Protokoll der Sitzung vom 17.07.2014

Ich eröffne die Sitzung, die letzte Plenarsitzung vor der Sommerpause. Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest und wünsche Ihnen alles Gute.

Zur Tagesordnung. Es ist noch einiges zu beraten.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, bitte. – Noch offen sind die Punkte 11 bis 34, 36 bis 49, 51, 53, 55, 59 und 60, 63, 66 bis 71, 76, 78 und 79.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich bitte doch; sonst gehe ich fort und trinke eine Tasse Kaffee.

(Heiterkeit und Beifall)

Ich bitte Sie doch um Aufmerksamkeit, ihr Lieben.

Es ist noch eingegangen ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Religionsfreiheit und Rechtsstaat gegen Fundamentalisten verteidigen – Salafismus in Hessen bekämpfen – weltoffene Gesellschaft schützen, Sicherheit und Demokratie bewahren, Drucks. 19/696. Die Dringlichkeit wird allseits bejaht? – Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 82 und, wenn hier keiner widerspricht, mit Tagesordnungspunkt 51 zum selben Thema aufgerufen. – Okay.

Weiterhin ist eingegangen ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend EuGH-Urteil zur Vorratsdatenspeicherung, Drucks. 19/697. Auch hier wird die Dringlichkeit bejaht? – Dann wird das Tagesordnungspunkt 83 – keiner widerspricht – und mit Tagesordnungspunkt 19 aufgerufen. – Jawohl.

Weiterhin ist eingegangen ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Abstimmung im Bundesrat über den Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten, Drucks. 19/698. Die Dringlichkeit wird bejaht? – Dann ist das Tagesordnungspunkt 84 und wird mit Tagesordnungspunkt 48 zusammen aufgerufen. – Jawohl, so beschlossen.

Weiter eingegangen ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Kassenführung der Landesschülervertretung, Drucks. 19/699. Die Dringlichkeit wird ebenfalls bejaht? – Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 85 und könnte mit Tagesordnungspunkt 21 zum Thema aufgerufen werden. – Auch da gibt es breite Zustimmung und Begeisterung.

Dann ist eingegangen ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Fertigstellung der A 49, Drucks. 19/700. Die Dringlichkeit wird bejaht? – Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 86 und kann mit Tagesordnungspunkt 25 aufgerufen werden. – Auch Zustimmung.

Weiter eingegangen ist ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Abbau der kalten Progression darf Haushaltskonsolidierung nicht gefährden, Drucks. 19/701. Das ist dringlich? –

Ja. Dann ist das Tagesordnungspunkt 87 und könnte zusammen mit Tagesordnungspunkt 22 aufgerufen werden. – Jawohl, einvernehmlich.

Und noch einer: Eingegangen ist ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Instrument der Hofabgabeklausel sinnvoll weiterentwickeln, Drucks. 19/702. Ebenfalls sehr dringlich? – Dann ist das Tagesordnungspunkt 88 und könnte mit Tagesordnungspunkt 17 behandelt werden. – Auch okay.

Wir tagen heute bis zur Erledigung der Tagesordnung bei einer Mittagspause von einer Stunde. Wir beginnen mit den Anträgen für eine Aktuelle Stunde, Tagesordnungspunkte 66 bis 70. Nach § 32 Abs. 6 beträgt die Redezeit fünf Minuten je Fraktion. Nach den Aktuellen Stunden geht es weiter mit Tagesordnungspunkt 51.

Es fehlen heute entschuldigt ab 15:50 Uhr Herr Ministerpräsident Bouffier und ab 13 Uhr Frau Staatsministerin Eva Kühne-Hörmann.

Das wärs. Fußball gabs in dieser Woche keinen. Trotzdem will ich die Gelegenheit nutzen, Herrn Staatssekretär Weinmeister, der uns schon seit vielen Jahren im Tor begleitet, in der Nachfolge von Turek, Herkenrath und Tilkowski, ein Wort des Dankes für seine großartigen Leistungen im Tor unserer Landtagsmannschaft auszusprechen. Einmal ganz außer der Reihe sagen wir herzlichen Dank für diese großartige Leistung.

(Allgemeiner Beifall)

Da war Coach Decker jetzt ganz überrascht. Aber du trainierst ihn ja gut, da kann nichts passieren, ihr zwei Alten.

