachten noch über Neujahr und auch nicht über Fastnacht verändert hat.
Kollege Lenders, ich will an dieser Stelle noch einmal mit allem Ernst deutlich machen, warum sich für uns nichts geändert hat. Wir fühlen uns unverändert den Beschäftigten, den Kirchen und den Vereinen verpflichtet. Wir wollen weiterhin den Schutz der Familie sowie der seelischen und körperlichen Gesundheit. Wir wollen den Schutz von Religion und Kirchen, und wir wollen die Interessen der Vereine des Sports und der Kultur auch weiterhin geschützt wissen. Wir wollen natürlich den Schutz von Freizeit, der gerade in Zeiten weiter zunehmender Alltags- und Berufsbelastung umso wichtiger ist.
Ich will es noch einmal an einer anderen Stelle auf den Punkt bringen. Nach all den Gesprächen, die wir führen – wir als Abgeordnete sind alle nah bei den Menschen –, wissen wir ziemlich genau, dass die allermeisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer froh sind, wenn sie an Sonn- und Feiertagen einfach einmal ihre Ruhe haben.
All das, was ich eben wiederholt an Gründen aufgeführt habe, ist durch höchstrichterliche Rechtsprechung auch geschützt. Bei den Debatten in diesem Hause vergessen wir
das gelegentlich. Wir können auch nach wie vor nicht erkennen, dass es Bestrebungen gibt, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
Ich will nur einmal Art. 140 Grundgesetz in Erinnerung rufen. Dort ist das Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit verankert, und es darf nur aus einem bestimmten Grund aufgehoben werden. Das steht, ob es uns gefällt oder nicht, wie der Fels in der Brandung.
Ich will meinen Vorschlag vom 23. November an der Stelle gern wiederholen. Herr Kollege Lenders, Sie haben ja den Anlass genannt, warum Sie das Thema heute noch einmal zur Aktuellen Stunde machen wollten, nämlich weil sich aus der Allianz Stimmen gemeldet haben. Ich hatte das letzte Mal empfohlen – diese Empfehlung steht vonseiten der Landtagsfraktion immer noch –, dass man sich mit allen Akteuren rechtzeitig, bevor ein Ereignis ansteht, zusammensetzt und darüber spricht und auslotet, was möglich ist. Es gibt sehr gute Beispiele, wo das funktioniert. Ich habe schon mehrfach das Beispiel aus Kassel angeführt. Ich kenne es auch aus anderen Städten. Ich weiß aber auch, dass es zahlreiche Fälle gibt, wo man mit dem gleichen Kopf zum dritten oder vierten Mal vor die gleiche Tür rennt. Es darf auf beiden Seiten nicht das Gefühl entstehen, dass man über den Tisch gezogen wird oder kurzfristig vor vollendete Tatsachen gestellt wird.
Ich kann gut nachvollziehen, dass immer wieder ein Ärgernis entsteht, wenn einen Tag, bevor das Ereignis stattfinden soll, eine Klage eingeht und das Ganze an der Stelle platzt.
Ich kann übrigens auch die Argumente der Allianz gut nachvollziehen. Ich kann aber durchaus auch Oberbürgermeister Kaminsky aus Hanau verstehen. Er hat sich dieser Tage geäußert – dort ist wohl kurz vor Toresschluss oder vor Ladenschluss auch ein Ereignis durch eine Klage geplatzt.
Es ist das gute Recht eines jeden Oberbürgermeisters, dass er sich Gedanken und Sorgen um seinen Einzelhandel und um die Entwicklung seiner Innenstadt macht. Das kann ich gut nachvollziehen. Es ist aber auch nachvollziehbar, dass die SPD-Fraktion klar und deutlich am Anlassbezug festhält, weil es sich um ein hohes Schutzgut handelt.
Ich habe noch Zeit. Komm, mach. Passt.
Kollege Lenders, danke für die Frage. Uns ist ein solcher Fall bisher nicht bekannt geworden. Wir sind aber im Gespräch mit der Allianz, und wir werden dem sicherlich nachgehen, um festzustellen, was Anlass für diese vermeintliche Beschwerde gewesen ist. Jetzt kann ich Ihnen aber nicht die Frage beantworten, ob es so war oder ob es nicht so war. Wir werden es aber herausfinden.
Kolleginnen und Kollegen, ich denke, wir können das hier abkürzen. Es steht eine Evaluierung des Gesetzes an. Insofern bestehen Raum und Anlass, diese Dinge noch einmal zu besprechen. Wir sollten gemeinsam dafür sorgen durch Gespräche mit der Allianz, aber auch mit denjenigen, die die Geschäfte machen, aber auch mit den kommunalpolitisch Tätigen, um einen Weg zu finden, um die kurzfristigen Dinge auszuräumen, die immer wieder für Ärger sorgen.
Ich sage noch einmal: Das Gespräch vor Ort hilft. Hierfür gibt es gute Beispiele. Insofern kann ich nur die Nachahmung empfehlen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollegin Schott hat eingangs die Vermutung geäußert, man hätte ihren Antrag nicht gelesen. Ich vermute, sie hat den Inhalt des neuen Koalitionsvertrags nicht gelesen. Ich komme darauf noch zu sprechen. Frau Klaff-Isselmann hat eine frauenpolitische Wohlfühlrede gehalten. Jetzt schauen wir uns die ganze Sache einmal der Reihe nach an.
Die Altersarmut wird merklich zunehmen, wenn man hier nicht gegensteuert – Fakt eins. Fakt zwei: Betroffen werden Geringqualifizierte, Langzeitarbeitslose und befristet Beschäftigte sein. Das Loch wird Frauen, vor allem alleinstehende Frauen, treffen. In diesem Punkt sind wir uns durchaus mit dem Antragsteller einig. Ich glaube, dass das weite Teile des Hauses inzwischen auch verstanden haben; man könnte das auch ein wenig aus dem Antrag der CDU und der GRÜNEN herauslesen. Wir sind aber noch nicht ganz sicher, ob sie es in Gänze verstanden haben. Meine Damen und Herren, wir werden sehen, wie es in Hessen weitergeht.
Wenn ich den Antrag der LINKEN allerdings näher betrachte – Frau Kollegin Schott, sehen Sie es mir nach –, dann schwindet die Einigkeit doch hier und da und in etlichen Teilen sogar merklich. In Ihrer Antragsbegründung schreiben Sie:
Die Gleichstellungs- und Frauenministerinnen haben in Weimar am 15.06.2017 einen Beschluss mit dem Titel „Gleichstellung/Geschlechtergerechtigkeit im Erwerbsleben, in der Verteilung der Sorgearbeit und in den Alterssicherungssystemen herstellen“ gefasst.
Stimmt, das haben sie gemacht. Wir haben uns den Beschluss auch in Gänze angeschaut. Das war aber wohl ein Fehler; sonst hätten wir am Ende noch das geglaubt, was Sie in Ihren Antrag alles so hineingeschrieben haben.
Sie schreiben im zweiten Satz Ihrer Antragsbegründung:
Der Antrag folgt in wesentlichen Passagen diesem Beschluss.
Meine Damen und Herren, es ist sehr gut, dass ich mir vor Kurzem eine neue, scharfe Lesebrille gekauft habe.
