Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU)

Ich komme zum Schluss. Wenn wir Freie Demokraten das gemacht hätten, dann mit Sicherheit nicht mit so einem Gesetz. Wir hätten 50 % der Mittel in den Schuldenabbau gesteckt und die restlichen 50 % in das bestehende Sondervermögen übertragen. Damit hätten wir alle Ziele, die Sie beschreiben, viel besser erreichen können. Das wäre der bessere Weg gewesen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lenders.

Ich begrüße auf der Besuchertribüne den Generalkonsul der Republik Türkei, Herrn Burak Kararti, der dem Hessischen Landtag seinen Antrittsbesuch abstattet, sowie die stellvertretende Generalkonsulin, Frau Servet Köksal. Seien Sie herzlich willkommen bei uns im Hessischen Landtag.

(Allgemeiner Beifall)

Als nächste Rednerin spricht Frau Kollegin Wissler für die Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Anfang März verkündete die Landesregierung den Verkauf des alten Polizeipräsidiums in Frankfurt, das bekanntermaßen seit über 15 Jahren leer gestanden hat.

Frau Förster-Heldmann, Sie haben der SPD in Ihrer Rede vorgeworfen, lange geschlafen zu haben. Es liegt mir zwar fern, hier die SPD zu verteidigen, aber vielleicht ist es Ihnen entgangen, dass die CDU seit fast 20 Jahren in diesem Land regiert.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Demonstrativer Beifall bei der CDU)

Sie regiert mit all den dramatischen Auswirkungen, die das hat. Wenn Sie auf die Stadt Frankfurt verweisen, Frau Kollegin Förster-Heldmann: schöne Grüße an den ehemaligen Planungsdezernenten Cunitz. Frankfurt ist ja viele Jahre von Schwarz-Grün regiert worden. Von daher funktioniert es nicht, Frau Kollegin, beim Thema Polizeipräsidium die Verantwortung abzuschieben. Sie sollten über Ihre Argumentationsstrategie noch einmal nachdenken. Ist das wirklich die richtige Strategie?

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir reden über eine 15.000 m² große Fläche in der Frankfurter Innenstadt mit einem Buchwert von 70 bis 80 Millionen €. Diese Fläche ist höchstbietend für rund 212,5 Millionen € an einen privaten Investor verkauft worden. Der Finanzminister brüstet sich stolz damit, dass man diese große Summe eingenommen habe und dass der Investor außerdem zugesagt habe, auf 30 % der Fläche geförderten Wohnraum zu errichten. Das ist aber ein bisschen geschummelt, denn es sind 30 % der für den Bau von Wohnraum vorgesehenen Fläche. Der Anteil an der Gesamtfläche beträgt gerade einmal 12 %.

(Zurufe von der CDU)

Das Vorgehen des Landes, diese Fläche im Höchstbieterverfahren und nicht, wie von der Stadt gefordert, in einem Konzeptverfahren zu verkaufen, ist vollkommen inakzeptabel. Das Absurde daran ist zudem, dass das Land von den Kommunen fordert – Frau Ministerin Hinz, das steht wörtlich in den Vereinbarungen im Rahmen der „Allianz für bezahlbaren Wohnraum“ –, nicht den höchstmöglichen Preis erzielen zu wollen, sondern auch die Kriterien Wohnqualität und soziale Mischung zu berücksichtigen.

(Michael Boddenberg (CDU): Genau das machen wir doch hier! – Weitere Zurufe von der CDU)

Das schlagen Sie den Kommunen zwar vor, aber wenn das Land ein Grundstück zu verkaufen hat, dann verhält es sich wie ein Immobilienspekulant. Damit treiben Sie die Grundstückspreise in die Höhe und sorgen dafür, dass es noch weniger bezahlbaren Wohnraum gibt.

(Beifall bei der LINKEN – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch Unsinn! – Weitere Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was macht ein Investor, der 212,5 Millionen € für ein Grundstück bezahlt hat? Es ist doch vollkommen klar, dass der auf diesem Grundstück keinen bezahlbaren Wohnraum schafft.

(Michael Boddenberg (CDU): Haben Sie das Paket gelesen?)

