Protokoll der Sitzung vom 22.08.2018

Das, was ich gestern in der Regierungserklärung gesagt habe, stelle ich jetzt an den Anfang meiner Ausführungen: Es ist die ureigene Aufgabe der Gemeinden, für die Kinderbetreuung verantwortlich zu sein. Die Folge der Verantwortung für diese Aufgabe ist letztendlich auch die Finanzierungsverantwortung. Somit sind für Fragen des Kostenausgleichs die Gemeinden die richtigen Ansprechpartner.

Die Genese des § 28 im HKJGB liegt in einer Klage der Stadt Wetzlar vor vielen Jahren. Insofern ist das ein altes FDP-Thema. In diesem Kontext haben die Gerichte geurteilt, dass es für Eltern ein Wahlrecht gibt. Dieses Wahl

recht wird seitens der Landesregierung immer flankiert, und dieses Wahlrecht wird auch nicht infrage gestellt.

Zweiter Punkt. Es wird hier immer das Beispiel „Frankfurt und Offenbach“ aufgeführt, unter dem Gesichtspunkt, dass die Stadt Frankfurt freien Trägern verbieten würde, Kinder in ihre Kindertagesstätten aufzunehmen. Dass das jemand aus Offenbach gesagt hat, heißt nicht, dass es einen Konflikt zwischen Frankfurt und Offenbach gibt. Als Offenbacher darf ich so viel Lokalpatriotismus haben.

Im Übrigen verbietet die Stadt Frankfurt den freien Trägern nicht die Aufnahme von Kindern. Sie geht einen etwas anderen Weg, der damit zu tun hat, wie groß der Bedarf ist und wie viele Plätze da sind. Bei einer Stadt, die eine hohe Einpendlerzahl hat, ist das auch verständlich. Sie bezahlt den freien Trägern für diese Kinder keine Betriebskostenzuschüsse. So ist es.

(René Rock (FDP): Aha!)

Wenn sie keine Betriebskostenzuschüsse leistet, hat sie auch keinen Anspruch auf einen Kostenausgleich. Sie hat dann überhaupt keinen Anspruch auf einen Kostenausgleich. Der freie Träger hat dann aber noch eine ganze Reihe von Möglichkeiten, auch im Hinblick auf die Herkunftsgemeinde.

Wir haben an dieser Formulierung, die nunmehr in § 28 HKJGB festgelegt ist, gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden ungefähr drei Jahre lang gearbeitet. Damals war Herr Rock noch Mitglied einer Fraktion, die in Regierungsverantwortung gewesen ist. Er hat somit noch sehr genau mitbekommen, welche Gespräche geführt worden sind und zu welchem Ergebnis dies geführt hat. Wenn wir uns die Evaluation ansehen, stellen wir fest, dass sich die Kostenausgleichsregelung in § 28 bewährt hat; denn sie hat dazu geführt, dass es ortsübergreifende Bedarfsplanungen gegeben hat. Sie hat auch dazu geführt, dass es zwischen den Gemeinden Vereinbarungen über Kostenausgleiche gegeben hat. Letztendlich stellte sich seit der Aufnahme in § 28 HKJGB heraus, dass kein Gerichtsverfahren mehr anhängig gewesen ist. Im Vorfeld der Aufnahme der jetzigen Regelung in den § 28 HKJGB war dies häufiger der Fall gewesen. Deshalb ist es sachgerecht, dass es bei dieser Regelung bleibt. Eine andere Regelung wird seitens der Landesregierung nicht als notwendig angesehen. Damit wird auch deutlich, wie die Stellungnahme der Landesregierung zu diesem Gesetzentwurf aussieht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Grüttner. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Debatte.

Ich lasse zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion, Drucks. 19/6497, abstimmen. Wer diesem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der FDP. Wer stimmt dagegen? – CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die SPD. Wer enthält sich? – Die Fraktion DIE LINKE und Frau Kollegin Öztürk. Somit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt worden.

Dann lasse ich über den Gesetzentwurf der Fraktion, Drucks. 19/6398 zu Drucks. 19/5959, abstimmen. Wer dem Gesetzentwurf der Fraktion der FDP zustimmen

möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der FDP. Wer stimmt dagegen? – CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, DIE LINKE und Frau Kollegin Öztürk. Somit ist dieser Gesetzentwurf in zweiter Lesung abgelehnt worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes und des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung – Drucks. 19/6648 zu Drucks. 19/6053 –

Berichterstatter ist Abg. Bauer. Herr Kollege, ich bitte um die Berichterstattung.

Frau Präsidentin! Beschlussempfehlung: Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung von SPD, DIE LINKE und FDP, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags, Drucks. 19/6631, in zweiter Lesung anzunehmen.