(Heiterkeit)

Dann könnten wir in die Tagesordnung einsteigen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 66 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Hessische Landesregierung muss um Ar- beitsplätze im Kalirevier kämpfen, keine ideologischen Grabenkämpfe, stattdessen konstruktiven Dialog mit K+S zu Arbeit und Umwelt führen) – Drucks. 19/669 –

Das Wort hat der Kollege Warnecke, SPD-Fraktion.

Hochverehrter fußballbegeisterter Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ein Thema auf die Tagesordnung gesetzt, das politisch ist, zugleich aber auch ein Verwaltungsthema. Im November 2015 wird Kali + Salz keine Erlaubnis mehr bekommen, Abwässer zu versenken. Darüber hinaus wird Kali + Salz dramatisch weniger in die Werra einleiten dürfen. Gleichzeitig führen wir eine politische Diskussion über eine Pipeline und dergleichen mehr und tun so, als ob die Entscheidung, die wir zukünftig zu treffen haben, mit der Frage der heutigen Arbeitsplätze, um die die Leute jetzt Angst haben, zu verbinden wäre. Wir tun so, als ob die Entscheidungen, die seitens des Regierungspräsidiums getroffen wurden – nämlich eine drastische Reduzierung der Abwassermengen –, nichts mit der Pipeline zu tun haben. Oder vielleicht haben sie doch etwas damit zu tun?

Meine Damen und Herren, warum habe ich das so formuliert? Das, was auf Kali + Salz zukommt, hat nichts, aber auch gar nichts mit der Pipeline zu tun – auch wenn dieser

Eindruck öffentlich erweckt wird und es ständig Diskussionen darüber gibt und irgendein Ortsverein, irgendeine Ortsgruppe irgendeiner Partei irgendetwas dazu verlauten lässt. Entscheidend ist in dieser Frage: Was will die Landesregierung?

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, sind die seitens des Regierungspräsidiums vorgegebenen Daten in Stein gemeißelt?

Ich frage das deshalb, weil nach allem, was wir wissen, diese Daten zu deutlichen Produktionsminderungen führen müssen. Meine Damen und Herren, das liegt nicht – wie man in der Öffentlichkeit immer hört – daran, dass Kali + Salz mit der Umsetzung des 360-Millionen-€-Maßnahmenpakets in irgendeiner Form in großem Rückstand und nicht in der Lage ist, das umzusetzen. 90 % der Verminderungen sind bereits erfolgt, 10 % fehlen noch. Damit aber auch die Größenordnungen einmal klar werden: Für die Reduktion um 90 % hat Kali + Salz 180 Millionen € aufgewendet, für die restlichen 10 % werden sie weitere 180 Millionen € aufwenden müssen. Das bedeutet: Alle weiteren Abwasserminderungen, die noch herbeigeführt werden sollen, werden immer teurer.

Dieses Geld müssen über einen komplizierten Marktprozess letztendlich die Landwirte bezahlen. Die aber sind nicht bereit, für deutsche Produkte mehr zu bezahlen als für Produkte aus anderen Teilen der Welt, die unter deutlich schlechteren Bedingungen produziert werden.

Vielleicht haben Sie davon gehört, wie Uralkali beabsichtigt, abzubauen, oder wie Kali + Salz selbst beabsichtigt, in Kanada abzubauen. Es würde wahrscheinlich einen Schrei der Empörung geben, wenn wir sagten, dies sei Stand der Technik. Aber in Kanada wird das genehmigt. Dort wird schlicht und einfach ausgesolt, und danach wird die Oberfläche nachgeben, und das gesamte Areal wird sich absenken. Der Vorteil ist: In Kanada leben auf diesem Areal keine Leute. Das ist aber Stand der Technik im Bergbau in Kanada.

Deshalb stellt sich die Frage: Wenn es tatsächlich im Jahre 2015 darauf hinauslaufen sollte, dass Kali + Salz über das, was das Unternehmen mit dem 360-Millionen-€-Maßnahmenpaket umgesetzt hat, hinaus weitere Reduzierungen vornehmen soll, wie soll das geschehen? Das sind technische Fragen. Da kann man nicht eben sagen: Die müssen die Rückstände halt eindampfen. – Dafür müsste man nämlich ein Kraftwerk bauen. Ein solches Kraftwerk würde bedeuten, dass eine Sphäre, nämlich die Luft, zusätzlich verschmutzt und eine andere Sphäre, das Wasser, möglicherweise entlastet würde. Ich sage bewusst „möglicherweise“, weil natürlich immer die Frage im Raume steht, ob das zu dem Zeitpunkt umgesetzt werden kann. Wenn das gefordert werden sollte, ist das nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine ökologische Frage.