Was soll ich Ihnen sagen? – Es stimmt so leider nicht. Sie haben sich im problembeschreibenden Teil und auch im Analyseteil Ihres Antrags noch einigermaßen an den Beschlusstext der Konferenz gehalten.
Aber dann geht es los, nämlich wenn es um Ihren Forderungskatalog geht. Selbst wenn man den hessenspezifischen Teil, der durchaus richtig ist, einmal außer Acht lässt, stellt man fest, dass Ihre Forderungen in dem Beschluss dieser Konferenz so gar nicht drinstehen. Sie haben da einfach ein Sammelsurium an Forderungen obendrauf gepfropft. Sie suggerieren uns hier einen Gleichklang mit dem Konferenzbeschluss, der leider Gottes so gar nicht gegeben ist. – Liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, so geht das nicht. So können wir mit diesem Thema, mit diesem Problem beim besten Willen nicht umgehen.
Zwei Beispiele. Von einer Forderung nach einem Mindestlohn von 12 € ist im Beschluss kein Wort zu lesen. Damit wir uns an der Stelle aber richtig verstehen: Mit der Einführung des Mindestlohns von 8,50 €, jetzt 8,84 €, waren wir natürlich einverstanden. Wir wollten ihn. Aber wir wussten damals schon: Das ist die unterste Schamgrenze. Da muss es weitergehen. Wir sind da auch ganz bei Olaf Scholz, der kürzlich gesagt hat: Vernünftig wäre ein Mindestlohn von 12 €. – Aber das muss man in einem vernünftigen Prozess gestalten. So wie Sie das im Hauruckverfahren machen, läuft das nicht. Meine Damen und Herren, dann haut das wieder nicht hin.
Dass wir eine Stärkung der Tarifbindung wollen, habe ich in diesem Plenum wohl schon tausendmal gesagt. Das spare ich mir jetzt. Dass die Landesregierung bei Löhnen und vor allem bei der Beseitigung der sachgrundlosen Befristung Vorreiter spielen muss – auch darin besteht Einigkeit. Wir denken an die Lehrer und Lehrerinnen. Sie haben das eben zu Recht angesprochen. Dass Grundschullehrkräfte besser besoldet werden müssen, ist auch klar. Aber, liebe Kollegin, was jetzt eine Beförderung in das Amt nach A 13 mit Altersarmut zu tun haben soll, erschließt sich mir an dieser Stelle nicht ganz direkt.
Dann kommt die Rentenpassage. Dass eine Rente auskömmlich sein muss – darüber sind wir uns einig. Auch das habe ich hier ein ums andere Mal für meine Fraktion deutlich gemacht. Aber mit Ihrer Forderung, dass das Rentenniveau sofort stante pede auf 53 % anzuheben ist, gehen Sie noch erheblich über das hinaus, was der DGB fordert. Er sagt nämlich vernünftigerweise: zunächst stabilisieren und dann in einem weiteren Schritt anheben. Dann schauen wir einmal, wie weit das geht. Sie fordern eine solidarische Mindestrente von 1.050 €. Meine Damen und Herren, das ist alles schön und gut. Aber Sie sagen leider kein Wort darüber, wie das in der Praxis funktionieren soll, geschweige denn, wie wir das finanzieren wollen. Selbst bei einer Vollbeschäftigung und einer wesentlichen Ausweitung der Tarifbindung wird es keine einfache Nummer, das dann in dieser Weise darstellen zu können.
Welche konkrete Wirkung soll die Streichung der staatlichen Förderung zur privaten Altersversorgung haben, die Sie dann in die Verbesserung der Altersversorgung stecken wollen? – Ich weiß nicht, welche Wirkung das entfalten soll. Aber das werden Sie uns sagen. Das Ganze klingt ein wenig unausgegoren.
Ich habe noch eine herzliche Bitte. Falls es eine zweite Runde geben sollte, wollte ich Sie jetzt schon herzlich darum bitten: Kommen Sie jetzt bitte nicht wieder mit der Schließung von Calden, dass wir damit das Finanzloch in der Rente füllen könnten, und auch nicht mit dem Stopp von allen Rüstungsexporten – nur um es einmal erwähnt zu haben.
Zu euch komme ich noch – gemach.
Auch wenn es eine Reihe von Punkten gibt, bei denen wir uns zweifellos einig sind, erweckt Ihr Antrag letztlich zwangsläufig den Eindruck: Da steht alles drin, was man sich so wünschen kann. Wir wissen aber noch nicht, wie das funktionieren soll. – Das ist ein buntes Wunschkonzert an Forderungen. Ich vermute, dass das auch etwas mit dem 28. Oktober zu tun haben könnte. Ich lasse es einfach einmal im Raum stehen.
So kann das aber einfach nichts werden. Gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht. Es kann nur etwas werden, indem man vernünftige, solide und umsetzbare Schritte geht, um Stück für Stück die Ursachen von Altersarmut insbesondere bei Frauen zu beseitigen.
Bereits in der letzten Koalition haben wir damit begonnen. Wir sind einige Schritte gegangen, die Sie nie anerkannt haben, die aber sehr zielführend waren. Ich rede vom Mindestlohngesetz, vom Gesetz gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen, usw. Gleichwohl werden wir hierbei noch weitere Schritte gehen müssen.
Werfen wir einmal einen Blick in den neuen Koalitionsvertrag. Dieser sieht an dieser Stelle besser aus, als es manch einer weismachen möchte. An dieser Stelle hat die SPD sehr bewusst hart mit der Union verhandelt. Ich glaube, wir haben mit Erfolg hart verhandelt. Dabei geht es um das Thema, über das wir hier gerade debattieren. In diesem Koalitionsvertrag stehen jedenfalls sehr viele Dinge, die das Leben der Menschen, insbesondere das Leben von Frauen, verbessern werden.
Es gibt zahlreiche Beispiele, die ich aufführen könnte. Das beginnt mit der Ressortverteilung. So können wir eine Menge gestalten. Es gibt aber auch gleichstellungspolitische Erfolge. Ich will einmal anführen, dass wir die Rückführung von befristeten Arbeitsverträgen in Angriff genommen haben. Zudem werden wir die sachgrundlose Befristung maßgeblich einschränken. Außerdem werten wir die Sozial- und Pflegeberufe auf. Eine Zielsetzung ist dabei auch die Abschaffung der Schulgebühren. Wir haben vorhin bereits darüber diskutiert. Es wird eine zusätzliche Finanzierung von Pflegepersonal geben. 8.000 Stellen sind
nach unserer Auffassung noch ein bisschen zu wenig. Das ist aber zumindest schon einmal ein wertvoller Einstieg.
Wir kehren zurück zur paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung.
Jetzt hören Sie einmal genau zu: Es wird einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Schulkinder bis zum Jahr 2025 geben. Der Bund beteiligt sich an den Kosten. Darüber hinaus setzen wir uns für die Verbesserung der Kitaqualität ein.
Nein. Das soll er anschließend machen.