Vielen Dank, Herr Kollege Bauer, für die Berichterstattung. – Die vereinbarte Redezeit für die Aussprache beträgt 7,5 Minuten. Als erster Kollege hat sich Herr Meysner von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns heute mit dem Brand- und Katastrophenschutz beschäftigen, gilt es zuerst, den engagierten Kräften, die sich ehrenamtlich wie hauptamtlich tagtäglich für unser Gemeinwohl und zur Gefahrenabwehr einsetzen, ein ehrliches und aufrichtiges Dankeschön zu sagen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Wertschätzung sowie unsere Anerkennung für diese Arbeit finden auch in der vielfältigen Förderung des Feuerwehrwesens Niederschlag. Bei den vielen Einweihungen von Gebäuden und von Fahrzeugen sowie auf den zahlreichen Feuerwehrfesten erfahre ich seitens der Feuerwehr immer wieder ein großes Dankeschön für die derzeitige Förderstruktur. Seit 2006 hat die CDU-geführte Landesregierung rund 105 Millionen € in die Ausstattung der Feuerwehren investiert und im Rahmen einer Ausstattungsoffensive über 30 Millionen € für die bestmögliche Ausrüstung im Katastrophenschutz zur Verfügung gestellt.

Aber auch im Rahmen der Gesetzgebung wird das HBKG, das Hessische Brand- und Katastrophenschutzgesetz, in Verbindung mit dem HSOG, dem Hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung, aktualisiert und verbessert. In dem vorgelegten Gesetzentwurf der Landesregierung in Verbindung mit dem Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden mehrere Klarstellungen im Rahmen des Brand

und Katastrophenschutzes gefasst, so unter anderem die europäische Seveso-III-Richtlinie umgesetzt.

Nun zu den wichtigsten Neuerungen: zuerst die Festlegung, dass und wie nun alle Städte und Gemeinden einen hauptamtlichen Gemeindebrandinspektor einstellen können. Mit der gefundenen Regelung wird der bisherigen Praxis weiterhin Rechnung getragen, dass die ehrenamtlichen Aktiven an der Besetzung der Stelle maßgeblich mitwirken. Insofern haben die aktiven Ehrenamtlichen mehrheitlich zuzustimmen, wenn ein hauptamtlicher Gemeindebrandinspektor eingestellt werden soll. Durch die verpflichtende Einrichtung eines Sprechers der ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen werden zudem die Interessen der Ehrenamtlichen weiterhin gewahrt. Ich denke, so wird die Basis für ein vertrauliches Miteinander gewährleistet.

Es gibt noch einen weiteren, sehr positiven Effekt: Mit der Möglichkeit eines hauptamtlichen Gemeindebrandinspektors kann allgemein eine Entlastung der Wehrführer einhergehen. Dies kann dazu führen, dass die ehrenamtliche Besetzung der durchaus anspruchsvollen Tätigkeit der Wehrführer vereinfacht bzw. verbessert werden kann.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die viel diskutierte Vorgehensweise in der Feststellung eines Katastrophenfalls. Hierzu wurde in der Anhörung die vorgesehene Einvernehmensregelung mit dem Innenministerium kritisiert. Mit der Feststellung eines Katastrophenfalls gehen weitreichende Eingriffsbefugnisse in z. B. Persönlichkeitsrechte, Eigentumsrechte etc. einher. So erscheint es auch sinnvoll und geboten, einheitliche Entscheidungskriterien zu gewährleisten, um zumindest hessenweit gleiche Maßstäbe vorauszusetzen. Aus diesen Gründen wird grundsätzlich an einer Einvernehmensregelung festgehalten. Auf dieser Ebene der Entscheidung geht es allerdings in aller Regel nicht, wie im direkten Einsatz vor Ort, um eine Entscheidung, die in Sekunden oder Minuten gefasst werden muss, um Schaden abzuwenden. Dennoch erscheint es sinnvoll, um im Fall der Fälle, bei Gefahr im Verzug, Schaden abwenden zu können, eine Eilfallregelung hinzuzufügen.

Dies ist ein wichtiger Teil des Änderungsantrags von CDU und GRÜNEN und ist eine Reaktion auf die Anhörung. Diese Lösung findet zudem eine breite Zustimmung seitens des Landesfeuerwehrverbandes. Dem Hauptziel der Schadensabwehr wird man mit dieser Regelung vollumfänglich gerecht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wichtig ist im Weiteren noch die Möglichkeit der Kommunen, bei Schäden im Rahmen von Naturereignissen wie Hochwasser, Starkregen, Stürme etc. auf die Geltendmachung von Gebühren zu verzichten. So können besondere Härten, die oftmals in solchen Fällen vorkommen, unbürokratischer, praxisgerechter und schneller entschieden bzw. auch gebührenbefreit werden. Bisher waren diese Einsätze grundsätzlich gebührenpflichtig, und nur in besonderen Ausnahmefällen konnte von der Geltendmachung abgesehen werden.