Wir haben im Umweltausschuss ausführlich darüber diskutiert, ob solche Abwägungen stattfinden sollen und müssen. Wir sind der Auffassung, dass sie stattfinden müssen. Wir sind vor allen Dingen der Auffassung, dass das, was Kali + Salz produziert, Vier-Sterne-Produkte sind, die auf dem Weltmarkt nachgefragt werden. Diese Produkte tragen im wahrsten Sinne des Wortes dazu bei, dass trotz reduzierter landwirtschaftlicher Produktionsflächen auf der ganzen Welt genügend Nahrungsmittel und auch Pflanzen, die man für die Erzeugung regenerativer Energie braucht, z. B. für Biogasanlagen, erzeugt werden können. Dafür ist

die Düngemittelproduktion zweifelsohne absolut notwendig.

Herr Ministerpräsident, ich will zum Abschluss eine Aussage von Ihnen zitieren:

Die Fortsetzung der Kaliproduktion und die Sicherung der damit verbundenen Arbeitsplätze sind für unser Land und seine wirtschaftliche Stärke von großer Bedeutung.

Mit dem Wort „Land“ ist sicherlich nicht nur das Land Hessen, nicht nur die Bundesrepublik Deutschland gemeint, sondern insbesondere die Region Hessen-Thüringen, die von den Arbeitsplätzen bei K+S lebt. Die Frage, die die dort arbeitenden Kumpel ständig vor Augen haben, lautet schlicht und einfach: Wie geht es weiter? Welche Anforderungen stellt das Land – nicht abstrakt, sondern konkret?

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich mit einem Beispiel – –

Kollege Warnecke, Sie dürfen das Beispiel noch vortragen. Sie sind eine Minute später gekommen, Sie haben jetzt noch eine Minute Redezeit. Dann ist aber Schluss.

Ich möchte mit einem Beispiel schließen, weil wir ja immer darüber diskutieren, was dort erreicht wurde. Die Kaliindustrie hat früher, insbesondere aus den Werken in den neuen Bundesländern, 40.000 mg Salz pro Liter Wasser in die Werra eingeleitet. Jetzt sind es noch 2.500 mg pro Liter. Damit wir uns vorstellen können, was das in der Praxis bedeutet, will ich diese Entwicklung anhand des Kraftstoffverbrauchs eines Autos darstellen. Das Auto hat früher 8 bis 9 l Kraftstoff pro 100 km verbraucht; jetzt verbraucht es nur noch einen halben Liter Kraftstoff auf 100 km – und zwar nicht punktuell, sondern ständig. Das, was K+S auferlegt wird, würde bei diesem Beispiel bedeuten, dass das Auto nochmals die Hälfte weniger verbraucht, nämlich nur noch 0,25 l auf 100 km. Das Erlöschen der Versenkerlaubnis wäre so, wie wenn man eine weitere Reduzierung um ein Drittel fordern würde, sodass wir bei 0,18 l pro 100 km wären. All das müsste innerhalb von 20 Jahren geschehen. Wir schreiben das Jahr 2014; 1994 hat der Prozess begonnen.

Das müssen wir uns vorstellen, damit uns ein bisschen klarer wird, welche Dimensionen das hat, was dort erreicht wurde. Deshalb finde ich manche politische Diskussion ziemlich wohlfeil, in der behauptet wird, da werde eigentlich nichts getan, alles bleibe beim Alten.

Herr Kollege, Sie verbrauchen bei mir jetzt sehr viel an Sympathie und Zuneigung.

Entschuldigung. – Meine Damen und Herren, ich darf schließen mit der Bemerkung, dass wir in der Region Nordhessen selbstverständlich der Auffassung sind, dass

Kali + Salz auch weiterhin produzieren können soll. Ich darf Ihnen allen zurufen: Kali + Salz, Gott erhalts. – Mit einem herzlichen Glückauf danke ich für das Zuhören.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Warnecke. – Das Wort hat der Kollege Dirk Landau, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Verwunderung über das Thema der Aktuellen Stunde habe ich nicht. K+S ist immer eine Debatte wert. Verwunderung empfinde ich aber über die Formulierung, die Sie gewählt haben, die da heißt: „keine ideologischen Grabenkämpfe, stattdessen konstruktiven Dialog“.

Ich darf Sie alle daran erinnern, dass in unserem Vier-Sterne-plus-Koalitionsvertrag diesem Thema hinlänglich Raum gewidmet ist.