Protokoll der Sitzung vom 21.03.2018

Auch außerhalb der Schule bedarf es guter Angebote, die Jugendliche beim Übergang in das Berufsleben beraten und unterstützend zur Seite stehen. Repräsentative Umfragen haben gezeigt, dass sich nur die Hälfte der Schülerinnen und Schüler überhaupt gut informiert fühlt, welche beruflichen Möglichkeiten ihnen offenstehen. Dies gilt für alle Schulformen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Die duale Ausbildung ist eine Erfolgsgeschichte, um die uns viele andere Länder in der Europäischen Union beneiden. Sie ist wichtig für die Nachwuchssicherung unserer hessischen Wirtschaft. Allerdings gerät die duale Ausbildung durch viele Faktoren immer weiter unter Druck. Immer weniger Betriebe bilden aus. Angebotene Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt. Insbesondere brauchen Kleinst- und Kleinbetriebe auch im Bereich der dualen Ausbildung mehr Unterstützung als bisher.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen, dass die Ausbildung für die Betriebe wieder attraktiver wird. Dafür bedarf es auch eines hessischen Tariftreue- und Vergabegesetzes, das Ausbildung nicht nur

als Kannregelung aufnimmt, sondern als Pflichtregelung vorsieht und die Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bevorzugt berücksichtigt, die ausbilden.

(Beifall bei der SPD)

Kollegin Gnadl, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Frau Präsidentin, ich komme gern zum Schluss. – Es ist wichtig, dass wir die beruflichen Schulen stärken und berufliche Schulen im ländlichen Raum flächendeckend dafür Sorge tragen, dass Schülerinnen und Schüler Berufsschulen noch wohnortnah erreichen. Wir brauchen Hilfen aus einer Hand als Unterstützungsmaßnahme für diejenigen, die der Unterstützung bedürfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Ziel ist klar: Alle jungen Menschen brauchen eine Ausbildungsplatzgarantie. Alle Menschen unter 35 Jahren müssen einen Anspruch auf eine berufliche Qualifikation haben.

Frau Kollegin Gnadl.

Das sichert ihnen ein selbstbestimmtes Leben. – Danke schön.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Heitland von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD zeichnet in ihrem Antrag zur Sicherung des Fachkräftebedarfs ein grausiges Bild der hessischen Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation:

(Beifall bei der CDU – Janine Wissler (DIE LIN- KE), eine Unterlage hochhaltend: Das empfehle ich Ihnen zur Lektüre! Das ist das grausige Bild!)

In Hessen würde man nicht genug für durchlässige Bildungswege, Menschen mit Behinderungen oder Migrationshintergrund und für die Berufsorientierung tun.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir, in diese Schauergeschichte den nötigen Realitätsgehalt zu bringen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vorab sei gesagt, dass berufliche und akademische Ausbildungen für die Hessische Landesregierung den gleichen Stellenwert haben. Die CDU hat sich stets dazu bekannt, dass Bildungswege an die jeweilige individuelle Lebensla

ge und Leistungsfähigkeit eines Menschen angepasst werden müssen. Ist es an dieser Stelle nicht seltsam, dass die SPD, die sonst immer eine Vereinheitlichung im Bildungssektor propagiert, auf einmal den Bildungsindividualismus für sich entdeckt hat?

