Protokoll der Sitzung vom 24.04.2018

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Das ist eine Frage. Sind Sie dagegen? Sie haben immer gesagt, der Minister habe dieses und jenes gemacht. In Wirklichkeit ist es aber doch so, dass ein Programmbeirat auswählt, was tatsächlich in die Förderung kommt und was nicht.

Dann haben Sie sich noch um die Drittmittel gesorgt. Sie haben gesagt, dies seien vor allen Dingen öffentliche Mittel. Die Linkspartei meint nun, wir bräuchten mehr private Drittmittel an den Hochschulen. Das habe ich nicht so richtig verstanden. Was für Mittel sollen denn da eingeworben werden? Sind Sie mit mir der Überzeugung, dass das vor allen Dingen Bundesmittel sind? Was können wir dafür, dass der Bund Drittmittel vergibt und nicht das Geld in den Hochschulpakt 2020 steckt? Ist es eine kluge Idee, sich nicht um Drittmittel des Bundes zu bewerben? Das ist mir alles nicht so richtig klar geworden. Es gibt aber noch ein paar Sachen mehr. Hierzu reicht die Zeit einer Kurzintervention aber nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich nehme an, Sie wollen erwidern, Frau Kollegin Wissler. Bitte sehr. Zwei Minuten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr May, ich danke, dass Sie mir die Gelegenheit geben, das noch einmal auszuführen. Es geht darum, dass es falsch ist, öffentliche Mittel – Landesmittel und auch Bundesmittel – zu vergeben wie Drittmittel; denn dafür gibt es überhaupt keinen Grund. Wenn man öffentliche Mittel als Drittmittel vergibt, nämlich kurzfristig projektbezogen, und die Hochschulfinanzierung so umstellt, dass der Anteil des Grundbudgets, also das Grundbudget, auf das sie sich verlassen können, mit dem sie planen können, mit dem sie langfristige Beschäftigungsverhältnisse finanzieren können, im Verhältnis kleiner wird, und den Hochschulen sagt, dass sie Drittmittel einwerben müssen – seit der vorletzten Hochschulgesetzesnovelle sind die Hochschulen gezwungen, Drittmittel einzuwerben –, dann muss sich eine öffentliche

Hochschule beim Land Hessen in einem wettbewerblichen Verfahren um Gelder für einen gewissen Zeitraum bewerben. Wenn man Mittel so vergibt, fördert man prekäre Beschäftigungsverhältnisse an den Hochschulen. Das wissen Sie. Herr Boddenberg, bundesweit arbeiten rund 160.000 Menschen im wissenschaftlichen Mittelbau mit befristeten Verträgen.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU) – Gegenruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

90 % der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Mittelbau sind befristet beschäftigt. Das war nicht immer so. Zudem hatten wir früher einen viel höheren Anteil in der Betreuungsrelation. Das hat der Minister selbst gesagt. Wenn Sie mir nicht glauben, Herr Boddenberg, dann glauben Sie ihm. Die Betreuungsrelation zwischen Professoren und Studierenden war einmal anders.

Mittlerweile ist es so, dass viele Lehraufgaben vom Mittelbau übernommen werden. Wir sagen: Daueraufgaben brauchen Dauerstellen. Hierfür braucht man eine verlässliche Finanzierung.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb brauchen wir eine Finanzierung, die beim Grundbudget ansetzt, und eine Finanzierung, die nicht die Differenzierung und das Auseinanderdriften der Hochschulen zum Ziel hat. Vielmehr brauchen wir eine gute Finanzierung aller Hochschulen, und zwar unabhängig davon, wo sie sind, und unabhängig davon, welche Fächer sie anbieten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Frau Kollegin Knell für die Fraktion der Freien Demokraten.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Die angepriesene LOEWE-Stärke ist insbesondere allen Beteiligten zu verdanken. Vor diesem Hintergrund hat die heutige Regierungserklärung ihre Berechtigung, wenn es darum geht, die Erfolge der Landes-Offensive vorzustellen und zu würdigen.

