Protokoll der Sitzung vom 20.06.2018

Es wird auch darum gehen, dass wir eine Stärkung in dem Bereich, den Herr Kollege May eben auch schon angesprochen hat, vollziehen, nämlich eine Stärkung – auch eine quantitative Stärkung – der Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Es wird darum gehen, dort auch Gewichte zu verschieben und zu sagen, was wir möchten. Auch das muss in den Ländern möglich sein. Was wollen wir z. B. im Bereich der MINT-Fächer stärken? Dies nur stellvertretend für andere Möglichkeiten, Parameter festzulegen. Das muss möglich sein.

Ich glaube, wir müssen auch darüber nachdenken, dass wir die Schnittstellen im tertiären Bereich zwischen beruflicher Bildung und Hochschulbildung in den Blick nehmen. Dort gibt es Übergänge, über die man meines Erachtens nachdenken kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass das, was in Berlin mit der Koalitionsvereinbarung zustande

gekommen ist, jetzt in absehbarer Zeit zu wirklichen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern führen muss und nach Möglichkeit tatsächlich in einen Prozess führen sollte, der es nicht alle sieben Jahre, sondern auf Dauer ermöglicht, Menschen einzustellen – auf unbefristete Stellen –, der Studieninteressenten die Möglichkeit gibt, abzusehen, welche Studienmöglichkeiten es in diesem Land gibt, der ihnen Anregungen dazu gibt, Fächer zu studieren, die in dieser Gesellschaft auch tatsächlich gebraucht werden, und der die Möglichkeit der Steuerung und Gestaltung beinhaltet, damit wir auch in Richtung der Hochschulen für angewandte Wissenschaften und bestimmter Fachgruppen steuern können. Darauf setze ich meine Hoffnungen.

Ich bin sehr froh, dass Kollege Grumbach angekündigt hat, dass das seine Zustimmung findet. Vielleicht kann das ja auch einstimmig werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank. – Als Nächste spricht Kollegin Knell, FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt zwei Feststellungen, die die heutige Debatte bestimmen, die außer Frage stehen und die auch nicht überraschen. Das Erste: Der Bund-Länder-Hochschulpakt 2020 wird Ende des Jahres 2020 auslaufen; das haben wir mehrfach gehört.

Das Zweite: Nicht nur nach Auffassung der Hochschulen ist es notwendig, diesen Hochschulpakt zu verstetigen. Umso selbstverständlicher muss es sein, dass die Landesregierung ihre Aufgabe durch den Wissenschaftsminister wahrnimmt und sich für eine Weiterentwicklung und Verstetigung einsetzt.

(Zuruf von der CDU: Das tut sie!)

Die Landesregierung zu bitten, sich einzusetzen – wie es in Punkt 4 des Antrags aufgeführt ist –, erscheint eigentlich unnötig. Vor allem wird auch deutlich, dass wir dieses Thema bereits seit geraumer Zeit diskutieren und anmahnen.

Die Hochschulen haben – auch in den Jahresgesprächen – bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass sie Planungssicherheit benötigen, um ihre Hochschulen zukunftsfähig zu machen, um die Qualität von Lehre und Forschung zu gewährleisten und auch um Entscheidungen im Personalbereich treffen zu können.

Seitens der Landesregierung wurde mehrfach entgegnet, man müsse abwarten – erst die Bundestagswahl, dann die Sondierung, dann die Koalitionsverhandlungen und dann die neue Bundesregierung –, bevor man diesbezüglich aktiv werden könne.

Lieber Kollege May, zur bösen Lindner-FDP: Uns vorzuwerfen, dass wir daran schuld seien, finde ich, ehrlich gesagt, schon etwas anmaßend.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Jürgen Lenders (FDP): Im Zweifel ist die FDP schuld, das ist immer so!)

Ich weiß, Sie sind ein bisschen eingeschnappt, weil wir im Bund nicht mit den GRÜNEN regieren wollten; aber ich denke, langsam ist es einmal an der Zeit, diesen Jammermodus abzustellen und sich auf Hessen zu konzentrieren. Auch hier gilt übrigens, dass wir nicht für alles zu haben sind.

(Beifall bei der FDP)

In den vergangenen Monaten wäre auf jeden Fall genug Zeit gewesen, dieses wichtige Anliegen fachlich fundiert zu hinterlegen und auf den Weg zu bringen. Das ist nicht passiert.

Der Wissenschaftsrat hat im April in Trier ein Positionspapier mit dem Titel „Hochschulbildung im Anschluss an den Hochschulpakt 2020“ verabschiedet. Darin finden sich Analysen und Bewertungen des derzeitigen Hochschulsystems sowie Prognosen der Studienanfängerzahlen bis 2025. Vor allem enthält das Papier auch Zukunftsaufgaben, denen sich die Hochschulen stellen müssen, und Empfehlungen bezüglich einer Nachfolgevereinbarung.

Demnach müssen Verlässlichkeit und Planungssicherheit bei der Zuweisung der finanziellen Mittel ebenso berücksichtigt werden wie die zentralen Aufgaben des Kapazitätserhalts, aber auch des Aufwuchses und der Qualitätsverbesserung. Gerade mit Blick auf den letzten Punkt kann es nach Ansicht der Hochschulrektorenkonferenz kein Gegeneinander und kein Entweder-oder geben, sondern beide Ziele müssen realisiert werden können.

Der Wissenschaftsrat schlägt einen kontinuierlichen jährlichen Zuwachs von 3 % vor, angelehnt an die Förderung der außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Konkret heißt es dort:

Über eine Nachfolgevereinbarung mit dem bisherigen Finanzvolumen hinaus sind zusätzliche Mittel notwendig, um den finanziellen Spielraum zur qualitativen Weiterentwicklung von Studium und Lehre zu vergrößern.

(Beifall bei der FDP)

Dafür ist eine progressive Finanzierung angemessen. Der Wissenschaftsrat empfiehlt dem Bund und den Ländern, eine dynamische Finanzierungskomponente zu prüfen, wie er sie bereits zur kontinuierlichen Anpassung der Grundfinanzierung von Hochschulen vorgeschlagen hat. Solche regelmäßigen und verlässlichen Zuwächse ermöglichen Hochschulen, die Qualitätsentwicklung gezielter und weiter voranzutreiben.

Vor diesem Hintergrund wäre es sehr hilfreich, wenn die Landesregierung neben der kurzen Ankündigung, dass sie die Mittel zur Kofinanzierung bereitstellen wird, auch einmal eine Bewertung dieser Vorschläge vornähme und darlegen würde, mit welchen Zielsetzungen sie z. B. in der Frage der Parameterjustierung und der Mittelverteilung in die Verhandlungen eintritt.

(Beifall bei der FDP)

Der Wissenschaftsrat spricht sich dafür aus, dass die Länder darüber hinaus bei der Zuweisung der Mittel an die Hochschulen darauf achten sollen, dass die Umstellung auf einen anderen Finanzierungsmechanismus nicht zu Verwerfungen in den Budgets der Hochschulen führt und deren Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigen. Vor allem in der Übergangs- und Umstellungsphase sollen die Mittel

flüsse so gestaltet sein, dass erhebliche finanzielle Schwankungen bei den Hochschulen vermieden werden.

Meine Damen und Herren, es braucht eine Zukunftsstrategie des Landes, um die Rahmenbedingungen für die hessischen Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften so zu gestalten, dass sie ihre Aufgaben erfüllen können.

Wir brauchen auch ein Konzept für die Nachfolgevereinbarung, in der neben Qualitätsverbesserungen und der Erhöhung der Kapazitäten auch neue Herausforderungen, wie die Digitalisierung, eine Rolle spielen. Die Hochschulen haben zu dem letztgenannten Punkt bereits ihre Forderungen veröffentlicht. Sie rechnen mit einem ungefähren Finanzierungsbedarf von 1 Milliarde €. Sie haben in diesem Zusammenhang auch auf den Sanierungsstau an den Hochschulen hingewiesen und die Fortsetzung sowie die Erhöhung der finanziellen Mittel von HEUREKA gefordert.

Gestern erschien die Antwort auf eine Kleine Anfrage der GRÜNEN im Bundestag zum Thema Hochschulpakt. Darin heißt es – ich zitiere –, dass

aus der Sicht der Bundesregierung eine Erhöhung der Grundfinanzierung der Hochschulen durch die Länder von besonderer Bedeutung für ein zukunftsfähiges Hochschulsystem in Deutschland [ist]. Dies bedeutet auch, dass in der Nachfolge des Hochschulpakts die Bundesmittel an eine nachweisbare und transparente Gegenfinanzierung durch die Länder geknüpft sind, welche dauerhaft und zusätzlich zur Grundfinanzierung der Hochschulen durch ihre Träger erfolgen muss.

Wir fragen uns: Welche Antworten hat die Landesregierung auf diese Fragen? Hier braucht es bereits frühzeitige Planungen; denn der Hessische Hochschulpakt endet, wie wir wissen, Ende 2020.

Um noch einmal auf den Bund-Länder-Hochschulpakt 2020 zurückzukommen, über den wir gerade sprechen: Dieser legt offen, dass die Länder mit dem Bund über bestimmte Quoten verhandeln, um die öffentlichen Mittel möglichst verlässlich und gerecht zu verteilen.

Meine Damen und Herren, wenn wir auf die Zielsetzung schauen, die Kapazitäten zu erhalten, bestimmte Fächern aufgrund des Fachkraftmangels auszubauen und die Qualität zu verbessern – z. B. durch die Verbesserung der Betreuungsrelationen, durch den Wettbewerb um die besten Köpfe und durch attraktive Arbeits- und Rahmenbedingungen –, so wird deutlich, dass wir noch einmal darüber nachdenken müssen, wie die Studienfinanzierung grundsätzlich geändert werden kann.

