Jürgen Lenders
Sitzungen
19/4
19/5
19/6
19/7
19/9
19/10
19/12
19/13
19/15
19/17
19/18
19/19
19/21
19/22
19/24
19/25
19/26
19/28
19/29
19/31
19/32
19/34
19/35
19/37
19/38
19/40
19/41
19/44
19/46
19/47
19/49
19/50
19/52
19/53
19/55
19/56
19/58
19/59
19/61
19/62
19/65
19/68
19/70
19/71
19/73
19/74
19/76
19/77
19/79
19/80
19/83
19/85
19/86
19/88
19/89
19/92
19/93
19/95
19/96
19/98
19/99
19/100
19/101
19/104
19/105
19/107
19/108
19/110
19/111
19/112
19/113
19/114
19/115
19/117
19/118
19/119
19/120
19/121
19/122
19/123
19/124
19/127
19/128
19/130
19/131
19/133
19/134
19/136
19/137
19/139
19/141
19/142
19/143
19/145
19/146
19/147
19/148
19/149
Letzte Beiträge
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Unverständnis führt meist zu Vorurteilen, zu Intoleranz und am Ende zu Diskriminierung; lassen Sie mich kurz darauf eingehen. Ich würde die fünf Minuten gern verwenden, um auf die „Demo für alle“ einzugehen, die gerade vor den Toren des Landtags stattfindet.
Stichwort: Vorurteile. Wenn Sie in der Langen Reihe in Hamburg abends auf der Straße sind und jemanden in einem schwarzen Lederoutfit treffen, muss er nicht unbedingt Motorrad fahren.
Wenn Sie am Samstagabend in Frankfurt sind und einen jungen Mann im Sportdress sehen, kommt er nicht unbedingt gerade vom Sportplatz.
Wenn ich sage, ich hätte in Mainz einen „Neger“ getroffen, heißt das nicht unbedingt, dass ich einen farbigen Menschen getroffen habe, sondern vielleicht meine ich einen Handwerksmeister, der eine große Tradition in der rheinland-pfälzischen Fasnacht hat. – Wissen Sie, worauf ich hinauswill?
Vorurteile: Sie haben ein Bild im Kopf, und Sie müssen ständig daran arbeiten, dieses Bild wieder zu revidieren.
Meine Damen und Herren, wenn Sie einer Dame auf Stöckelschuhen begegnen, muss es nicht eine Frau sein. Ich will auch ganz klar sagen: Nicht jeder, der sich in Frauenkleidern wohlfühlt, praktiziert die Kunst der Travestie, sondern mitunter handelt es sich um Menschen, die transsexuell sind.
Ich erlebe immer wieder, dass uns erst das Bundesverfassungsgericht erklärt, dass hierbei Diskriminierung stattfindet,
zuletzt beim Transsexuellengesetz, beim Namensrecht, bei der Frage der Definition der Geschlechter. Warum müssen immer die obersten Richter uns als Parlamentariern eigentlich sagen: „Was ihr hier macht, ist Diskriminierung“?
Nur weil man etwas nicht versteht, Herr Pentz, heißt es noch lange nicht, dass es falsch sein muss.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle helfen nur Aufklärung und das Reden mit den Menschen. Wenn ich etwas nicht verstehe, muss ich für Verständnis sorgen; ich muss Vorurteile abbauen. Nur das schützt am Ende vor Diskriminierung. Wenn ich verstehe, aus welchem Kulturkreis jemand kommt oder welchen Glauben er hat, bin ich ein Stück weit vor Diskriminierung geschützt. Aber ich muss mich immer wieder selbst überprüfen und den Kopf einschalten.
Meine Damen und Herren, in der Tat müssen wir das bei den Jüngsten machen. Nicht jeder bekommt das von zu Hause mit. Die Schulen haben hierbei eine wichtige Rolle. Lassen Sie mich sagen, dass ich glaube, dass die Landesregierung sowie Kai Klose als Staatssekretär, aber auch vorher als Abgeordneter einen großen Anteil daran haben, dass wir in Hessen dabei ein ganz großes Stück weitergekommen sind.
Ich glaube nicht, dass wir ein Antidiskriminierungsgesetz brauchen. Ich glaube, dass wir anfangen müssen, bei den Menschen für Aufklärung zu sorgen. Ich würde mir wünschen, dass wir im Land Hessen auch beim Diversity Management einen großen Schritt weiterkommen. Hessen ist auch ein großer Arbeitgeber.
Lassen Sie mich damit enden, was immer die Position der Freien Demokraten war: keine Toleranz für Intoleranz.
Hessen ist offen, bunt und vielfältig. Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit haben hier keinen Platz. Hätten Sie, liebe CDU und GRÜNE, diesen Satz zur Abstimmung gestellt, wir hätten ihm zugestimmt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, es wäre nett, wenn Sie hier für Ruhe sorgen könnten, sodass der Redner überhaupt einen Gedanken fassen und seine Rede zu Ende bringen kann.
Frau Präsidentin! Ich hatte es Ihnen eben auch schon mitgeteilt: Die FDP-Fraktion beantragt für die Drucks. 19/ 6785 zu Punkt 2 die namentliche Abstimmung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als wir diesen Antrag zur vorgerückten Stunde noch auf die Tagesordnung genommen haben, habe ich mich gefragt: Wollen wir das jetzt wirklich wieder machen? Wollen wir uns als Hessischer Landtag wieder in einen Tarifkonflikt einmischen? – Ich habe dann den Antrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gesehen und gesagt: Mit dem Antrag ist eigentlich wirklich alles gesagt, was man im Landtag zu diesem Thema sagen sollte. – Deswegen werden wir diesem Antrag auch zustimmen. Dem Antrag von den LINKEN und der SPD werden wir nicht zustimmen können.
Ich will Ihnen dies durchaus erklären, gerade weil heute auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter da sind. Ich komme nicht auf die Idee, mit Ryanair zu fliegen. Als Passagier, als Kunde halte ich das Geschäftsgebaren für unseriös. Ich denke dabei oft an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und sage mir: Das möchte ich nicht noch unterstützen, indem ich ein Flugticket kaufe. – Meine Damen und Herren, woher weiß ich denn das? – Das weiß ich aus Veröffentlichungen. Ich bin noch nie mit diesem Unternehmen geflogen, aber ich bekomme das angetragen.
Nun stellen Sie hier einen Antrag und wollen hierzu eine Debatte führen, um eine möglichst große Transparenz zu schaffen. Meine Damen und Herren, diese Botschaft erreicht – das geht jetzt über die Kameras aus diesem Raum hinaus – aber eben nicht nur mich, sondern auch viele andere Kunden.
Es ging jedes Mal schief, wenn die Politik anfing, sich in Tarifstreitigkeiten einzumischen. Ich nenne Ihnen nur einmal zwei Beispiele:
Das sind die Firmen Holzmann und Schlecker.
Jawohl, immer geht dies schief.
Ich habe dezidiert eine Meinung dazu, wie Ryanair mit seinen Beschäftigten umgeht. Ich halte die Tarifauseinandersetzung für richtig und wichtig. Ich glaube auch, dass wir, gerade was die Tarifauseinandersetzung anbelangt, starke Gewerkschaften brauchen. Es überrascht Sie vielleicht, wenn dies ein Liberaler sagt. Wir brauchen starke Gewerkschaften, die auch durchsetzungsstark sind. Ich glaube auch, dass die Europäische Union hier einmal ihrer Verpflichtung nachkommen und festlegen müsste, wie es in Europa denn mit einheitlichen Sozialstandards aussieht. All das kann man gut diskutieren.
Aber in einer Tarifauseinandersetzung macht ein Parlament eben auch eines: Es stellt viel Öffentlichkeit her. Es zeichnet von einem Unternehmen ein Bild, das die Politik am Ende auch mit zu verantworten hat. Dieser Verantwortung müssen sie sich dann auch stellen, wenn es zu Einschlägen kommt, weil die Kunden reagieren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich habe mich ein wenig gewundert, weil wir einen Dringlichen Antrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf dem Tisch haben. Dort steht: „Begründung: Erfolgt mündlich.“
Die Begründung hätten wir, wäre die Debatte nicht wieder aufgenommen worden, gar nicht gehört. Man muss die Dinge nehmen, wie sie kommen.
Ich gehe kurz auf Ihren Antrag ein. Dort steht, die Trendwende in Hessen sei eingeleitet. Die Frau Staatsministerin wird uns bestimmt gleich erklären, worin sie die Trendwende erkennt.
Meine Damen und Herren, in dem Antrag steht, dass sich der Wohnungsbestand um 400.000 Wohnungen erhöht habe. Wie viele Wohnungen fehlen in Hessen? – Ich kenne Zahlen, die von 100.000 bis zu 500.000 Wohnungen reichen, je nachdem, welcher Zeitraum betrachtet wird. Fakt ist, dass in Hessen nach wie vor weniger Wohnungen gebaut werden, als zusätzlicher Bedarf entsteht. Von einer Trendwende kann also überhaupt keine Rede sein.
