Meine Damen und Herren, wir haben keine Fragen mehr vorliegen, sodass wir jetzt am Ende der Fragestunde sind.
Regierungserklärung des Hessischen Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung betreffend „Hessen auf einem guten Weg der nachhaltigen und gerechten wirtschaftlichen Entwicklung“
Die vereinbarte Redezeit der Fraktionen beträgt 20 Minuten. Das Wort hat Herr Staatsminister Al-Wazir.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hessen ist ein wirtschaftsstarkes Land mit hoher Wertschöpfung und hoher Beschäftigung. – Da können Sie auch gähnen, Herr Kollege Merz, es ist wirklich keine Neuigkeit, dass Hessen so ist. Das haben auch schon meine Vorgänger gesagt, und sie hatten damit recht.
Was von meinen Vorgängern aber nicht gesagt wurde: dass Hessen am Ende der letzten Legislaturperiode ein Land mit einigen offenen, ungelösten Fragen von erheblicher ökonomischer Bedeutung war.
Erstens: die Energie, ohne die buchstäblich nichts läuft. Der Atomausstieg war beschlossen, aber es gab kein Konzept für die Zeit nach Kohle und Uran. Im Gegenteil, beim Ausbau der erneuerbaren Energien war Hessen unter den Schlusslichtern. Energiepolitik beschränkte sich bei meinem Vorgänger auf den Kampf gegen das EEG.
Zweitens: der Verkehr. Jahrelang wurde zu wenig in den Erhalt des bestehenden Straßennetzes investiert, der dringend notwendige Ausbau der Schienenwege kam nicht vom Fleck, und das Fahrrad wurde lediglich als Freizeitvehikel angesehen. Einen ganzheitlichen Ansatz in der Verkehrspolitik suchte man vergebens, und das in einem Bundesland, das wie kein anderes mit und von der Mobilität lebt.
Drittens: Innovationsfähigkeit, der ausschlaggebende Faktor moderner Volkswirtschaften. Der Breitbandausbau, die Infrastruktur schlechthin der digitalen Ökonomie, ging nicht schnell genug voran, impulsgebende Branchen wie die Kultur- und Kreativwirtschaft wurden ignoriert, und der Finanzplatz Frankfurt – der wichtigste der Eurozone und ein Kernelement der hessischen Wirtschaft – stand einsam vor der Frage, wie seine Zukunft aussieht, wenn für immer mehr Leute das Smartphone die Bank ersetzt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie ist es heute? – Hessen im Jahr 2018 ist immer noch ein wirtschaftsstarkes Land – mit noch mehr Beschäftigung als vor vier Jahren und mit noch mehr Bruttoinlandsprodukt. Hessen steht heute besser da denn je.
Ich bin nicht Gerhard Schröder; das ist nicht mein Aufschwung. Das ist vor allem ein Erfolg der hessischen Unternehmen und ihrer Beschäftigten.
Aber es gibt einen Unterschied zum Januar 2014, und dafür hat diese Landesregierung gesorgt: Hessen ist jetzt ein Land mit Perspektiven, die über kurzfristige Konjunkturen hinausreichen. Wir bauen die Strukturen für eine nachhaltige Dynamik auf.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Schlüssel für Dynamik sind Start-ups: junge Gründerinnen und Gründer mit innovativen Geschäftsideen.
Deshalb hat diese Landesregierung in den vergangenen Monaten intensiv eine bundesweit beispielgebende Startup-Initiative erarbeitet – eine Initiative, die sich nicht auf die Rhein-Main-Region beschränkt, sondern ganz Hessen im Blick hat, die sich nicht auf den Finanzplatz konzentriert, sondern die gesamte Bandbreite unserer Wirtschaft im Blick hat, und die gezielt unsere Universitäten und herausragenden Forschungseinrichtungen mit einbindet. Es geht darum, unseren Studierenden nicht nur Fachwissen, sondern auch Gründermut mitzugeben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, da die Arbeitsmarktlage so gut ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr, geht auch die Zahl der Gründungen zurück. Umso wichtiger ist es, dass es uns gelingt, Lust auf Selbstständigkeit zu machen, weil derzeit kaum mehr aus Arbeitsplatznot gegründet wird.
Wichtig ist auch, dass wir Gründungen und Start-ups nicht verwechseln. Jede Form von Gründung muss gefördert werden, aber es wird in Zukunft vor allem auf technologiegetriebene, schnell wachsende Start-ups ankommen, die neue Geschäftsmodelle entwickeln. Nur so werden wir unsere Wirtschaft auch in Zukunft erfolgreich weiterentwickeln können – so wie es uns in den letzten viereinhalb Jahren gelungen ist.
Erstens. Das Energieproblem ist angepackt. Wir haben den Anteil der in Hessen erzeugten erneuerbaren Energien am Stromverbrauch bis Ende 2017 auf 20 % gesteigert, und er wächst weiter. Wir nutzen Energie effizienter. Im ganzen Land werden Schulen, Sporthallen, Rathäuser und andere öffentliche Gebäude energetisch modernisiert. Jede siebte Straßenlaterne ist schon gegen LED-Beleuchtung ausgetauscht.
Wir helfen kleinen und mittleren Unternehmen, ihre Ressourceneffizienz zu verbessern – und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit. Mehr Wettbewerbsfähigkeit heißt: mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze.
Zweitens. Das Verkehrsproblem ist angepackt. Noch nie ist so viel Geld in Hessens Straßen verbaut worden wie in den vergangenen vier Jahren, mit klarem Schwerpunkt auf Sanierung vor Neubau. Der Sanierungsstau auf Autobahnen und Landesstraßen wird systematisch aufgelöst.