Zum Erfolg tragen aber in erster Linie die Antragsteller, die Hochschulen mit ihren exzellenten Kräften sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei. Deshalb fragt man sich angesichts aktuellerer Themen und anstehender Zukunftsfragen, warum dieses Thema heute diskutiert wird. Werter Herr Minister, diese Kritik hat auch nichts mit Folklore zu tun. Wir finden, dass eine Regierungserklärung nicht dazu dient, eine eventuell verfehlte Marketingstrategie auszubügeln, sondern sie dient dazu, sich mit neuen Initiativen und Entwicklungen auseinanderzusetzen.

(Beifall bei der FDP)

Das ist auch nicht der richtige Tagesordnungspunkt, um die Verteilung der Regierungserklärungen am Reißbrett der Koalition auszubaden. Es stellt sich daher schon die Frage, ob es einfach um ein Eingeständnis der Landesregierung geht, dass die Großplakate immer noch nicht ausreichen, um die Landes-Offensive in der Gesellschaft so zu verankern, dass einem beim ersten Gedanken an LOEWE

nicht das Tier mit Krallen, Mähne und Jagdinstinkt einfällt, sondern auch die Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz.

Die Pressemitteilung des hessischen Wissenschaftsministers vom 1. Dezember 2017 beinhaltet die Bekanntgabe, dass eine zwölfte Förderstaffel für LOEWE-Zentren und LOEWE-Schwerpunkte ausgeschrieben wird. Das ist eine Neuigkeit, die mittlerweile immerhin schon fast fünf Monate alt ist und nur durch die Zukunftswochen der Landesregierung zu Bildung, Wissenschaft und Forschung wieder in den Vordergrund rückt. Jetzt ist die Frage, ob das Parlament die Initiative „Hessen schafft Wissen“, mit der für den Wissenschaftsstandort Hessen geworben und der Dialog mit der Gesellschaft gefördert werden soll, ersetzen soll. Selbstverständlich können Sie heute einzelne positive Projekte herausgreifen und sie auf der Facebook-Seite oder auf der Website von „Hessen schafft Wissen“ vorstellen. Ich frage mich aber schon, wo da der Neuigkeitswert ist. Frau Kollegin Wissler hat dies vorhin eindrucksvoll dargestellt. Dennoch ist es unstreitig, dass LOEWE von weiten Teilen des Hauses begrüßt wird und auch heute die Unterstützung der Freien Demokraten erfährt.

(Beifall bei der FDP)

LOEWE ist seit nunmehr zehn Jahren ein unverzichtbarer Teil der hessischen Forschungslandschaft. LOEWE ist auch ein Motor für den Wissenstransfer, den wir benötigen und von dem unsere Gesellschaft in vielfältiger Weise profitiert. Auch die Zusammenarbeit durch die Förderlinie 3, die Modell- und Pilotprojekte zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen hessischen kleinen und mittleren Unternehmen und Hochschulen sowie außeruniversitären Forschungseinrichtungen, ist als herausragend zu bezeichnen, da auch diese direkt Eingang in die verschiedenen Regionen in Hessen finden und dadurch sowohl die Forschungslandschaft als auch die Wirtschaft unseres Landes stärken.

Deshalb wäre es doch sinnvoll, nicht nur einen neuen Werbeblock zu fahren, sondern auch darzulegen, wie sich die Landesregierung zu den Forderungen der Hochschulen im Rahmen der Wissenschafts- und Forschungsförderung positioniert und Eckpfeiler für die Weiterentwicklung von LOEWE und der Forschungslandschaft in Hessen bekannt gibt. Diesbezüglich wäre es hilfreich für uns, zu erfahren, ob und in welchem Maße im Wissenschaftsministerium beispielsweise an einer weiteren Förderlinie gearbeitet wird und wo dort die Schwerpunkte liegen können.

Welche Ideen hat die Landesregierung, um LOEWE mit den Bund-Länder-Forschungsprojekten und -einrichtungen in Einklang zu bringen? Gibt es eine langfristige Zukunftsvision für eine erfolgreiche Forschungslandschaft in Hessen für die Hochschulen, auch mit Blick auf mögliche Synergieeffekte?

