Sie bieten viele Einzelaktionen, aber kein Gesamtkonzept. Sie bieten einzelne, durchaus positive Aktionen. Aber es bleibt im Singulären und greift nicht für alle. Ja, Herr Minister, Sie sagen es: Hessen lebt wie kein zweites Bundesland mit und von der Mobilität. Dafür aber ist in den 19 Jahren CDU-Regierungen in Hessen viel zu wenig passiert. Wenn das die Botschaft in diesem Teil Ihrer Rede gewesen sein sollte, dann hätten Sie recht gehabt; nach wie vor sind die Lösungen und die Antworten im Bundesland Hessen zu klein oder nicht vorhanden, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Was hätten Sie denn gern? Werden Sie doch ein bisschen konkret!)
In der Tat, wir stehen in Hessen, wo wir stehen, und das liegt insbesondere an dieser Landesregierung.
Herr Boddenberg, hören Sie einfach zu, dann werden Sie das auch mitbekommen. – Ja, wir stehen im Stau und in überfüllten S-Bahnen in Hessen.
(Michael Boddenberg (CDU): Was ist Ihr Vorschlag? – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein eigener Vorschlag!)
Die Infrastrukturherausforderungen für eine zukunftsfähige Wirtschaft in Hessen sind immens. Hessen Mobil haben Sie in CDU-Regierungsverantwortung kaputtsaniert und -reformiert:
Personalmangel an allen Ecken und Enden, eine sogenannte Sanierungsoffensive, die das Papier nicht wert ist, auf dem sie steht, bei der die Maßnahmen sich verzögern, verschoben werden, Sie nicht nachkommen. Ja, es ist wahr, nach 19 Jahren CDU-Verantwortung in unserem Land geht die Infrastruktur in Hessen auf dem Zahnfleisch, meine Damen und Herren.
Herr Boddenberg, wenn Sie schon nicht auf uns hören, dann gehen Sie zu den Verbänden und Organisationen.
Von DGB bis VhU, alle erzählen Ihnen genau das Gleiche, legen den Finger in die Wunde und machen deutlich, wo die Veränderungsnotwendigkeiten für ein Hessen von morgen sind. Dazu zählt auch die Mobilität von morgen.
(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Haben Sie schon einmal einen erlebt, der sagt, er hätte lieber ein bisschen weniger?)
Herr Minister, beim Thema Digitalisierung sagen Sie, Sie verstehen die Sorgen der Menschen. Mich wundert dann bei Ihrer Rede nur: Wo bleiben denn neben den Unterstützungsangeboten für Firmeninhaber und Unternehmensführungen Ihre konkreten Angebote, um diese Sorgen mit aufzunehmen? Wo bleibt in Hessen endlich die arbeitnehmerorientierte Digitalisierungsberatung?
Wo bleibt die Initiative aus Hessen zur Stärkung der Mitbestimmungsrechte im Betriebsverfassungsgesetz zur Gestaltung der Digitalisierung in den Unternehmen? Wo bleibt Ihr Schwerpunkt im Bereich der digitalen Bildung, im schulischen Kontext und der Ausbildung ebenso – darüber haben wir bei Ihrer vorletzten Regierungserklärung schon gesprochen –, und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die fit gemacht werden wollen für die Veränderungen in der Wirtschaft durch die Digitalisierung? – Zu alldem schweigen Sie sich aus.
Meine Damen und Herren, die Digitalisierung darf keine Elitendiskussion sein, sondern muss die Menschen mitnehmen, muss die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einbeziehen; denn nur so kann sie wirklich gestaltet werden.
Da braucht es auch nicht vor jeder Wahl, wenn irgendwo ein Thema angeblich so wichtig ist, eine wortreiche Erklärung des noch amtierenden Ministerpräsidenten, dass man sich nach der Wahl mit einem eigenen Ministerium mit diesem Thema beschäftigen möchte. Vor der Wahl 2013 hatte Herr Bouffier angekündigt, in einer neuen Regierung ein Zukunftsministerium zu etablieren. Geschehen ist gleich null. Genauso würde es auch mit dem Thema Digitalministerium passieren.