Sie können sich ausrechnen, wie viel er pro Quadratmeter verlangen muss, um überhaupt den Verkaufspreis wieder hereinzubekommen. So treibt man die Preise in Frankfurt in die Höhe.

(Zurufe von der CDU)

Wir reden hier über – –

(Manfred Pentz (CDU): Das ist ja eine ganz neue Sichtweise, dass die LINKEN marktwirtschaftlich vorgehen wollen!)

Herr Pentz, ein geistreicher Zwischenruf von Ihnen wäre für eine Debatte zwar bereichernd, aber ich will keine zu großen Erwartungen an Sie stellen.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN und bei Ab- geordneten der SPD)

Das ist angesichts der dramatischen Wohnungsnot, die wir in Frankfurt haben, ein Problem. Sie sagen es ja selbst. Jetzt bekommen wir ein Hotel. Frau Arnoldt hat ausgeführt, wir bekämen zusätzliche Büroräume. Wissen Sie, wie viele Millionen Quadratmeter Bürofläche in Frankfurt leer stehen? Ungefähr 1,5 Millionen m². Frau Arnoldt, ich glaube nicht, dass wir in Frankfurt zusätzliche Büroflächen brauchen. Was wir aber dringend brauchen, ist bezahlbarer Wohnraum.

(Beifall bei der LINKEN – Klaus Peter Möller (CDU): An der Stelle?)

Selbstverständlich an der Stelle. Wir wollen im Gegensatz zu Ihnen nämlich nicht, dass bezahlbare Wohnungen nur noch an den Stadträndern zu finden sind und innerstädtische Flächen, wirklich attraktive Flächen, für Leute übrig bleiben, die hohe Mieten zahlen oder sich Eigentumswohnungen leisten können. Wir wollen daher, dass genau an dieser Stelle bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird; denn wir wollen, dass die Menschen auch in den Innenstädten preiswert leben können und nicht immer weiter an die Stadtränder getrieben werden.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich finde es auch interessant, dass der Baubeginn erst 2020 sein soll. Das könnte darauf hinweisen, dass der private Investor das Grundstück für 212,5 Millionen € vielleicht nicht deshalb gekauft hat, um es nach und nach mit Gebäuden zu bebauen, sondern es könnte sein, dass der Investor vorhat, das Grundstück weiterzuverkaufen, das Grundstück zu filetieren, damit man weiterhin damit spekulieren kann. So werden auch die Preise weiter in die Höhe getrieben.

Herr Minister, knapp sechs Wochen nach der Verkündung des Verkaufs legen Sie einen Gesetzentwurf vor, der die Verwendung der eingenommenen Mittel regeln soll. Dazu ist schon viel gesagt worden. Das ist ein Schattenhaushalt. Warum fließen die Mittel nicht in den allgemeinen Haushalt? Sie erzählen, Sie wollen mit dem Geld Sozialwohnungen schaffen. Aus den eingenommenen Mitteln wird jetzt aber die Universitätsbibliothek finanziert. Ich finde es ein bisschen merkwürdig, dass aus dem Wissenschaftsetat die Wirtschaftsförderung finanziert wird und aus den Wohnungsbaumitteln die Universitäten finanziert werden.

(Clemens Reif (CDU): Daran sehen Sie, wie flexibel wir sind!)

Dafür sind die Mittel doch nicht gedacht. Die Universitätsbibliothek hätten Sie so oder so finanzieren müssen. Zu erzählen, Sie würden sie jetzt finanzieren, weil Sie für das Grundstück einen hohen Preis erzielt haben, ist doch geradezu absurd.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein weiterer Punkt im Gesetzentwurf macht mich stutzig. Zum einen sind – das hat Kollege Weiß schon angesprochen – alle Zahlen mit dem Zusatz „bis zu …“ versehen, zum anderen ist die Rede von einem „voraussichtlichen“ Verkaufserlös in Höhe von 212,5 Millionen €. Mich würde interessieren, was mit „voraussichtlich“ gemeint ist. Sie

haben doch gerade noch einmal erzählt, wie toll das alles verhandelt wurde, wie toll der Preis ist. Warum schreiben Sie dann „voraussichtlich“?