Jetzt schaue ich einmal in Ihre Richtung, weil es gerade so schön passt. Wir wollen die Gebührenfreiheit der frühkindlichen Bildung in Hessen, und zwar für alle Kinder vom ersten Lebensjahr an und für alle Betreuungszeiten. Hierzu haben wir ein ausgeklügeltes Konzept vorgelegt, meine Damen und Herren.
Nein. Jetzt passen Sie einmal auf. – Wir haben das auch finanziell hinterlegt. Als Vorsitzender des Haushaltsausschusses weiß ich, wovon ich rede. Ich kann Zahlen lesen. Das haben Sie alles abgelehnt, und jetzt kommen Sie mit so einem Antrag um die Ecke und suggerieren, das wäre der große Schlag. Das können wir Ihnen nicht durchgehen lassen, meine Damen und Herren.
Wir vertreten nicht die Auffassung, dass sechs Stunden Gebührenfreiheit reichen und die Mutter nachmittags zu Hause bleiben muss, ob sie will oder nicht. Das entspricht Ihrem Steinzeitmodell, indem Sie sagen, mittags ist Mutti zu Hause. Das können Sie mit uns an dieser Stelle nicht machen.
Ich könnte jetzt noch anführen, dass wir einen sozialen Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose einführen werden. Zu nennen ist außerdem die Weiterbildung insbesondere für Frauen durch die Bundesagentur für Arbeit. Es wird eine Frauenförderung in Bildung und Wissenschaft sowie in Kultur und Medien geben.
Außerdem wird es keinen freien Fall des Rentenniveaus geben. An dieser Stelle muss ich Ihnen leider widersprechen, auch wenn Ihr Antrag das suggeriert. Bis 2025 bleiben 48 % festgeschrieben. Die Beiträge werden bei 20 % eingefroren. Früher als geplant wird es eine Rentenkommission geben, deren Aufgabe es ist, sich darum zu kümmern, wie die Rente zukunftsfest gestaltet werden kann. Es wird eine Mindestrente geben, die 10 % oberhalb der Grundsicherung liegt. Dabei werden übrigens auch die Erziehungs- und Pflegezeiten angerechnet. Die Erwerbsmin
derungsrente wird nachhaltig verbessert durch Zurechnungszeiten.
Meine Damen und Herren, das alles sind Ergebnisse, die eine klare sozialdemokratische Handschrift tragen und die in erster Linie auch Frauen zugutekommen. Natürlich wissen wir auch, dass wir bei einzelnen Punkten nicht stehen bleiben dürfen. Diese Punkte müssen weiterentwickelt werden. Das werden wir Sozialdemokraten auch tun. Egal, ob dies im Landtag oder im Bundestag ist, dessen können Sie sicher sein.
Ich komme zum Schluss. Fakt ist, dass wir hier den Fuß in der Tür haben und zielstrebig weiter vorangehen. So wird ein Schuh daraus, meine Damen und Herren, und zwar mit vernünftigen und soliden Schritten.
Frau Präsidentin, wenn Sie erlauben, möchte ich in einem letzten Satz einen Blick auf den Lohnatlas werfen. Unsere frauenpolitische Sprecherin Lisa Gnadl hat dies im Sommer völlig richtig festgestellt. Schwarz auf weiß liegt uns vor, dass Männer und Frauen für die gleiche Arbeit unterschiedlich bezahlt werden. In Hessen gibt es teils große regionale Gefälle. Diese Unterschiede werden noch größer, wenn man bedenkt, dass nur die Vollzeitbruttoentgelte verglichen werden. Deswegen trügt das Bild. Es sind nämlich noch viel mehr Frauen betroffen, als Sie uns das weismachen wollen. Ihr Antrag hilft uns an dieser Stelle sicherlich nicht weiter.
Zum Kita-Ausbauprogramm habe ich etwas gesagt. An dieser Stelle fehlt uns erheblich das Vertrauen in die schwarz-grüne Landesregierung.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Wissler, uns unterscheiden zwei Dinge ganz maßgeblich. Sie leben in der Vergangenheit, während wir schauen, wie die Dinge für die Zukunft besser gerichtet werden können.
Sie können da hämisch lachen. Der wahre Grund ist aber, dass es Sie maßlos ärgert, dass Sie an den Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt und bei der Rente nicht beteiligt sind. Liebe Kollegin Wissler, das wird uns aber nicht davon abhalten, die Dinge zu verbessern, die wir verbessern müssen.
Sie haben zahlreiche Dinge vergessen, die auch gemacht worden sind. Ich sage nur: Tarifstärkungsgesetz. Von wem ist es gekommen? – Nicht von euch. Das ist von der SPD
Arbeitsministerin gekommen. Die vorgezogene Rente mit 63 ohne Abschläge als Anerkennung einer Lebensleistung ist nicht von der LINKEN gekommen, sondern von einer SPD-Arbeitsministerin.
Die Reihe könnte ich fortsetzen. Ich freue mich auf das nächste Duell. Beim nächsten Mal werden Sie sich auch wieder ärgern, weil es wieder etwas neues Gutes gibt, das wir initiiert haben. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch unser Gruß gilt den Vertretern der Gewerkschaft, die heute auf der Tribüne sitzen.
Kollegin Wissler, ich will mir heute Morgen den Hinweis ersparen, dass wir uns aus Tarifauseinandersetzungen eigentlich heraushalten,
will aber gleichzeitig meiner großen Freude Ausdruck verleihen, dass ich die Position der SPD-Fraktion hier und heute klarmachen darf. Ebenso wie bei der FSC-Zertifizierung ist unsere Haltung auch hier klar: Wir stehen in dieser Auseinandersetzung klar an der Seite der Beschäftigten.
Nach meiner Erinnerung sind das die ersten 24-stündigen Warnstreiks seit 1984. Damals ging es nicht nur um wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Entscheidungen, sondern auch um eine gesellschaftspolitische Festlegung, nämlich um die Durchsetzung der 35-Stunden-Woche. Heute geht es ebenfalls um eine Weichenstellung gesellschaftspolitischer Art. Es geht nicht nur um die Durchsetzung höherer Löhne. Ein Lohnplus von 6 % wird gefordert. Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung ist das eine klare und auch vollkommen berechtigte Forderung. Es geht aber vor allem um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie um den Erhalt der Gesundheit der Schichtarbeitnehmerinnen und Schichtarbeiternehmer.
Es geht vor allem um die verkürzte Vollzeitarbeit, die von der IG Metall gefordert wird. Dabei geht es insbesondere um die Forderung eines Teilentgeltausgleichs für Schichtarbeit, für Kinderbetreuung und für die Pflege von Angehörigen. Es soll die Möglichkeit eröffnet werden, die Arbeitszeit auf 28 Stunden zu senken, allerdings mit entsprechenden Entgeltverlusten. Daran entzündet sich natürlich der Konflikt mit der Arbeitgeberseite.
