Ja, „einmalig“ kommt auch ab und zu vor. – Aber in diesem Fall haben Sie den Begriff „historisch“ in gewisser Weise erfüllt. Mit dem vorgelegten Entwurf wird Hessen die historische Chance verpassen, ein eigenständiges, modernes Transparenzgesetz vorzulegen, das unser Land als Vorreiter im Datenschutz verdient hätte
Meine Damen und Herren, Sie haben eine historische Chance verpasst. Ich hoffe, dass wir das in Zukunft noch korrigieren können. – Danke schön.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten das alles wieder richtig einordnen und nicht so hochzonen. Festzuhalten ist: Hessen bleibt beim Datenschutz vorn, auch wenn einige sagen, es ist zu spät und dies und das. Dann möchte ich diejenigen bitten, die das vortragen, aufzuzeigen, welche Länder entschlossener und schneller gehandelt haben als wir bei der Umsetzung der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung.
Wir werden die vom europäischen Normgeber gesetzte Frist einhalten. Herr Kollege Dr. Hahn, viele Länder, auch solche, wo Sie mitregieren, werden es möglicherweise nicht schaffen. Die hängen hinterher. Die werden erst nach dem Mai ihr Gesetzgebungsverfahren abschließen.
Wir haben zugleich einen sorgsamen Weg gewählt und uns sowohl bei der Sprache, der Formulierung als auch bei der Struktur an dem entsprechenden Bundesgesetz orientiert, damit die Gerichte es in der Auslegung leichter haben, dass wir keinen weiteren Flickenteppich aufmachen, wo es im Kern um die Auslegung europäischer Vorgaben geht.
Wir haben noch einige hessische Besonderheiten eingefügt. Wir haben unseren Datenschutzbeauftragten organisatorisch und in seiner Struktur gestärkt, indem wir ihm erstmals eine fixe Amtszeit zugestehen, unabhängig von der Wahlzeit des Landtags. Seine Durchgriffsrechte werden gestärkt. Wir haben ferner erstmals klare Regelungen zur Videoüberwachung in das Datenschutzgesetz aufgenommen, und wir haben, was die Details und semantischen Fragen angeht, mit Blick darauf, wie es später von der Verwaltung und Gerichten ausgelegt und gehandhabt wird, sehr viele Anregungen gehabt. Wir haben die Offenheit gehabt, insbesondere die Anregungen des Datenschutzbeauftragten aufzugreifen und noch vor der zweiten Lesung einzuarbeiten.
Wenn Sie sagen, im Innenausschuss wurde noch etwas mündlich vorgetragen – ja, da ging es unter anderem um eine Überschrift im Inhaltsverzeichnis. Das würde ich nicht so hoch hängen. Das gibt es bei so komplexen Gesetzen immer wieder, dass man im laufenden Prozess oder manchmal viel später erst bemerkt, dass auf Seite XY noch eine Überschrift mit geändert werden muss. Da geht es manchmal gar nicht um den Gesetzestext. Daraus einen Popanz zu machen, da würde ich die Geschichte eher ein Stockwerk tiefer hängen.
Also kann man schon einmal festhalten: Der Datenschutzteil ist ausgesprochen gut gelungen. Wir sind voll in der Zeit, wenn wir das heute Abend in dritter Lesung verabschieden. Wir haben uns sehr europafreundlich und europarechtskonform verhalten. Wir schaffen hier Rechtsklarheit, während andere Länder immer noch mit der Umsetzung befasst sind.
Es gibt überhaupt keinen Grund, an irgendetwas zu kritteln oder zu deuteln. Das wird der Hessische Landtag am Ende sehr gut gemacht haben. Eine Mehrheit wird es im Haus für dieses Gesetz geben, wie ich das sehe, sodass wir erst einmal einen Haken daran machen können. Wir werden natürlich das Datenschutzrecht auch weiter evaluieren.
Dann zum Informationsfreiheitsteil. Das ist der politisch deutlich aufgeladenere Teil. Das ist auch kein Geheimnis. Auch dort können wir sagen, es wird funktionieren. Ich schätze ihn persönlich und fachlich, aber ich teile hier ausdrücklich nicht die Auffassung vom Kollegen Dr. Hahn,
dass das zu großen verfassungsrechtlichen Schwierigkeiten führen wird. Die Bereichsausnahmen in § 81 Abs. 1 und 2, die absolute Ausnahme und die ausdrückliche Anwendbarkeit für Teilbereiche in Abs. 1, darüber kann man immer politisch streiten. Es ist ein offenes Geheimnis, dass auch eine Koalition das mitunter tut.
