Frau Präsidentin, ich gehe davon aus, dass Sie in Anbetracht der Tatsache, dass ich hier von der Opposition permanent in ungebührlicher Art und Weise unterbrochen werde, wohlwollend mit meiner Redezeit umgehen.
Deswegen will ich noch einmal fragen: Was heißt es konkret, dass bei uns pro Woche – pro Woche, betone ich – 300.000 Unterrichtsstunden mehr erteilt werden als zu Ihrer Zeit, obwohl wir 80.000 Schülerinnen und Schüler weniger haben? Das heißt konkret, dass das Land Hessen von allen Bundesländern die höchsten Bildungsausgaben pro Kopf hat. Nirgendwo kommt man auf einen Wert wie den, den wir hier vorweisen.
Das lassen wir uns von Ihnen in Ihren Klamaukdebatten auch nicht kaputtreden. Sie suchen doch nur ein Thema, weil Ihnen jegliches Konzept fehlt. Das war Ihr Problem. Sie fordern hier permanent etwas. Legen Sie doch einmal etwas vor.
Immer nur höher, weiter, schneller: Was würden Sie eigentlich anders machen – das interessiert mich einmal –, außer dass Sie zusätzliche Lehrer einstellen? Was würden Sie anders machen, außer dass Sie zusätzliche Lehrer qualifizieren? Darauf bin ich in hohem Maße gespannt. Eine Antwort darauf bleiben Sie seit Jahren schuldig. Sie haben nichts, aber auch gar nichts vorzuweisen. Oder sollen wir es wie in Rheinland-Pfalz – schöne Grüße dahin – oder wie in dem von Ihnen regierten Niedersachsen machen, näm
lich dass wir bis zum Ende der Legislaturperiode die Grundunterrichtsversorgung von 100 % sicherstellen? Es ist ein Treppenwitz, was Sie hier vorweisen.
Das ist in Hessen alles Geschichte. Nirgendwo wird das so konsequent abgearbeitet und so ernsthaft in Angriff genommen, wie es bei uns der Fall ist. Deswegen sage ich – das will ich auch nicht unerwähnt lassen –: Ja, es kann zu Unterrichtsausfall kommen. Aber dafür haben wir – darüber wurde schon gesprochen; das will ich abkürzen – die verlässliche Schule und die mobile Reserve. Außerdem sind die Schulen verpflichtet, eigene Konzepte vorzulegen und selbstverantwortlich Vertretungspläne zu stricken. Das läuft auch.
Besondere Rahmenbedingungen führen natürlich auch zu besonderen Herausforderungen. Die Grippewelle – die schwerste seit Jahren – wurde eben hier erwähnt. Exkursionen, Fortbildungsveranstaltungen etc. können punktuell dazu führen, dass eine Unterrichtsstunde nicht von einem Fachlehrer gegeben wird. Das kann passieren; so etwas kommt vor.
Allerdings will ich Ihnen eines sagen: Ein Betrieb mit zehn Mitarbeitern, in dem sich vier Mitarbeiter krankmelden, der also auf einen Schlag 40 % weniger Personal hat, kann nicht dieselbe Leistung erbringen wie in dem Fall, dass ihm 100 % des Personals, nämlich alle zehn Mitarbeiter, zur Verfügung stehen. Das will ich auch einmal feststellen.
Jetzt kommen wir auf einen weiteren Aspekt zu sprechen – Stichwort: Sport. Herr Kollege, das war schon ein starkes Stück. Wenn Sie das Nichtvorhandensein von Sporthallen und Schwimmbädern mit Sportlehrermangel und Sportstundenausfall gleichsetzen, handelt es sich ein weiteres Mal um ein Tarnen der Öffentlichkeit.