(Beifall bei der FDP)

Es ist keine Neuigkeit, aber auch nicht weniger richtig und aktuell – Jürgen Lenders wusste, worauf ich hinauswill –: Wir Freie Demokraten wollen, dass das Geld den Studenten folgt. Das Geld muss dahin, wo die Studenten sind, nicht dorthin, wo andere „Hier!“ schreien. Das ist nach unserer Auffassung die einzige Möglichkeit, einen Wettbewerb zwischen den Ländern zu fördern und die hessischen Hochschulen zu stärken; denn die Länder, die eine gute Wissenschaftspolitik machen, dürfen nicht dafür bestraft werden, dass sie mehr Studenten akquirieren und deshalb auf den Kosten sitzen bleiben.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind der Überzeugung, dass ein solches System dem Wissenschafts- und Forschungsstandort Hessen, aber auch der Innovationskraft unserer Wirtschaft sowie der Gesellschaft in Hessen zugutekommen würde. Es wäre außerdem ein Anreiz gegeben, einen Wettbewerb um die besten Köpfe bei den Studierenden, aber auch im Bereich der Lehre und Forschung zu ermöglichen – dieser Bereich wird ja immer ein bisschen vernachlässigt –, sodass alle an den Hochschulen unseres Landes und letztendlich auch wir davon profitieren würden.

Auch wenn wir Freie Demokraten uns eine grundsätzliche Veränderung der Finanzierung wünschen, so ist es zum derzeitigen Zeitpunkt dringend notwendig, dass eine Nachfolgevereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern auf den Weg gebracht wird und dass Hessen die Interessen seiner Hochschulen gebührend vertritt.

(Beifall bei der FDP)

Aus diesem Grunde stimmen wir dem Antrag zu, wenngleich dieser schon zu einem früheren Zeitpunkt erforderlich gewesen wäre.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Kollegin Wissler, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wer heute an einer Hochschule studiert oder arbeitet, wer Kinder hat, die an einer Hochschule studieren, der weiß, dass die Hochschulen in diesem Land chronisch unterfinanziert sind, dass die Mittel pro Studierenden sinken, dass das Betreuungsverhältnis zwischen Professoren und Studierenden immer schlechter wird und dass sich viele Beschäftigte an den Hochschulen von einem Vertrag zum nächsten hangeln, weil sie nur noch befristete Arbeitsverträge bekommen, ganz zu schweigen von den fehlenden Wohnheimplätzen und von dem nicht bedarfsdeckenden BAföG. Wir haben es also mit einer drastischen Unterfinanzierung der Hochschulen zu tun.

Die Studierendenzahlen sind in den letzten Jahren enorm gestiegen, aber die Hochschulfinanzierung hat da überhaupt nicht mitgehalten. Deshalb ist es richtig, dass der Hochschulpakt 2020 zwischen dem Bund und den Ländern fortgesetzt wird. Vor allem muss er aber verstetigt werden; denn die Hochschulen brauchen Planungssicherheit über das Jahr 2020 hinaus. Planungssicherheit brauchen insbesondere die Fachhochschulen, heute HAWs genannt, weil der Anteil der Hochschulpaktmittel zum Teil 30 % ihres Budgets ausmacht, d. h. deutlich höher liegt als an den Universitäten. Deshalb brauchen insbesondere die Hochschulen Planungssicherheit, und deshalb ist es notwendig, dass der Hochschulpakt endlich verlängert wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Das fordert auch der Wissenschaftsrat in seinem Positionspapier. Die Verlängerung des Hochschulpakts ist in der Koalitionsvereinbarung zwischen der Union und der SPD zwar festgehalten worden, aber es passiert einfach nichts. Herr Grumbach hat recht: Wir haben im letzten Jahr darüber geredet, wir reden heute wieder darüber. Vielleicht

sollte die CDU in diesem Hause mehr Druck auf die Bundesministerin für Bildung und Forschung ausüben, um dafür zu sorgen, dass die Verhandlungen endlich beginnen und endlich etwas Vernünftiges dabei herauskommt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass der Bund auf die Länder zeigt und die Länder auf den Bund zeigen. Frau Kollegin Knell hat eben aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der GRÜNEN auf der Bundesebene zitiert. In der Tat ist es so, dass die Bundesregierung sagt, aus ihrer Sicht müsse es eine Erhöhung der Grundfinanzierung der Hochschulen durch die Länder geben. Sie von der Landesregierung könnten auch einmal etwas dazu sagen, dass die Bundesregierung der Meinung ist, die Länder müssten das Grundbudget erhöhen. Das ist ja eine interessante Aussage. Sie schreiben stattdessen einen Antrag, der sich intensiv mit der Verantwortung des Bundes befasst. Mein Eindruck ist, hier wird gegenseitig mit dem Finger aufeinander gezeigt, aber es passiert eigentlich nichts.