Protokoll der Sitzung vom 21.03.2018

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das hat doch gar keiner gesagt! Das ist albern!)

Das funktioniert nicht. Wenn wir über die Lösung der Probleme reden, dann haben wir eine ganze Menge zu bieten. Von der Opposition höre ich nichts oder nur Widersprüchliches.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Niemand erwartet von den Mitgliedern der Opposition, dass sie die Regierung loben. Niemand erwartet das.

(Zurufe: Doch!)

Nein. Niemand erwartet das. Das ist völlig in Ordnung.

(Zurufe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Was wir erwarten und, glaube ich, erwarten können, ist, dass man wahrnimmt, was in diesem Land real geschieht.

(Lachen des Abg. René Rock (FDP))

Herr Kollege Wagner, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Man sollte wahrnehmen, was diese Regierung tut. Wenn man meint, dass das nicht ausreichend ist, dann sollte man vor allem konkrete Antworten geben, was man anders machen würde. Ansonsten bleibt man beim Beschreiben des Problems stehen und löst kein einziges. Wir wollen die Probleme lösen und nicht nur die Probleme beschreiben. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort erhält Herr Staatsminister Lorz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe den Ausführungen des Abg. Wagner fast nichts hinzuzufügen. Aber eine Sache will ich doch in Erwiderung auf Abg. Greilich noch sagen.

Ich weiß, dass draußen dieses irgendwie unausrottbar scheinende Gerücht herumgeistert, das Kultusministerium würde an einer starren Zweijahresgrenze für die Sprachförderung von Zugewanderten festhalten. Ich nutze einmal die Gelegenheit – ich tue das bei jeder Gelegenheit auch draußen und habe es auch schon vielfach verschriftlicht –, von diesem Pult aus öffentlich zu erklären: Diese starre Grenze gibt es nicht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese zwei Jahre sind ein Orientierungsrahmen. Wir haben sehr wohl Schülerinnen und Schüler, die auch schneller aus der Intensivsprachfördermaßnahme herausgehen können. Dann sollten sie das auch tun. Warum sollten wir sie dort über Gebühr festhalten? Nach diesen zwei Jahren geht es um eine individuelle Feststellung, ob jemand wirklich noch diese Form der Sprachförderung weiterhin braucht. Wenn er oder sie sie braucht, dann wird er sie auch bekommen. Aber wir erwarten schon eine individuelle Prüfung, ob nicht vielleicht die Fortsetzung in irgendeiner anderen Schulform oder einem anderen Bildungsgang erfolgversprechender wäre, weil InteA nun einmal eine reine Sprachfördermaßnahme ist. Da stellt sich z. B. die Frage

der Bildungsgänge zur Berufsvorbereitung im vollschulischen Bereich. Das Kontingent haben wir um Tausende von Plätzen aufgestockt, um genau hier eine Anschlussperspektive für junge Menschen zu bieten. Im Rahmen dieser Bildungsgänge zur Berufsvorbereitung gibt es auch weiterhin ergänzende Sprachförderung, aber nicht mehr im InteA-Format. Das ist dann eine Einzelfallentscheidung.

Die oberste Priorität ist es – auch das will ich einmal betonen –, die jungen Menschen in Ausbildung zu bekommen, weil sie über die Ausbildung auch zu einem Schulabschluss kommen. Auch dafür sind diese Praktika da. Jeder junge Mensch, den wir in eine Ausbildung bekommen, soll aus diesen Förderprogrammen heraus, und zwar genau aus dem Grund, den Herrn Wagner genannt hat, nämlich weil er in der dualen Ausbildung besser aufgehoben ist und bessere Perspektiven hat, als wenn wir ihn, falls es nötig ist, weiter in entsprechenden vollschulischen Maßnahmen festhalten. – Vielen Dank für diese Möglichkeit zur Klarstellung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Kollegin Wissler, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das eine Problem ist, dass hier Probleme einfach schöngeredet werden. Das andere Problem ist, dass Sie das auch noch mit völlig falschen Zahlen tun. Der Kultusminister stellt sich hierhin und sagt, der Übergangsbereich sei zurückgegangen, er sei kleiner geworden. Zehn Minuten später meldet sich Herr Wagner und sagt, der Übergangsbereich sei größer geworden, um uns danach vorzuwerfen, dass aus der Opposition Widersprüchliches komme.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN, der SPD und der FDP)

Also vielleicht sollten Sie selbst erst einmal überlegen, wie Sie argumentieren.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn das deine einzige Freude ist!)

