Protokoll der Sitzung vom 23.08.2018

Ich finde, das Kostenargument darf bei einer Abwägung nicht mehr wiegen als das Schutzgut Mensch.

Zweitens sollte die Landesregierung Stellung zu dem Vorwurf nehmen, der auch im Gutachten enthalten ist, dass die bestehende Trasse formell rechtswidrig ist, weil es die damalige Landesregierung 2008 versäumt hat, dem Betreiber einen Antrag auf Planfeststellung nahezulegen.

(Stephan Grüger (SPD): Hört, hört!)

Auch dazu sollte sich die Landesregierung aus meiner Sicht bekennen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Drittens. Zu dem Hinweis in dem Gutachten und zu dem Hinweis der Bürgerinitiativen, dass die bestehende Trasse vom Bedarfsplan abweicht, gibt es ebenfalls keine Stellungnahme der Landesregierung. Auch hierzu muss ich feststellen: Noch längst ist nicht alles geschehen, was man eigentlich von einer Landesregierung erwarten könnte.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Zuletzt komme ich zu dem Punkt der 400 m. Frau Dorn, Sie haben angesprochen, dass die 400 m bei der Anhörung zum Landesentwicklungsplan durchaus emotional diskutiert worden seien, vor allem vom Frankfurter Planungsdezernenten Mike Josef.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt zur Bundesregierung! – Gegenruf des Abg. Stephan Grüger (SPD): Immer die anderen!)

Ich glaube – ich habe das damals geglaubt und glaube es jetzt noch –, dass die wahren Gründe dafür, dass der grüne Wirtschaftsminister einen LEP vorlegt, in dem die 400 m als Ziel enthalten sind, nicht im Gesundheitsschutz liegen. Vielmehr sind die wahren Gründe, dass die GRÜNEN damit versuchen, Siedlungsentwicklung zu verhindern.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was? Sie haben das doch gefordert! Sie wollten das doch! Das gibt es doch nicht!)

Ich glaube, dass das die wahren Gründe der GRÜNEN waren. Ich habe eigentlich bis letzten Sonntag gedacht, dass sich die CDU-Fraktion über den Tisch hat ziehen lassen,

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bitte, was?)

bis ich dann den denkwürden Auftritt von Herrn Banzer und der CDU mit dem Sternmarsch gegen weitere Siedlungsentwicklung gesehen habe.

(Michael Boddenberg (CDU): Ach!)

Ich glaube, die CDU hat sich nicht über den Tisch ziehen lassen. Ich glaube, die CDU ist derselben Meinung, dass sie sich längst davon verabschiedet hat,

(Ministerin Priska Hinz: Das gibt es nicht!)

dass wir den Kommunen im Rhein-Main-Gebiet tatsächlich Siedlungsentwicklung ermöglichen müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD – Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): S i e wollten das doch!)

Das hat Folgen, Frau Kollegin Dorn. Sie zeigen im Übrigen immer nach Berlin, wenn es darum geht, dass etwa der Netzausbau von der Großen Koalition beschleunigt werden muss. Die Folgen sind, dass Sie mit so einer Politik den Protest vor Ort bei den Betroffenen von Ultranet, bei den Kommunen, bei den Menschen, bei den Bürgerinitiativen erst schüren.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Heute so, morgen so!)

Herr Kollege Weiß, Sie müssen zum Schluss kommen.

(Zuruf von der CDU: Er ist schon am Ende!)

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Sie von CDU und GRÜNEN sorgen so dafür, dass es keine Befriedung, sondern Klagen geben wird, die diesen Netzausbau weiter verhindern.

(Widerspruch des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie als GRÜNE und auch dieser grüne Wirtschaftsminister müssen nicht mehr nach Berlin zeigen, wenn es darum geht, dass der Netzausbau in irgendeiner Weise verhindert wird. Er kann sich ab heute an die eigene Nase fassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Kollegin Wissler, SPD-Fraktion.

(Zuruf: SPD-Fraktion? Krise der SPD! – Weitere Zurufe)

Sorry, Frau Kollegin Wissler, ich habe Sie gerade „eingemeindet“. Das nehme ich natürlich zurück. – Jetzt spricht Kollegin Wissler, Fraktion DIE LINKE.

