Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle die Beschlussfähigkeit fest und eröffne die 40. Plenarsitzung.
Noch eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Kommunalfinanzen im Aufwärtstrend – bedarfsorientierter Finanzausgleich schafft verlässliche Finanzbasis und bringt den Kommunen Zuwachs an finanzieller Sicherheit, Drucks. 19/1777. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 58 und kann mit Tagesordnungspunkt 37 zu diesem Thema aufgerufen werden.
Der Innenausschuss hat gestern Abend eine Beschlussempfehlung zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Modernisierung des Dienstrechts der kommunalen Wahlbeamten und zur Änderung wahlrechtlicher Vorschriften erstellt. Diese Beschlussempfehlung wurde gestern Abend in die Fächer verteilt. Das ist die Drucks. 19/1778 zu Drucks. 19/1730 zu Drucks. 19/1222 und steht als dritte Lesung unter Tagesordnungspunkt 59 auf dem Nachtrag.
Zum Ablauf der heutigen Sitzung. Wir tagen heute vereinbarungsgemäß bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von zwei Stunden. Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 35. Das ist der Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Metropolregion Frankfurt/ Rhein-Main: die Entwicklung einer der dynamischsten Regionen Europas weiter stärken, Drucks. 19/1745. Danach folgt Tagesordnungspunkt 37. Das ist der Antrag der Fraktion der SPD betreffend Gesetz zur Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs endlich kommunalgerecht vorlegen, Drucks. 19/1747. Dazu kommt der soeben aufgenommene Tagesordnungspunkt 58. Nach der Mittagspause beginnen wir mit Tagesordnungspunkt 34. Das ist die Drucks. 19/1744.
Heute fehlen entschuldigt ab 14:15 Uhr Herr Ministerpräsident Bouffier, ab 11:30 Uhr Herr Staatsminister Wintermeyer, ab 12:45 Uhr Frau Staatsministerin Puttrich und Herr Abg. Merz wegen Erkrankung.
Kolleginnen und Kollegen, an Ihren Plätzen ist der Terminplan für das Jahr 2016 verteilt. Eine weitere Information möchte ich geben: Die Fußballsaison beginnt. Heute Abend um 20 Uhr wird die Fußballmannschaft des Hessischen Landtags gegen die alten Herren des FC Kiedrich antreten.
Sie treten zugunsten der Jugendarbeit des 1. FC Kiedrich an. Ich darf schon jetzt viel Erfolg wünschen.
Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN betreffend Metropolregion Frankfurt/ Rhein-Main: die Entwicklung einer der dynamischsten Regionen Europas weiter stärken – Drucks. 19/1745 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Als Erster spricht Herr Kollege Boddenberg für die CDUFraktion.
Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, lieber Kollege Klee! Ich glaube, jetzt ist er zum Training heraus. Herr Kollege Klee, ich gehe natürlich davon aus, dass Sie heute Abend nicht in der Mannschaft der alten Herren aus Kiedrich spielen, sondern in der jugendlichen Mannschaft des Hessischen Landtags. Insofern allen, die heute Abend dabei sind, toi, toi, toi. Sie stürzen sich für uns dort ins Getümmel.
Frau Präsidentin, wenn ich darf, begrüße ich heute alle Gäste auf der Tribüne. Insbesondere begrüße ich die beiden Vertreter der Industrie- und Handelskammern in Frankfurt und Darmstadt. Dies sind die Herren Hauptgeschäftsführer Gräßle und Dr. Vetterlein. Ich erlaube mir das heute deswegen, weil sie nicht ganz unbeteiligt daran sind, dass wir uns heute Morgen mit der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main und der Entwicklung einer der dynamischsten Regionen Europas beschäftigen wollen. Dazu haben die Fraktionen der CDU und der GRÜNEN diesen Antrag als Setzpunkt vorgelegt.
Wir haben in den vergangenen Monaten viele Gespräche auch und gerade mit Vertretern der Wirtschaft geführt. Gerade Anfang des Jahres haben wir das mit den beiden Vertretern gemacht, die heute hier sind. Wir haben aber auch mit dem Präsidenten über die Frage gesprochen, welches die neuen Herausforderungen sind, die die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main zu bewältigen hat, und wie die Antworten lauten, die wir gemeinsam finden müssen.
Man kann sich das anschauen. Ich schaue hier in die Reihen der Mitglieder des Hessischen Landtags. Ich bin mir da eines sehr wohl bewusst. Das sage ich jetzt nicht als Vorsitzender der hessischen CDU-Fraktion, sondern als Frankfurter Abgeordneter. Das Wort Frankfurt und die Stadt Frankfurt produzieren ambivalente Gefühle. Das ist bei denjenigen der Fall, die aus einer der schönsten Städte der Republik kommen und sie hier politisch vertreten.
Es gibt aber nicht nur eine sehr selbstbewusste Meinung und Haltung zu dieser Stadt. Mir ist sehr wohl bewusst, dass die Menschen, je näher sie um die Stadt Frankfurt herum leben, Frankfurt immer mit einer gewissen Skepsis, aber vielleicht auch, Herr Klee, mit dem nötigen Respekt begegnen.
Woran liegt das? – Das liegt daran, dass wir da das klassische Strukturthema haben, wie wir es übrigens auch in der Bundesrepublik und in Europa haben. Alle drum herum sind kleiner als wir. Sie schauen mit Respekt, aber auch tatsächlich mit der nötigen Skepsis auf das, was in diesen Kernmetropolen, in diesem Fall in Frankfurt, passiert.
Ja, wir sind eine polyzentrische Region. Ich glaube, das ist unstreitig. Wir befinden uns seit vielen Jahren, um nicht zu sagen, seit Jahrzehnten, in der Debatte darüber, wie wir diese Region organisieren und strukturieren.
Ich will noch einmal daran erinnern, dass wir mit dem Umlandverband seinerzeit eine sehr tragfähige Einrichtung hatten, was die Frage der Flächennutzungsplanung anbelangt. Ich höre bis heute, dass viele in der Republik mit Neid darauf schauen, was wir da an Expertisen haben. Mittlerweile haben wir das auf den Planungsverband übertragen.
Ich glaube nach wie vor, dass nach all den Debatten, die wir in der Vergangenheit geführt haben, unsere gemeinsame Leitidee sein sollte, dass wir uns von Debatten um große Strukturreformen im Sinne von neuen parlamentarischen Strukturen und neuen konstitutiven Elementen verabschieden. Wir brauchen keinen Regionalkreis. Ich behaupte weiterhin, dass wir Jahrzehnte über die Frage sprechen würden, was er denn eigentlich an Kompetenzen haben sollte. Was wir brauchen, ist eine noch stärkere Vernetzung in dieser Region zum Wohle aller.
Wir haben viele gute Beispiele, dass das funktioniert. Es gibt seit vielen Jahren die Rhein-Main Abfall GmbH. Sie befindet sich in einem engen Verbund. Es gibt den Regionalpark RheinMain. Wir haben die Integrierte Verkehrsund Mobilitätsmanagement Region Frankfurt RheinMain. Wir haben die FrankfurtRheinMain GmbH – International Marketing oft the Region. Das ist, wie ich finde, völlig zu Recht, die Einrichtung, die dafür zuständig ist, dass wir international konzertiert auftreten.
Wir haben aber auch beispielsweise bei der Kultur durch den Kulturfonds einiges erreicht. Wir haben durch den Kulturfonds einige Highlights nach Frankfurt und in diese Region Rhein-Main geholt. Das wäre uns ansonsten nicht gelungen.
Nicht zuletzt haben wir einen, wie ich finde, außergewöhnlich gut funktionierenden Rhein-Main-Verkehrsverbund. Auch das darf man einmal sagen: Das ist ein tolles Management, ein tolles Engagement der gesamten Region. Das sucht seinesgleichen, weit über die deutschen Grenzen hinaus.
Meine Damen und Herren, in der Region leben 5 Millionen Menschen. Wir haben einen enormen Pendlersaldo. Alleine in Frankfurt am Main pendeln am Tag 260.000 bis 280.000 Menschen rein und raus. Das ist eine erhebliche Belastung für eine solche Kernstadt.
Eine sehr große Herausforderung haben wir, wenn wir uns auf die demografische Entwicklung konzentrieren. Da müssen wir feststellen, dass auch das Land Hessen sehr unterschiedlich betroffen ist. Mit dieser demografischen Entwicklung geht einher, dass diese Kernstadt Frankfurt und der Ballungsraum darum herum nicht nur zunehmend unter dem Problem leiden, dass viele Menschen in diese Kernstadt wollen, um dort zu wohnen, sondern dies hat auch den großen Vorzug, dass dort ständig neue Arbeitsplätze entstehen. Die IHK Frankfurt hat zuletzt festgestellt, dass wir alleine im Jahr 2015 damit rechnen dürfen, dass in der Kernstadt und um diese Kernstadt herum 17.000 neue Jobs
entstehen. Das sind einerseits sehr positive Entwicklungen, andererseits aber auch großartige Herausforderungen, vor denen wir stehen.
In die anderen Regionen unseres Landes will ich deutlich sagen: Ich habe immer die Brille auf, dass wir achtgeben müssen, damit wir eine Balance auch zu den Regionen außerhalb des Ballungsraums halten.