(Michael Boddenberg (CDU): Sehr bürgerfreundlich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Hessen hat für uns oberste Priorität. An der angesprochenen Förderstruktur und an der Wertschätzung der Feuerwehren und der anderen Hilfs

dienste durch die Landesregierung und der CDU-Fraktion erkennt man, dass wir uns als Partner verstehen, und zwar nicht unter dem Motto: „Partnerschaft ist, wenn der Partner schafft“, sondern dass es in einer engen Zusammenarbeit, einem engen Austausch und beidseitiger Kompromissbereitschaft geschieht – letztendlich beidseitig mit dem Ziel, ein Garant für die Sicherheit in unserem Land zu sein. Ich danke nochmals den vielen Kameradinnen und Kameraden in den freiwilligen Feuerwehren, den hauptamtlichen Feuerwehrfrauen und -männern sowie allen Einsatzkräften im Brand- und Katastrophenschutz für ihre unermüdliche Einsatzbereitschaft und ihr enormes Engagement. Und wie hat es unser Ministerpräsident gesagt: „Diese Arbeit können wir nicht bezahlen, aber anerkennen“. Hierzu sicherlich in naher Zukunft mehr.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und schließe, wie es sich gehört: „Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr“. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Meysner. – Als nächster Redner spricht nun Herr Kollege Franz von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die öffentliche Sicherheit in Hessen ist ohne die Feuerwehren nicht möglich.

(Allgemeiner Beifall)

Das wissen die Bürgerinnen und Bürger. Deswegen kann ich mich dem Dank und der Anerkennung natürlich anschließen. Darüber herrscht in diesem Haus sicherlich Übereinstimmung.

Die Novelle zum Hessischen Brand- und Katastrophenschutzgesetz hat schon bei Bekanntwerden des Entwurfs heftige Reaktionen hervorgerufen. Die SPD-Fraktion hat bereits am 17. April, vor der Anhörung, den Änderungsantrag, Drucks. 19/6299, eingebracht, um zwei wesentliche Punkte des Gesetzentwurfs zu verändern. Diese Punkte hatten auch in der Anhörung breiten Raum eingenommen.

§ 34 „Feststellung des Katastrophenfalles“: Der Entwurf des Gesetzes sah vor, dass die Feststellung des Katastrophenfalles durch die unteren Katastrophenschutzbehörden, also Landkreise und kreisfreie Städte, nur noch im Einvernehmen mit dem Ministerium vorgenommen werden kann.

Stichhaltige Sachargumente dafür, dass mangelndes Urteilsvermögen vor Ort eine solche Einschränkung rechtfertige, konnten nicht vorgelegt werden. Landräte, Oberbürgermeister, Feuerwehren und die Hilfsorganisationen machten ihrem Unmut Luft. Es hagelte Resolutionen, die über alle Parteigrenzen hinweg gegen diese Bevormundung durch das Innenministerium ihre Ablehnung der neuen Regelung zum Ausdruck brachten.

(Tobias Eckert (SPD): Zu Recht!)

Auch der Hessische Landkreistag hat mit den Stimmen aller Landräte parteiübergreifend dagegen Stellung bezogen. Dessen Präsident ist im Übrigen Landrat Woide aus Fulda und Mitglied der CDU.

Dass der Innenminister, wie in der letzten Sitzung des Innenausschusses geschehen, diese Proteste als „parteipolitisch motivierte Kampagne“ bezeichnet, setzt allerdings allem noch die Krone auf:

(Beifall bei der SPD – Günter Rudolph (SPD): So ist er halt!)

erst selbst eine kapitale Fehlentscheidung treffen und dann mit abstrusen Verschwörungstheorien davon ablenken.

In der Anhörung gab es dann noch einmal deutliche Worte. Prof. Hilligardt sprach in seiner Stellungnahme für den Hessischen Landkreistag von „Verwunderung“ und „Empörung“ über den geänderten § 34. Der Präsident des Landesfeuerwehrverbandes, Dr. Ackermann, bezeichnete es zutreffend als eine „politischen Einschränkung“.

Nach Proteststurm, Resolutionen und der Anhörung war klar, dass der Innenminister nur durch einen Änderungsantrag der Koalition zurückrudern könnte. Die Frage war nur: Mit welcher für den Innenminister gesichtswahrenden Formulierungsakrobatik würde dies geschehen?

Die Antwort ist dem vorliegenden Änderungsantrag, Drucks. 19/6631, zu entnehmen: „Bei Gefahr im Verzug kann die untere Katastrophenschutzbehörde den Eintritt des Katastrophenfalles ohne Beteiligung der obersten Katastrophenschutzbehörde feststellen;...“ Über so viel Sprachkreation kann man nur noch schmunzeln.

Der Begriff „Katastrophe“ ist in § 24 HBKG klar definiert und findet sich auch im Katastrophenschutzgesetz des Landes wieder. Er heißt wie folgt: