Protokoll der Sitzung vom 23.08.2018

Genau das passiert jetzt auch hier. Bei Ultranet gibt es nämlich eine Bestands-Wechselstromtrasse. Darauf soll jetzt entsprechend Ultranet geführt werden. Dieses Prinzip der Bundesregierung unterstützen wir. Nach diesem Prinzip macht die Bundesnetzagentur ihre Pläne.

Aber – und dafür setzt sich die Landesregierung, liebe Kollegen der FDP, schon sehr viele Monate ein – diese Trassenführung soll jetzt so passieren, dass sie auch verträglich für die Menschen ist. Das bedeutet: Wir fordern Verschwenkung, und das schon ganz schön lange und ganz schön intensiv, nämlich da, wo die aktuelle Wechselstromtrasse sehr nah an den Siedlungen vorbeigeht und teilweise über die Häuser hinweggeht.

Ich war auch bei den vielen Bürgerinitiativen vor Ort und habe mir das in Niedernhausen angeschaut. Das ist sehr eindrücklich. Genau für diese Siedlungen, diese Städte und Gemeinden ist es eine Riesenchance, dass wir es endlich schaffen können, die bestehende Wechselstromtrasse, die seit 1926 besteht, zu verschwenken, sodass die Menschen eben keine Wechselstromtrasse mehr über ihren Häusern haben. Dafür setzen wir uns ein, und das schon ganz schön lange.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heiden- rod) (FDP))

Vielleicht liegt es daran, dass Sie noch nicht so lange im Landtag sind. Ich weiß es nicht.

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Dann stellt sich die Frage: Was hilft denn wirklich? – Sie sagen, man sollte möglichst Erdverkabelung machen. Wenn man Erdverkabelung macht – ich glaube, das wissen Sie auch –, dann haben wir das Problem, dass die bestehende Wechselstromtrasse eben nicht erdverkabelt werden kann. Das funktioniert nämlich technisch nicht. Dann haben wir eine große Erdverkabelung an der einen Stelle, und die Wechselstromtrasse besteht immer noch über den Dächern. Was hilft das denn den Menschen? – Das hilft doch den Menschen überhaupt nicht, was Sie hier vorschlagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Was ich auch nicht verstehe, betrifft das Thema Mindestabstände. Das war damals beim Energiegipfel noch kein Thema. Damals stellte die FDP den Wirtschaftsminister. Wir haben das jetzt im Landesentwicklungsplan aufgenommen. Ich dachte, wir wären uns alle hier im Haus einig, dass das für neue Trassen wichtig ist. Es sollen 400 m sein.

Jetzt hat plötzlich Mike Josef gesagt: Ja, aber wir sollten bitte noch Ausnahmen machen, wenn neue Wohngebiete geplant werden sollen. – Vielleicht sagen Sie einmal, was Ihre Position ist. Soll es jetzt einen Mindestabstand geben, oder nicht? Ich verstehe nicht mehr die Position der SPD.

Und was sagen Sie plötzlich? – Das soll auch für Bestandstrassen gelten. – Ich bin ja nur Psychologin. Die FDP ist immer ganz stolz, dass sie ganz viele Juristen in ihrer Fraktion hat. Dann können Sie es eigentlich viel besser erklären. Wie ist es denn, wenn man neue Richtwerte macht? – Dann gilt doch für bestehende Infrastruktur Bestandsschutz. Ist das richtig, liebe Juristen der FDP, oder ist das nicht richtig? – Sie wissen es doch viel besser als ich als Psychologin. Natürlich ist es so.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- ruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Dieses Prinzip hat sich auch nicht die Landesregierung ausgedacht. Es macht ja auch Sinn, dass es so ist. Was wir aber den vielen Menschen in der Region zusagen können und was wir auch zusagen, ist, dass wir uns starkmachen. Wir machen uns stark für einen breiten Planungskorridor, wo wir wirklich Verschwenkung hinbekommen. Ja, wenn es irgendwie möglich ist, die 400 m einzuhalten, sollte man es auch genau da möglich machen.

Aber wir stellen uns jetzt nicht hierhin und versprechen etwas, was wir am Ende nicht halten können. Wir strengen uns an, damit es für die Menschen verträglich ist, und wo

es möglich ist, kann man auch den Abstand von 400 m einhalten; aber einfach etwas versprechen, von dem Sie am Ende gar nicht wissen, wie Sie es halten sollten, machen wir sicherlich nicht. Das wird den Menschen, die hier wirklich betroffen sind, nicht gerecht. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Kasseckert für die CDU-Fraktion.

Frau Vorsitzende, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich ist die Beschlusslage der Plankarte hier auf der Tagesordnung. Hinzu kam jetzt der Antrag der FDP-Fraktion. Ich glaube, dass zur Beschlusslage der Plankarte eigentlich wenig zu sagen ist. Das ist der Vollzug dessen, was wir versäumt haben. Damit wird der Landesentwicklungsplan in den nächsten Tagen nach seiner Veröffentlichung zur Rechtskraft geführt.

In diesem Zuge haben wir die Diskussion eben schon vernommen über die 400 m Trassenabstand. Natürlich haben wir das auch schon im Rahmen der LEP-Diskussion diskutiert und auch geprüft. Angela Dorn hat darauf hingewiesen, dass insbesondere die Stadt Frankfurt, aber auch andere Kommunen davon betroffen sind.

Natürlich ist es auch so, dass wir ab dem Zeitpunkt eines neuen Planes neues Recht und eine Anpassungspflicht für die Kommunen haben, was in der kommunalen Bauleitplanung natürlich schon auch zu Verwerfungen führt. Das gilt im Umkehrschluss natürlich auch für Maßnahmen von Trassenbetreibern. Hier wird zu prüfen sein, inwieweit der neue Landesentwicklungsplan Auswirkungen hat.

