Auf jeden Fall freuen wir uns heute mit den Eltern, die durch die Befreiung von den Elternbeiträgen eine erhebliche Entlastung ihres privaten Haushalts haben. Wir freuen uns mit ihnen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kollege Roth ist vorhin bei seinen Ausführungen bis zu Julius Cäsar zurückgegangen. Das hat mich ein bisschen motiviert, auch einen historischen Ausflug zu machen. Ich gehe aber eher in die jüngere Vergangenheit zurück, präzise bis zum 3. Februar 2016. Es war die 64. Plenarsitzung des Hessischen Landtags. Es sprach die familienpolitische Sprecherin der CDU, Kollegin Wiesmann, folgende Worte:
Wenn man bedenkt, um welche Beiträge … es sich … handelt – … es ist insgesamt ein geringer Wert –, stellt man fest, es kann allenfalls ein schmales Segment von Eltern sein, dem mit einer weiter gehenden Gebührenfreiheit in Hessen bei der Frage der Kinderbetreuung entscheidend gedient wäre.
Ganz sicher wäre damit aber den Gutverdienern gedient, die mit den vollen Beitragssätzen, die sie zahlen, … gern zur Finanzierung einer qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung beitragen.
Ich wiederhole: Menschen, die Sozialhilfe empfangen, bekommen die Wirtschaftliche Jugendhilfe. Die können also schon einmal nicht gemeint sein. Chancengleichheit besteht, weil Menschen mit ganz geringen Einkommen die Wirtschaftliche Jugendhilfe bekommen und Menschen mit geringen Einkommen Hilfen durch gestaffelte Beiträge bekommen … Also ist doch die Frage bezüglich der Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit die, ob ein Platz vorhanden ist, ob die Qualität vorhanden ist und ob die Beiträge so hoch sind, dass man sich die Teilhabe nicht leisten kann. Wir sagen, im Moment kann man immer Freibier versprechen.
Aber zu ihren Gunsten [nämlich zugunsten der Eltern] quasi Freibier für alle auszugeben, also all diejenigen beitragsfrei zu stellen, die diese Beiträge ohne Schwierigkeiten aufbringen können oder ganz leicht dazu in der Lage sind, ist ein seltsames Verständnis von sozialer Gerechtigkeit.
Jetzt kommen wir der aktuellen Lage ein wenig näher, nämlich am 23. Februar 2017. – Das war nach unserem Beschluss auf dem Landesparteitag, die vollständige Beitragsfreiheit auf der einen Seite und das neue Kita-Finanzierungssystem auf der anderen Seite herbeizuführen.
Das hört sich in Verbindung mit den schönen Zielen, die wir teilen, natürlich toll an. Es ist aber der falsche Weg … Es ist ein Subventionsprogramm für Gut- und Besserverdienende; …
Wir haben gesagt: Erst Quantität; denn wir können nur einen Betreuungsplatz kostenlos machen, den es überhaupt gibt. Wir können auch nur die Qualität von Plätzen verbessern, die es gibt. Wir können auch nur die Plätze kostenfrei stellen, die gut sind und die es überall und ganztägig gibt. Deswegen muss man einen Schritt nach dem anderen gehen, …
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Guter Mann! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Vizepräsidentin Heike Habermann übernimmt den Vorsitz.)
Ich stelle fest, dass sich zwischen dem 31. Mai letzten Jahres und dem 31. August letzten Jahres, als Sie anlässlich einer Landtagsdebatte Ihre Vorschläge vorgestellt haben, irgendetwas von mir unbemerkt gebliebenes Revolutionäres in der hessischen Kita-Landschaft getan haben muss,
nämlich dergestalt, dass wir plötzlich innerhalb von drei Monaten nicht nur Plätze in ausreichender Zahl an allen Stellen des Landes hatten, sondern auch in einer Qualität – auch im Ganztag –, die keine Wünsche mehr übrig ließ,
sodass wir jetzt zu einem „Subventionsprogramm für Gutund Besserverdienende“ auch aus Sicht der Landesregierung kommen können,
was aber eigentlich kein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit ist. So fasse ich die Debattenlage bis zum 31. Mai 2017 zusammen.
Ich habe schon mehrmals gesagt, dass es im Himmel mehr Freude über einen reuigen Sünder als über 99 Gerechte gibt. Insofern: herzlich willkommen auf dieser Seite der Realität, nämlich auf der richtigen Seite der Realität.
Aber uns vor dem Hintergrund weismachen zu wollen, dass Sie schon immer die Champions der Gebührenbefreiung gewesen seien? Lieber Herr Dr. Bartelt, ich weiß nicht, ob Sie noch eine Großmutter haben, aber wenn Sie eine haben, versuchen Sie, der das zu erzählen, aber versuchen Sie nicht, es mir erzählen. Das verfängt nicht.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf dieser Geschäftsgrundlage ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass wir wahrscheinlich diese halbgare Regelung bekommen werden, die Sie „historisch“ zu nennen nicht aufhören. Ich sage: Historisch ist nur, dass dies eine halbgare Veranstaltung ist – unter dem Druck der politischen Konkurrenz, unter dem Druck der SPD. Sie ist nicht mehr und auch nicht weniger. Ist sie ein Schritt? Sie ist vielleicht ein halber.
Ich habe zur Finanzierung und zum Ausmaß schon genug gesagt. Ich glaube, dass die Beiträge, die ich vorgelesen habe, die Verlogenheit – das will ich wirklich sagen – dieses Teils der Debatte hinreichend gekennzeichnet haben.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, trotz meines Vorredners überwiegt die Freude über diesen Tagesordnungspunkt.
Sehr geehrte Damen und Herren, heute beschließt der Hessische Landtag nach über zehn Jahren einen großen weiteren Schritt zur Entlastung vieler Tausender Eltern in diesem Bundesland. Um bis zu 5.000 € werden Eltern entlastet. Das ist ein großartiger Schritt, und das ist ein großartiger Beschluss.
In Hessen werden das erste, zweite und dritte Kindergartenjahr bis zu sechs Stunden beitragsfrei. Das ist tatsächlich ein großartiger Schritt.
Wenn man weiß, dass der letzte Beschluss zehn Jahre zurückliegt, kann man durchaus davon reden, dass das auch ein historischer Schritt ist;
denn ein weiterer Schritt wird viele Jahre dauern. Um das festzustellen, braucht man kein Prophet zu sein. Nach zehn Jahren darf man in der Politik davon reden, dass etwas ein Meilenstein ist.
Sie werden merken, dass die Diskussion über diese Sache auf der linken Seite des Saales in einer gewissen Blase stattfindet. Wenn Sie die Menschen draußen fragen – zum Teil hat der hr Straßeninterviews durchgeführt –, hört man, dass sie es gar nicht glauben konnten, dass es ab 1. August Realität sein wird, dass sie um so viele Tausend Euro entlastet werden. Das ist eine familienpolitische Entlastung, die vielen Eltern helfen wird. Das sollte man erst einmal feststellen,