Protokoll der Sitzung vom 19.06.2018

Ich frage die Landesregierung:

Durch welche rechtlichen Vorschriften und vermittels welcher Prüfintervalle wird im Augenblick die Betriebssicherheit von Windenergieanlagen bzw. zentraler Bestandteile wie Maschinenhaus, Rotor inklusive Blätter, elektrische und hydromechanische Systeme, Generator oder nicht tragende Stahlstrukturen gewährleistet?

(Tobias Eckert (SPD): Das kann man bestimmt im Internet nachlesen!)

Herr Minister Al-Wazir.

Sehr geehrter Herr Abg. Landau, die Anforderungen an die Betriebssicherheit von Windenergieanlagen werden durch

eine Richtlinie des Deutschen Instituts für Bautechnik vorgegeben. Anhand dieser Richtlinie überprüfen unabhängige Sachverständige die Sicherheit der Anlagen in Hessen. In der Regel geschieht dies spätestens alle zwei Jahre.

Der Abstand zwischen zwei Überprüfungen kann auf vier Jahre verlängert werden, wenn ein von der Herstellerfirma autorisierter Sachkundiger eine laufende, mindestens jährliche Überwachung und Wartung der Windenergieanlage durchführt. Die Ergebnisse dieser Überprüfung müssen der unteren Bauaufsichtsbehörde, die in der Regel bei den Kreisen und kreisfreien Städten angesiedelt ist, sowie den Genehmigungsbehörden – in dem Fall den Regierungspräsidien – vorgelegt werden.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass am 6. Juni 2018 im Rahmen unserer Bürgerforum-Veranstaltungen ein Faktencheck zur Sicherheit von Windenergieanlagen in Gießen stattgefunden hat. Die Landesenergieagentur wird in einigen Wochen die wesentlichen Ergebnisse dieser Veranstaltung auf der Seite www.energieland.hessen.de veröffentlichen.

Insgesamt sorgen die aktuellen Sicherheitsvorschriften zusammen mit den bestehenden Abstandsregelungen für Windenergieanlagen für ein sehr hohes Sicherheitsniveau.

Zusatzfrage, Herr Abg. Grüger.

Sehr geehrter Herr Staatsminister, kann man den von Ihnen gerade dargestellten Sachverhalt auch im Internet nachlesen?

Herr Staatsminister Al-Wazir.

Momentan noch nicht. Ob die Richtlinie veröffentlicht wird, das kann ich Ihnen nicht sagen. Die Ergebnisse unserer Faktenchecks, das hatte ich ja gesagt, werden wir in einigen Wochen veröffentlichen.

Zusatzfrage, Herr Kollege Landau.

Ich frage noch einmal etwas weiter gehend: Liegen der Landesregierung Kenntnisse vor, ob es bei der Überprüfung der Betriebssicherheit von Windenergieanlagen zu bestimmten Mängelsituationen gekommen ist?

Herr Staatsminister Al-Wazir.

Aus meiner Sicht nicht. Wir wissen, dass wir inzwischen ungefähr 30.000 Windenergieanlagen insgesamt in Deutschland haben. Ich weiß auch, dass interessierte Kreise, wenn irgendwann einmal irgendwo etwas passiert – dazu bieten die sozialen Netzwerke heutzutage alle Gelegenheiten –, dies sehr weit verbreiten. Mir sind jetzt keine Probleme in Hessen bekannt.

Ich rufe die Frage 1069 auf, Frau Abg. Wissler.

Ich frage die Landesregierung:

Welche Maßnahmen ergreift sie, um die Anwohnerinnen und Anwohner des Frankfurter Flughafens gegen die zum Teil sehr hohen Konzentrationen von Ultrafeinstaub zu schützen?

Herr Staatsminister Al-Wazir.

