Protokoll der Sitzung vom 02.04.2014

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte Sie, Platz zu nehmen, und eröffne die 9. Plenarsitzung.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, kann ich Ihnen über die Heldentaten der Landtagself gestern Abend berichten. Am gestrigen Abend fand zum Saisonauftakt das Spiel der Landtagself gegen die „Alten Herren“ des TuS Medenbach statt.

Zum Spielbeginn standen seitens der Landtagself gerade einmal zehn Mann auf dem Spielfeld. Dies hat sich anscheinend später geändert. Medenbach gab fairerweise einen seiner vielen Spieler ab, und so konnte das Spiel angepfiffen werden. Direkt nach dem Anpfiff wurde das Spiel für eine Gedenkminute für einen auf tragische Weise verstorbenen Vereinskollegen unterbrochen.

Ein munteres Spiel begann, und bereits nach fünf Minuten konnte Medenbach mit einem Distanzschuss zum 0 : 1 aus Sicht der Landtagself den ersten Treffer erzielen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wer war denn da im Tor? – Weitere Zurufe)

Es war eine rasante erste Halbzeit. Beim Halbzeitstand von 2 : 2 wurden die Seiten gewechselt, und Coach Decker ermunterte seine Jungs, wie in der ersten Hilfe – nein, Hälfte – aufzuspielen.

(Heiterkeit)

So, wie das klingt, hat er, glaube ich, auch Hilfe benötigt. – Medenbach nutzte die volle Auswechselbank. Die frischen Spieler gingen über 2 : 3, 2 : 4 und 2 : 5 bis Mitte der zweiten Halbzeit in Führung. Glanzparaden von Mark Weinmeister verhinderten Schlimmeres.

(Beifall bei der CDU)

Doch auch er konnte das 2 : 6 und, kurz vor Schluss, den Endstand von 2 : 7 nicht verhindern. Wie gesagt, er verhinderte noch Schlimmeres.

Eigentlicher Gewinner dieser freundschaftlichen Begegnung war jedoch die Jugend des TuS Medenbach; denn vor dem Anpfiff wurde dem Jugendleiter der Scheck des Landtagspräsidenten überreicht. Das nächste Spiel der Landtagself findet am 21. Mai in Villmar statt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hoffen, dass es dann nicht noch schlimmer kommt.

Aber jetzt zur Tagesordnung: Erledigt sind die Punkte 1, 2 und 17.

Noch eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Aufarbeitung des NSUKomplexes – Einsetzung einer unabhängigen und überparteilichen Expertenkommission ist der richtige Weg, Drucks. 19/294. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 61 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, mit Tagesordnungspunkt 27 zu diesem Thema aufgerufen werden.

Vereinbarungsgemäß tagen wir heute bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von zwei Stunden. Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 59, Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Hessen

ist ein sicheres Bundesland – sehr gute Werte bei der Polizeiarbeit und Sicherheitspolitik, Drucks. 19/252. Dann folgt Tagesordnungspunkt 27, Antrag der Fraktion der SPD betreffend Einsetzung eines Sonderausschusses gemäß § 51 der Geschäftsordnung des Hessischen Landtags zur Aufarbeitung der Fehler bei der Aufklärung der NSUMorde in Hessen und zur Erarbeitung von Handlungsempfehlungen, Drucks. 19/244. Nach der Mittagspause beginnen wir mit Tagesordnungspunkt 29, Drucks. 19/246. In Verbindung damit wird Tagesordnungspunkt 38 aufgerufen.

Entschuldigt fehlen heute Herr Ministerpräsident Volker Bouffier und Herr Staatsminister Tarek Al-Wazir.

Heute Abend, zum Ende der Plenarsitzung, kommt der Untersuchungsausschuss 19/1 zu seiner ersten Sitzung im Raum 501 A zusammen.

Ich weise Sie noch auf eine Ausstellungseröffnung in der Mittagspause hin: Die Ausstellung „vhs – Erwachsenenbildung in Hessen“ wird in der Ausstellungshalle des Plenargebäudes eröffnet.

Ein weiterer Hinweis zum Abschluss: Um 14:30 Uhr findet im Raum 502 A der Fototermin des Präsidiums statt.

Damit können wir in die Tagesordnung eintreten. Ich rufe Tagesordnungspunkt 59 auf:

Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Hessen ist ein sicheres Bundesland – sehr gute Werte bei der Polizeiarbeit und Sicherheitspolitik – Drucks. 19/252 –

Die vereinbarte Redezeit ist zehn Minuten je Fraktion. Als Erster hat Kollege Bauer von der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sprechen wir statt von den eher durchwachsenen Leistungen unserer Landtagself doch lieber von den sehr guten Leistungen unserer hessischen Polizei.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD: Buh!)

Nachdem die Sympathien jetzt auf meiner Seite sind: Hessen ist eines der sichersten Bundesländer Deutschlands. Das hat die Kriminalstatistik erneut bestätigt.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben weniger Straftaten und eine höhere Aufklärungsquote. Diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Für den einen oder anderen klingt das fast zu schön, um wahr zu sein. Das ist aber das Resultat einer erfolgreichen Sicherheitspolitik und einer nachhaltigen und richtigen Polizeistrategie. Hessen ist erneut sicherer geworden.

(Beifall bei der CDU)

Das alles fällt nicht vom Himmel; es ist das Ergebnis der letzten 15 Jahre, in denen wir die technischen und die personellen Grundlagen für eine gute Sicherheitspolitik erarbeitet haben. Es ist aber auch ein großes Verdienst der früheren Innenminister, die hierfür die notwendigen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen geschaffen haben.

(Beifall bei der CDU)

Unser Dank gilt aber ganz besonders der hessischen Polizei. Unsere gut ausgebildeten Polizistinnen und Polizisten

leisten mit ihrer nicht selten schwierigen und gefährlichen Arbeit tagtäglich den entscheidenden Beitrag zur Kriminalitätsbekämpfung in Hessen. Ihnen gilt unser besonderer Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, die Gesamtaufklärungsquote hat einen neuen Rekordwert von 59,5 % erreicht. Das ist die beste Quote seit 1971. Die Gesamtzahl der Straftaten ist um 8.800 Fälle auf rund 386.000 Fälle zurückgegangen. Das ist der niedrigste Wert seit 1984. Für den Zeitraum der letzten zehn Jahre sprechen wir von einem Rückgang um 75.000 Fälle. Es ist eine stolze Bilanz, die unsere Polizei hier vorweisen kann.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir hier über die Kriminalstatistik reden, reden wir stets über Fälle, hinter denen ganz persönliche Schicksale stehen. Es geht mir hier nicht um einen statistischen Wettbewerb, sondern um die Menschen hinter diesen Zahlen. Bei den sogenannten Straftaten gegen das Leben – das ist ein Beispiel – konnte die Aufklärungsquote auf stolze 95,9 % erhöht werden. Von 317 Straftaten wurden 304 aufgeklärt, darunter nahezu alle im Jahr 2013 registrierten Mordfälle, nämlich 56 von 58.

Die Zahl der Vergewaltigungsdelikte und der besonders schweren Fälle der sexuellen Nötigung hat deutlich abgenommen. Der sexuelle Missbrauch von Kindern ging um 365 auf 754 Fälle zurück; und Raubdelikte auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen gingen ebenfalls zurück. Körperverletzungsdelikte sind ebenfalls leicht gesunken. Die Straßenkriminalität ist auf dem niedrigsten Wert seit 20 Jahren. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, hier solche Zahlen vorweisen könnten, würden Sie zur Freude in ganz Hessen die Kirchenglocken läuten lassen. Das ist doch die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der LINKEN)

Diese Zahlen fallen nicht vom Himmel. Sie sind auch ein Resultat der Sicherheitsoffensive in Hessen, beispielsweise der Programme „300 in 3 Jahren“ und „Regionale Sicherheit“. Mit all diesen Beispielen erzielen wir sehr gute Erfolge. Auch die Videoüberwachung hat sich bei der Bekämpfung der Straßenkriminalität bewährt. Mit derzeit 114 Überwachungskameras an 20 Kriminalitätsschwerpunkten in Hessen sind wir ausreichend aufgestellt. Angesichts dieser überschaubaren Zahlen braucht niemand einen Überwachungsstaat zu befürchten. Die Polizei braucht für ihre Arbeit aber auch künftig die rechtlichen und technischen Mittel, und deshalb werden wir bei der Sicherheit weiterhin keine Abstriche machen.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was man durch eine frühzeitige Reaktion auf neue Phänomene erreichen kann, zeigt sich im Bereich der Cyberkriminalität. Das Internet hat als Tatmittel für spezielle Deliktbereiche inzwischen eine überragende Bedeutung erlangt. Hierunter fallen die Verbreitung von kinderpornografischen Schriften, der Warenbetrug, das Ausspähen von Daten, der Computerbetrug und Beleidigungen im Internet. Die getätigten Investitionen im Bereich von Cybercrime erweisen sich deshalb als richtig und wichtig. Mit der Einführung einer speziellen Abteilung beim Landeskriminalamt sowie der flächen

deckenden Einrichtung von Internetkommissariaten erzielen wir bereits beachtliche Erfolge. Die Internetkriminalität ist um 14 % gesunken, während die Aufklärungsquote stark gestiegen ist. Ich bin der Meinung, mit der Zentralstelle für Internetkriminalität in Gießen sind wir sehr gut aufgestellt.

Die positive Bilanz zieht sich nahezu durch alle Bereiche, und besonders ausgeprägt ist sie im Bereich der Jugendkriminalität. Der Rückgang gerade im Bereich der Jugendkriminalität ist auch ein starkes Signal für die Zukunft. Wenn es uns gelingt, unseren Kindern und Jugendlichen und den Heranwachsenden schon im Prozess des Erwachsenwerdens ein Bewusstsein von Recht und Unrecht zu vermitteln, können wir das Risiko einer Straffälligkeit im Erwachsenenalter senken. 2013 hat sich die Zahl der tatverdächtigen Jugendlichen um 5 % verringert; die Zahl der tatverdächtigen Kinder hat sich sogar um 12 % verringert. Hier wurde gute Arbeit geleistet, dennoch sind Prävention und Aufklärung weiterhin äußerst bedeutend. Insbesondere im Umgang mit dem Internet und mit multimedialen Endgeräten muss das Problembewusstsein unserer Jugendlichen noch weiter geschärft werden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Besonders wirkungsvoll bei der Bekämpfung und Unterstützung der Ahndung von Jugendkriminalität erweisen sich auch die Häuser des Jugendrechts in Wiesbaden und Frankfurt. Durch sie ist ein abgestimmtes und schnelles Reagieren auf strafbares Verhalten junger Menschen möglich. Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendhilfe leisten eine hervorragende ressortübergreifende und vernetzte Arbeit. Wegen dieser positiven Erfahrungen ist auch ein drittes Haus geplant, das noch in diesem Jahr im Norden Frankfurts eröffnet werden soll.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ein sensibles Thema, das uns auch weiterhin beschäftigen wird, ist – da will ich auch nicht ausweichen – die gestiegene Zahl der Wohnungseinbrüche. Wir wissen, dass ein Wohnungseinbruch für die Betroffenen nicht nur einen finanziellen Schaden mit sich bringt, sondern auch, was meist viel schlimmer ist, eine traumatische Erfahrung verursacht. Deshalb nehmen wir die gestiegene Zahl der Wohnungseinbrüche zum Anlass, unsere Präventionsarbeit noch mehr zu verstärken. Wir müssen die Bevölkerung auch sensibilisieren, verdächtige Wahrnehmungen in ihrem Wohnumfeld aufmerksam zu beobachten und dann der Polizei zu melden. Auch wird die Polizei auf den Straßen weiterhin Präsenz zeigen. Die Bürgerinnen und Bürger sollen auch durch polizeiliche Beratungen über geeignete Sicherheitsmaßnahmen und -techniken weiterhin ihr eigenes Zuhause sicherer machen und besser ausstatten. Hierbei war unsere Polizei in Hessen natürlich nicht untätig. Insgesamt 5.000 qualifizierte Objektberatungen fanden statt, und über 100 Einsätze des Präventionsmobils wurden in Hessen durchgeführt. Und immerhin: 40 % der Einbruchsversuche sind nicht geglückt; und das ist in Hessen ein sehr hohes und erfreuliches Niveau.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei aller Brisanz bei diesem Thema – und wir werden da nicht nachlassen –: Wohnungseinbrüche sind kein hessisches Phänomen, sondern ein deutschlandweites Problem

und gerade der Kommunen, die sich an Straßen, an Bahntrassen und an Autobahnen befinden. Die Täter sind häufig professionell organisierte und reisende Banden, und nach Erfahrungen der Polizei kommen sie leider häufig aus osteuropäischen bzw. südosteuropäischen Staaten. Diese haben es hier eben besonders leicht, nach einem Einbruch zu flüchten.

Auch wenn wir bei dem speziellen Fall der Wohnungseinbrüche noch lange nicht angekommen sind, wo wir hin möchten, sind wir im bundesweiten Vergleich noch immer deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Mit unserer Aufklärungsquote liegen wir im Ländervergleich sogar im oberen Drittel. Auch das sollte nicht unerwähnt bleiben. Natürlich wird sich angesichts dieser Zahlen von uns niemand entspannt zurücklehnen. Wir werden uns in den kommenden fünf Jahren sehr ambitioniert um die Sicherheit in Hessen kümmern; und die Anzahl der Wohnungseinbrüche zu verringern ist unser klares Ziel.