Protokoll der Sitzung vom 19.06.2018

Viertens. Dieser Punkt ist ganz zentral: Im Masterplan für die Rhein-Main-Region haben wir uns gemeinsam mit Universitäten die Einrichtung von Entrepreneurship-Lehrstühlen vorgenommen ebenso wie dezidierte Kurse zur Unternehmensgründung.

Mein gemeinsames Ziel mit dem Wissenschaftsminister ist es, dass uns das auch für ganz Hessen gelingt: Keine Studentin und kein Student soll mehr eine Universität verlassen, ohne im Hörsaal mit dem Thema Start-ups und Gründung konfrontiert worden zu sein.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung hat außerdem jedes Interesse daran, dass Frankfurt auch in Zukunft der bedeutendste Finanzplatz der Eurozone ist. Dafür muss Frankfurt bei den Zukunftsthemen dabei sein.

Ein weiteres Zukunftsthema neben den Fintechs ist künstliche Intelligenz. Aktienhandel, Marktanalyse, Missbrauchsaufsicht, Sicherheit – all das wird künftig ohne künstliche Intelligenz kaum noch denkbar sein. Gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft wollen wir deshalb am Finanzplatz Frankfurt einen KI-Hub etablieren und an den nationalen KI-Masterplan anknüpfen.

Am Finanzplatz Frankfurt ballt sich die Expertise, um auf diesem Gebiet eine führende Position einzunehmen.

Ein letzter Punkt in Sachen Finanzplatz ist das Thema Green Finance – ein rasch wachsender Markt und deshalb eine große Chance für den Finanzplatz. Vor allem ist er aber der Schlüssel, der das Kapital für Energiewende, Verkehrswende und die ökologische Transformation unserer Wirtschaft besorgt.

Wir brauchen die privaten Investoren und institutionellen Anleger. Diese wiederum brauchen Standards und Kriterien und wirksame Instrumente, um echtes Green Finance von Greenwashing zu unterscheiden. Das ist eine Aufgabe des Green and Sustainable Finance Cluster Germany, das unter unserer Beteiligung in Frankfurt entstanden ist. Hessen leistet damit seinen Beitrag zur nachhaltigen Ausrichtung des Finanzsystems.

Die Wirtschaftspolitik der Landesregierung hat in den vergangenen Jahren Voraussetzungen geschaffen, damit wir in Hessen unsere Chancen besser nutzen können, besser gegen Krisen gewappnet sind und mehr Bürgerinnen und Bürger an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben. In Hessen kann sich jeder und jede anschauen, wie erfolgreiche Wirtschaftspolitik aussieht. Wir haben geliefert.

Die Fakten sprechen eine sehr klare Sprache. Unsere Wirtschaftspolitik ist erfolgreich – nicht nur für eine bestimmte Klientel, sondern für alle. Nicht nur für Umwelt und Klima, sondern auch für Wohlstand und Arbeitsplätze. Nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für die Zukunft. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Damit ist die Regierungserklärung ergangen. Ich stelle fest, dass die Redezeit ab jetzt plus zwei Minuten pro Oppositionsfraktion gilt. Das Wort hat als erster Redner Herr Kollege Eckert für die Fraktion der SPD. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt wissen wir wenigstens, warum er eben die Redezeiten der Opposition verkürzen musste: damit der Minister dann bei seiner Regierungserklärung deutlich überziehen kann. Da wird manches dann auch deutlich.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU: Oh! – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Aber wenn sich die Nebelschwaden Ihrer Selbstbeweihräucherung in diesem Saal gelegt haben, Herr Minister, lassen Sie uns tatsächlich einmal zu dem Thema der Regierungserklärung kommen, nämlich zu der Frage nach einem guten Weg für eine nachhaltige und gerechte wirtschaftliche Entwicklung in unserem Bundesland.

Es ist nicht meine Feststellung, Herr Minister, wenn Sie in Ihrer Rede implizieren, dass es erst die GRÜNEN gebraucht hat und dass die Union als tragende politische Kraft in den letzten 19 Jahren es bis zu Ihrem Erscheinen nicht auf die Kette gebracht hat, hier in Hessen innovativ zu sein und sich um die Zukunft unseres Landes zu kümmern.

