Protokoll der Sitzung vom 21.03.2018

tige Beiträge geleistet, um ein rundes und zukunftsweisendes Paket zu schnüren. Die Hessische Landesregierung ist keinesfalls erst seit Kurzem an dem Thema der Digitalisierung dran, was Sie unter anderem am Strategiepapier „Digitales Hessen“ erkennen können.

(Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der FDP, sich hier zu präsentieren, als wäre man die einzige Kraft, die sich in diesem Land ernsthaft mit diesem Thema beschäftigt, ist schon ganz schön vermessen. Jedoch nicht nur in dem genannten Strategiepapier, sondern vor allem auch in der Beantwortung Ihrer Kleinen Anfrage vom März 2017 haben Sie eine Fülle von Aussagen erhalten, aus denen Sie unschwer erkennen können, wie vielfältig die bereits ergriffenen Maßnahmen zur Implementierung immer neuer Ausbaustufen der Digitalisierung auch an den Schulen sind.

Es ist absolut unverständlich, wie Sie ein Jahr nach dem Erhalt der Antworten der Landesregierung einen Antrag in der vorliegenden Form stellen können. Sie haben offensichtlich noch nicht verstanden, dass Digitalisierung mehr ist als das bloße Implementieren von Technik. Digitalisierung bedeutet das Ineinandergreifen unterschiedlichster Maßnahmen und Techniken, damit ein stimmiges Gesamtpaket den Schülerinnen und Schülern ebenso wie den Lehrerinnen und Lehrern tatsächlich entscheidende Vorteile bringt, und das braucht nun einmal Zeit.

Die Hessische Lehrkräfteakademie trägt hierzu bei, indem sie Konzeptionen entwickelt und zur Verfügung stellt für kompetenzorientiertes Unterrichten mit digitalen Medien, den Einsatz von Lernplattformen, den Einsatz von Tablets im Unterricht, das Arbeiten mit E-Portfolios im Unterricht und bei der Lehrerbildung oder für den Einsatz von pädagogischen Schulverwaltungsnetzwerken.

Die Hessische Landesregierung unterstützt die Schulträger im Rahmen der Medieninitiative „Schule@Zukunft“. Hierfür stehen weit mehr als 4 Millionen € über das Schulbudget zur Verfügung. Die Schulträger werden ständig angehalten, im Rahmen des Breitbandausbaus vorrangig die Schulen mit Anschlüssen zu versorgen, um einen reibungslosen Einsatz der Hard- und Software sicherzustellen.

Sie mögen aus dieser Auflistung erkennen, dass die Hessische Landesregierung, unterstützt von den sie tragenden Fraktionen, alles andere als untätig ist, die Schulen mit einer sinnvollen Digitalisierungsoffensive in der Weiterentwicklung zu begleiten.

Die Schulen erfahren aber noch weitere Unterstützung, und zwar durch die Neuausrichtung des Beratungs- und Informationssystems. Die Medienbildung hat hohe Priorität. Sie können sich anhand einer Checkliste zur Medienbildung orientieren. Die Staatlichen Schulämter wurden verstärkt, um die Schulen nachhaltig bei der Einführung neuer Medienkonzepte zu unterstützen.

Meine Damen und Herren, ich denke, wir sind uns alle einig, dass wir zuallererst gut ausgebildete Lehrkräfte benötigen, um die Kinder entsprechend an die neuen Medien heranzuführen. Auch hier verweise ich auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage. Wenn Sie diese aufmerksam lesen, werden Sie unschwer erkennen, dass bei Weitem kein Stillstand der Rechtspflege vorherrscht, sondern entsprechende Maßnahmen in erheblichem Umfang bereits laufen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Um das breite Feld der Nutzung neuer Medien abzudecken und die Lehrkräfte gut aufzustellen, ist vor allem die Kooperation mit dem Hessischen Rundfunk und der Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien hervorzuheben. In dieser Kooperation werden Fortbildungsangebote umgesetzt wie Medientage für Lehrkräfte, Projekte zum Medienschutz für Kinder und Jugendliche oder auch das Projekt Internet-ABC für den Grundschulbereich. Hierdurch werden Lehrkräfte umfassend geschult im kompetenten Einsatz digitaler Medien. Auch in der Lehrerausbildung ist mit den Hochschulen längst eine Vielzahl an Ausund Fortbildungsprojekten vereinbart worden.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass es eine Menge Bausteine gibt, die dazu geeignet sind, den Beschluss der Kultusministerkonferenz umzusetzen, bis 2021 eine sinnvolle digitale Lernumgebung zu schaffen und auch zielführend anzuwenden.