Was aber auf jeden Fall heute schon sicher ist, ist, dass die Änderung dieser Trassenführung bzw. der Leistung, die auf dieser Trasse geführt werden soll, eben auch in einem ordentlichen Planverfahren über die Bundesnetzagentur abgewickelt werden muss. Deshalb ist in unserem Antrag noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir die Landesregierung in ihrem Bestreben unterstützen, Veränderungen zugunsten der Anwohner herbeizuführen. Schon heute ist die bestehende Trasse eigentlich sehr nah an die jetzt bestehende Wohnbebauung herangerückt.

Wenn dort künftig andere Leistungen auf diesen Trassen geführt werden sollen, dann muss das neu bewertet werden. Das gibt eine Gelegenheit – und das muss man auch sagen –, im Gegensatz zur Erdverkabelung. Käme es zur Erdverkabelung, würde die bestehende Trasse in der Nähe der jetzigen Wohnbebauung bleiben. Es würde keine Verbesserung entstehen. Jetzt hat man die Chance im Zusammenhang mit diesem Verfahren. Wenn es also eine Erhöhung der Leistung auf diesen Trassen geben soll, wären vielleicht auch die Verlegung und das Abrücken der bestehenden Trasse von der Wohnbebauung zu erreichen. Das ist das, was wir in unserem Antrag noch einmal deutlich machen und worin wir die Landesregierung in ihrem Bemühen unterstützen.

Aber richtig ist – und auch das werden wir uns auch in den künftigen Debatten immer wieder klarmachen müssen –, dass die Veränderung der Trassenführungen, die höhere

Leistung, die künftig auf diesen Trassen geführt werden muss, natürlich im Widerspruch steht zu einem vernünftigen Wohnen.

Wenn das näher heranrückt – und deshalb haben wir uns auch für die 400-m-Abstandsregelung eingesetzt –, dann ist das meiner Meinung nach schon etwas, worüber man durchaus reden muss und wo man auch den Mensch als Schutzgut in den Vordergrund stellen muss. Darüber haben wir diskutiert. Dafür ist diese Regelung. Und hier im Speziellen gibt es eine besondere Prüfung durch die Bundesnetzagentur. Ich komme zurück auf den Punkt: Wir unterstützen die Landesregierung, im Sinne dieser Anwohner Verbesserungen zu schaffen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Weiß für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sechs von 21 Landkreisen sind von Ultranet betroffen. Am Rande haben sich zahlreiche Bürgerinitiativen gebildet. Es gibt eine Petition der BI Niedernhausen Eppstein, die im Landtag anhängig ist. 1.780 Petentinnen und Petenten unterstützen sie. Die Kommunen vor Ort wehren sich.

Im Rahmen der Bundesfachplanung sollte von den Kommunen in kurzer Frist während der Sommerferien zu 17 Aktenordnern Stellung genommen werden. Obwohl das eine Zumutung ist, haben sich zwei Landkreise sowie sechs Städte und Gemeinden zusammengetan und ein umfassendes Gutachten als Einwendung eingereicht. Tausende Bürgerinnen und Bürger haben als Privatleute ebenfalls Einwendungen bei der Bundesnetzagentur abgegeben.

Ich finde das gut, liebe Kolleginnen und Kollegen, und ich finde, wir sind es diesen Kommunen und diesen Menschen schuldig, dass wir heute über das Thema Ultranet reden und das die Landesregierung zu diesem Thema eine Stellungnahme abgibt.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich verstehe den Antrag von Schwarz-Grün so, dass sie Ultranet als notwendig ansehen.

(Zustimmung der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dazu stelle ich fest,

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Bundesregierung, die Sie mit führen, übrigens auch! – Gegenruf des Abg. Stephan Grüger (SPD): Erst mal zuhören!)

dass es unterschiedliche Wissenschaftler gibt, die das anders sehen. Prof. Kemfert vom DIW oder Prof. Jarass von der Hochschule RheinMain in Wiesbaden sehen das durchaus anders.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber Ihre Bundesregierung!)

Frau Kollegin Dorn, Sie müssen sich entscheiden. Ihr Kollege, Herr Matthias Wagner, sagt immer gern zu uns: Welche Meinung hat die SPD

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau!)

und, wenn ja, wie viele?

(Demonstrativer Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Dorn, gehen Sie zu diesen beiden Kreisen und zu diesen Kommunen. Fragen Sie bei Ihren GRÜNEN-Ortsverbänden nach, was sie von Ultranet halten

(Beifall bei der SPD)

und ob das tatsächlich ein Beitrag zur Energiewende ist

(Zustimmung der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

oder ob da ausschließlich Kohlestrom durchfließt.

(Beifall des Abg. Stephan Grüger (SPD))

Frau Kollegin Dorn, was Sie hier getroffen haben, halte ich für eine mutige Positionierung. Ob das die Positionierung der GRÜNEN vor Ort ist, daran mache ich ein Fragezeichen.

Aber unterstellen wir, dass Ultranet notwendig ist. Dann ist es meines Erachtens ziemlich hasenfüßig von SchwarzGrün, in dem Antrag zu schreiben: Wir Hessen sind nicht die Entscheider. – Da kann man von einer Landesregierung deutlich mehr erwarten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Man kann sich erstens nicht von vornherein damit abfinden, dass die rechtsrheinische Trasse gewählt wird.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde, das Kostenargument darf bei einer Abwägung nicht mehr wiegen als das Schutzgut Mensch.