Wenn Sie es schaffen wollen, dass die Mietpreissteigerungsraten nicht nur eingedämmt werden, sondern sinken, und dass in größerem Umfang bezahlbarer Wohnraum entsteht, dann dürfen Sie nicht nur für den Bedarf bauen, Frau Staatsministerin, sondern Sie müssen darüber hinausgehen, damit die Marktwirtschaft in diesem Bereich überhaupt wieder funktionieren kann.
Alle aufpassen, jetzt sagt ein Liberaler einen besonderen Satz: Anscheinend haben wir es in Teilen mit einem Versagen des Marktes zu tun. Ich glaube, das muss man so feststellen.
Die Antwort der Landesregierung darauf lautet, dass Sie viel Geld zur Verfügung gestellt haben und dass wegen fehlendem Geld nicht eine Wohnung weniger gebaut wurde. Wir hören immer wieder das Lied, es sei noch nie so viel Geld in diesen Bereich geflossen. Das stimmt, meine Damen und Herren, aber all das Geld hat bisher überhaupt nichts genutzt, weil es an Grundstücken fehlt.
In dem Antrag wird wieder auf die Bauland-Offensive Bezug genommen. Die Allianz für Wohnen hat sich tatsächlich zusammengefunden. Dort hat man lange diskutiert und gute Vorschläge gemacht, und dann wurde die BaulandOffensive gegründet. Dabei hat man es tatsächlich geschafft, sich eineinhalb Jahre nur damit zu beschäftigen, wie die Geschäftsform, die Gesellschaftsform, das Finanzierungsmodell aussehen sollen. Das heißt, man hat sich eineinhalb Jahre nur mit sich selbst und nicht mit auch nur einem einzigen neuen Baugrundstück beschäftigt.
Dann ist aus Frankfurt der Vorschlag gekommen, darüber nachzudenken, ob man unter bestimmten Voraussetzungen vielleicht neue Grundstücke erschließen könnte. Was macht die CDU? – Sie ruft zu einem Sternmarsch auf. Das ist wirklich absurd, meine Damen und Herren.
Sie bezeichnen die Nassauische Heimstätte als einen wichtigen Akteur im Wohnungsbaumarkt. Das stimmt, das will ich gar nicht in Abrede stellen. Die Nassauische Heimstätte hatte schwierige Zeiten zu meistern. Sie hat viele Jahre lang nur rote Zahlen geschrieben, aber mittlerweile schreibt sie schwarze Zahlen. In dem Moment, als der Frankfurter Oberbürgermeister sagt, bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft sollen die Mieten nur noch um maximal 1 % steigen, kommt der Ministerpräsident zu der Erkenntnis: Das machen wir jetzt auch bei der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft.
Wenn man sich das anschaut, was Sie in den letzten Jahren im Wohnungsbau an Verschärfungen vorgenommen haben, was Sie an Bürokratie geschaffen haben, wenn man sich anschaut, dass Sie bei den finanziellen Zuschüssen mittlerweile bei verlorenen Zuschüssen angekommen sind, d. h. Geld verschenken, und außerdem feststellen muss, dass immer noch nicht mehr gebaut wird, dann ist der Vorschlag, die Mietpreissteigerungen zu begrenzen, nicht anders zu nennen als ein Akt der Verzweiflung, weil Sie nicht mehr weiterwissen.
Ich hatte früher einmal das Gefühl, dass bei der CDU Grundkenntnisse über die soziale Marktwirtschaft vorhanden seien. Daran glaube ich aber langsam nicht mehr.
Meine Damen und Herren, ich will Ihnen sagen, wo wir Probleme und wo wir Lösungen sehen. Wohnraumförderung heißt vor allen Dingen auch Eigentumsförderung. Zu dem, was die LINKEN fordern, nämlich nur noch sozialen Wohnungsbau zu betreiben – Herr Schaus, ich habe es eben in Ihrer Rede wieder gehört, Sie haben in Ihrem Antrag dem privaten Eigentum komplett eine Absage erklärt –, will ich sagen: Es gibt viele Menschen, die gerne in einer Eigentumswohnung oder in einem Eigenheim leben würden. Das hat übrigens auch viel mit finanzieller Absicherung im Alter zu tun; denn der beste Schutz vor steigenden Mieten ist, im Eigentum zu wohnen.
Herr Schaus, auch diese Menschen haben ein Recht darauf, Förderung zu erhalten. Jetzt sagen Sie, vom Land sollen nur noch Sozialwohnungen gefördert werden. Das heißt, Sie sagen weder den Menschen, die nicht in ein Eigenheim ziehen wollen oder es nicht finanzieren können, noch den Beziehern mittlerer Einkommen, dass Sie für sie, also für den Massenmarkt, etwas tun wollen. Sie sagen, Sie wollen nur noch diejenigen fördern, die wirklich nicht in der Lage sind, sich mit eigenem Wohnraum zu versorgen. Herr Schaus, ich glaube, Sie verlieren damit den Blick für die Mitte der Gesellschaft: für den Feuerwehrmann, für die Krankenschwester, für den Arbeitnehmer, der zwei Kinder hat, jeden Tag morgens zur Arbeit geht und abends um fünf Uhr nach Hause kommt.
Meine Damen und Herren, diese Menschen verliert DIE LINKE komplett aus dem Blick. Das steckt in der Erklärung, dass Sie nur noch Sozialwohnungen fördern wollen. Nichts anderes wäre die Konsequenz.
Die Forderung nach einem Bauminister: Ich glaube, die Forderung der Sozialdemokraten ist richtig. Es war seinerzeit auch so. Unter unserer Regierungsverantwortung war der Wohnungsbau noch im Wirtschaftsministerium angesiedelt, neben der Verkehrspolitik, der Infrastrukturpolitik und der Landesentwicklung. Das Auseinanderklaffen der Kompetenzen ist eine der Ursachen, warum wir nicht entscheidend weiterkommen bei der Frage, was zum Bau neuer Wohnungen führt.
Alle Fachleute sagen Ihnen das. Im Moment sitzen wir alle häufig in Podiumsdiskussionen. Alle sagen Ihnen, Sie können den Wohnungsbau nicht getrennt davon betrachten, wo die Verkehrsströme verlaufen und die Arbeitsplätze sind. Das muss zusammen gedacht werden. Das ist in einem Bauministerium, in dem die Wohnungsbauförderung und die rechtlichen Rahmenbedingungen als Kompetenz wieder zusammengeführt werden, richtig angesiedelt. Ich bin mir relativ sicher: Egal, wer die nächste Landesregierung stellt, es wird einen Bauminister in Hessen geben.
Wir Freie Demokraten wollen die sogenannte BIM-Methode, d. h. ein elektronisches Verfahren, nutzen, um Baumaßnahmen zu beschleunigen. Das kann man nur schrittweise einführen. Seitens eines Landes kann man das vor allen Dingen für die öffentlichen Baumaßnahmen einführen. Aber wir müssen auch die Unternehmen, die dort dranhängen – Architekturbüros, Planungsbüros und Handwerksbetriebe –, fit machen, sodass sie diese Methode anwenden können, damit das durchgehend so gehandhabt wird und es tatsächlich zu einer Beschleunigung im Baurecht kommt. Es muss entbürokratisiert werden und die Digitalisierung eingeführt werden. Das könnte etwas dazu beitragen.
Meine Damen und Herren, wir brauchen auch bei den Kommunen eine schnellere Bauleitplanung. Auch da ist es herzallerliebst, was Sie von den LINKEN in Ihrem Entwurf für ein Vergabekriteriengesetz fordern,
über das wir gleich noch diskutieren werden.
Man muss dazu sagen: Damit überlasten Sie die Bauämter mit vergabefremden Leistungen. Wir haben jetzt schon zu wenige Fachleute, die in der Lage sind, Genehmigungsverfahren relativ schnell einzuleiten. Mit dem, was DIE LINKE dort gleich vorschlagen wird, würde sich die Situation noch einmal verschärfen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich war gerade so schön in Fahrt. – Wir werden über Flächenausweisungen nachdenken müssen. Wir werden auch, was die Bundesebene betrifft, über die Bauvorschriften – EnEV –, über die Abschaffung der Mietpreisbremse und über den Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer nachdenken müssen. Wer uns das nicht glaubt, der möge noch einmal in das IW-Gutachten schauen, das die VhU in Auftrag gegeben hat. Da steht alles drin, das kann man nachlesen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Wagner, Sie haben sich eben auf das Wohnraumfördergesetz bezogen. Jetzt will ich Ihnen durchaus zugestehen, dass Sie als Fraktionsvorsitzender sehr generalistisch unterwegs sind und die Details eventuell nicht kennen, aber das Wohnraumfördergesetz ist nur eine Rahmengesetzgebung. Ihre These, wir hätten vorrangig Eigentum gefördert,
ist sachlich und fachlich einfach falsch. In der Rahmengesetzgebung stehen die Fördermöglichkeiten gleichberechtigt nebeneinander.