Bei allem Respekt vor der Landesschülervertretung: Die Umfrage ist weder transparent noch repräsentativ. Ich hätte gern gewusst, welche 97 Schulen das sind. Es stellen sich viele Fragen. Was sagen eigentlich die Schulleitungen dazu? Wurden möglicherweise AGs mitgezählt, die on top eingerichtet und freiwillig besucht werden? Oder war es ausschließlich der Regelunterricht? Wurde das Erteilen fachfremden Unterrichts als Unterrichtsausfall gewertet? Wurden Klassenfahrten und Exkursionen mit eingepreist? Wurde selbstständige Arbeit in der gymnasialen Oberstufe mit zum Unterrichtsausfall gerechnet? – Fragen über Fragen.
Ohne eine nähere Erläuterung und ohne eine Prüfung geben die im Raum stehenden Zahlen keinerlei Hinweis darauf, wie die tatsächliche Situation an den hessischen Schulen ist. Sie ist so gut wie noch nie.
Abschließend will ich nicht unerwähnt lassen, dass der Vorsitzende der Landesschülervertretung seit Jahren Mitglied bei den Jusos ist. Er ist seit Jahren Mitglied der SPD.
(Demonstrativer Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU: Ah! – Michael Boddenberg (CDU): Das erklärt so manches! – Weitere Zurufe von der CDU und der SPD)
Ja. – Ist das möglicherweise nicht ganz uneigennützig? Festzuhalten bleibt: Hessen lässt sich gute Bildung etwas kosten. Die Schulen können sich dabei auf uns verlassen. Insofern sage ich: Treiben Sie die Menschen nicht permanent auf die Bäume, treiben Sie die Menschen nicht permanent – –
Kollegen, jetzt bin ich dran. – Kollege Schwarz, würden Sie bitte Ihr Mikrofon ausschalten? Das wäre nett. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde den bisherigen Verlauf der Debatte wenig überraschend. Die
Regierung und die sie tragenden Fraktionen neigen dazu, in den Mittelpunkt zu stellen, was bereits geklappt hat, und die Oppositionsfraktionen neigen dazu, in den Mittelpunkt zu stellen, was noch nicht geklappt hat. Das finde ich, gerade wenn ein Wahltermin näherrückt, nicht wahnsinnig überraschend.
Ich glaube aber, dass die Schwarz-Weiß-Debatten bei dem Thema Bildung nicht weiterhelfen. Weder ist es so, dass alle Herausforderungen bewältigt und alle Probleme, die wir an unseren Schulen haben, gelöst sind, noch besteht Anlass, das bereits Erreichte zu ignorieren oder die Situation an unseren Schulen in Grund und Boden zu reden.
Schwarz-Weiß-Debatten helfen nicht weiter, sondern sie sind sogar schädlich, weil sie den Blick auf die eigentlichen Probleme verstellen. Durch die Verstellung des Blicks auf die Probleme hat man auch keinen Blick für die Lösungen.
Welches sind denn die Herausforderungen, mit denen die Schulen – übrigens bundesweit, nicht nur in Hessen – konfrontiert sind? Das Problem ist, dass wir bundesweit einen Mangel an Lehrerinnen und Lehrern haben. Den haben wir in Hessen, den haben wir in Bayern, den haben wir in Rheinland-Pfalz, den haben wir in Thüringen – den haben wir in allen Bundesländern.
Woher kommt der Lehrermangel? Er kommt daher, dass bis vor wenigen Jahren alle Landesregierungen, egal von wem sie getragen wurden, davon ausgegangen sind, dass wir zurückgehende Schülerzahlen haben. Alle Landesregierungen – und alle Parteien – sind davon ausgegangen und haben ihre Ausbildungskapazitäten entsprechend ausgerichtet.
Frau Kollegin Wissler, auch DIE LINKE in Thüringen ist mit dem Lehrermangel konfrontiert, und auch DIE LINKE in Thüringen hat die Ausbildungskapazitäten nicht schnell genug erhöht. Lassen Sie doch dieses SchwarzWeiß-Denken, und lassen Sie uns die eigentlichen Probleme anschauen.