Ich hatte es schon angedeutet: Die Einführung digitaler Medien und die immer weiter fortschreitende Nutzung auf allen Gebieten schulischen Handelns kann nur von Erfolg gekrönt sein, wenn die Schülerinnen und Schüler auch die Gefahren im Umgang mit neuen Medien kennenlernen. Die meisten Schülerinnen und Schüler bewegen sich wie selbstverständlich in der digitalen Welt. Das ist auch gut so. Wenn die sich jetzt in der Schule befindlichen jungen Menschen die Schule nach erfolgreichem Abschluss verlassen, werden sie in der Ausbildung unabhängig davon, wie diese erfolgt, und dann im späteren Berufsleben mit einer schon oftmals voll digitalisierten Umgebung konfrontiert. Es muss aber auch deutlich vermittelt werden, dass es neben allen Vorzügen der Digitalisierung auch eine Fülle von Gefahren wie Datenmissbrauch, Kostenfallen und Cybermobbing gibt. Sie darin zu unterweisen, diesen Gefahren zu begegnen, ist ebenfalls eine wichtige Aufgabe der schulischen Ausbildung.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vor allem müssen die Lehrer geschult werden, die Schüler an dieser Stelle sachkundig zu unterweisen. Dazu dienen die Handreichungen für den Jugendmedienschutz mit den umfangreichen Informationen zu den Risiken digitaler Kommunikation. Auch rechtliche Aspekte werden darin beleuchtet. Ein wichtiges Kapitel umfasst speziell Maßnahmen für den Grundschul- und Förderschulbereich.

Meine Damen und Herren, was ich bisher gesagt habe, bezog sich im Wesentlichen auf die allgemeinbildenden Schulen. Natürlich sind die digitale Welt und die Digitalisierung schulischer Abläufe auch im Bereich der beruflichen Schulen ein immerwährendes Thema. Die immer rascher fortschreitende Innovation von digitalen Systemen in den Fertigungsprozessen, aber auch die immer modernere und leistungsfähigere Ausstattung mit neuen Medien in den Dienstleistungsgewerben stellen die beruflichen Schulen vor nie da gewesene Herausforderungen. Um hier Schritt zu halten, bedarf es einer fortwährenden Weiterbildung der Lehrkräfte.

Damit dies gelingen kann, wird das Angebot zwischen der Hessischen Lehrkräfteakademie, der Hessischen Landesstelle für Technologiefortbildung, dem Hessischen Kultusministerium und den Staatlichen Schulämtern systematisch koordiniert. Besonders für den hoch innovativen techni

schen Sektor sowie im Bereich der Digitalisierung werden in Hessen spezielle Fortbildungsangebote durch die Hessische Landesstelle für Technologiefortbildung vorgehalten.

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.

Ich komme zum Ende. – Damit die digitale Bildung mit neuen Medien ein Erfolgsmodell werden kann, müssen digitale Lernumfelder entstehen, die eine tatsächliche Verbesserung bringen. Angesichts des Ziels der Kultusministerkonferenz für das Jahr 2021 befindet sich die Landesregierung auf einem guten Weg.

Meine Damen und Herren von der FDP, zaghaftes Vorgehen können Sie uns sicher nicht vorwerfen. Deshalb wird Ihr Antrag bei uns auf keine positive Resonanz stoßen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Veyhelmann. – Als nächste Rednerin spricht nun Frau Kollegin Geis von der SPDFraktion. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir sagen zunächst einmal besten Dank an die FDP-Fraktion für diesen Antrag, der uns wirklich gut gefällt.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Der Schlüssel zum sozialen Aufstieg und zu gleichen Lebenschancen für alle Menschen liegt bekanntermaßen in der Bildung. Das ist keine neue Erkenntnis. Bildung befähigt Menschen zur Selbstbestimmung, zur sozialen Verantwortung, und sie ist entscheidend für die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit.

Weil die Digitalisierung seit den Neunzigerjahren rasant voranschreitet, ist die digitale Bildung in heutigen Zeiten entscheidend für die Teilhabe an einer digitalisierten Welt. Digitale Teilhabe ist soziale, gesellschaftliche, wirtschaftliche und in zunehmendem Maße auch politische Teilhabe.

Dass sich die zunehmende Digitalisierung und Medienentwicklung aber auch unmittelbar auf den Bildungserfolg unserer Schülerinnen und Schüler und damit direkt auf deren Zukunftschancen auswirken, hat die Landesregierung bis heute nicht wirklich verstanden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Die Kultusministerkonferenz fordert dagegen sogar eine digitale Revolution an unseren Schulen. Der Erwerb zukunftsfähiger Kompetenzen im kritischen Umgang mit digitalen Medien und Informationen muss deshalb ebenso wie der Aufbau einer grundständigen IT-Kompetenz integraler Bestandteil heutiger Bildungsziele sein.

(Beifall bei der SPD)

Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule besteht im Kern darin, Schülerinnen und Schüler angemessen auf

das Leben in der derzeitigen und künftigen Gesellschaft vorzubereiten und sie zu einer aktiven und verantwortlichen Teilhabe am kulturellen, gesellschaftlichen, politischen, beruflichen und wirtschaftlichen Leben zu befähigen. Mit digitaler Bildung verhindern wir die digitale Spaltung der Gesellschaft.