Sehr geehrte Frau Abg. Wissler, wir sind tagtäglich vielen Feinstaub- und Ultrafeinstaubquellen ausgesetzt: Abgase, aufgewirbelter Reifenabrieb, teilweise auch Heizungen in Wohngebäuden usw. Trotzdem liegen zum Einfluss von Ultrafeinstäuben, also den besonders kleinen Partikeln, bislang nur wenige konkrete Erkenntnisse vor. Es gibt weder gesicherte medizinische Erkenntnisse noch Grenzwerte für die Luftbelastung mit Ultrafeinstaubpartikeln.

Das Interesse des für Grenzwerte zuständigen Bundes, diese Forschungslücke zu schließen, hielt sich bislang leider in Grenzen. Deswegen ist das Land Hessen selbst aktiv geworden. Das für die Luftqualität in Hessen zuständige Landesamt hat in den vergangenen Monaten die Konzentration von Ultrafeinstaub im Umfeld des Frankfurter Flughafens gemessen und ausgewertet. Mit diesen Ergebnissen leisten wir Pionierarbeit und liefern die umfangreichste Datenerhebung und Auswertung zur Ultrafeinstaubkonzentration im Nahbereich eines Flughafens, die es deutschlandweit gibt.

Die ersten Zwischenergebnisse sind signifikant, aber sie sind auch kein Grund zur Panik. Wir nehmen sie sehr ernst. Wir werden die Messungen in Raunheim und in Frankfurt-Schwanheim weiterführen und durch eine weitere Station erweitern. Ich plädiere auch dafür, dass untersucht wird, ob und, wenn ja – ich habe auch das Forum Flughafen und Region gebeten, das weiterzuverfolgen –, welche gesundheitlichen Auswirkungen Ultrafeinstaubpartikel auf die Gesundheit haben.

Ich habe den Vorstand des Forums Flughafen und Region gebeten, sich bei seinen Arbeiten intensiv mit der Frage zu befassen, ob und wie gegebenenfalls die Belastungen durch Ultrafeinstaub vermindert werden können und welche gesundheitliche Wirkung sie haben.

Mit der vom FFR beauftragten NORAH-Studie haben wir bei der Untersuchung von Lärm einen Meilenstein gesetzt. Ich werde mich dafür einsetzen, dass wir das in den kommenden Jahren auch für den Bereich Ultrafeinstaubbelastung erreichen können.

Zusatzfrage, Frau Abg. Geis.

Herr Minister, vielen Dank für Ihre Ausführungen. – Meine Frage geht in den Bereich des Arbeitsschutzes. Wie beurteilen Sie die Verpflichtung des Unternehmens Fraport, das in hohem Anteil in Landesbesitz ist, sich hinsichtlich der Arbeitsschutzmaßnahmen für die am Frankfurter Flughafen arbeitenden Menschen bei der Ultrafeinstaubbelastung mit Messstellen und weiteren Messstationen am Flughafen zu beteiligen?

Herr Staatsminister Al-Wazir.

Ich hatte bereits gesagt, dass über die Ultrafeinstäube bisher sehr wenig Erkenntnis existiert. Dementsprechend gibt es auch keine Grenzwerte. Deswegen würde ich, von Ihrer Frage her gesehen, sagen: Wahrscheinlich gibt es keinerlei Verpflichtung, irgendetwas zu tun.

Auf der anderen Seite, das hatte ich auch gesagt, fängt das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie von sich aus an, zu messen. Das ist die für Hessen zuständige Stelle für die Luftreinhaltung. Ich weiß, dass es auch Messstationen auf dem Flughafengelände gibt. Deswegen bin ich mir sehr sicher, dass in den nächsten Jahren immer mehr Erkenntnisse, auch mit zusätzlichen Messstationen, erreicht werden. Dann muss man die Folgen eruieren; denn die kennt man bisher auch nicht. Dann geht es um die Frage von Grenzwerten, sowohl für die allgemeine Luftbelastung wie auch für den Arbeitsschutz.

Zusatzfrage, Frau Kollegin Wissler.

Herr Minister, ist es denn zutreffend und ist es der Landesregierung bekannt, dass die maximal zulässigen Arbeitsplatzkonzentrationen am Frankfurter Flughafen regelmäßig überschritten werden?