(Beifall der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat noch die vergessene Landkarte zum Landesentwicklungsplan gefunden. Sie soll nachträglich als Anhang zum LEP hinzugefügt werden. Leider wird der veraltete Landesentwicklungsplan nicht besser, wenn man ihn aufmalt.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

Deswegen bleibt unsere Kritik am Landesentwicklungsplan bestehen. Ich will das nicht umfassend erörtern, sondern nur ein paar Punkte ansprechen. Das Ziel zur Senkung des Flächenfraßes ist nicht ambitioniert genug. Das Ziel der Netto-Null-Neuversiegelung muss schneller erreicht werden, sonst ist unser Bundesland schneller, als es uns lieb ist, unter Beton und Asphalt verschwunden. Wir kritisieren auch die Formulierungen zum Frankfurter Flughafen, weil wir glauben, dass sie die Tür zum weiteren Ausbau des Flughafens sperrangelweit öffnen. Auch beim Thema Lärmschutz haben wir Kritik.

Wir befürchten, dass es wenig nützt, wenn man den Bannwald noch endgültiger, als er immer schon geschützt war, schützt. Das wird den Menschen seit der Startbahn West erzählt. Wenn am Ende bei der Nordwestlandebahn Bannwald fallen muss, werden die Grundsätze bei Bedarf doch wieder beiseitegewischt.

Deswegen gab es auch in der Anhörung viel Kritik. Deswegen bleiben wir bei unserer Kritik. Es gab die Themen „Abstandsregelungen zu Strommasten“ und „rigide Eingriffe in die Planungshoheit“. Auch das wurde in der Anhörung angesprochen. Der Landesentwicklungsplan könnte ein Instrument und geprägt von Visionen und wegweisenden Zukunftsplanungen sein. Das ist er aber nicht. Das haben viele Anzuhörende so bestätigt. Deswegen bleibt unsere Position hierzu bestehen.

Wir reden heute noch über die Anträge zum Stromtrassenprojekt Ultranet. Dazu will ich grundsätzlich sagen, dass wir von Anfang an und generell die Notwendigkeit dieses Projekt bezweifelt haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu hat sich unsere Position überhaupt nicht verändert. Es handelt sich hierbei um einen Bypass, um Braunkohlestrom aus dem Rheinischen Revier zur Atomruine im badischen Philippsburg zu transportieren.

(Beifall bei der LINKEN – Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist ein Umspannwerk!)

Kollegin Dorn, das ist nicht die Energiewende, die wir uns vorstellen. Denn das zementiert die bisherigen zentralistischen Strukturen mit Großkraftwerken von Großkonzernen und sternförmig von dort ausgehenden Verteilnetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Kollegin Dorn, wir kennen uns gut. Deswegen seien Sie sicher: Das ist kein Wegducken vor irgendwelchen Widerständen. Das wissen Sie. Sie wissen, dass wir zum Ausbau der Windenergie trotz der vorhandenen Widerstände stehen. Ich war am Vogelsberg und habe dort mit Anwohnerinnen und Anwohnern diskutiert. Sie saßen, glaube ich, letzte Woche mit der Kollegin Schott auf einem Podium. Wir stehen zum Ausbau der Windenergie, weil wir dies für die Energiewende für sinnvoll halten. Wir diskutieren auch mit den Menschen in den Bürgerinitiativen, die dagegen sind, und verändern unsere Position nicht.

Bei den Trassenplanungen sehen wir es anders. Wir sind nicht überzeugt davon, dass diese Trassen sinnvoll sind, um eine dezentrale Energiewende hinzubekommen.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Stephan Grü- ger (SPD))

Wir wollen möglichst ortsnah produzierten Strom aus erneuerbaren Quellen. Wir wollen lokale Strukturen aus Stadtwerken, Bürgergenossenschaften stärken. Da brauchen wir den Ausbau der Stromnetze. Aber vor allem brauchen wir die örtlichen Verteilnetze. Wir brauchen keine Megatrassen für Braunkohlestrom, wo man weder einnoch ausspeisen kann.

Deshalb ist unsere Position ganz klar. Es geht nicht darum, dass hier irgendwelche Widerstände sind, sondern wir halten diese Trassen für kontraproduktiv, wenn wir eine dezentrale Energiewende wollen. Deswegen ist unsere Position hierzu ganz klar.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn schon diese Trassen gebaut werden, dann müssen die Sorgen der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner und auch der Bürgerinitiativen ernst genommen werden. Jede Beeinträchtigung nach dem gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse muss ausgeschlossen werden.

Nun ist es so, dass mehrere Landkreise und mehrere Kommunen betroffen sind. Da darf man kein Hauruckverfahren machen, sondern man muss die Sorgen der Menschen ernst nehmen.

Noch einmal: Wir halten eine derartige Trassenplanung grundsätzlich nicht für sinnvoll, weil sich das Stromnetz an der Art der Erzeugung von Energie orientieren muss. Deswegen gehen wir gerne mit Ihnen auf jedes Podium und argumentieren gemeinsam für den Ausbau der Windenergie. Von diesem Trassenprojekt sind wir aber nicht überzeugt, und das bleibt auch so.