Fakt ist, dass sich die Landesregierung für LOEWE gern feiern lässt. Fakt ist aber auch, dass mit Beginn der schwarz-grünen Koalition verkündet wurde, dass im Rahmen von LOEWE – ich zitiere – „50 Millionen € auf weitere Staffeln nach 2020 gestreckt werden, sodass wir auch dort – maßvoll, aber gleichwohl – Einsparungen erreichen werden“, so der damalige CDU-Generalsekretär Peter Beuth beim Abschluss des Koalitionsvertrags.

(Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Hört, hört!)

Wie schaut es diesbezüglich mit Zusagen für die Fortführung von LOEWE zur Verstetigung von Forschungsaktivi

täten an hessischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen aus? Wir Freie Demokraten begleiten das LOEWEProgramm seit 2008 konstruktiv und haben es, als wir in Regierungsverantwortung waren, gefördert, da eine gezielte Forschungsförderung dem Forschungsstandort Hessen wichtige Chancen eröffnet, auch im internationalen Wettbewerb. Daher wundert es mit Sicherheit niemanden, dass wir es auch heute begrüßen, dass die LOEWE-Fördermittel – das ist ein ungeheurer Vorteil von LOEWE – nach den Vorschriften von drei Förderlinien für nunmehr zwölf Förderstaffeln wettbewerblich und streng wissenschaftsgeleitet über einen eigenen Programmbeirat vergeben werden. Wir erleben bei der Verteilung anderer Forschungsfördergelder und der Mittel für Exzellenzprojekte häufig, dass am Ende politische oder gesellschaftliche Einwirkungen den Ausschlag geben. Deshalb ist es für uns wichtig, dass LOEWE ein streng wissenschaftsgeleitetes Forschungsförderungsprogramm ist.

(Beifall bei der FDP)

Vor diesem Hintergrund hat auch der Wissenschaftsrat die Fortsetzung des LOEWE-Programms empfohlen. Dem schließen wir uns an. Die 1,5 Milliarden €, die mit LOEWE bis 2017 verausgabt wurden – davon 729 Millionen € Landesmittel –, sowie die 132 Millionen € für die Jahre 2018 und 2019 sind herausragend gut investiertes Geld, und wir möchten diesen grundlegenden Kurs gerne fortführen.

(Beifall bei der FDP)

Es ist uns ein Anliegen, dass LOEWE mit ausreichenden finanziellen Mitteln fortgeführt wird, um Hessens Innovations- und Forschungskraft zu stärken. Wir möchten aber auch, dass bei der Fortführung von LOEWE neue Herausforderungen und Forschungsschwerpunkte in den Blick genommen werden und dass es bei einer positiven Bilanz und bei einem positiven Ergebnis der Evaluation die Möglichkeit gibt, dass ein Vorhaben über den Projektzeitraum hinaus finanziert wird. Dies muss sich auch im neuen Hochschulpakt widerspiegeln; denn es sollte unser aller Anliegen sein, dass wissenschaftliche Exzellenz in Hessen bleibt und den Forschungs- und Wissenschaftsstandort Hessen stärkt.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind der Meinung, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, die eine Fortführung über die Programme und Projekte hinaus gewährleisten und Erkenntnisgewinne in der Praxis im Rahmen des Wissens- und Technologietransfers der Hochschul- und Forschungslandschaft nutzbar machen. Hier benötigen wir die Zukunftsvision einer Landesregierung, die sich nicht zurücklehnt und eine Hochglanzbroschüre oder einen Imagefilm nach dem anderen herausgibt, sondern die Impulse und Erfordernisse aufgreift und Schwerpunkte setzt.

Die Ergebnisse der Forschungszentren und die Schwerpunkte in den vorangegangenen und den laufenden Förderstaffeln verdeutlichen, dass unsere Hochschulen und Forschungsinstitutionen über exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verfügen, die diese Projekte erfolgreich umsetzen. Es ist eine zentrale Frage, ob sich die Landesregierung nun auf dieser Maßnahme ausruht oder sich darüber hinaus für eine Stärkung des Forschungsstandorts Hessen einsetzt.