Aber ich sagte es Ihnen schon beim Thema E-GovernmentGesetz: Wir arbeiten daran, dass er sich ab dem nächsten Jahr erst gar nicht mehr weiter mit solchen Themen beschäftigen muss. Es würde auch tatsächlich nicht von ihm umgesetzt werden.
In der Tat, für Digitalisierung braucht es die Infrastruktur. Herr Minister, die Frage der digitalen Spaltung von Stadt und Land sprechen Sie nicht an. Der Fortschritt in Hessen ist kommunal getragen. Wir brauchen eine klare Glasfaserstrategie des Landes in seinen Förderinstrumenten. In der Frage nach 5G-Modellregionen in Hessen tauchen Sie ab.
In der Frage der Infrastruktur zur Erprobung autonomer Antriebstechniken auf Landesstraßen ziehen Sie sich heraus und verweisen auf alle anderen, nur mal wieder nicht auf sich selbst. Lesen Sie sich meine Rede zu Ihrer sogenannten Strategie Digitales Hessen durch. An den Befunden und Herausforderungen seinerzeit hat sich trotz aller
medialen Arbeit Ihres Hauses im Lauf der Zeit nichts Wesentliches verändert, meine Damen und Herren.
Unzählige wichtige Themen für eine nachhaltige und gerechte Entwicklung in Hessen sprechen Sie heute hier leider nicht an. Sie wollen sie ja politisch zum Teil auch nicht. Wenn wir alle gemeinsam an einer starken Sozialpartnerschaft, an starken Gewerkschaften und breit verankerten Arbeitgeberverbänden interessiert sind, dann sollten wir das nicht nur sagen, sondern auch danach handeln. Die Implementierung sozialer Kriterien in der Landeswirtschaftsförderung wäre ein Beitrag des Landes zur Stärkung von Tarifgebundenheit, zur Stärkung der Mitbestimmung und vieler anderer Themen mehr. Dies wäre keine Sanktionierung, sondern ein Anreizsystem für Betriebe, die sich genau so verhalten und intern arbeiten, wie wir das von einer gelebten Sozialpartnerschaft erwarten. Das wäre der Beitrag des Landes. Aber Sie lehnen das hier in diesem Hause immer wieder ab. Das muss sich in Hessen ändern, meine Damen und Herren.
Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gehören eine starke Wirtschaft und gute Arbeit fest zusammen. Kollege Decker hat es an dieser Stelle schon oft erwähnt: Ja, sie bedingen einander und sorgen somit dafür, dass ein wirtschaftsstarkes Hessen in der Zukunft möglich ist, meine Damen und Herren.
Wir müssen als Land unseren Beitrag zu einem fairen und gerechten Wettbewerb ernst nehmen und diesen zeitgemäß ausgestalten. Das Tariftreue- und Vergabegesetz kommt den Anforderungen zur Durchsetzung von fairem Wettbewerb nur unzureichend nach. Es fehlt auch eine echte und wirksame Kontrolle. Sie, die Mehrheit in diesem Hause, lehnen das bislang beharrlich ab. Meine Damen und Herren, wir wollen das in Hessen ändern.
Herr Minister, wo bleibt Ihr Ansatz, zusammen mit Unternehmen und Gewerkschaften im Trialog mit der Politik die Entwicklung des Industriestandortes Hessen voranzutreiben und gemeinsam zu gestalten? – Bislang liegt das in Ihrer Regierungspolitik brach. Auch das wollen wir in Hessen ändern.
Wo bleibt Ihr wirkliches Eintreten für die regionale Wirtschaftsförderung, fest verankert in den Regionen, mit Kenntnis der heimischen Wirtschaftsstruktur als Dienstleister und Hilfe für die Unternehmen vor Ort? – Da tut sich Hessen bislang viel zu schwer und organisiert viel zu viel, und bei den Firmen kommt zu wenig an. Meine Damen und Herren, auch das wollen wir in Hessen ändern.
Wir wollen uns in der Wirtschaftsförderung in Hessen vor allem auf zwei Förderschwerpunkte konzentrieren: erstens auf eine niedrigschwellige Grundförderung über zinsgünstige Hausbankdarlehen und Direktfinanzierungen für Unternehmen, die aufgrund ihres Geschäftsmodells bei Geschäftsbanken auf Finanzierungsschwierigkeiten stoßen.