Nein, immer schon. Sie standen schon immer gleichberechtigt nebeneinander.
Meine Damen und Herren, lieber Herr Wagner, wir konnten seinerzeit das Eigentum zusätzlich mit hineinnehmen, weil wir schon immer mehr Geld zur Verfügung hatten als das, was für den sozialen Wohnungsbau abgerufen worden ist. Daher sind wir auf die Idee gekommen: Wir könnten noch einen Fördertatbestand mit hineinnehmen, und das war das Eigentum. – An dieser Situation hat sich doch überhaupt nichts geändert.
Jetzt haben Sie das Eigentum nur nicht mehr vorne draufstehen, sondern Sie haben es hinten hingeschrieben. Aber die Entscheidung fällt die WIBank. Seitdem Sie regieren – jetzt aufgepasst, lieber Herr Wagner –, ist Folgendes passiert: Es werden so gut wie keine Anträge auf Förderung von Eigentum mehr genehmigt. Diese wären grundsätzlich immer genehmigungsfähig, aber es ist politisch motiviert, dass Sie dies nicht mehr wollen. Mein Kollege Rock sagt mir immer: Mach es bloß nicht zu detailverliebt, nur nicht zu sachorientiert. – Ich höre das immer gern, dass die FDP sozusagen nur das Eigentum sehr stark in den Vordergrund stelle; denn, ja, einem liberalen Wähler gefällt das mit dem Eigentum immer ganz gut. Sachlich und fachlich ist das aber nie richtig gewesen. Es stand nur gleichberechtigt neben allen anderen Fördermöglichkeiten, die es gegeben hat. Mit Ihrem Einfluss, wie ich es einmal nenne, den Sie auf die WIBank haben, ist die Eigentumsförderung politisch aber komplett zum Erliegen gekommen. Das ist die Wahrheit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kinkel, ich wollte noch kurz darauf eingehen, dass Sie in dem Gesetz
entwurf der LINKEN handwerkliche Fehler kritisiert haben. Ich würde so etwas einer Oppositionsfraktion immer nachsehen, schließlich hat man als Oppositionsfraktion nicht ein Ministerium im Rücken. Dass dann vielleicht nicht jedes Komma richtig ist, versteht sich eigentlich von selbst. Aber lassen wir das; das würde ich durchaus nachsehen.
Meine Damen und Herren, wo Frau Kinkel aber recht hat, ist bei all dem, was eben von Frau Kollegin Wissler angeführt wurde, quasi ökologische Kriterien mit hineinzunehmen, die Beschaffung fairer und nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen. Das ist im hessischen Vergabegesetz bereits alles möglich. Für uns als Freie Demokraten hat das mehr Fragezeichen aufgeworfen, als dass es irgendeine Frage beantwortet hätte.
Solche Gesetze sind gerade für kleine und mittelständische Unternehmen gedacht. Sie können aber diese Kriterien überhaupt nicht mehr erfüllen. Mit dem, was DIE LINKE zusätzlich fordert, würde sie sie sozusagen von Vergaben der öffentlichen Hand ausschließen. Selbst für mittelständische und große Unternehmen hat es am Ende nur dazu geführt, dass es ein Geschäftsmodell für Zertifizierer geworden ist, nichts anderes.
Es ist die Frage, wo es das in Hessen tatsächlich gegeben hat, dass Produkte, die nicht fair gehandelt waren, in Ausschreibungen gekommen sind oder, wenn nachhaltige Produkte gefordert waren, andere geliefert wurden. Es ist immer nur eine Frage für Zertifizierer, für eine Präqualifikation. Selbst große und mittelständische Unternehmen können einer solchen Nachweispflicht überhaupt nicht nachkommen. Ich glaube, dass das nicht notwendig ist, es hat zu viel Bürokratie mit sich gebracht. Nehmen wir einmal den Wohnungsbau, es macht alles nur teuer. Meine Damen und Herren, das ist einfach nicht zielführend.
Ich würde gerne auf eine weitere Forderung der LINKEN eingehen, die Wertgrenze für Aufträge von derzeit 10.000 € auf 500 € abzusenken. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN, ich glaube nicht, dass Sie diese Forderung tatsächlich ernsthaft aufrechterhalten.
Meine Damen und Herren, wer so etwas fordert, muss auch gleichzeitig sagen, wie er dieses Aufblähen einer Bürokratie dann finanzieren will.
Es ist für die Behörden nicht mehr handelbar. Man mag so etwas nett vor einer Landtagswahl fordern. Frau Wissler, bei aller Liebe, schauen wir einmal nach Thüringen, ob es da ähnliche Vorgaben gibt. Ich glaube, nicht. Selbst wenn ein LINKER in diesem Land jemals Verantwortung tragen würde, würde er das tatsächlich umsetzen? – Es ist schlichtweg nicht praktikabel. Hier würden staatliche Stellen staatliche Stellen kontrollieren. Das ist unmöglich, das ganze System würde explodieren.
Meine Damen und Herren, dann die andere Forderung, es müsse alles überwacht und überprüft werden, durch das Tariftreue- und Vergabegesetz des Landes würde alles un
terlaufen. Dabei geht es vor allem um den Mindestlohn und die Forderung nach einem landeseigenen Mindestlohn.
Frau Wissler, wir haben seinerzeit schon einmal Ihr Vergabegesetz diskutiert. Das war zu dem Zeitpunkt, als es auf Bundesebene noch keinen gesetzlichen Mindestlohn gab. Den haben wir aber jetzt. Seinerzeit hatten schon viele die Rechtsauffassung vertreten, dass ein landeseigener Mindestlohn nicht umsetzbar, nicht verfassungskonform sei. Die anderen sagten, er sei so lange möglich, wie es keinen bundeseinheitlichen Mindestlohn gebe. – Den gibt es aber jetzt.
Frau Wissler, bloß weil er nicht beklagt wird, heißt es nicht, dass er rechtskonform ist.
Herr Frömmrich, wollen Sie einen landeseigenen Mindestlohn? – Ich glaube, nicht.
Ich glaube, dass die bundesrechtlichen Vorschriften absolut ausreichend sind.
Das, was die CDU mit ihrer Zustimmung zum Mindestlohn angerichtet hat, ist die ganze Diskussion, die entbrannt ist, ob es nun eine Kommission gibt oder nicht, ob es vernünftig gemacht wird oder nicht – es muss immer noch mehr sein, der Mindestlohn soll noch höher sein und soll politisch bestimmt werden. Die CDU ist der LINKEN voll auf den Leim gegangen. Die SPD hat es leider Gottes auch immer mitgemacht. Wir sollten diesen Unsinn in Hessen wirklich nicht auch noch weiter diskutieren, das wäre genau das gleiche Ergebnis: immer noch einen draufsetzen.
Meine Damen und Herren, es gibt in der Tat Probleme beim Bauhauptgewerbe. Es gibt Fälle, z. B. in Neu-Isenburg, dass eine so komplizierte Ausschreibung dazu geführt hat, dass nicht mehr der ehrliche Bauunternehmer den Zuschlag bekommen hat, sondern jemand, den wir alle miteinander nicht wollen. Dabei führen Subunternehmerketten am Ende dazu, dass der Handwerker, der die Arbeit ehrlich verrichtet, nur noch einen Hungerlohn bekommt. Das sind – das ist nicht anders zu benennen – kriminelle Verhältnisse und kriminelle Methoden. Wir als Freie Demokraten werden uns immer dagegen aussprechen und versuchen, das einzudämmen und zu bekämpfen.
Das Problem ist, wenn man mit Gewerkschaftsvertretern spricht, dass jeder eine etwas andere Vorstellung hat. Da wird gerne davon gesprochen, dass wir eine Prüfbehörde brauchen. Da muss mir mal einer erklären, wo diese Prüfbehörde angesiedelt sein soll. Soll das eine eigenständige Behörde werden? – Es gab schon einmal die Idee, das beim Landesrechnungshof anzusiedeln. Der Landesrechnungshof ist, so wie er jetzt aufgestellt ist, dazu überhaupt nicht geeignet. Meine Damen und Herren, es wird immer wieder eine Prüfbehörde in den Raum gestellt, aber keiner beantwortet die Frage, wie sie tatsächlich ausgestaltet werden
soll. Das zeugt am Ende von einem tief gehenden Misstrauen gegenüber den Unternehmen. Es würde eine große Bürokratie mit sich bringen. Das ist mit Sicherheit nicht der richtige Weg.