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Entsprechend unseren seit jeher artikulierten Zielen ist es letztendlich die Hessische Landesregierung, die für eine Durchlässigkeit der Bildungswege in Hessen sorgt und diese weiter ausbaut.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Die Fakten sprechen übrigens für sich. Bereits 2005 haben wir für Absolventen von Meisterprüfungen und 2010 für vergleichbare Abschlüsse in der beruflichen Fortbildung eine Möglichkeit zum Studium an den hessischen Hochschulen geschaffen. Mit der Neufassung des Hessischen Hochschulgesetzes haben wir darüber hinaus in einem Modellversuch die Möglichkeit eröffnet, dass Absolventen mit mittlerem Bildungsabschluss erstmals einen Zugang zu den Hochschulen des Landes erhalten. Zudem arbeiten wir eng mit den Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern in Hessen zusammen und lancieren gemeinsam Initiativen, um die Attraktivität der beruflichen Bildung für Abiturienten, Studienabsolventen sowie Studienabbrecher zu steigern.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auf diese Weise tragen wir bereits heute – entgegen den Behauptungen der SPD-Fraktion – zum Abbau von Hürden zwischen Bildungswegen bei.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Uns ist es wichtig, junge Menschen dabei zu unterstützen, den für sie jeweils richtigen beruflichen Werdegang einzuschlagen. Daher verbessern wir, gemeinsam mit den relevanten Akteuren, kontinuierlich die Berufs- und Studienorientierung in den Schulen. An dieser Stelle sind vor allem die Anstrengungen der Partner im Rahmen des Bündnisses Ausbildung Hessen zu erwähnen.

Als einen Schritt zur Verbesserung des Übergangs von der Schule in die Berufsausbildung hat die Landesregierung die zweistufige Berufsfachschule zum Übergang in Ausbildung entwickelt. Ziel ist es dabei, Jugendliche bereits nach einem Jahr Übergang für eine duale Ausbildung zu qualifizieren. Ein Bestandteil des Unterrichts ist auch hier eine intensive Berufsorientierung.

Darüber hinaus verweise ich auf das Programm „Qualifizierte Ausbildungsbegleitung in Betrieb und Berufsschule“, auf die Ausbildungsplatzförderung für Hauptschülerinnen und Hauptschüler und die „Initiative Bildungsketten“. Wir machen eine ganze Menge. Durch diese und andere Projekte wird der Übergang von der Schule in den Beruf so gestaltet, dass junge Menschen zügig und entsprechend ihrer Kompetenzen eine berufliche Ausbildung vermittelt bekommen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch wer seinen Platz auf dem Arbeitsmarkt verloren oder bisher nicht gefunden hat, wird von uns nicht im Stich gelassen. Mit dem Förderangebot „Kompetenzen entwickeln – Perspektiven ermöglichen“ können Langzeitarbeitslose einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen und sich zeitgleich praxisnah qualifizieren. Damit hilft die schwarz-grüne Landesregierung bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt – für ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die SPD-Fraktion behauptet in ihrem Antrag, in Hessen werde zu wenig für Inklusion und Integration auf dem Arbeitsmarkt getan. Werfen wir auch hier einen Blick auf die Fakten. Inklusion ist ein zentraler Bestandteil unserer Arbeitsmarktpolitik. Bereits im Jahre 2014 startete das „Hessische Perspektivprogramm zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen schwerbehinderter Menschen“, das vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration gemeinsam mit dem Landeswohlfahrtsverband in enger Zusammenarbeit mit den Trägern der Arbeitsvermittlung entwickelt wurde. Auch das Nachfolgeprogramm bietet eine Vielzahl unterschiedlicher Instrumente, die von der Förderung von Praktika über Probebeschäftigungen, die Einbeziehung in Arbeitsverhältnisse und Integrationsmaßnahmen bis hin zur Förderung von Projekten Dritter besondere Maßnahme darstellen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Integration von Flüchtlingen ist für uns von ebenso großer Bedeutung. Dabei wollen wir für Flüchtlinge ab 18 Jahren, die eine gute Bleibeperspektive aufweisen, eine Brücke in Arbeit und Ausbildung bauen. Wir haben die berufsspezifische Sprach- und Arbeitsmarktförderung im Rahmen des Ausbildungs- und Qualifizierungsbudgets aufgestockt. Durch eine enge Einbindung der kommunalen Ebene stellen wir sicher, dass unsere Förderung auf die Bedürfnisse vor Ort abgestimmt wird. Darüber hinaus haben wir Mittel für das Programm „Qualifizierung und Beschäftigung junger Menschen“ zum Zweck der inklusiven Förderung junger Flüchtlinge um 3 Millionen € erhöht. Dadurch kann jungen Menschen, die gar nicht erst eine Berufsberatung aufsuchen oder die berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen abbrechen, einzelfallgerecht geholfen werden. Das Programm dient dem Erwerb der Ausbildungsreife und dem Erwerb gegebenenfalls fehlender Schulabschlüsse.