Zweitens muss die intensivere Förderung des Landes auf die Unterstützung des Strukturwandels konzentriert wer
den: einerseits auf die Innovationsförderung bei Unternehmensgründungen und Neuentwicklungen, insbesondere im Bereich Digitalisierung Wirtschaft 4.0, und andererseits auf die Effizienzrevolution, wie beispielsweise die energetische Optimierung und die CO2-Einsparung. Wir wollen die Kombination öffentlicher und privater Finanzierungsangebote intensivieren, Stichwort: Konsortialfinanzierung, sowie die Förderung durch das Bereitstellen von Eigenkapital ausbauen.
Meine Damen und Herren, die Sicherung der Fachkräfte der Zukunft ist eine der wesentlichen Herausforderungen für unsere Wirtschaftspolitik. Aktive Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fortbilden, Nachwuchs heranziehen und ausbilden, Räume für Aus- und Weiterbildung schaffen, die echte Gebührenfreiheit in der Bildung vom Anfang bis zum Master und Meister wirklich durchsetzen – all das sind Themen, denen wir begegnen müssen und die wir hier in Hessen gestalten wollen.
Bei Ihnen bleiben viele Maßnahmen im Klein-Klein. Man merkt: Eigentlich meinen Sie es nicht so. Der Druck von vielen Seiten ist zu groß. Sie müssen etwas machen. Dann kommen dabei irgendwelche Gutscheine heraus. Dann gibt es Förderungen. Bei dem Meisterzuschuss, den Sie neu eingeführt haben, haben Sie in dem Bereich komplett die Industrieberufe vergessen. All das sind Themen, bei denen man merkt: So richtig haben Sie das Thema noch nicht durchdrungen. Sie haben auch noch nicht den richtigen Druck in dieses Thema gebracht. Sie bleiben im KleinKlein. Hier müssen wir in Hessen deutlich besser werden, meine Damen und Herren.
Anders als der Minister will ich jetzt auch nicht deutlich über die uns zustehenden Redezeiten hinausgehen. Ich will aber deutlich machen, dass wir gerade in einem unglaublich wichtigen Punkt – in der Frage von Bildung, Ausbildung, Weiterbildung – ganz viele wesentliche Punkte, über die wir hier immer wieder einmal diskutieren wollen, zusammengefasst haben, damit ich sie nicht im Einzelnen vortrage; ein kleiner Werbeblock ist dabei. Entsprechend umfassend ist das Thema Ausbildung als zweite Chance, nämlich wenn Menschen erst ihren Weg in das Erwerbsleben suchen und dann ihren Weg finden. Es ist notwendig, das zu ermöglichen und die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen; denn wir brauchen jede und jeden hier in Hessen gut ausgebildet und qualifiziert für die Wirtschaft von morgen.
In all diesen Themenfeldern bleiben Sie weit hinter dem Notwendigen und Richtigen für Hessen zurück. Seit 19 Jahren verbummeln CDU-geführte Landesregierungen die aktive Gestaltung eines wirtschaftsstarken Hessens von morgen. Herr Minister, auch Ihre Regierungsbeteiligung hat daran nichts Wesentliches verändert. Es bedarf einer wertgetragenen, innovativen und partnerschaftlich organisierten Wirtschaftspolitik mit Unternehmen und Verbänden, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Gewerkschaften, um gemeinsam das Hessen von morgen zu gestalten.
Sie bleiben nicht nur hinter der Überschrift Ihrer Regierungserklärung weit zurück, Sie bleiben auch im tatsächlichen Handeln Ihrer Regierungsarbeit weit zurück. Deswe
gen: weniger Eigenlob, weniger Eigen-PR, mehr gestalterische, aktive und aktivierende Wirtschaftspolitik in Hessen – das ist die Herausforderung und der Anspruch an Landespolitik. Diesem Anspruch laufen Sie seit 19 Jahren hinterher. Lassen Sie uns deswegen gemeinsam am Hessen von morgen arbeiten, und lassen Sie uns jetzt gemeinsam Zukunft machen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Eckert. – Als Nächster spricht Herr Abg. Kasseckert für die Fraktion der CDU. Bitte sehr.