Um die Sache beurteilen zu können, muss man sich einmal die Entwicklung der letzten Jahre vor Augen führen. Jeder von uns erkennt dabei, dass sich der Umfang der Schichtarbeit enorm ausgeweitet hat. Ich nehme als Beispiel das Daimler-Werk in Kassel. Dort werden Lkw-Achsen gebaut. Dort arbeitet inzwischen ein Drittel der in der Produktion Beschäftigten in einem 20- oder 21-Schichtmodell und in diversen Wochenend-Arbeitzeitmodellen. Ich muss hier niemandem erklären, dass das zulasten der Gesundheit, des Familienlebens und des Privatlebens geht. Die Belastungen sind enorm. Ich habe daran noch sehr wache Kindheitserinnerungen; denn mein Vater hat 20 Jahre lang bei Volkswagen im Zweischichtbetrieb gearbeitet. Er hat zwar sehr viel Geld verdient, aber ich weiß, was der Schichtbetrieb aus einem Menschen machen kann.
Auf der einen Seite wäre eine Rückführung der Arbeitszeitmodelle aus Wettbewerbsgründen ein unkalkulierbares Risiko für die Arbeitsplätze und für die Standorte. Auf der
anderen Seite muss es aber eine Chance geben, kürzerzutreten, zu regenerieren und die Arbeitskraft zu erhalten, gerade in Zeiten immer höherer Arbeitsverdichtung und ständig steigender Anforderungen an jeden Einzelnen an seinem Arbeitsplatz. Dies gilt vor allem für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Zur Klarstellung: Es wir ja nur ein Teillohnausgleich gefordert. Davon wird ohnehin nicht jeder Arbeitnehmer, jede Arbeitnehmerin Gebrauch machen wollen und können, weil sie es sich finanziell vielleicht nicht leisten können oder nicht leisten wollen. In jedem Fall muss es aber eine Chance geben, wegen Kinderbetreuung oder Pflege der Eltern bzw. der Großeltern die Arbeitszeit auf 28 Stunden zu senken.
Um in Zahlen zu sprechen: 750 € im Jahr für jemanden, der aus Altersgründen abspecken muss, und 250 € im Monat für jemanden, der wegen Kinderbetreuung oder wegen der Pflege der Eltern kürzertreten muss. Dabei ist auch klar, dass die Betroffenen einen erheblichen Teil der Einkommenseinbußen selbst schultern müssen. Das ist insofern also keineswegs ein „Gang ins Schlaraffenland“, wie von der Arbeitgeberseite gern deklariert wird.
Schätzungsweise werden nur etwa 15 bis 20 % der Belegschaft diese Option ziehen.
Die Arbeitgeber argumentieren – jetzt wird es spannend –, dass die Unterstützung von Pflege und Betreuung Aufgabe des Staates sei, nicht ihre Aufgabe. Diese Argumentation kommt mir bekannt vor. Das haben wir auch an anderer Stelle schon mehrfach gehört. Meine Damen und Herren, dazu sagen wir ganz klar: Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich auch die Arbeitgeberseite nicht entziehen darf.
Die Gewerkschaften, Kollegin Wissler hat darauf hingewiesen, haben schon an anderer Stelle große Dinge durchgesetzt, z. B. die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Ich weiß, dass die Solidarität in diesem Hause heute Morgen sehr geteilt sein wird und dass die gewerkschaftlichen Forderungen in unterschiedlichem Maße auf Freude und Unterstützung stoßen werden. Ich sage für meine Fraktion: Es lohnt sich, auch diesmal hart zu verhandeln.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal vielen Dank an die Landesregierung für die Beantwortung der umfangreichen Großen Anfrage. Sie enthielt, wie Sie sehen, eine große Anzahl von Fragen, die auch Auskünfte bei anderen Behörden, unter anderem bei der FKS, erforderlich gemacht haben.
Ich will eingangs verdeutlichen, warum wir diese Anfrage zum Arbeitsschutz und zur Einhaltung des Mindestlohns gestellt haben und warum sie für uns so wichtig ist. Es ist Fakt, dass eine ungünstige Arbeitsplatzgestaltung und schlechte Arbeitsbedingungen die Gesundheit der Beschäftigten beeinträchtigen. Es ist auch Fakt, dass schlechte Arbeitsbedingungen auch zu schlechteren Arbeitsergebnissen führen. Meine Damen und Herren, das kann auch nicht im Interesse der Arbeitgeber liegen.
Trotz alledem müssen wir immer wieder Verstöße gegen die einschlägigen Schutzvorschriften feststellen. Sicher geschieht dies in den verschiedenen Fällen in Unkenntnis der zugegebenermaßen nicht ganz unkomplizierten und vielfältigen Gesetzesmaterie. Aber in vielen Fällen haben wir es mit einer gezielten und bewussten Umgehung von Schutzvorschriften zu tun, und zwar in aller Regel zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Das gilt vor allem, wenn es um den Mindestlohn oder um die Schwarzarbeit geht. Auch hier muss allen klar sein, dass die Einhaltung der Vorschriften des Mindestlohns und zur Vermeidung von Schwarzarbeit ebenfalls den Interessen der Beschäftigten und der Arbeitgeber dient.
Für Arbeitgeber, die sich an Mindest- bzw. Tariflöhne halten, ist dies ein Schutz vor Dumpinglohnkonkurrenz. Für Beschäftigte ist dies ein Schutz vor unakzeptablen und unzumutbaren Niedrigstlöhnen. Meine Damen und Herren, die Unterschreitung von Mindestlöhnen durch Schwarzarbeit können und dürfen wir nicht tolerieren.
Das darf auch nicht durch eine mangelnde Durchsetzung der Gesetze oder mangelnde Kontrolle gefördert werden. Wie wichtig Kontrolle ist, zeigen uns aktuelle Erkenntnisse bzw. Anlässe, auf die ich später noch einmal kurz zurückkommen werde.
Zuvor will ich noch einige Anmerkungen zur Beantwortung unserer Großen Anfrage machen. Sie haben unter anderem dargelegt, wie Sie die Wahrnehmung der gesetzlichen Überwachungspflichten organisieren und versuchen, diese effizient und zielgerichtet auszuüben. Allerdings sind Sie nicht weiter auf unsere Frage eingegangen, ob Sie Verbesserungsbedarf in der Ausstattung der zuständigen Dienststellen sehen. Damit ist im Übrigen auch die Personalausstattung gemeint.
Auf unsere Frage, in welchen Abständen Kontrollen durchgeführt werden, haben Sie geantwortet:
Der Abstand der Kontrollen in den Jahren 2012 bis 2016 könnte nur aus Einzelauswertungen jeder einzelnen überwachten Betriebsstätte ermittelt werden. Dieser Aufwand ist nicht leistbar.
Herr Minister, es ist ja auch nicht meine Absicht, Ihr gesamtes Haus lahmzulegen. Aber was bedeutet das denn? Heißt das, dass man keinen Überblick über die Kontrollabstände hat, weil dazu das notwendige Instrumentarium fehlt? Oder sieht man keine Notwendigkeit, so schnell greifbare Aufzeichnungen zu bekommen? Das ist auch eine Frage der Wirksamkeit von Kontrollen und der ergriffenen Maßnahmen.
Auffällig für uns war auch Ihre Antwort auf einen anderen Fragenkomplex. Wir hatten unter anderem danach gefragt, wie hoch die absolute Zahl und der prozentuale Anteil der Betriebe gemessen an der Gesamtzahl der Betriebe in der Branche ist, die gegen Regeln verstoßen. Sie haben darauf geantwortet
Aus der Anzahl der insgesamt gefundenen Beanstandungen kann weder auf die absolute Zahl der Betriebe mit Beanstandungen noch auf deren Anteil an der Gesamtzahl der Betriebe geschlossen werden.