Das Ganze wird von einer Vielzahl von Projekten und Initiativen flankiert, die benachteiligte Jugendliche auf ihrem Weg in die Arbeitswelt unterstützen sollen. Als Beispiel hierfür ist die gemeinnützige Initiative „Joblinge“ zu nennen, die das Engagement zahlreicher Partner aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft bündelt. Mit mehr als 1.000 erfolgreichen Ausbildungs- und Arbeitsplatzvermittlungen kann sich die Initiative „Joblinge“ als Erfolgskonzept sehen lassen.

Auch die Maßnahmen, die die Gestaltungspartner gemeinsam mit der Landesregierung im Gesamtkonzept „Fachkräftesicherung Hessen“ vereinbart haben, befinden sich in der Umsetzung. Ich nenne den Hochschulpakt 2020, die Initiative ProAbschluss, das „Welcomecenter Hessen“ und das Infoportal „Work in Hessen“. Manches ist bereits um

gesetzt, manches ist in Planung. Diese Vorhaben und Angebote sind für uns Daueraufgaben.

Um den arbeitsmarktpolitischen Akteuren und Institutionen einen zentralen Ansprechpartner zu bieten, wurde des Weiteren die Stabsstelle Fachkräftesicherung eingerichtet. Ziel dieser Stabsstelle ist es, den Fachkräftebedarf in Hessen auf drei Handlungssäulen zu stellen und zu sichern: Aus- und Weiterbildung, eine potenzialorientierte Arbeitsmarktpolitik und Internationalisierung als Standortfaktor. Die Stabsstelle steht den Akteuren beratend zur Seite, koordiniert landesweit Maßnahmen und erarbeitet neue Strategien.

Meine Damen und Herren, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt nahe der historischen Höchstgrenze. Heute Morgen waren im Newsletter der „FAZ“ neue Zahlen aus dem Statistischen Landesamt zu lesen: Ende 2017 waren in Hessen 3,47 Millionen Menschen in Arbeit, so viele wie niemals zuvor.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Seit der letzten Rezession sind rund 300.000 Jobs hinzugekommen. Manche hören gar nicht mehr hin, wenn solche Zahlen genannt werden, weil diese Situation inzwischen zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist.

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend zusammenfassen. Die genannten Beispiele machen klar: Die Hessische Landesregierung ist im Bereich Arbeitsmarktpolitik und Fachkräftesicherung nicht untätig. Im Gegenteil, wir fördern und initiieren eine Vielzahl von Programmen, die die Durchlässigkeit der Bildungswege sowie die Ausbildungs- und Arbeitsmarktteilhabe junger Menschen, von Menschen mit Behinderungen, von Flüchtlingen sowie von Landzeitarbeitslosen kontinuierlich verbessern. Damit tragen wir nicht nur zur Verbesserung der Lebensqualität und der Chancen der einzelnen Betroffenen bei, sondern arbeiten auch effektiv gegen den Fachkräftemangel. Auch wenn die SPD-Fraktion versucht, Staub aufzuwirbeln, zeigen die Fakten und das umfangreiche Engagement für jeden ganz eindeutig: Die Ausbildungspolitik ist bei der schwarz-grünen Landesregierung in guten Händen.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das war die erste Rede der Kollegin Heitland in diesem Haus.

(Holger Bellino (CDU): Aber was für eine!)

Dazu herzlichen Glückwunsch.

(Allgemeiner Beifall)

Kolleginnen und Kollegen, bevor ich Herrn Bocklet das Wort erteile, möchte ich den ehemaligen Kollegen Peter Stephan auf der Tribüne begrüßen. Guten Morgen.