Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Plenarsitzung und stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Zur Tagesordnung. Erledigt sind die Punkte 1, 2, 26 bis 28, 31, 32 und 76.

Auf Wunsch der antragstellenden Fraktion wird Tagesordnungspunkt 68 gemeinsam mit Tagesordnungspunkt 4 aufgerufen.

Gestern Abend haben der Innenausschuss, zusammen mit dem Unterausschuss Datenschutz, sowie der Sozial- und Integrationspolitische Ausschuss getagt, um zu einigen Gesetzentwürfen eine dritte Lesung vorzubereiten. Zu den auf den Ausschusstagesordnungen stehenden Gesetzentwürfen wurden entsprechende Beschlussempfehlungen erstellt, die gestern Abend in die Fächer verteilt wurden. Die dritten Lesungen stehen unter den Tagesordnungspunkten 93 bis 95 auf dem Nachtrag zur Tagesordnung und werden am Donnerstag aufgerufen.

Wir tagen heute bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von zwei Stunden. Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 75. Nach der Mittagspause geht es weiter mit den Tagesordnungspunkten 6 bis 24.

Entschuldigt fehlen heute Frau Staatsministerin Lucia Puttrich ab 12:45 Uhr und der Abg. Grüger, der erkrankt ist.

Zu Beginn der Mittagspause wird die Ausstellung „Die Rolle deines Lebens?!" in der Ausstellungshalle eröffnet. Dazu lade ich Sie alle sehr herzlich ein.

Heute Abend, ab 19 Uhr, findet der parlamentarische Abend der Initiative Gesundheitswirtschaft Rhein-Main im Restaurant des Hessischen Landtags statt.

Um 19:30 Uhr wird die Fußballmannschaft unseres Landtags gegen eine Flüchtlingsmannschaft des TSV Bleidenstadt antreten.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

So weit die amtlichen Mitteilungen.

Wenn es nichts anderes gibt, dann rufe ich den Tagesordnungspunkt 75 auf:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Modellversuch verbessert Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung in Hessen – Gleichwertigkeit ist in Hessen gelebte Praxis – Drucks. 19/6298 –

Das Wort hat der Kollege Andreas Hofmeister, CDU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die berufliche Karriere eines jungen Menschen beginnt für uns nicht mit dem Abitur und muss nicht zwingend mit Studium und einem akademischen Abschluss ihre Fortsetzung finden.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Als CDU in Hessen betonen wir seit vielen Jahren aus tiefster Überzeugung stets die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden diese Botschaft auch immer und immer wieder setzen. Denn wir stehen gesamtgesellschaftlich in der Verantwortung, zu verdeutlichen, dass unser Arbeitsmarkt sowohl beruflich Qualifizierte als auch Akademiker benötigt und kein Ausbildungsweg einen höheren Stellenwert hat als ein anderer. Dies ist gerade auch im Sinne unserer mittelständisch geprägten Wirtschaft von besonderer Bedeutung. Wir erleben doch immer wieder bei Gesprächen in unseren Wahlkreisen, dass Auszubildende dringend gesucht werden, aber das Interesse junger Menschen an einer dualen Berufsausbildung eher zurückgeht oder zumindest der Wunsch nach einem Studium häufig stärker ausgeprägt ist.

Die sich verändernde Arbeitswelt mit der zunehmenden Bedeutung des lebenslangen Lernens, den Auswirkungen der Digitalisierung und nicht zuletzt auch des demografischen Wandels erfordert von uns als Politik ein stetiges Arbeiten an den von uns zu beeinflussenden Angeboten, um jungen Menschen einen möglichst guten und passgenauen Einstieg in die Berufswelt zu ermöglichen und im weiteren Verlauf, je nach Erfordernissen und Wünschen, Fort- und Weiterbildung wahrnehmen zu können.

In den vergangenen Debatten in diesem Hause haben wir uns bereits über die notwendige und weiter zunehmende Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung ausgetauscht, über die Vorzüge des dualen Studiums oder aber auch über die Frage, wie junge Menschen Orientierung finden, wenn die Erwartungen an ein begonnenes Studium etwa doch nicht erfüllt werden und möglicherweise ein Studienabbruch und ein Umstieg aus dem akademischen in das berufliche Bildungssystem angezeigt wären – eine Aufgabe, der sich die Hochschulen gemeinsam mit den Kammern stellen.

