Protokoll der Sitzung vom 12.09.2018

(Beifall bei der FDP)

Wir haben drei Gesetzentwürfe auf den Weg gebracht. Der vorliegende ist der dritte, meiner Ansicht nach ist er der allerwichtigste. Bei ihm liegt der Schwerpunkt auf der Qualität.

Qualität ist so ein abstrakter Begriff. Was ist eigentlich Qualität in Kindertagesstätten? Was bedeutet das? – Das bedeutet für Hunderttausende von Kindern in unserem Land mehr Chancen, mehr Zuwendung, mehr Geborgenheit, mehr Möglichkeiten, etwas aus ihrem Leben zu machen, mehr Bildungschancen. Das bedeutet mehr Qualität. Das ist ein ganz emotionales persönliches Thema für jede Familie und für jedes Kind in unseren Einrichtungen. Das ist die entscheidende Frage für die Zukunft der jungen Menschen in unserem Land. Das ist die entscheidendste Frage überhaupt.

(Beifall bei der FDP)

Für die Wählerinnen und Wähler, die am 28. Oktober an die Wahlurne treten, haben wir eine ganz klare Botschaft, was die Fraktionen im Hessischen Landtag wollen. Wir haben vier Gesetzentwürfe vorliegen, in denen jede Fraktion sagt, wo sie steht.

Der erste Gesetzentwurf von der Linkspartei sagt ganz klar etwas zur Beitragsfreiheit und geht deutlich weiter als das, was die Landesregierung geboten hat. Wir haben einen Gesetzentwurf der Landesregierung vorliegen, bei dem der Schwerpunkt auch auf der Beitragsfreiheit liegt, der mit einem zweistelligen Millionenbetrag in der Zukunft eine Qualitätssteigerung vorsieht; ich glaube, es waren 20 Millionen €. Was wir vorgeschlagen haben, kostet 760 Millionen € – daran erkennen Sie die Gewichtung der Landesregierung in Sachen Qualität und damit auch in die Zukunft unserer Kinder. Dann gibt es den Gesetzentwurf der SPD, der auch einen starken Adressaten hat und viel enthält, was auch wir gefordert haben. Zu erkennen ist dabei eine starke Ausrichtung auf die kommunale Seite. Wir haben einen Gesetzentwurf, der zu 100 % die Qualität in den Mittelpunkt stellt – 100 % Qualität, bezahlt durch das Land, zugunsten der Kinder in diesen Einrichtungen; denn dort wird Zukunft entschieden, und darauf wollen wir einen absoluten Schwerpunkt setzen. Jeder Euro, den wir aktivieren können, geht in die Qualität und fördert die Qualität unserer Einrichtungen.

(Beifall bei der FDP)

Der Wähler hat am 28. Oktober also eine ganz klare Wahl. Ich sage auch hier in öffentlicher Sitzung, die protokolliert wird, damit man es nachlesen kann: Für die Freien Demokraten wird es nur dann eine Regierungsbeteiligung geben, wenn in dem Bereich der frühkindlichen Bildung wirkliche Schritte nach vorne gemacht werden. Das ist eine Frage der Chancengerechtigkeit in unserer Gesellschaft. Es ist eigentlich die soziale Frage schlechthin.

Wenn die Landesregierung heute entscheidet, 700 Sozialarbeiter in die Grundschulen zu schicken, dann ist das eigentlich der Beweis dafür, wie viel mehr wir in frühkindliche Entwicklung investieren müssten, damit wir diese Sozialarbeiter womöglich nicht brauchen würden. Das ist ganz klar: Wir müssen vorne investieren, wir müssen in unsere Jüngsten investieren, in deren Chancen. Das wollen wir tun.

Ich bin in 80 Kindertagesstätten gewesen. Ich weiß nicht, wer das hier noch von sich behaupten kann, aber ich bin in 80 Kindertagesstätten überall in diesem Land gewesen. Ich

kann Ihnen nur sagen: Viele von uns kennen nur die Kita, in die vielleicht unsere Kinder gegangen sind. Viele von uns, die in diesem Raum sitzen, leben womöglich in einer Blase, weil es über das, was ich gesagt habe, hinaus einen gigantischen Handlungsbedarf gibt, wenn es um Chancengerechtigkeit geht. Wir haben eine 60-prozentige Wahrscheinlichkeit für ein Kind mit Migrationshintergrund, dass es in eine Einrichtung mit über 50 % Migranten geht. 20 % der Kinder in unseren Einrichtungen sind Kinder mit Migrationshintergrund. Wenn wir uns dieses Themas nicht annehmen und wenn dieses Thema nicht ganz oben auf die Agenda kommt, dann werden wir uns gesellschaftlich ganz anderen Herausforderungen stellen müssen, weil hier unglaublich viel zu tun ist.