Nichtsdestotrotz bleibt es bei der Frage, wie wir gegen solche Unternehmen vorgehen, die kriminelle Methoden anwenden. Ich bin der Meinung, dass wir längst hätten darüber nachdenken müssen, wie wir die Losgrößen zusammenschneiden. Wir sollten überlegen, ob das tatsächlich eine Vergabe ist, die mittelstandsfreundlich ist, dass mittelständische Unternehmer einen öffentlichen Auftrag auch noch gerne annehmen und sich an einem fairen Wettbewerb beteiligen. Wir brauchen Unternehmer, die wirklich auskömmlich und fair mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgehen und sich auch an Tarifvereinbarungen halten. Meine Damen und Herren, eine echte mittelstandsfreundliche Vergabe von öffentlichen Aufträgen würde hier sehr viel helfen. Davon sind wir leider auch in Hessen ein Stück entfernt. Das wird durch die gute Konjunkturlage überdeckt.
Ich glaube, dass es in diesem Bereich wieder ein bisschen Ordnungspolitik braucht und nicht überbordende Forderungen der LINKEN, wie sie in diesem Gesetzentwurf vorgesehen sind. – Vielen Dank.
Frau Wissler, es ist mir durchaus bewusst, dass es diese Rechtsprechung gibt. Es ist nicht das erste Mal, dass wir uns über einen landeseigenen hessischen Mindestlohn unterhalten. Da kann man anderer Auffassung sein. Ich habe meine Position ziemlich klar und deutlich gemacht, was den Mindestlohn generell anbelangt.
Ich sage aber auch: Das ist Geschichte, das ist vergossene Milch, es gibt den Mindestlohn jetzt nun einmal, den wird auch keiner zurückdrehen. Für einen eigenen hessischen Mindestlohn haben wir Anhörungen durchgeführt, Kollege Arnold und ich damals noch für die regierungstragenden Fraktionen. Es gab zwei Rechtsauffassungen.
Es gab die Rechtsauffassung: „Geht gar nicht“, und die anderen haben gesagt: „Geht eventuell, solange es keinen bundeseinheitlichen Mindestlohn gibt“. Den aber haben wir nun.
Ich kann Ihnen nur sagen: Ich habe noch keine andere Rechtsauffassung gehört, es ist auf Länderebene nicht möglich. Tut mir leid.
Herr Staatsminister Al-Wazir, können Sie bestätigen, dass im Moment rund 3.500 bis 4.000 Einzelanträge auf Schwerlasttransporte bei Hessen Mobil vorliegen, die eine zeitnahe Zusage an Kunden kaum möglich machen? Können Sie sagen, wie Sie versuchen werden, diesen Stapel an Einzelanträgen abzuarbeiten?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will heute Abend etwas dafür tun, um die Zahl meiner Redebeiträge im Hessischen Landtag in der Statistik noch ein wenig nach oben zu treiben.
Meine Kollegen sind echt nett.
Es ist, wie es ist.
Ich will jetzt versuchen, die Haltung der Freien Demokraten zu dem Gesetzentwurf wiederzugeben. Wir hätten eine dritte Lesung nicht gebraucht. Wir hätten dem Gesetzentwurf und dem Änderungsantrag, den CDU und GRÜNE eingebracht haben, unsere Zustimmung geben können.
Wir werden dem Antrag der SPD-Fraktion nicht zustimmen können. Das hat vor allen Dingen etwas mit der unterschiedlichen Auffassung unserer Fraktionen beim Thema Inklusionsbeirat zu tun. Der Umfang der Interessenvertretung, den die SPD-Fraktion jetzt formuliert hat, ist uns zu weitreichend.
Wir werden in der Ausschusssitzung bzw. in der Aussprache zur dritten Lesung darüber sicherlich noch ein bisschen diskutieren können. Was aber durchaus unsere Zustimmung findet: Die bisherige Finanzierungspraxis wird beibehalten, und die Rehaträger können weiterhin pauschale Abrechnungen vereinbaren. All das findet unsere Zustimmung. Von daher warten wir die dritte Lesung am Donnerstag ab.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch zu diesem Gesetz will ich kurz die Position der Freien Demokraten darlegen. Wir sehen das, was den Rettungsdienst anbelangt, durchaus sehr kritisch. Die SPD hat die komplette Streichung privater Rettungsdienste gefordert. Aus verständlichen Gründen werden das die Freien Demokraten so nicht mittragen können.
In dem Gesetzentwurf werden die gemeinnützigen Organisationen deutlich bevorzugt. Die privaten Rettungsdienste werden gezwungen, alternative Formen zu finden. Lassen Sie es mich an dieser Stelle einfach einmal sagen: Wenn man sich einen Geschäftsbericht z. B. des Deutschen Roten Kreuzes anschaut, stellt man fest, wie komplex er ist. Nur weil „Gemeinnützigkeit“ darüber steht – das ist ein steuerlicher Aspekt –, muss man doch auch schon einmal höflich fragen, wie groß diese Organisationen geworden sind, wie sie gegenfinanziert werden, ob es wirklich kein Geschäftsmodell ist, das dahinter steckt. – Bei manchen kann man wirklich ein großes Fragezeichen dahinter setzen.
Meine Damen und Herren, neben der Kritik, die wir haben, sehen wir auch durchaus vieles Positives. In den Landesbeirat für den Rettungsdienst soll nun die Landesärztekammer aufgenommen werden. Das sehen wir durchaus als gut an. Wir sehen auch, dass sichergestellt wird, dass das Ministerium die erforderlichen Daten über die Zuweisungsverfahren von Patienten zur Verfügung gestellt hat. Das ist gut.
Bei den Regelungen der Aus- und Fortbildung, gerade durch die Aufnahme der Notfallsanitäter, wird sichergestellt, dass auch sie die Aus- und Fortbildung im Rettungsdienst erhalten und nicht nur die Rettungssanitäter und Rettungsassistenten.
Meine Damen und Herren, es ist durchaus positiv zu bewerten. Wir werden uns bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf enthalten und den Änderungsantrag der SPD ablehnen. Dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen werden wir zustimmen, weil er richtige Ansätze enthält.
Lassen Sie mich, weil Frau Dr. Sommer das zum Schluss gemacht hat, den Dank an die Rettungskräfte aussprechen. Wer die Rettungskräfte kennt und weiß, was sie für eine Arbeit leisten und wie sie dabei manchmal in heikle Situationen geraten, in denen sie teilweise mit Gewalt bedroht werden, muss sich schon fragen, ob wir noch die richtige Position zu diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion sieht den Änderungsantrag der SPD als nicht zustimmungsfähig an. Was die Mindestpersonalzahlen anbelangt, haben wir eine diametral andere Auffassung, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ansonsten werden wir dem Gesetzentwurf unsere Zustimmung geben. Wir könnten auch heute schon darüber abstimmen.
Ich will gleich dazusagen, was die Verbundbildung von Krankenhäusern anbelangt: Das geht absolut in die richtige Richtung. Das deckt sich mit dem, was wir auch wollen: Verbünde und Spezialisierung von Krankenhäusern. Wenn wir über den Krankenhauserhalt nachdenken, müssen wir uns darüber unterhalten, wie man sie zukünftig finanzieren kann.
Bei Verbünden leben uns die privaten Klinikbetreiber, z. B. Helios, durchaus vor, welche Synergien man dort heben kann und in welchen Bereichen man auf Wirtschaftlichkeit hinarbeiten kann. Das ist nicht immer nur auf der Patientenseite. Gerade im Verwaltungsbereich zeigen uns die Privaten, wie es geht.
Meine Damen und Herren, ein Kritikpunkt in der Anhörung betraf das Prüfrecht des MDK, des Medizinischen Dienstes. Ich bin kein Sozialpolitiker, auch wenn ich heute Abend versuche, mein Bestes zu geben. Aber ich habe mich schon gefragt: Wer sonst soll kontrollieren, wenn nicht der MDK? Der Medizinische Dienst ist im besten übertragenen Sinne auch der Interessenverwalter der Beitragszahler, und zwar nicht nur der Beitragszahler auf der Arbeitnehmerseite, sondern auch auf der Arbeitgeberseite.
Meine Damen und Herren, wer soll ansonsten so etwas wie eine Überprüfung vornehmen, ob die Abrechnungen ordnungsgemäß vorgenommen worden sind? Ich kann mir zwar auch vorstellen, dass man so etwas bei einer neutralen Behörde wie dem Regierungspräsidenten ansiedelt. Aber der wäre in einer anderen Richtung unterwegs, er hätte einen ganz anderen Fokus auf die Prüfung. Von daher muss man, wenn man Kritik daran übt, so ehrlich sein und sagen: Da werden die Interessen der Beitragszahler mit berücksichtigt.
Insofern können wir Freie Demokraten dem Gesetzentwurf und auch dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit 2012 hat sich die jährliche Staulänge in Hessen auf 120.000 km verdoppelt. Die Staus sind eines der großen Probleme in unserem Land. Das hat auch das IW-Gutachten sehr deutlich gemacht. In der Debatte über das IW-Gutachten, das die VhU in Auftrag gegeben hat, hatten wir in dieser Woche schon eine Auseinandersetzung.
Ich sollte auf den Punkt eingehen, bei dem Herr Al-Wazir einem früheren FDP-Minister die Verantwortung zugeschoben hat – zum größten Vergnügen der CDU-Fraktion. Manchmal frage ich mich, ob wir damals alleine regiert haben.