Nicht zuletzt müssen uns auch immer wieder die Frage der Gewinnung von Fachkräften sowie der aktuell bereits bestehende Fachkräftemangel beschäftigen. Dieser stellt leider eine zunehmende Belastung dar, führt zu sinkenden Wachstumspotenzialen sowie zu Hemmnissen für Innovationen und Investitionen.

Meine Damen und Herren, gerade im Sinne junger Menschen und ihrer Eltern ist es wichtig, immer wieder zu verdeutlichen, dass attraktive Zukunftsperspektiven und Weiterentwicklungsmöglichkeiten mittlerweile so vielfältig sind, dass ein erfolgreicher beruflicher Werdegang eben nicht allein davon abhängt, ob das Abitur erreicht wird. Mitunter ist ein mittlerer Bildungsabschluss mit anschließender dualer Berufsausbildung für einen jungen Menschen der bessere Weg, gerade auch im Sinne persönlicher Zufriedenheit – ein Faktor, den man immer wieder mit bedenken sollte.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für mich – und ich denke, es geht hier vielen Kolleginnen und Kollegen so – ist es ein Ärgernis, dass in öffentlichen Debatten und Veröffentlichungen in den Medien oftmals der Eindruck erweckt wird, das Abitur wäre der einzig erstrebenswerte Abschluss der Schulkarriere, und dann sollte

es möglichst in ein Studium gehen. So drängt es sich zumindest mitunter auf, wenn man die Debatten verfolgt. Es ist nach meiner festen Überzeugung die Aufgabe verantwortungsvoller Politik, in der gesamtgesellschaftlichen Debatte stets die Grundbotschaft der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung zu setzen und außerdem Rahmenbedingungen zu erhalten oder weiterzuentwickeln, die jungen Menschen eine Vielzahl von Einstiegspunkten bieten, um eine berufliche Karriere zu starten, welche im weiteren Verlauf attraktive Weiterentwicklungsmöglichkeiten bereithält – nicht als Zwang, aber als Chance während der Bildungs- und Berufskarriere.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, zu den bisher gesetzten Rahmenbedingungen gehört der seit dem Wintersemester 2016/2017 laufende Modellversuch, dass beruflich Qualifizierte mit mittlerem Schulabschluss und qualifiziertem Abschluss einer mindestens dreijährigen anerkannten Berufsausbildung sowie einer Abschlussnote von 2,5 oder besser einen prüfungsfreien Zugang zu unseren staatlichen Hochschulen erhalten. Dieser Modellversuch hat sich bewährt. Wir reden hier nicht von Tausenden von Personen, die bisher das Angebot genutzt haben; dafür ist es letztlich zu frisch. Aber der Zuspruch in dem noch überschaubaren Zeitraum des Modellversuchs ist ein Beispiel für das Ergreifen von richtigen Maßnahmen durch die Politik.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die erfolgreiche Zwischenbilanz des zunächst bis 2021 laufenden Modellversuchs zum Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte setzen wir deshalb bewusst in den Mittelpunkt der Debatte am Mittwochmorgen dieser Plenarrunde.

Wir freuen uns darüber, dass sich im Wintersemester 2017/2018 insgesamt 235 junge Menschen dazu entschlossen haben, ihren Ausbildungsweg nach einer erfolgreich abgeschlossenen dualen Ausbildung an einer hessischen Hochschule fortzusetzen, um ihr Wissen und Können weiter zu vertiefen oder auch ganz neue Wege zu beschreiten. Für alle jungen Menschen in unserem Bundesland, die sich für eine duale Ausbildung entscheiden, bedeutet dies: Ein solider Haupt- oder Realschulabschluss und eine erfolgreiche berufliche Ausbildung in Hessen müssen nicht der Abschluss des Bildungsweges sein. Nein, ein solcher Weg kann Ausgangspunkt für weitere Schritte sein, sei es zu einem Meisterbrief oder bei uns in Hessen eben auch in Richtung eines Studiums.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich betone es an dieser Stelle erneut: Berufliche und akademische Ausbildung haben für uns den gleichen Stellenwert. Dieser Leitsatz prägt seit vielen Jahren auch unsere Politik in der Verantwortung für unser Bundesland Hessen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bereits 2005 haben wir für Absolventen der Meisterprüfung und 2010 für diejenigen, die vergleichbare Abschlüsse der beruflichen Aufstiegsfortbildungen haben, eine Möglichkeit zum Studium an den hessischen Hochschulen geschaffen. Mit der Novelle des Hessischen Hochschulgesetzes im Jahr 2015 haben wir den Weg zu dem heute the

matisierten Modellversuch eröffnet. Wir leisten auf diese Weise einen weiteren Beitrag dazu, Stoppschilder zwischen den Bildungswegen abzubauen.