Dennoch bleibt es dabei, dass am Ende immer eine Abwägung stattfindet, genau in diesen Fällen, die Sie jetzt ansprechen: Wenn bei einem Verband oder in einer Selbstverwaltungseinrichtung der Freiberufler schutzwürdige Interessen von privaten Dritten bestehen und sie schwerer wiegen, dann wird am Schluss der Informationsauskunftsanspruch verwehrt werden, wie das bei allem Handeln von öffentlichen Einrichtungen immer der Fall sein wird, sodass das sicherlich eine Gewichtung ist, was in Abs. 1 und was in Abs. 2 steht und was gar nicht in § 81 aufgeführt ist. Es aber so darzustellen, dass am Ende die schutzwürdigen Belange von Dritten nicht mehr geachtet würden, je nachdem wie man das nummeriert, das ist offensichtlich der parteipolitischen Auseinandersetzung mehr geschuldet als dem Interesse an der Sache.
Schön, dass Sie jetzt der Fürsprecher der freien Berufe in Hessen sind. Wir werden Sie gelegentlich daran erinnern.
(Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD) – Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das wird Ihnen schwerfallen, Herr Kollege Heinz!)
Herr Dr. Hahn, Ironie muss man in Deutschland ankündigen. Das tue ich jetzt im Nachgang zu dieser Bemerkung.
Ein letzter Punkt, da die fünf Minuten gleich um sind. Was die Kommunen angeht, kann man es keinem recht machen. Jetzt heißt es, es ist falsch, wenn die Kommunen selbst entscheiden sollen. Wenn man die Kommunen in anderen Bereichen zu irgendetwas verpflichtet, ist es auch falsch. Dazu kann ich nur fragen: Was gilt denn nun?
Ich glaube, da die Kommunen der ureigene Träger ihrer eigenen Verwaltungshoheit und -kompetenz sind, sollen sie die Möglichkeit haben, das durch Satzung selbst zu entscheiden. Es reichen sehr wenige Sätze in einer Satzung. Wenn sie sagen, diesen Teil des Gesetzes erklären sie für anwendbar, ist alles gut, und dann entsteht kein Flickenteppich. Dann kann sich eine einheitliche Rechtsprechung für die kommunale Verwaltung dazu entwickeln. Kommunen, die es nicht wollen, sollen es anders entscheiden. Das ist kommunale Selbstverwaltung. Das ist Teil eines guten Gesetzes.
Wir werden ihm heute die Zustimmung in dritter Lesung geben, damit es rechtzeitig in Kraft treten kann, damit Hessen vorn bleibt und wir eines der ersten Länder sind, die die Vorgaben umsetzen, und weiterhin ein ordentliches Datenschutzrecht in Hessen haben. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Ihnen so viel daran gelegen gewesen wäre, es rechtzeitig zu machen, hätten Sie rechtzeitig ein ordentliches Gesetz vorlegen können, hätten Sie rechtzeitig nach der Anhörung Ihre Änderungsanträge einbringen können, damit wir nicht in einer Nachtsitzung über das beraten müssen, was Sie mit Ihrer Mehrheit in der ordentlichen Ausschusssitzung noch als für unverändert in zweiter Lesung anzunehmen vorgeschlagen haben.
Meine Damen und Herren, das Einzige, was mir als Lob dazu einfällt, ist, mit welcher stoischen Ruhe und Unverschämtheit Sie uns diese Dinge hier vortragen.
Herr Heinz, ich hänge das wirklich nicht hoch. Aber wenn ich mir in einer nächtlichen Ausschusssitzung, nachdem wir hier einen 15-seitigen Änderungsantrag der Regierungsfraktionen vorliegen hatten, noch weitere mündliche Änderungen an Ihrem eigenen Gesetz anhören muss, dann frage ich mich doch: Wo ist Ihre Ernsthaftigkeit, nicht unsere?
Meine Damen und Herren, das erhöht mit Sicherheit nicht mein Vertrauen, dass sich darin nicht noch ganz andere Baustellen verbergen, die in der Anhörung nicht deutlich geworden sind oder die vielleicht deutlich geworden sind, die Sie aber vergessen haben.
Um es auch noch einmal ganz deutlich zu sagen: Das ist ausdrücklich keine Kritik an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dort viel Arbeit hineingesteckt haben. Das ist eine politische Kritik an Ihrem Vorgehen.
Eine Bemerkung noch. Der Minister hat, meiner Meinung nach zu Recht, in der letzten Debatte gesagt, ich hätte das nicht als Quatsch bezeichnen sollen. Das sehe ich auch so. An Quatsch hätte ich mehr Spaß. Was Sie hier mit uns machen, ist fahrlässig.
(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja! – Christian Heinz (CDU): Wie ist denn der Umsetzungsstand woanders beim EU-Datenschutzrecht?)
Zweite Bemerkung. Die FDP bringt heute einen Änderungsantrag ein, den wir inhaltlich vollkommen richtig finden. Er löst das Problem nicht, aber er ist inhaltlich richtig. Deswegen werden wir ihm auch zustimmen.