Genau. – Lassen Sie uns ein bisschen zurückblicken. Bis 2013 war der Bundesverkehrswegeplan herzlich unterfinanziert. Nach 2010 wurde die Bodewig-Kommission eingesetzt, die diese Unterfinanzierung festgestellt hat. Insbesondere Herr Al-Wazir beruft sich als Staatsminister bezüglich seines Paradigmenwechsel „Sanierung vor Neubau“ ja gerne auf diese Zeit.
Meine Damen und Herren, die Erkenntnis aus dieser Zeit lautete, es würden nie wieder in größerem Umfang Straßen gebaut. Das war eine klassische Fehleinschätzung seitens der Hessischen Landesregierung, aber auch der Straßenbauverwaltung, die zu der Konsequenz geführt hat, dass man bei Hessen Mobil deutlich Planungskapazitäten abgebaut hat.
Das war eine Fehleinschätzung. Herr Al Wazir, wer war das? Es waren Dieter Posch – klar –, das gesamte Kabinett und übrigens auch eine CDU-geführte Bundesregierung, die zu einer solchen Fehleinschätzung gekommen sind. Das konnte damals keiner ahnen.
Man hat dann Planungskapazitäten abgebaut. Wir haben heute in Hessen noch ungefähr zehn Planer, die sich mit dem Straßenbau beschäftigen – zehn Planer für ganz Hessen.
Ab 2014 standen aber wieder ausreichende Mittel zur Verfügung. Herr Wagner, da Sie so nett schauen:
Ihr Minister hat uns im ersten Halbjahr 2014 eingeladen – da haben Sie die Regierung übernommen –, als es um die Evaluierung durch Hessen Mobil ging. Sie haben sozusagen ein Loblied auf die Spartenkommission gesungen. Spätestens ab 2014 standen die Bundesmittel aber wieder zur Verfügung. Sie hätten dann nicht einfach tatenlos zusehen dürfen, sondern die Planungskapazitäten wieder aufbauen müssen.
Nein, das haben Sie nicht gemacht. Der Paradigmenwechsel, den Sie in der Politik vorgenommen haben, wird die Straßenverkehrsinfrastruktur in Hessen nachhaltig schädigen. Ich will Ihnen auch sagen, warum: weil Sie die Planungskapazitäten weiterhin nicht ausgebaut haben. Mit Ihrem Konzept „Sanierung vor Neubau“ steigen Sie nicht in die grundhafte Erneuerung ein,
sondern Sie betreiben permanent nur Oberflächensanierung.
Meine Damen und Herren, ich will es einmal so sagen: Wir haben mittlerweile sanierte Straßen, die so glatt wie ein Babypopo sind. Aber das, was sich darunter befindet, ist in
einem desolaten Zustand. Das wird künftigen Landesregierungen auf die Füße fallen. Sie haben nichts anderes gemacht, als die Straßen mit Farbe zu überziehen. Irgendwann wird Ihnen die Farbe von den Fahrbahnen bröckeln, weil Sie keine grundhafte Erneuerung vorgenommen haben. Dafür hätten Sie nämlich Planungskapazitäten haben müssen. Die haben Sie nicht aufgebaut, und das machen Sie weiterhin nicht.
Wie Sie mit dem Straßennetz in Hessen umgehen, kann man auch schön daran sehen, wie Sie sich bei der Bundesautobahngesellschaft engagiert haben. Nichts wird das Problem der Staus auf unseren Straßen so nachhaltig verschärfen wie die Tatsache, dass wir keinen Zugriff mehr auf die Bundesautobahngesellschaft haben. Es wird uns immer wieder erklärt, es habe da einen verschlossenen Umschlag gegeben. Ich kann das nicht mehr detailliert ausführen.
Ich komme gleich zum Schluss. – Aber dieser Landesregierung ist seit Februar 2016 – nicht erst seit April dieses Jahres – bekannt, wie die Autobahngesellschaft strukturiert werden soll. Sie haben zwei Jahre lang tatenlos zugesehen. Das führt zum Stau auf Hessens Straßen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Staatsminister Al-Wazir hat in der vorherigen Debatte Frau Kollegin Knell zum Thema Nordhessen und dazu, wie erfolgreich der ÖPNV in Nordhessen funktioniert, angesprochen. Herr Al-Wazir, wenn Sie von Neukirchen, wo Frau Knell zu Hause ist, versuchen nach Tann zu kommen, dann ist das schon ein Abenteuer. Da kann man schon sagen: Das ist eher eine akademische Frage.
Versuchen Sie einmal, mit dem ÖPNV von Neukirchen nach Korbach zu kommen. Das ist nicht mehr ganz so theoretisch, das hat Frau Kollegin Knell beispielsweise während des Hessentags probiert. Dann sind Sie geschlagene viereinhalb Stunden unterwegs, von Neukirchen nach Korbach. Die Entfernung ist nicht so weit, als dass man es nicht lösen könnte. Ich glaube, das macht das Problem deutlich. Es sind viereinhalb Stunden in die eine Richtung, sie wollen aber auch noch zurück.
Meine Damen und Herren, das, was Sie jetzt als eine Ergänzung in Ihrem ÖPNV-Konzept für den ländlichen Raum beschreiben, sind die Bürgerbusse. Herr Al-Wazir hat gesagt, es handele sich nur um eine Ergänzung. Das stimmt, man könnte vieles miteinander vernetzen, aber die Nutzer des ÖPNV, egal ob ländlicher Raum oder Ballungsraum, erwarten, wenn sie einen Weg beschritten haben – sprich: sie haben ihr Fahrrad genommen, sind zum Bahnhof gefahren, sind mit dem ÖPNV zum nächstgrößeren Bahnhof gefahren, ins Oberzentrum –, dass sie diesen Weg auch wieder zurückkommen.
Das Problem im ländlichen Raum ist, dass Sie meistens am Abend nur noch auf halber Strecke zurückkommen und es dann kein Angebot mehr gibt. Da ist die Frage: Wie gehen wir die Lösung an?
Herr Al-Wazir, das Problem, das Frau Knell Ihnen deutlich gemacht hat und bei dem deutlich wird, dass Sie eher eine Großstadtpartei vertreten, ist, dass Sie im ländlichen Raum auf das ehrenamtliche Engagement verweisen. Sie erwarten, dass die Bürgerinnen und Bürger sich vor Ort selbst
engagieren und das organisieren. Gleichzeitig treiben Sie den ÖPNV im Ballungsraum hoch subventioniert voran.
Es sind die Menschen im ländlichen Raum, die das ehrenamtlich machen müssen, die die Subventionen für den ÖPNV im Ballungsraum genauso mitbezahlen müssen. Das machen Sie mit Ihrer Erfolgsstory Schülerticket. Das ist anscheinend das Einzige, was Sie als Leuchtturm Ihrer Amtszeit vor sich hertragen: Das Schülerticket muss es herausreißen.
Meine Damen und Herren, wir werden so nicht weiterkommen, wenn wir den ländlichen Raum nicht modern denken. Die Frage des ÖPNV im ländlichen Raum ist nicht die Frage der Größe des Gefäßes, das dort durch die Gegend fährt. Es lasten erhebliche Kosten auf dem ÖPNV, deswegen lässt er sich im ländlichen Raum kaum noch darstellen. Sie müssen beispielsweise den Mann bezahlen, der dieses Fahrzeug fährt.
Wir schlagen einen Modellversuch für autonomes Fahren im ländlichen Raum vor, um dem etwas entgegenzusetzen.
Ich glaube, dass es klug wäre, bevor Sie viel Geld in ein System wie die Bürgerbusse investieren, einen Modellversuch eines autonom fahrenden Busses im ländlichen Raum auf den Weg zu bringen. Die Technik haben wir. Wir haben an dieser Stelle kein Erkenntnisdefizit, wir haben ein Umsetzungsproblem. Die Fragen des ÖPNV für den ländlichen Raum lassen sich lösen. Die Digitalisierung kann dabei helfen. Sie ist kein Allheilmittel, aber sie kann dabei helfen.
Als Freie Demokraten sind wir nicht ideologisch unterwegs, was die Schiene anbelangt – das haben Sie uns eben wieder unterstellt. Ich kann Ihnen sagen: Die Kurhessenbahn, die jetzt ein großer Erfolg ist, hat die FDP maßgeblich gegen den Widerstand der CDU umgesetzt. Vor Ort mussten wir die Verbünde und die kommunale Familie motivieren, die Sicherung des Unterhalts zuzusagen. Als das klar war, haben wir gebaut. Die Kurhessenbahn ist heute ein Erfolgsmodell, und das waren liberale Minister.
Das werden wir auch weiterhin so betreiben. Jede Bahnstrecke, die sich wirtschaftlich wieder betreiben lässt, jeder Schienenverkehr, jede Schienentrasse, die möglich sind, sollten wir reaktivieren. Dabei sollten wir aber die wirtschaftliche Vernunft nicht aus den Augen lassen.