Ich darf aber auch daran erinnern, dass wir parallel die Attraktivität der beruflichen Bildung für Abiturienten, Studienabsolventen, aber auch Studienabbrecher durch gemeinsame Initiativen mit der Industrie- und Handelskammer sowie dem Handwerk in Hessen steigern. Auch die Berufsund Studienorientierung in den Schulen verbessern wir zusammen mit den relevanten Akteuren kontinuierlich.

Ein Beispiel hierfür sind die Anstrengungen der Partner im Rahmen des Bündnisses „Ausbildung Hessen für die Jahre 2015 bis 2019“. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, den Übergang von der Schule in den Beruf so zu gestalten, dass junge Menschen zügig und entsprechend ihren Interessen und Kompetenzen in eine berufliche Ausbildung vermittelt werden können. Aber – das will ich gegen Ende meiner Rede deutlich betonen – es ist auch weiterhin Aufgabe der Eltern, ihre Kinder nicht einseitig auf bestimmte Bildungswege festzulegen.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, dass der Modellversuch zum Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte schon heute als großer Erfolg bewertet werden kann, hängt maßgeblich mit den Institutionen und Partnern zusammen, die Hand in Hand dafür arbeiten, im Interesse junger Menschen qualitativ hochwertige Bildungsgänge anzubieten. Zuvorderst sind hier unsere hessischen Hochschulen zu nennen. Beispielsweise wird mit Orientierungsphasen, Brückenkursen vor Aufnahme des Studiums, Beratungsangeboten, Lerngruppen, familiengerechten Strukturen und flexiblen Zeitformaten noch stärker als bisher auf die Bedürfnisse der Studierenden eingegangen.

Zum Modellversuch gehören als Partner aber auch die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände, die Handwerkskammern und der Deutsche Gewerkschaftsbund Hessen-Thüringen. Für dieses Engagement gilt es an dieser Stelle ausdrücklich Danke zu sagen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir als CDU-Fraktion wünschen den jungen Menschen, die im aktuellen und in den kommenden Semestern die Möglichkeit eines Hochschulstudiums über den Modellversuch nutzen, einen erfolgreichen Abschluss und danach eine erfolgreiche berufliche Entwicklung. Nicht zuletzt werden die erfolgreichen Absolventen im Rahmen des Modellversuchs zukünftig als Botschafter dienen können, um jungen Menschen die Entscheidung zu erleichtern, sich nach dem Abschluss – etwa nach der 10. Klasse – für eine duale Ausbildung zu entscheiden.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss und will nochmals betonen: Die gesellschaftliche Anerkennung von Bildungswegen beginnt für uns nicht erst mit Abitur, Masterabschluss oder Doktortitel. Es muss in unserer Gesellschaft noch viel deutlicher hervorgehoben werden, dass das Berufsleben eines jungen Menschen nicht zwangsläufig mit Abitur und anschließendem Studium seinen Lauf nehmen muss; denn sowohl berufliche als auch akademische Ausbildung eröffnen attraktive Zukunftsperspektiven und Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Beides ist für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolg unseres Landes von enormer Bedeutung. Für diese Wertschätzung werben wir dauerhaft.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb: Wir werden uns weiterhin für die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung einsetzen – und das ausdrücklich nicht nur in eine Richtung. Dafür stehen wir als CDU in Hessen mit voller Überzeugung ein. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank. – Das Wort hat Frau Kollegin Habermann, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will das an den Anfang der Debatte stellen: Wir werden Ihrem Entschließungsantrag zustimmen. Die SPD-Fraktion unterstützt und fördert jede Initiative, die die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung unterstützt und Durchlässigkeit zwischen den Bildungsabschlüssen und Bildungswegen fördert.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))