Herr Minister Al-Wazir.

Frau Wissler, welche Konzentrationen, von was?

(Janine Wissler (DIE LINKE): Darf er mich auch fragen? – Allgemeine Heiterkeit)

Das ist eine schwierige Situation für mich, dafür gibt es keine Regelung. Ich rufe Sie noch einmal auf, stellen Sie Ihre Frage noch einmal.

Die Frage ist, ob das, was an Belastung zulässig ist, regelmäßig überschritten wird. Können Sie dazu etwas sagen?

Herr Staatsminister.

Es gibt keine Grenzwerte für Ultrafeinstäube. Deswegen stelle ich diese Frage. Wenn Sie sagen, irgendetwas sei überschritten, dann muss es eine Grenze geben, die vorher jemand festgelegt hat.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Eigentlich ist das logisch!)

Ich habe es jetzt verstanden. – Herr Kollege Warnecke, auch noch eine Zusatzfrage.

Lieber Herr Staatsminister, ich darf Sie fragen: Werden, um Aussagen zu den kausalen Wirkungszusammenhängen treffen zu können, auch Tierversuche notwendig sein, und werden diese in den von Ihnen genannten Forschungen berücksichtigt?

Herr Staatsminister Al-Wazir.

Sehr geehrter Herr Abg. Warnecke, ich bin kein Wissenschaftler, sondern an dieser Stelle bin ich der verantwortliche Minister. Ich habe den Vorstand des Forums Flughafen und Region gebeten, sich analog zum Vorgehen bei der NORAH-Studie darüber Gedanken zu machen, wie entsprechende Forschungen vorangetrieben werden können. Am Ende legt nicht der Minister fest, wie geforscht wird, sondern die Wissenschaftler. Ehrlich gesagt, ist das auch besser so.

Letzte Zusatzfrage, Frau Kollegin Wissler.

Herr Minister, mir ist es nicht ganz klar. Auch wenn es keine verbindlichen Grenzwerte gibt, muss es doch irgendwelche Richtwerte geben, aufgrund deren Vorhandenseins Sie überhaupt erst zu der Aussage kommen, dass es eine besonders hohe Konzentration gibt. Sie haben vorhin eine Bewertung der Messergebnisse vorgenommen. Es muss doch vielleicht keine verbindlich festgelegten gesetzlichen Grenzwerte, aber irgendetwas geben, woran Sie diese Aussage festmachen, dass das bedenklich ist. Ich weiß nicht mehr, ob „bedenklich“ Ihr Wort war. So etwas in der Art hatten Sie gesagt.

Herr Minister.

Nach meiner Erinnerung habe ich gesagt: signifikant. – Signifikant heißt, man misst etwas, man misst eine Erhöhung. Das ist bemerkenswert, weil es anders ist als ohne Belastung. Jetzt müssen Sie wissen: Man hat sozusagen Luft, die man misst, die im Zweifel ohne jegliche besonderen Einflüsse ist. Ultrafeinstäube können unterschiedlicher Herkunft sein. Es gibt auch den natürlichen Ursprung; beispielsweise wenn über einen abgeernteten Acker Wind weht, dann entsteht Staub, im Zweifel auch Feinstaub, vielleicht sogar Ultrafeinstaub.

Deswegen muss man als Erstes versuchen, herauszufinden, woher der Feinstaub kommt und welche Zusammensetzung er hat. Dabei geht es dann auch in die Chemie, zu prüfen, ob der Ultrafeinstaub natürlichen Ursprungs ist, anthropogenen Ursprungs, mit allem, was dazugehört. Das alles steht jetzt an. Dann muss man die Frage klären, ob er negative Auswirkungen hat, je nachdem, aus welcher Quelle er kommt. Dann kann man sich die Frage stellen, ob man aus Gründen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes Grenzwerte einführen müsste. Dann muss man sich die Frage stellen, wie man die erreicht. So ist die Reihenfolge.

Meine Damen und Herren, wir haben keine Fragen mehr vorliegen, sodass wir jetzt am Ende der Fragestunde sind.