Meine Damen und Herren, wir können ländlichen Raum und Ballungsraum nur zusammen denken, wenn wir die Verkehrsprobleme und die Wohnungsnot lösen wollen. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Innovationen sind die Grundlage für Wachstum und Beschäftigung. Sie machen unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft attraktiv und wettbewerbsfähig. Innovationen sichern unseren Wohlstand, und sie sichern unsere Zukunft. Deshalb bemühen sich alle Regionen und Länder im globalen Wettbewerb um Innovationen.
Entscheidend ist es daher, die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen. Dabei sind Wettbewerb und Markt von zentraler Bedeutung. China ist das beste Beispiel. Binnen weniger Jahrzehnte hat sich das Riesenreich von einem Entwicklungsland zu einer Hightech-Nation entwickelt. Vor allem von den Sonderwirtschaftszonen ging eine extreme wirtschaftliche Dynamik aus; denn hier galten nicht die Gesetze der kommunistischen Planwirtschaft, sondern Markt, Wettbewerb und Investitionssicherheit.
Chinas Wirtschaft wuchs in den letzten zehn Jahren in jedem Jahr zwischen 6 % und 12 % dramatisch schneller als Deutschland oder Europa. Seit 1998 hat sich das chinesische Bruttosozialprodukt pro Kopf von 830 Dollar auf über 10.000 Dollar mehr als verzehnfacht.
Die Digitalisierung des Alltags in China ist weit vorangeschritten. 730 Millionen Menschen waren Ende 2016 mit Handys, Tablets oder Computern online. 470 Millionen haben bargeldlos eingekauft. Genauso wie die amerikanischen Tech-Giganten Google, Amazon oder Facebook drängen nun chinesische Unternehmen nach Deutschland.
Maschinelles Lernen – Deutschland und Hessen müssen in diesem Bereich aufholen.
Deutschland fällt bei den Zukunftsthemen wie maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz zurück. Die aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts sagt, 73 % der weltweiten Patente im Bereich künstliche Intelligenz stammen aus China, USA und Südkorea.
Meine Damen und Herren, damit sind beispielsweise Formen der automatisierten Sprachverarbeitung, Bildanalyse und medizinische Diagnostik verbunden. In Deutschland bilden im Bereich künstliche Intelligenz Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Niedersachsen und Berlin die Spitzengruppe. Hessen landet im Mittelfeld. Hessen fällt zurück.
Auch die IW-Studie zum Wirtschaftsstandort Hessen hat gezeigt: Im europäischen Investitionsindex ist Hessen von Platz 7 auf Platz 10 zurückgefallen, im Bereich der Startups und Gründer bestenfalls Mittelmaß. Hier spielt die Musik in Berlin, München, Hamburg und Nordrhein-Westfalen. Auch im KfW-Gründungsmonitor 2018 rutscht Hessen im Bundesvergleich herunter.
Bei den innovationsaffinen Neugründungen liegt Thüringen auf Platz 1. Hessen liegt unter dem Bundesdurchschnitt. Schauen Sie sich die Zahlen der Patentanmeldun
gen an. Hier rangiert Hessen mit 63 Anmeldungen auf 100.000 Beschäftigte weit unter dem Bundesdurchschnitt, der doppelt so hoch ist.
Bei Digitalisierungspatenten liegt Hessen sogar nur auf Platz 9 im Bundesvergleich. Die Liste der Mittelmäßigkeit ließe sich noch weiter fortsetzen.
Meine Damen und Herren, dieser Landesregierung schreiben die Fachleute ins Stammbuch: Tut endlich mehr für Innovationen, Digitalisierung und Gründer.
Statt sich die Zahlen schönzureden, wie es die Landesregierung tut, brauchen wir jetzt den Mut und die Bereitschaft, im Bereich von Digitalisierung und Innovationen wirklich anzupacken.
Herr Staatssekretär Dr. Dippel ist anwesend. Das ist mir vollkommen ausreichend. Er ist aus Fulda. Er wird das weitergeben.
Meine Damen und Herren, wir fordern deshalb, neue Instrumente der Innovationsförderung einzusetzen.
Wenn Sie jetzt nicht die ganze Zeit dazwischenquatschen, Herr Schwarz, wäre es noch schöner.
Wir wollen eine landeseigene Agentur für radikale Innovationen, die ganz gezielt Sprunginnovationen fördern soll. Sprunginnovationen bezeichnen eine komplett neue Technologie bzw. Idee, die auf eine vollkommen neue Art Probleme löst oder zu einer neuen, bisher unbekannten Entwicklungsstufe springt. Sprunginnovationen entstehen häufig, wenn experimentell agiert wird und neue, unerprobte Methoden zur Prototypenentwicklung genutzt werden. Beispiele sind die Entstehung des Internets als neue Basistechnologie oder das iPhone mit dem dazugehörigen Ökosystem als neuem Geschäftsmodell.
Meine Damen und Herren, Sprunginnovationen werden von etablierten Unternehmen in der Regel nicht verfolgt, weil sie die bestehende Strategie des eigenen Geschäftsmodells infrage stellen.
Auch in der Historie sehen wir, wie bedeutend Sprunginnovationen sind. Die Entwicklung der synthetischen Farbstoffe war für die hessische Wirtschaft eine herausragende Sprunginnovation. Noch heute sind 10.000 Menschen im Industriepark Höchst und bei Kalle beschäftigt. Ohne die Farbenchemie, aus der die forschende Pharmaindustrie hervorging, wären hier nie so erfolgreiche Industriestandorte entstanden.
In Amerika hat Präsident Eisenhower nach dem SputnikSchock 1958 reagiert. Das Resultat kennen Sie alle. Etwa 200 Mitarbeiter verantworten hier ein Budget in Höhe von 3 Milliarden Dollar. Die Agentur hat federführend an der Entwicklung von Technologien wie dem Navigationssystem GPS, dem autonom fahrenden Fahrzeug sowie der Spracherkennungssoftware, den Computerchips und anderem mitgewirkt.
In Großbritannien gibt es eine industrielle Strategie. In der Schweiz ist es genauso, in Schweden ist es ebenfalls so. Da gibt es Einrichtungen, die den Fokus auf Sprunginnovationen legen.
Bevor mir jetzt gleich als Kritik vorgehalten wird, man wolle nur irgendwelche neuen Einrichtungen schaffen, kann ich Ihnen sagen: Wir haben mit der Hessen Agentur eine solche Einrichtung. Lassen Sie uns sie zu einer Agentur für Sprunginnovationen umbauen.
Im Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD bereits für eine Agentur für Disruptive Innovationen in der Cybersicherheit und Schlüsseltechnologien ausgesprochen, die beim Verteidigungs- und beim Innenministerium angesiedelt werden soll.
Hessen unter die Top 5 der innovativsten Regionen Europas zu bringen, wollen wir erreichen. Das ist unser Ziel. Heute liegen wir in etwa auf Platz 10. Die Tendenz ist abwärts. Wir müssen mehr tun, wenn wir zu den anderen Bundesländern wieder Anschluss finden und wenn wir mit den anderen Regionen wieder gleichziehen wollen. Deshalb fordern wir die Einrichtung der Agentur für radikale Innovationen, um deutschlandweit eine Vorreiterrolle einnehmen zu können.
Wir wollen die Ersten sein, die so etwas machen. Mit Wettbewerben sowie Start- und Preisgeldern wollen wir die Entwicklung der Schlüsseltechnologien gezielt unterstützen und kreative Köpfe sowie Ingenieure nach Hessen holen. Wir setzen auf schmale Strukturen, die den etablierten Förderprogrammen nichts wegnehmen, sondern obendrauf kommen. Wir setzen darauf, dass im Rahmen der Wettbewerbe Sponsoren und Kooperationspartner aus der ganzen Welt gewonnen werden können. Damit würde der finanzielle Hebel noch viel größer.
Die Agentur muss ein großes Maß an politischer Unabhängigkeit haben. Sie soll sehr weitgehende Freiheiten und absolute Flexibilität beim Management ihrer Programme erhalten.
Wir haben in Hessen bei Themen wie Cybersicherheit, Blockchain, Luft- und Raumfahrt, Robotik und Biotechnologie große Potenziale. Wir wollen diese Potenziale entfesseln.
Ein weiteres Instrument zur Stärkung der Innovationskraft in Hessen ist die Einrichtung digitaler Freiheitszonen für Start-ups und technologieorientierte Gründungen. Da kommt es auf jeden Monat Entwicklungsarbeit an. Wir wollen, dass sich Start-ups auf ihre Ideen und die Entwicklung der Technologien konzentrieren können und nicht unnötig Zeit und Kraft mit Bürokratie verlieren.
Große Unternehmen können solche Dinge regeln. Gründer können daran kaputtgehen.
Frau Präsidentin, jawohl, ich komme zum Ende meiner Rede. – Digitale Freiheitszonen sind Sonderwirtschaftszonen, die mehr Freiheit und damit eine schnellere Entwicklung möglich machen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatsminister, dass Sie zu spät gekommen sind, sei Ihnen nachgesehen. Ich hatte Ihnen aber über den Kollegen Staatssekretär Dr. Dippel extra meine Rede zukommen lassen, damit Sie wissen, worauf Sie antworten sollen. Ich habe auch gesehen, dass Sie die Rede überflogen haben. Deshalb möchte ich jetzt zwar nicht alle Punkte aufgreifen, aber etwas zum Thema Hessen Agentur sagen.
Ich hatte es in meiner Rede gesagt: Wir können es uns durchaus vorstellen, die Agentur dort anzusiedeln. Natürlich haben wir das Dreisäulenmodell in unserer Verantwortung gemacht, um gerade die nicht monetäre Wirtschaftsförderung besser aufzustellen. Es ergibt Sinn, gerade dort weiterzudenken und nicht stehen zu bleiben. Das schließt sich an das an, was Kollege Eckert gesagt hat: die nicht monetäre und die monetäre Wirtschaftsförderung immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und zu fragen, ob das, was wir machen, noch zielgerichtet ist.
Es war eine sehr gute Debatte; das wollten wir auch erreichen. Vor allem Kollege Wagner sagt immer, die Opposition solle sagen, was sie will. Jetzt haben wir das sehr ausführlich gemacht. Das hat auch zu einer Debatte geführt, aber mit dem Erfolg, dass Kollege Möller und Kollegin Kinkel am Ende nur aufgezählt haben, was die Landesregierung aufgeschrieben hat, und zusammengetragen haben, was man zum Status quo sagen kann. Das ist deutlich zu wenig, wenn man dieses Land nach vorne bringen will.
Herr Möller, Sie haben am Ende nur heruntergebetet, was Sie schon haben, und gesagt: Das alles, was die FDP will, gibt es eigentlich schon.
Genau. Wenn Sie sich Ihre Reden einmal selbst anhören, sollten sie den Widerspruch darin entdecken.
Herr Möller, dass es nicht so bleiben kann, wie es ist, oder dass zumindest all das, was sie aufgezählt haben, nicht erfolgreich ist, hat Ihnen die VhU mit dem IW-Gutachten bescheinigt. Das ist doch das Kernproblem: dass deutlich wird, dass dieses Land in der Wirtschaftsdynamik stetig zurückfällt, was die Zukunftstechnologien und die Herausforderungen anbelangt. Wie wollen Sie z. B. für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Transformation gestalten? Bei alldem sagen Sie: „Es ist alles gut, wie es ist“, und Sie ignorieren hartnäckig, dass Hessen im Ranking permanent zurückfällt.
Wir sind nur noch im Mittelfeld, haben nur noch Mittelmaß. Mit dieser Mittelmäßigkeit geben Sie sich absolut zufrieden. Das zeigen auch Ihre Reden. Sie glauben, die Welt wird schon in Ordnung sein, wenn alles so bleibt, wie es ist. Das ist deutlich zu wenig, wenn wir dieses Land für die kommenden Generationen modern gestalten wollen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Kollege Boddenberg, es ist erstaunlich, dass Sie Ihre Rede damit begonnen haben – den größten Teil Ihrer Redezeit haben Sie darauf verwendet –, der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände zu sagen, dass sie eigentlich komplett überzogene Forderungen stelle, dass ihre Vorstellungen nicht realistisch seien und dass sie ein Gutachten kurz vor der Landtagswahl bestellt habe, um Sie ein bisschen zu ärgern.
Herr Boddenberg, bis dato habe ich die CDU-Fraktion eigentlich immer verstanden. Sie haben das weiter ausgeführt und gesagt, aus Ihrer Sicht sei die Konsequenz daraus, dass das ein bestelltes Gutachten ist, festzustellen: Alles ist gut. Es möge alles so bleiben, dann wird es schon seinen richtigen Weg gehen. – Herr Boddenberg, ich glaube, Sie haben dieses Gutachten nicht verstanden oder nicht gelesen. Sie ziehen nicht die richtigen Schlüsse daraus.
Es ist schade, dass eines der Kabinettsmitglieder, nämlich Innenminister Peter Beuth, heute nicht anwesend ist. Ich möchte ihn nämlich zitieren. Innenminister Peter Beuth hat am 10. Juni 2013 gesagt:
Die GRÜNEN sind die größten Arbeitsplatzvernichter in Hessen und Deutschland.
Am 27. Juni desselben Jahres hat er nachgelegt und gesagt:
Ein grüner Wirtschaftsminister wäre der Totengräber jeglicher wirtschaftlichen Entwicklung in Hessen: Er kostet Arbeitsplätze und bringt die Verkehrsdrehscheibe Hessen zum Stillstand.
Das hat die CDU erklärt, kurz bevor sie den GRÜNEN das Wirtschaftsministerium überlassen hat. Die GRÜNEN wiederum warfen der CDU und Ministerpräsident Volker Bouffier vor allen Dingen vor, verbraucht und ideenlos zu sein.
Das Gutachten des IW Köln bietet die Chance zu einer objektiven Bewertung der Arbeit der Landesregierung. Heute sehen wir: Beide hatten recht.
Das Gutachten kommt zu einer klaren Einschätzung. Das ist etwas, was wir als Opposition bis dato immer versucht haben, Ihnen zu sagen. Aber jetzt haben Sie es von einem neutralen Gutachter schwarz auf weiß: Hessen ist zurückgefallen; Hessen hat deutlich an Dynamik verloren. Dabei ist das die klassische Aufgabe.
Wachstumspolitik und Verkehrsinfrastrukturpolitik finden nicht mehr statt, weil sie eben nicht in die grünen Konzepte passen. Bei den Innovationen und der Digitalisierung fällt Hessen zurück, weil sich die Ideenlosigkeit der CDU durchsetzt. Der Herr Ministerpräsident ist stolz darauf,
dass er keinen Computer im Arbeitszimmer stehen hat. Diese Mentalität und diese Skepsis gegenüber der digitalen Transformation, die Sie nicht als Chance, sondern als Risiko wahrnehmen, prägen das Handeln dieser Landesregierung.
Die IW-Gutachter stellen fest, dass Hessen in den letzten Jahren beim Wirtschaftswachstum hinter den anderen Ländern zurückgeblieben ist. Die Wissenschaftler stellen außerdem fest, dass in Hessen die Steuerquote, also die Belastung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmer durch Steuern, im Vergleich zu den anderen Flächenländern überproportional angestiegen ist und darüber hinaus seit 2015 einen massiven Sprung gemacht hat.
Wir haben bundesweit den zweithöchsten Anstieg der Grundsteuer B. Es ist zynisch, dass die Landesregierung angesichts dieser Entwicklungen die Wohnungsnot und die steigenden Mieten beklagt, obwohl sie durch Steueranhebungen selbst erheblich dazu beigetragen hat, dass die Baukosten steigen. Deshalb wollen und müssen wir eine Trendwende erreichen; und dazu gehört die Senkung der Grunderwerbsteuer, um Eigentum zu fördern und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
Meine Damen und Herren, die Gutachter stellen auch ganz klar fest: Es wäre in Hessen richtig und notwendig, die Abschaffung der Mietpreisbegrenzungsverordnung anzugehen.
Wer beispielsweise eigentlich schon immer den Zusammenhang „Steuern hoch – Spielraum für Investitionen“ als gegeben erachtet hat, war das IW. Der IW-Gutachter rechnet der Landesregierung auf Seite 11 vor, dass die Investitionsausgaben trotz Rekordsteuereinnahmen von Land und Kommunen pro Kopf spürbar zurückgegangen seien.
Auch beim Schuldenabbau hinkt Hessen weiter hinterher. – So viel zur Fiskalpolitik.
Eines möchte ich auch noch kurz sagen: Anstatt wirklich Investitionen zu tätigen, haben Sie in letzter Zeit immer wieder konsumtive Ausgaben provoziert. Sie haben beispielsweise Programme für Ökobauern aufgelegt, eine Energieagentur geschaffen sowie den kostenlosen ÖPNV – das ist sozusagen Freibier für alle – eingeführt. Na ja, er ist nicht wirklich kostenlos; es zahlt halt nur jemand anders. Dass man das auch sagt, gehört zur Ehrlichkeit dazu.
Herr Kollege Boddenberg, Peter Beuth hatte recht: Die GRÜNEN haben einen grundlegenden Kurswechsel erreicht; Wirtschaftswachstum und Investitionen haben in Hessen nur noch eine untergeordnete Bedeutung. Herr Boddenberg, das Ding ist nur: Von den GRÜNEN haben wir das alles erwartet, aber die CDU hat sich dieser verfehlten Wirtschaftspolitik nur allzu bereitwillig angeschlossen. Sie haben den GRÜNEN das Wirtschaftsressort überlassen, obwohl Sie wussten, dass das falsch ist.
Es ist jetzt schon vieles gesagt worden; und das Gutachten geht darauf auch an einer Stelle ein. Nach meinem Dafürhalten – ich möchte das betonen – ist der Fachkräftebedarf das zentrale wirtschaftspolitische Thema der nächsten Jahre. Die fehlenden Fachkräfte werden in den nächsten Jahren die größte Bremse für die hessischen bzw. deutschen Unternehmen sein. Herr Boddenberg, von Ihnen fehlen hierzu aber jegliche Antworten. Unter unserer gemeinsamen Landesregierung hatten wir hierzu noch eine Initiative, beispielsweise Spanien. Darüber haben wir uns lange unterhalten. Es ist auch die Aufgabe des hessischen Wirtschaftsministeriums, für die berufliche Ausbildung zu sorgen. Aber zu dieser sehr zentralen Frage fehlen Ihrerseits jegliche Initiativen.
Es ist nur logisch, dass unter dieser Vernachlässigung von Investitionen besonders der Verkehrsbereich leidet. Mein Gott, die Gutachter stellen fest: 68 % der Unternehmen in Hessen sehen sich durch Probleme im Straßenverkehr negativ beeinflusst – und das auf dem Höhepunkt des Fachkräftebedarfs, Herr Boddenberg. Die Gutachter kritisieren insbesondere, dass preisbereinigt – wir streiten uns ja immer darüber, wie viel denn in Summe im Haushalt steht, und jetzt nenne ich keine Zahl von uns – 20 % weniger an Investitionen in den hessischen Landesstraßenbau flössen als noch im Jahr 2008. Meine Damen und Herren, das ist durchaus bemerkenswert. Wir schlagen immer vor, zumindest einmal die Abschreibungsquote einzustellen; denn, wenn man sich die Zahlen der Gutachter anschaut, stellt man fest, dass man in den Haushalt deutlich mehr einstellen müsste.
Wir brauchen eine Trendwende; und jetzt machen Sie mir nicht wieder den Vorwurf, wir würden nur auf Straßen setzen. – Nein, meine Damen und Herren, den gleichen Bedarf haben Sie in der Schieneninfrastruktur. Ich frage mich immer: Wo ist das große Projekt dieser Landesregierung, um die Infrastruktur wirklich nach vorne zu bringen? Was ist mit der Südtangente? Was ist mit der Osttangente? Was ist mit einem Ring um Frankfurt herum? – Meine Damen und Herren, die Menschen stehen jeden Tag im Stau. Sie stehen aber nicht nur auf der Straße im Stau, sondern oft auch auf der Schiene.
Ja, Herr Al-Wazir, da müssen Sie nicht die Nase rümpfen und nicht stöhnen, sondern Sie müssen irgendwann einmal etwas angehen und sagen, welches Ihr Infrastrukturprojekt ist, um den Verkehrskollaps in Hessen endlich aufzulösen. – Jede Landesregierung hatte im Verkehrsbereich immer große Visionen. Jede Hessische Landesregierung hat auch etwas nach vorne gebracht. Der letzte Ministerpräsident, der wirklich einmal etwas bewegt hat, war Roland Koch. Meine Damen und Herren, es wird Zeit, dass es wieder einmal einen Ministerpräsidenten gibt, der sich an die Speerspitze der Innovationen, an die Speerspitze der Investitionen begibt und das Wirtschaftswachstum in Hessen tatsächlich wieder nach vorne bringt. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Tag beginnt heute durchaus friedlich, das ist zur Abwechslung auch mal ganz nett.
Lassen wir es auch dabei. – Es ist richtig, die Ausbaustrecke Fulda – Frankfurt ist eines der wichtigsten Projekte seit der deutschen Einheit. Die Trasse Fulda – Frankfurt gehört zu den am stärksten belasteten Abschnitten des gesamten Netzes der Deutschen Bahn. Fernverkehr, Regionalverkehr, Güterverkehr, alle gehen über die gleichen Strecken. Es ist eine zentrale Achse für die NordsüdwestVerbindung und auch für die Ostsüdwest-Verbindung.
Meine Damen und Herren, es ist eben schon einmal angeklungen, dass die GRÜNEN das als ihr Projekt verkaufen wollen. Das ist ein bisschen schwierig. Seitdem die Idee ihren Niederschlag als Projekt gefunden hat, hat in diesem Haus bis auf die LINKE jeder schon einmal Regierungsverantwortung in den unterschiedlichsten Konstellationen getragen. Das Projekt ist seit 1992 im Bundesverkehrswegeplan und seit 2000 auch im Landesentwicklungsplan, z. B. unter der Regierungszeit von Dieter Posch.
Bemerkenswert ist der Bruch 2002. Dort wurden für zehn Jahre die Planungen abgebrochen und zurückgestellt, weil der Bund für das Projekt kein Geld zur Verfügung gestellt hat. Das war Rot-Grün, das war die Bundesregierung Schröder/Fischer. Die hat damals die Planungen eingestellt, und so sind zehn Jahre verloren gegangen. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu.
Dass es unbedingt ein grünes Projekt ist, das weiß ich nicht. Ich finde das auch gar nicht schlimm; das Projekt ist ja wieder aufgenommen worden.
Meine Damen und Herren, noch zur letzten Regierungszeit von CDU und FDP ist das Dialogverfahren aus den Erfahrungen aus Stuttgart 21 ins Spiel gebracht worden. Man hat gesagt, wir müssen die Menschen mitnehmen. Das geschah aufgrund der Erfahrungen damals, welche Proteste und Widerstände es mittlerweile in der Bevölkerung zu solchen Ausbaustrecken gibt.
Wenn wir jetzt die Variante haben, die die Deutsche Bahn herausgefunden hat – es standen am Ende von vielen Varianten nur noch zwei zur Auswahl –, dann will ich sie fachlich-sachlich gar nicht bewerten. Die beiden Varianten, die zum Schluss noch eine Rolle gespielt haben, sind von der Fahrzeit identisch. Sie sind von der Länge fast identisch. Selbst bezüglich der Tunnelbauwerke und Brückenbauwerke ist kein großer Unterschied.
Die spannende Frage wird sein – Frau Müller, Sie haben das Dialogverfahren so stark angesprochen –, wie es am Ende zum Erfolg geführt wird. Das jetzt schon im Vorfeld zum Erfolg zu erheben – das weiß ich nicht. Das wird es erst sein, wenn die Bahnstrecke kommt.
Meine Damen und Herren, wenn Sie sich das anschauen – da gebe ich dem Kollegen Frankenberger ausdrücklich recht –:
Es dauert fast 30 Jahre, bis die erste Schiene tatsächlich gelegt wird. Dann kann man fragen, wenn die GRÜNEN von der Verkehrswende reden: Wo sind Ihre neuen Projekte?
Wenn man heute etwas anschieben will, wobei wir vielleicht alle nicht mehr erleben werden, dass wir es in Amt und Würden einweihen, dann muss man jetzt damit anfangen. Frau Müller, wo ist Ihr Transrapid? Wo ist Ihre Idee für den Transrapid?
Frau Müller, wo ist Ihre Idee für einen Zeppelinflughafen in Calden?
Frau Müller, dann machen wir es kleiner.
Ich wusste, dass Sie an dieser Stelle wach werden. – Meine Damen und Herren, machen wir es kleiner.
Frau Müller, die Regionaltangente West ist mit Sicherheit ein Projekt, das hervorragend ist. Aber, Herr Al-Wazir, stellen Sie sich mit mir an die Strecken: Wo sollen die Regionaltangenten Süd oder Ost geplant werden? Wo ist Ihre Idee für eine Verkehrswende im Rhein-Main-Ballungsraum?
Machen wir das zusammen. Das können wir gerne machen. Die Fantasie von Ihnen fehlt mir. Wo sind Ihre Ausbaupläne für die Verlagerung der Mittelrheintrasse?
Sagen Sie: Wir nehmen die Trasse aus dem Mittelrheintal heraus und verlegen sie, um die Menschen von dem Lärm und den Durchgangsverkehren zu entlasten. Wo ist Ihr neues Projekt dazu?
Sie haben keine Fantasie, und da hat der Kollege Frankenberger ausdrücklich recht. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich eines vorwegschicken: Die aktuellen Bemühungen der Landesregierung, eine Niederlassung der Straßenbauverwaltung des Bundes nach Hessen zu holen, finden unsere volle Unterstützung. Auch wir Freie Demokraten haben uns an die Kollegen in Berlin gewandt, um sie für dieses Thema zu sensibilisieren.
Wir verstehen sehr gut, dass sich jetzt auch die Industrieund Handelskammern an den Bundesverkehrsminister gewandt haben. Dem geht voraus, dass sich auch die Verbände der hessischen Bauindustrie ähnlich geäußert haben. Wir haben in Hessen mittlerweile eine breite Bewegung, die zeigt, welch ein Desaster es wäre, wenn es in Hessen keine Niederlassung der neuen Bundesverkehrsgesellschaft geben würde.