Die Situation auf den Wohnungsmärkten in Teilen Hessens ist dramatisch. Der Wohnungsmarkt in Frankfurt gehört ganz sicher dazu. Wenn wir aber mehr Mittel für den sozialen Wohnungsbau fordern, erklärt uns die zuständige Ministerin, es gebe doch gar kein Problem mit dem Geld; Mittel seien genug da, es fehlten Flächen. Jetzt haben wir ein Grundstück in Innenstadtlage in Frankfurt mit einer Fläche von 15.000 m², und Sie verkaufen diese Fläche, um angeblich Geld für den sozialen Wohnungsbau zu erlösen. Diese Argumentation stimmt doch hinten und vorne nicht. Überlegen Sie sich wenigstens, in welche Richtung Sie argumentieren, dass am Ende zumindest irgendetwas zusammenpasst.

Wir brauchen Flächen für den sozialen Wohnungsbau. Deshalb wäre es viel sinnvoller gewesen, auf diesem Grundstück durch die Nassauische Heimstätte bezahlbare Wohnungen bauen zu lassen. Das wäre die Lösung gewesen, statt durch Mondpreise die Spekulationen weiter anzuheizen und den Investoren den roten Teppich auszurollen, während gleichzeitig die Zahl der Sozialwohnungen in Hessen weiter sinkt. 8.000 Wohnungen sind im letzten Jahr aus der Sozialbindung gefallen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich würde mich bei der wohnungspolitischen Kompetenz nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, Frau Förster-Heldmann. „Hessentrend“ sagt, 8 % der Menschen sprechen den GRÜNEN wohnungspolitische Kompetenz zu. Herzlichen Glückwunsch; immerhin stellen die GRÜNEN die Ministerin. Den LINKEN wird von 12 % der Menschen wohnungspolitische Kompetenz attestiert. Deshalb würde ich mich an Ihrer Stelle nicht so weit aus dem Fenster lehnen. Sie von den GRÜNEN so zu beurteilen, dazu haben die Menschen in Hessen ein Recht – insbesondere die, die dringend bezahlbaren Wohnraum brauchen und sehen, dass diese Landesregierung dafür überhaupt nichts tut.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Für die Landesregierung spricht nun Frau Staatsministerin Hinz. Bitte schön, Sie haben das Wort.

(Clemens Reif (CDU): Regen Sie sich nicht auf!)

Sowieso nicht. – Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich sehr, dass die Koalitionsfraktionen so kurz nach dem Verkauf des Grundstücks des alten Polizeipräsidiums das einlösen, was drei Minister anschließend deutlich gemacht haben. Der Erlös soll nämlich zur Hälfte für die neue Universitätsbibliothek in Frankfurt zur Verfügung stehen und zur Hälfte für den Wohnungsbau in Hessen – insbesondere für sozial geförderten Wohnraum. Das heißt, es wird nicht nur geredet, sondern es wird gehandelt. Das ist auch in diesem Fall so.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abg. Weiß, an Ihrem Redebeitrag hat man gemerkt, dass Sie eigentlich gar keine richtigen Argumente gegen das haben, was im Gesetzentwurf steht; denn Sie müssen als Argument darauf zurückgreifen, dass es eine Anhörung mit Beschlussfassung im August geben soll: Jetzt stellen Sie sich einmal vor, die Koalition hätte gesagt, sie will das Ganze noch im Juni beschließen, und es gibt keine Anhörung oder nur eine schriftliche Anhörung in zwei Wochen. Die Empörungswelle hätten wir alle gerne gehört.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Walter Arnold (CDU): Großer Protest!)

Zur Fantasie des Abg. Lenders: Die FDP hatte mehrere Minister, die für den Wohnungsbau in Hessen zuständig waren. Sie haben mir 400 Millionen € für soziale Wohnraumförderung hinterlassen. Mit den 100 Millionen € sind wir jetzt bei 1,7 Milliarden €.

(Jürgen Lenders (FDP): Mit den Mitteln des Bundes!)

Sie haben mir ein Gesetz hinterlassen – soziale Wohnraumförderung –, das vor allem das Eigentum fördert. Sie wollten die Nassauische Heimstätte verkaufen. Sie brauchen mir über Fantasie nichts zu erzählen. Auf diese Art Fantasie kann ich verzichten.