Nein, es ist mir eine noch größere Freude, Ihnen zu sagen, Herr Wagner, wie es wirklich ist. Man kann auf Seite 45 des Berichts nachlesen – ich kann Ihnen sagen, wie es mit dem Übergangsbereich ausschaut, also zumindest was das Wirtschaftsministerium dazu sagt, das hat dazu heute ja noch nicht geredet –, dass 22.800 Menschen als Anfängerinnen und Anfänger im Übergangsbereich sind. Das sind 27 % mehr als im Vorjahr. Insgesamt – dazu gehören nicht nur die, die angefangen haben – sind 29.000 Jugendliche im Übergangsbereich. Davon sind 7.400, also ungefähr ein Viertel, in InteA. Das heißt, wir haben eine Ausweitung im Übergangsbereich; denn sie sind ja nicht nur ein Jahr im Übergangsbereich, sondern sie sind länger dort. Das heißt, die Zahlen haben zugenommen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Genau!)

Deshalb haben wir hier ganz konkrete Forderungen gestellt, nämlich dass man den Übergangsbereich reformiert, dass man ihn umbaut und dafür sorgt, dass die Menschen,

die aus dem Übergangsbereich herausgehen, auch eine berufliche Anerkennung bekommen und diese Zeit nicht einfach als verlorene Jahre empfinden.

Ich will noch einmal deutlich machen: Wir haben alle gesagt, dass wir die duale Berufsausbildung wollen. Natürlich haben wir davon gesprochen, die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen.

(Gerhard Merz (SPD): Ja!)

Selbstverständlich ist das die erste Aufgabe.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau das hat DIE LINKE vergessen!)

Ich kann Ihnen gerne meine Rede noch einmal zeigen, Herr Wagner. Ich habe mehrfach gesagt, dass die Unternehmen in der Verantwortung sind. Da sie der Forderung nicht freiwillig nachkommen, sollte man sie mit einer Unternehmensumlage, mit einer Ausbildungsplatzumlage drängen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Man sollte auch im Vergabegesetz regeln, dass man die Ausbildung dort auch berücksichtigt. Das hat überhaupt nichts mit Feindbildern zu tun. Natürlich bilden viele Unternehmen aus. Das ist doch gar keine Frage. Aber das tut in Hessen leider nur noch jedes fünfte Unternehmen. Die anderen Unternehmen wollen wir durch überbetriebliche Ausbildung, durch Ausbildungsverbünde, durch ein vernünftiges Vergabegesetz, durch eine Ausbildungsplatzumlage dazu bringen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Gute Vorschläge!)

Meine Damen und Herren, natürlich sind die Unternehmen hier in der Pflicht.

Man muss sich die Zahlen zum 30. September anschauen – das ist der Trick, den Herr Bocklet eben angewandt hat. Sie geben Aufschluss darüber, wie viele Bewerberinnen und Bewerber unversorgt geblieben sind. Wer zum 30. September unversorgt geblieben ist, sucht sich natürlich Alternativen. Er bleibt in der Schule, macht ein Praktikum oder geht in ein Übergangssystem.

(Zuruf des Abg. Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ja, wenn jemand in einer Maßnahme ist, die ihm keinen Berufsabschluss gibt, dann ist er unversorgt, Herr Bocklet. Genau das ist der Punkt. Das Übergangssystem ist doch keine Alternative zur betrieblichen Ausbildung.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Wortmel- dung des Abg. Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich habe nur noch eineinhalb Minuten. Ich kann jetzt leider keine Zwischenfrage zulassen. – Diese Zahlen muss man sich anschauen.

Herr Wagner, dann sagen Sie: Die Wirtschaftslage hat sich doch verbessert. Die Beschäftigungs- und die Auszubildendenzahlen nehmen zu. – Nein, das stimmt explizit nicht. Ich darf Ihnen sagen, dass seit 2010 die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um 7 % angestiegen, aber die Zahl der Auszubildenden um 6,1 % gesunken ist. Ich darf auch zitieren, zu welcher Schlussfolgerung das Wirtschaftsministerium kommt, nämlich: „Beschäftigung und Ausbildung haben sich insofern aktuell entkoppelt.“

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Hier hat einmal jemand den Bericht gelesen! – René Rock (FDP): Das ist doch alles geschönt!)

Wir haben hier eine Lücke zwischen einer Zunahme der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und einem Rückgang der Ausbildungszahlen. – Ich lese ja, was die Landesregierung hier so publiziert. Das würde ich Ihnen auch empfehlen, Herr Wagner. Dann könnten wir besser darüber diskutieren.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und der FDP)

Herr Wagner, es ist Ihr gutes Recht, die Vorschläge der Opposition grundsätzlich für falsch zu halten.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da kann man doch gar nichts machen, darüber kann man doch gar nicht ernsthaft diskutieren!)

Herr Wagner, aber nach dieser Debatte zu behaupten, die Opposition hätte keine Vorschläge, das ist, ehrlich gesagt, eine Frechheit.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein!)