(Beifall bei der SPD)

Sollte Ihre Rede gerade diesen Ansatz verfolgt haben, will ich Ihnen eines sagen: Das Problem Union zu beschreiben und so deutlich zu adressieren, ist richtig. Wenn Sie aber meinen und beschreiben, Sie seien die Lösung der Probleme – und so läuft es ja, Herr Minister –, dann sind Sie in diesem Fall schief gewickelt.

(Beifall bei der SPD)

Richtig ist: Hessen ist ein wirtschaftsstarkes Land mit hoher Wertschöpfung und hoher Beschäftigung. Das ist in der Tat das Verdienst der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Unternehmen hier in Hessen. Das ist richtig.

(Zuruf von der CDU: Und der Opposition!)

Es ist aber genauso richtig, dass es darum gilt, dies nicht als Zustand zu erfassen und sich zurückzulehnen, sondern diese Momentaufnahme zu nehmen und daran zu arbeiten, das sich dies in der Zukunft fortsetzt und verstärkt. Nicht im Bewahren und Ausruhen, sondern im beharrlichen Voranschreiten mit der Beantwortung zentraler Zukunftsfragen für unser Land, mit dem zielgerichteten Setzen von Impulsen, mit der Umsetzung der Ideen für unser Land gemeinsam mit den Sozialpartnern, den Unternehmen und Verbänden, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, den Gewerkschaften in unserem Land – so, Herr Minister, geht man das Hessen von morgen an. Daran muss Politik sich auch messen lassen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Michael Bodden- berg (CDU))

Deswegen will ich Ihre Aspekte kurz aufnehmen und deutlich machen, dass nach dem Verzug dieses Weihrauchs viele Fragen offenbleiben. Interessant ist, was Sie alles nicht gesagt haben, Herr Minister.

(Alexander Bauer (CDU): Dann hätte er noch länger reden müssen!)

Bei der Innovationskraft der Wirtschaft reden Sie sehr lange von Start-ups – unbestritten ein nicht unwichtiges Thema. Eine ganze Regierungserklärung lang beschäftigen Sie sich mit Ankündigungen und Absichtserklärungen.

(Michael Boddenberg (CDU): Wir arbeiten weiter, Herr Kollege!)

Herr Minister, Sie regieren seit vier Jahren. Ankündigungen reichen nicht mehr aus, Sie hätten schon lange konkret werden können.

(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Wir arbeiten einfach weiter! – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Herr Boddenberg, der Gründungsmonitor der KfW bescheinigt Hessen bei Gründungen nur Mittelmaß.

(Michael Boddenberg (CDU): Weil wir schon so gut sind!)

Wir liegen auf dem Niveau von Brandenburg. Das ist in unseren Augen nicht der Vergleichsmaßstab für das Wirtschaftsland Hessen. Deswegen nicht ankündigen und wolkige Worte, sondern umsetzen – das wäre Ihr Thema gewesen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Michael Bod- denberg (CDU))

Sie erwähnen mit keinem Wort die heimische Industrie bei dem Thema Innovationstreiber. Sie erwähnen mit keinem Wort die regionalen Unterschiede und Herausforderungen unseres Landes. Sie reden kein einziges Mal von den einzelnen starken Clustern in Hessen und Ihren Ideen, wie wir diese und weitere im Interesse der Menschen und der Unternehmen hier im Land stärken und unterstützen wollen. Kein Wort zur chemischen Industrie oder zur Pharmazie.

(Stephan Grüger (SPD): Hört, hört!)

Kein Wort zur Optoelektronik, kein Wort zu Automotive, und, und, und.

(Stephan Grüger (SPD): Hört, hört!)

Herr Minister, zu den Innovationstreibern aus dem Mittelstand kommt auch bei Ihrer Rede aus Ihrem Munde nichts.