Denn es ergibt keinen Sinn, beispielsweise nur die wesentlichen Probleme des Zuzugs und der demografischen Entwicklung im Rhein-Main-Gebiet zu lösen, andererseits aber den Wegzug aus anderen Regionen zu beschleunigen. Das kann nicht Sinn von Politik sein, auch in der Wohnungsbaupolitik. Wir brauchen ein ausgeglichenes Maß zwischen den Interessenlagen der unterschiedlichen Regionen in unserem Land.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, um nochmals auf die Metropolregion zu sprechen zu kommen: Die IHKs beschäftigen sich mit der großen Herausforderung dieser Demografie in wichtigen Stichpunkten und Themenfeldern. Sie sagen, ja, wir müssen das Wohnraumproblem weiter ganz vorne auf unserer Prioritätenliste haben. Ich will daran erinnern dürfen, dass die Hessische Landesregierung 300 Millionen € Wohnbaufördermittel investiert, die vornehmlich diesem Raum zugutekommen. Auch die Nassauische Heimstätte nimmt enorme Kraftanstrengungen vor, um eine Entspannung auf dem Wohnraummarkt zu erreichen.
Auf der anderen Seite muss die Kernstadt Frankfurt und erst recht die Region weiterhin eine Region bleiben, in der die Industrie, die gewerblichen Unternehmen, der Mittelstand, das Handwerk zu Hause sind. All das müssen wir unter einen Hut bringen. Dazu gehört am Ende, dass Wohnen und Arbeiten nicht immer an einem Ort möglich sind. Dort, wo das nicht möglich ist, haben wir die Herausforderung, insbesondere die Mobilität zu gewährleisten. Das ausreichende Angebot im öffentlichen Personennahverkehr ist und bleibt weiterhin eine der zentralen Herausforderungen in dieser Region.
Dort haben wir durchaus Fortschritte. Bei der Nordmainischen S-Bahn sind wir mittlerweile erheblich weiter. Seit Dezember 2014 haben wir mit dem Planfeststellungsverfahren begonnen. Das ist eine wichtige Achse zwischen dem Hauptbahnhof in Frankfurt und der Stadt Hanau.
Als Land haben wir dadurch ein wichtiges Signal gesetzt, dass wir bei der Regionaltangente West sagen, wir müssen das beschleunigen. Wir sind Mitglied in der dortigen Planungsgesellschaft geworden. Auch das ist in erster Linie eine Initiative aus den Kommunen.
Meine Damen und Herren, alle gemeinsam, parteiübergreifend, werden wir im Bund weiter dafür streiten müssen, dass wir für diese und andere Projekte im öffentlichen Personennahverkehr die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt bekommen. Da bitte ich alle, insbesondere auch die Sozialdemokraten, um ihre Unterstützung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit unserem heutigen Antrag wollen wir anstoßen und weiterentwickeln, dass wir unter dem Stichwort „Frankfurt/Rhein-Main 2020+“ eine neue Initiative zur Vernetzung dieser Region, auch länderübergreifend, brauchen. Wir sind der Überzeugung und haben das auch ganz bewusst im Antrag so formuliert, dass dabei die Erarbeitung einer zukunftsfähigen Vision zur funktionsräumlichen Arbeitsteilung und Zusammenarbeit in den Bereichen Wohnen, Gewerbe, Industrie, Verkehr, Klima, Umweltschutz und Energie in dieser polyzentralen Metropolregion im Vordergrund stehen muss.
Meine Damen und Herren, wie man das macht und projektiert und welche Gespräche, welche Ergebnisse wir mit den benachbarten Landesregierungen in Bayern und Rheinland-Pfalz haben werden, das sollten wir nicht vorab mit irgendwelchen solitären Überschriften belegen.
In diesem Antrag haben wir gesagt: Denkbar sind viele Modelle. Die Nordrhein-Westfalen haben schon seit vielen Jahren erfolgreiche Projekte mit den Regionalen. Hier haben wir über die IBA diskutiert. Herr Schäfer-Gümbel, ich freue mich, dass Sie sagen, es ist toll, dass wir gemeinsam auch darüber reden. Ich warne aber ein bisschen davor, dass man am Ende mit solchen Überschriften falsche Erwartungen weckt. Sie wissen und wir alle wissen, die IBAs, die wir hatten und beispielsweise in Hamburg gerade haben, waren Projekte, in denen man sich um notleidende, um strukturschwache Regionen kümmert.
Es geht dort nicht um die Stadt Hamburg, es geht um den Stadtteil Wilhelmsburg, südlich der Elbe. Dieser Stadtteil brauchte dringend eine Zukunftsvision und eine Projektierung. Das ist also eine andere Situation, als wir sie hier in Frankfurt/Rhein-Main haben. Sicherlich haben wir hier beispielsweise auch Konversionsflächen. Aber wir müssen von vornherein achtgeben, dass wir nicht die falschen Signale senden.