Des Weiteren hatten wir danach gefragt, welche Betriebe auch jeweils in den einzelnen Brachen in den letzten fünf Jahren auf die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes kontrolliert wurden. Sie haben geantwortet:
Die Differenzierung nach Rechtsgebieten (hier Ar- beitszeitgesetz) erfolgt im Jahresbericht ohne eine weitere Gliederung nach „Betriebsgrößen“ und nach „Branchen“. Deshalb kann die angefragte Differenzierung nicht vorgenommen werden.
Welchen Schluss sollen wir denn jetzt daraus ziehen, meine Damen und Herren? Dass es keinen genauen Überblick darüber gibt, welche Betriebe im Verhältnis zu anderen besonders auffällig sind? Dass es keinen Überblick darüber gibt, welche Branchen in Hessen bei bestimmten Rechtsverstößen besonders auffällig sind?
Ich will noch ein weiteres Beispiel herausgreifen, das nur unzureichend Aufschluss gibt. Wir haben gefragt:
Wie ist sichergestellt, dass die Vorgaben der Verordnung nunmehr eingehalten werden?
Sie haben geantwortet:
In der Regel werden seitens der Aufsichtsbehörden vom Arbeitgeber schriftliche Bestätigungen der umgesetzten Maßnahmen eingefordert. Ergeben sich weitere Anlässe, werden kostenpflichtige Nachrevisionen durchgeführt.
Heißt das, dass dann noch einmal nachkontrolliert wird, oder gilt das Vertrauen darauf, dass der Betrieb das schon regeln wird? Wie müssen wir uns das in der Praxis vorstellen? – Herr Minister, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie uns das nachher kurz erläutern.
Aus alldem entsteht unter dem Strich der Eindruck, dass zwar im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten überprüft und auch geahndet wird und man sich auch Gedanken macht, wie man dies alles möglichst gut und effizient durchführen kann, dass aber letztlich der genaue Überblick fehlt, was in Hessen in welcher Branche an verschiedenen Verstößen begangen wird. Das ist eher unbefriedigend.
Das gilt im Übrigen auch für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Die Zahlen haben Sie uns freundlicherweise ebenfalls übermittelt.
Das alles wundert mich insofern umso mehr, als dass es von Zeit zu Zeit immer wieder aktuelle Studien gibt, die ziemlich genau darlegen, wie hoch die Zahl derer ist, denen weniger als der Mindestlohn gezahlt wird, und zwar in welchen Branchen und ab welcher Betriebsgröße dieser Rechtsverstoß am stärksten vorkommt. Da frage ich mich, warum die das können, das Land das aber nicht kann. Wie machen die das? Woher bekommen sie die Zahlen? Die Zahlen können doch eigentlich nur aus den Ländern kommen. Das ist ein kleines Rätsel für mich. Sie als Fachmann werden uns das nachher sicherlich noch erläutern können.
Apropos Studie: Es gibt eine aktuelle Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts. ARD und „Süddeutsche“ haben zu Beginn dieser Woche darüber berichtet. Ich darf die ARD-Nachricht zitieren:
Millionen arbeiten ohne Mindestlohn. Laut einer Studie unterschreiten viele Unternehmen den Mindestlohn. Demnach sind 2,7 Millionen Menschen oder jeder zehnte Arbeitnehmer betroffen. Vor allem Firmen ohne Arbeitnehmervertretung stehen in der Kritik.
Weiter heißt es:
Verstöße vor allem in Kleinbetrieben und bei Minijobs. Verstöße gegen das Mindestlohngesetz kamen der Studie zufolge in Branchen mit vielen Kleinbetrieben und Minijobs besonders häufig vor. So hätten rund 43 % der Beschäftigten in privaten Haushalten weniger als den Mindestlohn bekommen …
Wenn man sich die Studie einmal genauer anschaut, dann stellt man fest, dass die Studie noch viel mehr in die Tiefe geht.
Weil es in den Kontext passt, möchte ich eine weitere Meldung anführen, die von gestern früh stammt. In NordrheinWestfalen hat es eine Großrazzia gegeben. Diese richtete sich gegen ein Netzwerk der Baumafia, das jahrelang in einem Geflecht von 14 Scheinfirmen fingierte Rechnungen ausgestellt hat, um damit die Beschäftigung von Schwarzarbeitern im großen Stil zu verdecken. Im Übrigen ist vor zwei Jahren in Hessen ein Ring von Schwarzarbeitsfirmen aufgeflogen, der jahrelang Steuern und Sozialabgaben in Millionenhöhe hinterzogen haben soll.
Meine Damen und Herren, die Zahlen kennen Sie alle. Der gesamte volkswirtschaftliche Schaden infolge von Schwarzarbeit geht inzwischen in die Milliarden. Ganz zu schweigen davon, was das für die Beschäftigten bedeutet, nämlich prekäre Beschäftigung. Da müssen bei uns in Hessen doch endlich alle Alarmsignale laut ertönen.
Deshalb ist für uns völlig klar, dass wir zukünftig ein noch viel stärkeres Augenmerk auf die Einhaltung der Schutzvorschriften und deren Kontrolle richten müssen. Es wird nicht nur Zeit, dass die von der SPD im Bund durchgesetzte Verstärkung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit endlich kommt. Wir wollen auch von der Landesregierung wissen, ob sie willens ist, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die Durchsetzung dieser Vorschriften zu verstärken.
Dabei habe ich auch das Vergabe- und Tariftreuegesetz im Blick. Darauf möchte ich jetzt aber nicht vertieft eingehen; denn diesbezüglich wird unsere Kollegin Elke Barth sicherlich demnächst wieder auf Sie zukommen.
Auch nach dieser Debatte dürfen wir in diesem Bereich nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern hier muss gehandelt werden, und dabei ist auch die Landesregierung in der Pflicht. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! An dieser Stelle zunächst meinen Dank an die Landesregierung für die Beantwortung der Großen Anfrage. Sie ist nicht ganz so umfangreich wie die vorhergehende; es waren nur 25 Fragen. Aber ich will zu Anfang klar und deutlich sagen, wir hätten uns wesentlich mehr hessenspezifische Antworten erhofft als das, was hier auf dem Tisch liegt.
Ich will durchaus einräumen, dass es einige Sachzwänge gibt, die dies nicht ohne Weiteres ermöglichen. Richtig ist
sicherlich auch, dass beim BMAS entsprechende Register geführt werden. Nicht verständlich ist uns allerdings Ihr mehrfacher Hinweis auf den Datenschutz. Das ist gleich der erste Punkt. Ich will eines noch einmal deutlich machen: Wir wollten von Ihnen gar nicht namentlich wissen, welche Firma welchem Tarifvertrag unterliegt. Darum ging es uns gar nicht. Wir wollten auch gar nicht wissen, welche Firma speziell keine Tarifbindung hat. Wir wollten einen Überblick über die Lage in Hessen haben. Darum ging es uns, meine Damen und Herren.