Darüber hinaus erleichtert der Einsatz digitaler Medien ein sehr individualisiertes und kooperatives Lernen und verbessert die Qualität und die Chancengerechtigkeit des Bildungssystems.

(Beifall bei der SPD)

Wie Sie schon sagten, bestimmen Smartphone, Tablet und Computer seit Jahren den Alltag von Kindern und Jugendlichen. Sie sind unerlässlich für eine Vorbereitung auf die spätere Arbeitswelt. Doch in den hessischen Schulen, in denen die Grundlagen gelegt werden müssen, herrscht in dieser Hinsicht Kreidezeit. Dabei ist die Digitalisierung in der Bildung in weiten Teilen der Bundesrepublik längst Alltag. Die Geschwindigkeit, mit der neue Technik Einzug in die Schulen, Berufsschulen und Hörsäle hält und sich weiterentwickelt, ist sehr hoch. Nur in Hessen kriecht man wieder der Entwicklung hinterher. Hier findet jedenfalls keine digitale Revolution statt.

(Beifall bei der SPD)

Um beim Sinnbild der Schnecke zu bleiben: Der Landesregierung mangelt es erkennbar nicht nur am politischen Willen, digitale Bildung als zentralen Schlüssel zur Teilhabe zu begreifen. Voraussetzung für einen chancengleichen Zugang zu digitaler Bildung ist auch, dass im Rahmen der kommunikativen Daseinsvorsorge ein flächendeckender Zugang zum Netz sichergestellt ist und Unterschiede bei der Qualität und Geschwindigkeit des Internetzugangs durch den konsequenten Ausbau der Breitbandversorgung überwunden werden.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Aber in der Frage lässt die Landesregierung die Kommunen und Landkreise wieder einmal allein im Regen stehen.

(Beifall bei der SPD)

Der weitaus schwerwiegendere Grund für eine digitale Spaltung liegt aber nicht im infrastrukturellen Zugang zum Netz, sondern in der Verteilung der Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien. Während Menschen mit geringer formaler Bildung und geringem Einkommen nur zu etwa 60 % im Netz aktiv sind, sind es bei höher Gebildeten und Besserverdienenden über 90 %. Ebenso wie im Nutzungsgrad zeigen sich aber auch in der Qualität der Nutzung erhebliche Unterschiede, die dem kompetenten Nutzer eine aktive Teilhabe ermöglichen.

Nun mögen Sie selbstschützend argumentieren, die Unterschiede der Mediennutzung zwischen den Generationen würden allein durch die demografische und gesellschaftliche Entwicklung mit der Zeit zurückgehen. Am sozialen Faktor der digitalen Spaltung ändert sich aber nichts. Auch da steht die Landesregierung in der Pflicht, meine Damen und Herren.

Man darf nicht herunterspielen, die Gefahren dieser verschlafenen Entwicklung sind immens, auch wenn soziale Netzwerke in der realen Welt soziale Kontakte unterstützen. Nahezu jedes Kind hat heute jedoch gleichzeitig ungehinderten Zugang zu jugendgefährdenden Inhalten. Die Problematik von Mobbing und Diskriminierung verschärft

sich in sozialen Netzwerken gerade für Menschen, die nicht oder nicht hinreichend kompetent an der Digitalisierung teilnehmen.

Die Teilhabe an der digitalen Gesellschaft ist ein Grundanspruch, der allen Menschen gewährt werden muss.

(Beifall bei der SPD)

Gleichzeitig bietet die Digitalisierung große Chancen in der Bildung; denn sie vereinfacht den Zugang zu Wissen, und sie ermöglicht die optimale Individualisierung von Lernprozessen. Interaktive, multimediale und vernetzte Arbeitsmaterialien werden in den Klassenraum geholt. Inhalte sind von überall aus zugänglich und ermöglichen lebendige Lernerfahrungen und nachhaltige Lernerfolge.

(Beifall bei der SPD)

Dabei darf Digitalisierung natürlich kein Selbstzweck sein. Es geht nicht darum, digitale Bildungsinhalte allein in einem Pflichtfach wie Informatik zu vermitteln, sondern in allen Bereichen des Lebens und Lernens, überall dort, wo es sinnvoll ist.

Die Entwicklung und das Erwerben der notwendigen Kompetenzen für ein Leben in einer digitalen Welt gehen über notwendige informatorische Grundkenntnisse weit hinaus und betreffen alle Unterrichtsfächer. Sie können daher keinem isolierten Lernbereich zugeordnet werden. Der Medienkompetenz kommt als fächerübergreifendem Baustein der schulischen digitalen Bildung eine viel zentralere Rolle zu. Unser Bildungssystem muss die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzen, Medien zu verstehen, zu beherrschen, zu verwenden, zu gestalten und zu bewerten.