(Beifall bei der SPD)

Ob Start-ups, Fintechs oder Brexit – das ist Ihre Sicht auf die Wirtschaft in Hessen. Kein Wort dazu, dass der südhessische Wirtschaftsraum wie wenige Regionen in Europa unter dem Brexit leiden wird. Sie reden nur über die Banken.

(Michael Boddenberg (CDU): Das müssen Sie überhört haben!)

Studien zeigen, dass gerade die südhessische Wirtschaft mit ihrer engen wirtschaftlichen Verzahnung mit Großbritannien zu den großen Verlierern zählen könnte. Ich betone „könnte“; man muss nur aktiv etwas dagegen tun. Sie zeigen keine Initiativen gerade für diese Firmen und ihre Beschäftigten. Die hessische Wirtschaft ist mehr als Banken und Versicherungen, so wichtig sie für den Wirtschaftsstandort Hessen sind. Herr Minister, Ihr Blick ist bei diesem Thema viel zu eng. Sie übersehen weite Teile Hessens. Damit schaden Sie der nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung in unserem Land.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, dann reden Sie lange vom Thema der erneuerbaren Energien und davon, wie gut Sie da so vorangekommen sind. Besser: wie gut Sie da hätten vorankommen sollen. Denn die Wahrheit ist doch auch: Ihre selbst gesteckten Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien werden Sie als Regierung deutlich verfehlen. Studien wie die Bundesländer-Vergleichsstudie 2017 zeigen deutlich, dass bei diesem Thema die Luft nach oben größer statt kleiner geworden ist.

Herr Minister, wo ist Ihre Betonung der mittelstandspolitisch so wichtigen Funktion der Energiewende mit ihrem Potenzial für Arbeit und Beschäftigung in Hessen? Es mag Sie vielleicht nicht interessieren, aber für die Akzeptanz der Energiewende ist das eines der Themen für die Menschen im Land. Wir müssen die positiven Seiten und Chancen herausarbeiten und diese fördern. Dass Sie dazu nichts gesagt haben, ist traurig, Herr Minister, und zeigt, wie einseitig Sie das Thema angehen.

(Beifall bei der SPD)

Dass wir in Hessen bei dem Thema Energie nicht vorankommen – Herr Minister, schauen Sie sich einmal Ihren Koalitionspartner an: hier in Sonntagsreden wohlfeil über die Energiewende reden und vor Ort blockieren und den Widerstand organisieren. Wie man das nennt, das wäre unparlamentarisch. Aber wenn man selbst auf der Bremse steht, kommt man eben nicht voran.

(Beifall bei der SPD)

Ganz hervorragend, so will ich meinen, ist Ihre Passage zur Bestandsaufnahme der Verkehrspolitik in einem Teil. Sie betonen, dass im Land der CDU-geführten Landesregierung keine Ideen für integrierte Verkehrskonzepte und moderne Mobilität vorgelegen haben. Ich widerspreche Ihnen aber bei dem Punkt, dass dies durch Sie jetzt geändert worden wäre. Nein, die Konstante CDU bleibt bis zum heutigen Tag bestehen, und deswegen bleiben auch Beharrung, Rückblick statt Aufbruch, Ideenlosigkeit statt Innovation, weiter sektorale Betrachtung statt integrierter Mobilitätsplanung, eine überall mangelhafte Ausstattung, ob im Infrastrukturangebot, für den ÖPNV oder bei Landesstraßen. Das ist weiterhin Realität in Hessen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Wie viel hätten Sie denn gern, Herr Kollege?)

Sie bieten viele Einzelaktionen, aber kein Gesamtkonzept. Sie bieten einzelne, durchaus positive Aktionen. Aber es bleibt im Singulären und greift nicht für alle. Ja, Herr Minister, Sie sagen es: Hessen lebt wie kein zweites Bundesland mit und von der Mobilität. Dafür aber ist in den 19 Jahren CDU-Regierungen in Hessen viel zu wenig passiert. Wenn das die Botschaft in diesem Teil Ihrer Rede gewesen sein sollte, dann hätten Sie recht gehabt; nach wie vor sind die Lösungen und die Antworten im Bundesland Hessen zu klein oder nicht vorhanden, meine Damen und Herren.