Wie ein roter Faden zieht sich auch hier der Hinweis auf die Zuständigkeit der Sozialpartner und der Tarifvertragsparteien durch. Das haben wir heute Morgen schon einmal in der Aktuellen Stunde gehört. Das hilft hier wirklich nicht weiter. Erstens wissen wir das schon alles, und zweitens ist das wirklich kein Geheimnis.
Sie merken schon, dass mich das wesentlich mehr aufregt als bei der Großen Anfrage zum Thema Arbeitsschutz, obwohl das schon schlimm genug war. Sie müssen sich jetzt nicht wundern, wenn die Leute denken, entweder Sie können es nicht, oder Sie wollen es nicht.
Ich habe Respekt vor dem Amt. Jeder führt sein Amt nach seinem Gusto. Wäre ich der für die Tarifangelegenheiten zuständige Minister, wüsste ich, was ich zu tun hätte.
Ich würde nämlich sehr zügig ein Instrumentarium für mein Haus und mich schaffen, das mir sehr schnell einen Überblick verschafft, was sich in Hessen in Sachen Tarifbindung und Tarifangelegenheiten überhaupt so tut.
Das setzt allerdings auch voraus, dass man es so will. Man muss es machen wollen. Danach sieht es im Moment leider nicht aus, meine Damen und Herren.
Wissen Sie, warum man das wollen muss? – Weil man sich auch in Hessen Sorgen darüber machen muss, dass die Tarifbindung in unserem Land über die Jahre mächtig zurückgegangen ist.
Dann müssen dieser Landtag und diese Landesregierung doch auch den politischen Anspruch haben, dazu beizutragen, dass sich die Lage in Hessen verbessert.
Mit vagen Hinweisen und Aussagen in Statistiken anderer, mit dem Hinweis auf Tarifautonomie und Datenschutz kommen wir da kein Stück weiter. Engagement und der feste Wille, die Lage zu verbessern, sehen jedenfalls anders aus als das, was uns hier als Antwort gegeben wurde. Es würde mich übrigens nicht nur als Arbeitsminister, sondern auch als Wirtschaftsminister interessieren, was hier so los ist.
Warum ist uns dieses Thema so wichtig? – Seit den Neunzigerjahren gilt für immer weniger Beschäftigte und Betriebe ein Tarifvertrag. Wir haben in Deutschland im Moment sage und schreibe nur noch 45 % der Beschäftigten in einem Betrieb mit Tarifbindung. Der Anteil der tarifgebundenen Betrüger – Betriebe liegt sogar nur bei 15 %.
Nein, nein: Betriebe. Das war ein Versprecher.
Meine Damen und Herren, wir wissen jedenfalls, dass Flächentarifverträge wichtig für die Beschäftigten und die Unternehmer sind.
Ich habe allerdings schon Zweifel, ob das alle Fraktionen hier im Hause und alle Mitglieder der Landesregierung auch so sehen. Man kann in schönen Reden in Aktuellen Stunden und an anderer Stelle immer wieder propagieren, dass es besser wäre, wenn man mehr Tarifverträge hätte. Aber dann muss man auch konkretes Handeln folgen lassen. Da sieht man im Moment leider wenig Konkretes.
Meine Damen und Herren, Tarife sichern vernünftige Bezahlung. Tarife regeln z. B. den Urlaubsanspruch, die betriebliche Altersversorgung und vieles mehr. In aller Regel sind das bessere Bedingungen als in Betrieben ohne Tarifverträge.
Im Übrigen – das muss man an der Stelle auch betonen – geben sie auch den Unternehmen Planungssicherheit und schützen vor Lohndumping und vor allen Dingen vor schwarzen Schafen.
Eines wissen wir hier doch alle miteinander: Die fehlende Tarifbindung in vielen Betrieben – da bitte ich Sie noch einmal genau zuzuhören – ist eine der wesentlichen Ursachen für wachsende Lohnungleichheit und teilweise prekäre Beschäftigung.
Die kleinen Lohneinkommen basieren in aller Regel auf tariflosen Arbeitsverhältnissen, und sie sind von der guten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung inzwischen weit abgekoppelt. Auch das ist kein Geheimnis. Meine Damen und Herren, auch in Hessen hat die Lohnspreizung zugenommen.
Schon allein deswegen muss die Tarifbindung weiter gestärkt werden, notfalls auch gesetzlich. Auf Initiative der SPD ist immerhin erreicht worden, dass Tarifverträge jetzt leichter für allgemein verbindlich erklärt werden können. Das ist schon einmal ein wesentlicher Fortschritt gewesen.
Die Tarifverträge gelten dann auch für Beschäftigte und Arbeitgeber der jeweiligen Branchen, die nicht Mitglied der Gewerkschaften oder der Arbeitgeberverbände sind. Diesen Weg müssen wir mit der gesetzlichen Privilegierung von Tarifpartnerschaften eindeutig und klar fortsetzen; denn die Voraussetzungen für gute Löhne und gute Arbeitsbedingungen in allen Branchen sind eine hohe Tarifbindung und starke Gewerkschaften.
Meine Damen und Herren, all dies ist und bleibt das Markenzeichen der sozialen Marktwirtschaft. Es braucht im Übrigen auch mehr Gestaltungsmöglichkeit für tarifgebundene Unternehmen. Die Möglichkeiten der Allgemeinverbindlichkeitserklärungen von Tarifverträgen müssen weiter verbessert und die Voraussetzungen präzisiert werden. Dabei geht es auch um die rückwirkende Gewährleistung der Allgemeinverbindlichkeit oder auch die kollektive Nachwirkung von Tarifverträgen im Falle von Auslagerungen
von Betrieben oder Betriebsteilen, was inzwischen auch stark in Mode gekommen ist.
Das muss so lange gewährleistet sein, bis ein neuer Tarifvertrag geschlossen ist.
An dieser Stelle – wie auch schon heute Morgen bei der Debatte in der Aktuellen Stunde – sei ein kleiner Blick auf die Vergabe öffentlicher Aufträge erlaubt. Auch wenn die Fraktionen von CDU und GRÜNEN sowie die Landesregierung das anders sehen: Hier muss noch einiges nachgeschärft werden. Aber das bekommen wir demnächst mit einem gesonderten Antrag im Zuge der Evaluierung des dazugehörigen Gesetzes hin.
Meine Damen und Herren, ich ziehe das Fazit: Es fehlt der Landesregierung am Willen des Mitgestaltens. Auch dann, wenn nicht die unmittelbare Zuständigkeit gegeben ist, ist es Ihre politische Pflicht, daran mitzuwirken, dass die Lage in Hessen verbessert wird. Aber da fehlt es Ihnen im Moment leider am Willen. Das muss sich ändern.
Ich will Ihnen hier zum Schluss ein Versprechen abgeben, nämlich das Versprechen meiner Fraktion, dass wir das Thema Arbeitsmarktreform und in Sonderheit auch die Tarifbindung und viele andere Themen immer wieder auf die Tagesordnung bringen werden, ob Sie das wollen oder nicht. Aber ich kann Ihnen sagen, was wir wollen. Wir wollen die Lebens- und die Lohnsituation der Beschäftigten verbessern. Das ist klar und deutlich. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin zutiefst ergriffen, weil die Kommentatorenleistung unseres Präsidenten in aller Regel über dem Leistungsvermögen der Landtagself liegt.