Letztes Argument. Ja, Hessen bekommt in ein paar Minuten ein Informationsfreiheitsgesetz. Das ist das schlechteste Informationsfreiheitsgesetz aller Bundesländer. Das ist kein Grund zum Jubeln. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal hat man das Gefühl, dass der Skandal nur noch des Skandalisierens wegen aufgebaut wird. Wo hier an manchen Stellen Pappkameraden aufgestellt werden, ist schon einigermaßen erstaunlich. In dem Gesetzentwurf sind – schauen Sie sich das einmal an – zwei Begrifflichkeiten geändert worden, und zwar in den Überschriften. Diese waren schon im Text drin; sie sind aber in den Überschriften versehentlich durchgegangen. Daher haben wir gestern Abend mündlich versucht, dies zu heilen, damit die gleichen Begrifflichkeiten verwendet werden. Dann ist bei der Änderung des Gesetzentwurfs ein „oder“ hängen geblieben. Das haben wir auch richtiggestellt. Sich daher bei solch einem Gesetzentwurf – Datenschutz-Grundverordnung, Umsetzung der EU-Richtlinie, Umsetzung des Bundesdatenschutzgesetzes, Hessisches Datenschutzgesetz und hintendran noch als Vierter Teil das Informationsfreiheitsgesetz – in dieser Kleinkariertheit hinzustellen, ist selbst für die Linkspartei ein bisschen zu viel.
Den Vogel schießt allerdings Herr Dr. Wilken ab, indem er sich beschwert, dass dieses Gesetz nicht weit genug gehe, weil wir gar nicht so viele Auskunftsmöglichkeiten hätten. Gleichzeitig beantragt er aber, dass man die freien Berufe zusätzlich als Ausnahme aufnehmen solle. Auf der einen Seite beklagen Sie, wir hätten zu viele Ausnahmen; auf der anderen Seite kommen Sie an und beantragen weitere Ausnahmen. Das ist an Absurdität nicht mehr zu überbieten.
Insgesamt gefällt mir diese Diskussion überhaupt nicht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, sich bei dem, was wir hier machen, bei allem Streit, den man beim Thema Informationsfreiheit haben kann – dazu sage ich gleich noch etwas –, bei diesem Gesetzeswerk, wo es um die Umsetzung der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung und um eine wirkliche Errungenschaft im europäischen Recht geht, sodass europaweit Datenschutzregeln gelten, und zwar auf einem Mindeststandard, den man nicht unterschreiten darf – dies gilt gerade für Länder, die Facebook und andere beheimaten und wo wir große Probleme im Bereich des Datenschutzes haben –, hier derart hinzustellen und in einer solchen Kleinkariertheit über diesen Gesetzentwurf zu reden, ist geradezu absurd.
Ich nenne einmal ein paar Punkte zur Datenschutz-Grundverordnung. Diese gilt explizit in allen Ländern. Sie gilt auch für Firmen, die außerhalb der Europäischen Union ihren Sitz haben. Jede Stelle muss nachweisen können, dass sie in Bezug auf den Datenschutz ein Gesamtkonzept hat. Informationsrechte: Die Betroffenen sind umfangreicher als bisher über die Verarbeitung ihrer Daten und über ihre Rechte zu informieren. Privacy by Design und Privacy by Default sind einzuführen. Bei der Entwicklung und Verbreitung muss also schon an den Datenschutz gedacht werden. Das ist eine wirkliche Errungenschaft. Risikofolgenabschätzungen müssen gemacht werden. Der Datenschutz in den Konzernen muss ordentlich organisiert werden. Die
Datenschutzbeauftragten sind besser abgesichert und haben einen höheren Stellenwert. Aufsichtsbehörden werden gestärkt. Das ist wirklich ein großer Schritt für den europäischen Datenschutz. Das muss man doch endlich einmal anerkennen.
Zum Informationsfreiheitsgesetz. Natürlich kann ich mir da mehr vorstellen. Selbstverständlich kann ich mir im Bereich der Informationsfreiheitsrechte mehr vorstellen. Ich habe das immer wieder gesagt, und ich sage das weiterhin: Gut informierte Bürger können an Entscheidungen des Staates teilnehmen. Gut informierte Bürger kann man in Entscheidungsprozesse einbeziehen. – Das ist uns als GRÜNEN ein Anliegen. Aber das ist eben nicht Bestandteil unseres Koalitionsvertrags, und deswegen haben wir das so geregelt, wie wir es geregelt haben. Das ist ein erster Schritt in Richtung Informationsfreiheit, und diesen ersten Schritt gehen wir mit. Wir nehmen uns vor, dass wir weitere Schritte gehen. Dafür werden wir am 28. Oktober ein neues Parlament wählen. Dann können die Bürgerinnen und Bürger entscheiden. Unser Anspruch ist, weiter gehende Regelungen zu treffen. Das ist ein erster Schritt; und es ist gut so, dass wir diesen ersten Schritt gehen.
Sich hierhin zu stellen und zu sagen, der Datenschutz in Hessen würde jetzt unter die Räder kommen, er fände kein Gehör mehr, und wir würden den Datenschutz verkaufen, ist solch ein Unsinn, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass mir wirklich die Galle übergeht.