Der Ausbau der völlig überlasteten Schienenwege ist endlich in Schwung gekommen. Jahrzehntelang ist über Frankfurt RheinMain plus nur geredet worden, jetzt geht es endlich voran.
Die Trassenentscheidung der Bahn für die Neubaustrecke Frankfurt – Fulda letzten Freitag ist das jüngste Beispiel von vielen.
Drittens. Wir haben Kurs auf Innovationen gesetzt. Denn Innovationskraft ist der entscheidende Faktor moderner Volkswirtschaften, gerade wenn es gilt, den Aufbruch in eine neue technologisch-ökonomische Welt mitzugestalten.
Wir haben dem Breitbandausbau einen Schub gegeben, auch indem wir Kommunen erlaubt haben, auf diesem Gebiet tätig zu werden. Wir sind auf Platz 3 der Flächenländer angekommen, mit weiter sehr hoher Ausbaugeschwindigkeit. Ende dieses Jahres werden in Hessen 50 MBit/s flächendeckend verfügbar bzw. konkret in Sicht sein. Der nächste Schritt ist schon in Arbeit: Bis 2025 wollen wir unsere Infrastruktur gigabitfähig machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist die technologische Grundlage, um die enormen Potenziale der Digitalisierung zu nutzen – für eine ressourcenschonende Produktion, eine nachhaltige Energieversorgung, eine klimafreundliche Mobilität und vieles mehr. Mit der Strategie Digitales Hessen erschließen wir diese Potenziale für unser Land.
Innovation entsteht aus Kreativität und Können, aus Ideen und ihrer Umsetzung in marktreife Produkte. Sie verlangt gut ausgebildete Fachkräfte, von denen es heute schon in vielen Berufen zu wenige gibt.
Mit dem Bündnis Ausbildung Hessen haben wir zahlreiche Maßnahmen zur Stärkung der dualen Ausbildung auf den Weg gebracht, und wir haben ein Ergebnis: Im Herbst 2017 gab es trotz ungebrochener Studierneigung erstmals seit sechs Jahren wieder eine Zunahme der Zahl der neuen Ausbildungsverträge im dualen System, und das ist eine gute Nachricht.
Dazu hat auch das Programm „Wirtschaft integriert“ beigetragen, das sich in erster Linie an Flüchtlinge wendet und bundesweit einzigartig ist. In keinem anderen Bundesland sind im Verhältnis so viele Ausbildungsverträge mit Flüchtlingen geschlossen worden wie in Hessen. Es kommt also darauf an, dass man den Herausforderungen begegnet. Dann hat man auch Erfolge.
Ja, Hessen steht gut da, aber wir können uns nicht darauf verlassen, dass es immer so weitergeht. Wir leben in Hessen zu einem guten Teil davon, dass wir Teil einer globalen Wirtschaft sind.
Ein Handelskrieg zwischen den USA und der EU oder zwischen den USA und China würde uns empfindlich treffen.
Genauso würde uns ein harter Brexit nicht nur in Teilbereichen nutzen, sondern insgesamt schaden. Das soll man nicht vergessen. Großbritannien ist unser fünftwichtigster Handelspartner.
Das sind nur zwei Aspekte der tektonischen Verschiebungen in unserer Weltordnung, und es gibt noch viele andere Anlässe zur Sorge. Eine weitsichtige Wirtschaftspolitik nutzt deshalb die Phasen des Aufschwungs, um einseitige Abhängigkeiten zu verringern, um neue Strukturen zu entwickeln und zu verbreitern und damit den Boden für künftige wirtschaftliche Entwicklung und nachhaltigen Wohlstand zu bereiten.
Meine Damen und Herren, ich wiederhole: Hessen ging es noch nie so gut wie heute. Die Zahl neuer ausländischer Firmenansiedlungen steigt von Jahr zu Jahr. 2016 hatten wir, gemessen an der Zahl der Erwerbstätigen, die höchsten ausländischen Direktinvestitionen im Ländervergleich. Das zeigt, wie gefragt unser Standort ist. Bei der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts haben wir wieder zum Bundesdurchschnitt aufgeschlossen. 2016 lagen wir sogar deutlich darüber.
Noch viel wichtiger ist, dass neue Arbeitsplätze in Hessen schneller als im Bundesdurchschnitt entstehen. Die Arbeitslosenquote ist deutlich niedriger. Letzten Monat betrug sie 4,5 %. Das ist die niedrigste Arbeitslosenquote in einem Mai seit 37 Jahren.
Ende 2017 gab es in Hessen rund 200.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze mehr als im Jahresdurchschnitt 2014. Das entspricht der Einwohnerzahl Kassels.
Mit anderen Worten: Seit dem Amtsantritt dieser Landesregierung sind die Menschen einer ganzen Großstadt im hessischen Arbeitsmarkt angekommen. Im Mai hatten wir im Ländervergleich den zweitstärksten Beschäftigungszuwachs. Wir sind da gleichauf mit Bayern und vor BadenWürttemberg. Das ist eine gute Nachricht.
Hessen ist auf dem Pfad qualitativen Wachstums. Als Beispiel nenne ich Ihnen, dass mit jeder Kilowattstunde Strom im Jahr 2016 rund 16 % mehr als im Jahr 2010 erwirtschaftet wurde. Das heißt ganz konkret: Wirtschaftliche Entwicklung ist auch ohne steigenden Strom- und Energieverbrauch, also ohne steigenden Ressourcenverbrauch, möglich. Das ist für die Zukunftsfähigkeit dieses Landes wichtig.