Ich will dem Hohen Haus versichern: Jedes Mal, wenn wir die Stiefel geschnürt haben und auf dem grünen Rasen standen, fühlten wir uns vom Geist des Hauses beflügelt. Das war in der einen Saison etwas mehr und in der anderen Saison etwas weniger. Wir geloben Besserung. Ich bedanke mich herzlich für Ihre Rückendeckung. Der Gruß gilt meiner Mannschaft. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf für meine Fraktion feststellen, dass der Gesetzentwurf leider im Hauruckverfahren durchgezogen wurde. Das liegt offensichtlich daran, dass das Auslaufen dieses Gesetzes so plötzlich wie Weihnachten kam.
Das ist bei vielen anderen Gesetzgebungsverfahren, die auf die letzte Minute durchgezogen werden, offensichtlich auch der Fall. Aus dem Grund sind eine ausgewogene Erörterung der Kritik im Detail und die ausgewogene Erörterung der Änderungsvorschläge, die von den Anzuhörenden zahlreich kamen – aber auch Änderungsvorschläge der Oppositionsfraktionen –, kaum noch möglich gewesen.
Bei der Neufassung dieses Gesetzes weisen einige Punkte in die richtige Richtung. Als Beispiel will ich die Einführung einer Kostenerstattung für die Betriebe nennen. Trotzdem werden sich die Mitglieder der SPD-Fraktion aus den eben von mir genannten Gründen bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf der Stimme enthalten.
Wir hätten uns unter anderem gewünscht, dass bildungsinteressierte Menschen, deren finanzielle Lage aufgrund ihrer Lebens- und Arbeitssituation eine Teilnahme an Bildungsmaßnahmen nicht erlaubt, einen Zuschuss erhalten.
Ein weiterer Punkt wäre unserer Ansicht nach gewesen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu steigern, dem Vorschlag zu folgen, auf Antrag der Maßnahmenträger eine Kostenerstattung für die Kinderbetreuung sinnvoll anzuwenden. Aber auch das ist leider nicht geschehen.
Ein weiteres Defizit des Gesetzentwurfs ist, dass die sogenannten begründeten Ausnahmefälle für die Verkürzung der Maßnahmezeit nicht klar definiert sind. Das wird nach unserer Auffassung mehr Verwirrung als Klarstellung schaffen.
Wir bedauern auch, dass sich die Landesregierung nicht dazu durchringen konnte, die kommunalpolitisch ehrenamtlich Tätigen in die Reihe der Bildungsurlaubnehmer einzubeziehen. Auch sie leisten ebenso wie die Tausende anderen Ehrenamtlichen ihren Beitrag zum Gemeinwohl.
Wir sehen da noch Handlungsbedarf.
Zwischenzeitlich wurde an uns die Frage herangetragen, warum in Hessen noch das zweistufige Verfahren angewandt wird. Da werden die Träger und die Veranstaltungen zertifiziert. Zum Beispiel in Baden-Württemberg, aber auch in Nordrhein-Westfalen findet das Ganze in einem einstufigen Verfahren statt.
Insgesamt haben wir von der Landesregierung erwartet, dass sie mit mehr Engagement dazu beiträgt, die Inanspruchnahme des Bildungsurlaubs zu steigern und aktiver für die Sinnhaftigkeit zu werben.
Sie erinnern sich, dass wir im Zusammenhang mit der Debatte über den Bildungsbericht in diesem Haus im Laufe dieses Jahres etwas feststellen konnten. Da haben wir eine andere Auffassung und haben die Zahlen etwas anders als die Landesregierung gelesen. Wir haben bei der Inanspruchnahme des Bildungsurlaubs ein großes Defizit.
Ich kann mich gut daran erinnern. Wir haben damals im Verlauf der Debatte z. B. vorgeschlagen, dass die Landesregierung hierzu eine Kampagne auf den Weg bringt, mit der nachhaltig für die Inanspruchnahme des Bildungsur
laubs geworben wird. Gleichzeitig haben wir angeregt, dass sich die Landesregierung einmal in anderen Bundesländern umhört, wie dort die Verfahren sind und wie dort die Kampagnen laufen. Denn wir waren der Auffassung – das sind wir auch heute noch –, dass man aus den Verfahren in den anderen Bundesländern Früchte ziehen könnte.
Denn eines ist klar. Das war der Sinn und Zweck, warum wir das vorgeschlagen haben. Die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung macht deutlich, wie wichtig gesellschaftspolitische, soziale und ehrenamtliche Weiterbildung ist.
Wir werden an dieser Stelle nicht aufhören. Das wird als Gesetz in unveränderter Fassung kommen. Im Laufe der Zeit bzw. im Laufe der kommenden Wahlperiode wird sich sicherlich Gelegenheit finden, den einen oder anderen Änderungsantrag einzubringen. Leider Gottes sind unsere guten Vorschläge verhallt. Das ist bedauerlich. Aber so ist es, wie in vielen anderen Fällen auch.
Wie gesagt, das sind die Gründe, warum wir heute nicht zustimmen können, sondern uns der Stimme enthalten werden. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wieder einmal versucht ein international tätiger Konzern, unternehmerische Versäumnisse zu korrigieren, indem er die Beschäftigten die Zeche zahlen lassen will. Hier dürfen wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Wir reden von 7.000 Stellen, allein in Offenbach von 700 Stellen. Dagegen muss entschieden vorgegangen werden.
Ich begrüße für die SPD-Fraktion sehr herzlich auf der Tribüne die Vertreter des Betriebsrats aus Offenbach. Seien Sie gewiss, dass wir alles daransetzen werden, um Ihnen zu helfen, den Kampf um die Arbeitsplätze dort fortzuführen.
Meine Damen und Herren, dass die konventionellen Großkraftwerke, wie Siemens sie baut, beim globalen Umstieg auf die erneuerbaren Energien nicht mehr in gewohntem Umfang gebraucht werden, ist keine wirkliche Überraschung mehr. Das hat sich bereits seit vielen Jahren abgezeichnet. Dass das Management von Siemens offensichtlich nicht imstande ist, angemessen darauf zu reagieren, das kann einen nur wundern. Es muss einen sogar erschüttern, dass ein solcher weltweit agierender Betrieb nicht in der Lage ist, hier für Alternativen zu sorgen.
Das Unternehmen hat wertvolle Zeit verstreichen lassen. Sehenden Auges hat es die Zeit verstreichen lassen und will jetzt mit einem radikalen Personalabbau antworten, um die Bilanz und die Dividende der Aktionäre aufzubessern. Auch das spricht Bände.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dabei übersieht das Management von Siemens ganz offensichtlich, dass ein Konzern dieser Größe nicht nur der Kapitalseite verpflichtet ist, sondern auch seinen Beschäftigten und deren Familien. Wenn man ins Grundgesetz schaut, sieht man, dass dort etwas von „Eigentum und Kapital verpflichten“ steht. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Die hoch qualifizierten Fachleute, die am Standort Offenbach hervorragende Arbeit leisten, werden so zu einer namenlosen Manövriermasse degradiert, und das kann es nicht sein. Es geht um wertvolle Arbeitsplätze, um Menschen, die teilweise seit Jahrzehnten dort hervorragende Arbeit leisten. Sie einfach auf die Art und Weise regelrecht kaltzustellen, das kann man in diesem Hause nicht durchgehen lassen.