(Beifall bei der FDP)

Wir meinen: Forschungen treiben Innovationen an, die die Grundlage für unseren Wohlstand sind. Hier fehlen von der Landesregierung deutliche Worte, die über die übliche Lobhudelei und Floskeln hinausgehen.

In Reaktion auf die Wahlprüfsteine der hessischen Hochschulen feiert sich die Landesregierung für ihre Erfolge und kommt zu dem Ergebnis, dass sie – ich zitiere – die „Erfolgsgeschichte des Forschungsförderungsprogramms LOEWE konsequent fortsetzen“ wird und dass „die Unterstützung der hervorragenden Forschung an hessischen Hochschulen … daher auch zukünftig im Fokus der Landesregierung stehen“ wird.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Michael Bodden- berg (CDU))

So steht es in der Pressemitteilung des Wissenschaftsministers vom 18. Januar 2018 unter der Überschrift „Wahlprüfsteine von KHU und HAW bestätigen bisherigen Kurs der Landesregierung in der Hochschulpolitik“. Das ist zwar so, es findet sich dort aber kein Wort zu den von den Hochschulen erhobenen Forderungen. Eine davon lautet:

Die Hochschulen für angewandte Wissenschaften benötigen für ihre anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung eine verlässliche Grundfinanzierungskomponente. Die Universitäten benötigen eine Erhöhung der Forschungsmittel, damit sie sich im Wettbewerb, auch mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen, behaupten können.

Neben der aktiven Forschungsförderung benötigen wir ein forschungsfreundliches und vor allem ideologiefreies Forschungsklima. Weltweit gehen Menschen für die Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit auf die Straße. Diese wichtige Freiheit gilt es zu verteidigen, auch gegen vemeintlich unliebsame Themen, wenn wir nicht dafür verantwortlich sein wollen, dass diese Freiheit irgendwann einmal durch politische Panikmache beeinflusst oder gar eingeschränkt wird.

(Beifall bei der FDP)

Wir erleben leider viel zu oft Panikmache und Misstrauen gegenüber neuen Entwicklungen, statt dass die Chancen des Fortschritts gesehen werden. Daher halten wir es für notwendig, dass aktiv für Offenheit gegenüber neuen Technologien und der Forschung geworben wird.

(Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Windkraft!)

Die Windkraft ist keine neue Forschungsrichtung, Herr Kollege May.

(Beifall bei der FDP)

Es gilt, diese nicht aus dem Land zu treiben, wie es bei der Biotechnologie und der Genforschung und auch der Energieforschung geschehen ist, sondern stattdessen aufzuklären und mittels der Forschung gegebenenfalls vorhandene Risiken in den Griff zu bekommen. Auch hier wünschen sich die Freien Demokraten, dass den Hochschulen und den Forschungseinrichtungen Vertrauen entgegengebracht wird, dass beispielsweise auf Ethikkommissionen gesetzt wird, sodass einerseits die Leitplanken gewahrt bleiben und andererseits grundlegende Freiheitsrechte nicht angegriffen werden. Das ist unser Wunsch.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Knell. – Als Nächste hat Frau Kollegin Wolff für die Fraktion der CDU das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die Debatte verfolgt hat, könnte man den Eindruck haben, mancher, der am Anfang große Skepsis geäußert hat, sei schon immer dafür gewesen, man könnte den Eindruck haben, dass Erfolge zerredet werden sollen, man könnte den Eindruck haben, dass das Thema lieber verändert wird, als über die Erfolge von LOEWE zu reden, man könnte den Eindruck haben, den Hochschulen sei durch dieses Programm etwas aufgezwungen worden, man könnte den Eindruck haben, die 2,5 % der Forschungsmittel, die für LOEWE ausgegeben werden, seien das Einzige, was in diesem Land für die Forschung getan wird, und man könnte den Eindruck haben, all das sei völlig abgehoben vom übrigen Bereich der Hochschulen. Da wird ein Traum von 1968 nachgeträumt, da wird ein Klassenkampf zwischen verschiedenen Hochschultypen aufgemacht.