Deswegen will ich im Namen unseres Fraktionsvorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbel, aber auch im Namen der gesamten Fraktion sagen, dass wir uns ausdrücklich mit den Siemens-Beschäftigten, mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaften, die gegen diesen billigen Versuch der Bilanzoptimierung Widerstand leisten, solidarisieren.
Auch wenn der Konzern im weltweiten Wettbewerb steht, dürfen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Unternehmensführung sicherlich intelligentere Lösungen erwarten als nur einen personellen Kahlschlag. Die SPD steht an der Seite der Beschäftigten von Siemens und ist bereit, alle Beteiligten bei einer Suche nach einem intelligenten Ausgleich der Interessen zu unterstützen, und zwar ganz im Sinne der Siemensianerinnen und Siemensianer, ganz im Sinne der Stadt Offenbach und ganz im Sinne des Industriestandorts Hessen.
Wir appellieren ebenfalls an die Landesregierung: Tun Sie alles, was in Ihren Möglichkeiten steht, damit dieser Standort mit seinen 700 Beschäftigten erhalten bleibt. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Opel hat wieder eine Zukunft. Das ist eine erfreuliche und wichtige Nachricht für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Region und den Automobilstandort Hessen und den Standort Deutschland. Für uns Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen ist die wichtigste Botschaft, dass es keine Werksschließungen und keine betriebsbedingten Entlassungen geben wird.
Das heißt, dass die Unternehmensleitung offensichtlich keinen Kahlschlag vornehmen will, sondern vielmehr eine verantwortungsbewusste und vor allem sozial verträgliche Restrukturierung plant. Meine Damen und Herren, das würden wir uns auch vom Siemens-Konzern wünschen, zu dem wir gerade die andere Aktuelle Stunde hatten.
Wenn das alles tatsächlich so vonstattengehen wird, hat Opel die Chance, im PSA-Konzernverbund wieder zu einer erfolgreichen Marke zu werden.
Ich will an dieser Stelle deutlich hervorheben, was für uns Sozialdemokraten im weiteren Verlauf des Prozesses einen besonderen und unverzichtbaren Stellenwert hat. Die weitreichenden und tief greifenden Veränderungen, die den Opelanern und Opelanerinnen mit dem Umbau des Unternehmens ins Haus stehen, müssen im Einvernehmen und in enger Kooperation mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaften umgesetzt werden. Meine Damen und Herren, alles andere wäre für uns ein No-Go.
Für uns steht und fällt damit auch der Erfolg der Neustrukturierung. Wir alle in diesem Hause wissen, dass eine starke Mitbestimmung und starke Arbeitnehmervertretungen ein Markenzeichen der sozialen Marktwirtschaft und ein Garant für eine gute Entwicklung der Wirtschaft und des Arbeitsmarkts sind. Immer dann, wenn Unternehmensvorstände und Arbeitnehmervertretungen vertrauensvoll, konstruktiv und zukunftsorientiert zusammenarbeiten, sind Unternehmen in aller Regel erfolgreich und die Arbeitsplätze gesichert. Aber auch nur dann sind sie in der Lage, aus Krisen und schwierigen Lagen herauszukommen und zukunftsfähige gute Produkte und gute Arbeit zu bieten.
Meine Damen und Herren, wie wichtig das ist, können wir gerade bei Volkswagen beobachten. Wir haben oben vor
den Toren Kassels das zweitgrößte Werk mit fast 17.000 Beschäftigten. Da – und auch an den anderen Standorten von Volkswagen weltweit – geht es nicht nur um die Bewältigung des Dieselskandals, sondern es geht zusätzlich auch darum, effizienter bei hoher Qualität zu produzieren und konkurrenzfähig zu bleiben. Es geht darum, neue Technologien – ich rede z. B. von der E-Traktion – auf den Markt zu bringen und gleichzeitig den digitalen Wandel sozial und arbeitsplatzschonend zu vollziehen. Durch eine starke Arbeitnehmervertretung bei Volkswagen, die durch harte Verhandlungen maßgeblich zur Standort- und Arbeitsplatzsicherung beigetragen hat, wird dies aller Voraussicht nach auch gelingen. Genau das wollen wir und wünschen wir uns für die Opelanerinnen und Opelaner in Rüsselsheim und natürlich auch in Bochum und an anderen Standorten.
Wir wollen auch anerkennen, dass der neue französische Konzerneigentümer PSA mit der Zusage, auf Standortschließungen und betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten, den Willen zeigt, verantwortungsvoll mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umzugehen. Wir erwarten jetzt, dass die Anpassung bestehender Tarifverträge sowie anderer betrieblicher Vereinbarungen an die künftige Unternehmensstruktur im Einvernehmen zwischen dem Betriebsrat, den Gewerkschaften und der Konzernleitung geregelt wird. Gemeinsam mit der Arbeitnehmervertretung werden wir das sehr sorgfältig beobachten und auch in diesem Hause im Rahmen unserer Möglichkeiten begleiten.
Auch wir begrüßen die Pläne, die CO2-Emissionen der Fahrzeugflotte zu reduzieren und Teile der Modellpalette als E-Variante anzubieten, sowie dass das Entwicklungszentrum in Rüsselsheim künftig innerhalb des PSA-Konzerns eine Schlüsselrolle einnehmen soll. Meine Damen und Herren, all dies sind überlebenswichtige Bausteine für Opel und zugleich eine große Zukunftschance.
So wie wir von einem Unternehmen verlangen, dass es seine Hausaufgaben macht, so muss man es auch vom Staat erwarten können. Konkret geht es darum, jetzt die staatliche Förderung der Elektromobilität zielgenauer und wirksamer zu gestalten. Dabei geht es nicht nur um die Zukunft von Opel, sondern um die aller Automobilhersteller in Deutschland.
Ich rede hier von rund 800.000 Beschäftigten in der deutschen Automobilbranche und von 19.000 Opel-Beschäftigten. Es geht um Konkurrenzfähigkeit in einem immer härter werdenden internationalen Markt, um wirtschaftliche Entwicklung und damit um Arbeit und Wohlstand. Das ist vor allem der Job der Landesregierung. Da helfen keine wohlfeilen Worte und Glückwunschadressen bzw. Jubeladressen. Jetzt muss gehandelt werden. Da gibt es einiges zu tun.
Zum Schluss noch ein kleiner Hinweis: Dass Hessen bei der Energiewende im Ranking der Bundesländer nur auf Platz 14 steht und sich damit in der Abstiegszone befindet, spricht Bände, meine Damen und Herren. Da muss noch kräftig nachgelegt werden. Die Landesregierung hat also die Aufgabe, ihren Beitrag dazu zu leisten, damit es bei den Opelanern wieder bergauf geht. – Herzlichen Dank.