Ich sage Ihnen, dass es nicht davon abhängt, wie viel Geld eine Kommune hat, wie die Einrichtungen aussehen.

(Beifall bei der FDP)

Es kommt vielmehr darauf an, ob man ein Herz hat – in der Stadtverordnetenversammlung, im Magistrat –, wie resilient Leitungen von Kindertagesstätten sind, trotz schwieriger Bedingungen eine hervorragende Arbeit zu leisten. Das ist oft entscheidend für die Zukunft der Kinder in unserem Land, und so kann das nicht bleiben.

Wir brauchen Ressourcen für die Chancen der Kinder in unserem Land. Wer das für richtig hält, hat die Alternative, am 28. Oktober die Freien Demokraten zu wählen. Ich kann Ihnen das nur ans Herz legen, zum Wohle der Kinder in unserem Land. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rock. – Als Nächste hat Frau Kollegin Ravensburg für die Fraktion der CDU das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Rock, ich freue mich, dass Sie uns heute noch einmal Gelegenheit geben, über die Kindertagesbetreuung zu sprechen; denn heute ist ein guter Zeitpunkt dafür. Wir können jetzt auf den Beginn des Kindergartenjahres schauen. Das gibt uns Gelegenheit, festzustellen, dass wir gehalten haben, was wir versprochen haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben die hessischen Eltern von den Kindergartengebühren für sechs Stunden am Tag freigestellt, und alle hessischen Kommunen haben unser Angebot angenommen. Das ist ein großer Erfolg für die hessischen Eltern. Alle 423 Kommunen haben den Förderantrag gestellt und damit für die Gebührenfreistellung in den hessischen Kindertagesstätten am Vormittag für die sechs Stunden gesorgt. 5.000 € Entlastung im Durchschnitt in der Kindergartenzeit – das ist es, was die hessischen Eltern in ihrem Geldbeutel spüren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, schwarz-grüne Kinderpolitik ist verlässlich, sie ist verantwortungsbewusst, und sie entlastet

die Eltern. Deshalb war die Freistellung ein erster wichtiger Schritt, ein sehr großer, aber nicht der einzige in unserem Familienprogramm; denn natürlich liegt uns auch – Herr Rock, Sie haben es gesagt – die Qualität der Betreuung am Herzen.

Hierfür stocken wir die Mittel weiter auf: 50 Millionen € stehen zur Verfügung, um die Kita-Qualitätspauschale von 100 € schrittweise auf 300 € zu erhöhen. Diese kann man natürlich auch für die Schulkinderbetreuung verwenden. Wir sind stolz auf die Vielfalt unserer hessischen Träger. Deshalb wollen wir auch nicht vorschreiben, wofür das Geld zu verwenden ist. Natürlich würden wir uns auch mehr wünschen, was die Personalschlüssel anbelangt. Aber wenn man verantwortungsbewusst handelt, muss man sagen – und das erwarte ich eigentlich auch von der FDP –, mit welchem Personal man solche Ziele umsetzen will, gerade in einer Phase, in der wir weiterhin mehr Kinder in den Kindertagesstätten erwarten.

Deshalb ist der FDP-Gesetzentwurf eher ein Zukunftstraum als eine aktuelle wirksame Verbesserung für die Kindertagesstätten. Wir haben es eben auch gehört: Eigentlich geht es heute um eine Positionierung für die Wahl. Das ist Wahlkampf, was die FDP heute hier macht;

(Beifall bei der CDU)

denn Sie können Ihr Versprechen gar nicht einhalten, und das wissen Sie auch ganz genau. Deshalb haben Sie auch einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Personalschlüssel nicht etwa für die nächste Legislaturperiode verbessert, sondern Sie haben sehr bewusst immer das Jahr 2024 hineingeschrieben. Sie versprechen etwas, Sie machen Seifenblasenpolitik. Bei näherem Hinsehen aber ist diese Seifenblase leider sehr schnell zerplatzt.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, mit der CDU gibt es für die Zukunft keine Versprechungen, die wir nicht halten können. Verbesserungen ja, aber immer mit solider Finanzierung – das ist der rote Faden, der sich selbstverständlich durch unser gesamtes Wahlprogramm zieht, das die hessischen Delegierten der CDU am Wochenende beschlossen haben. Das gilt auch für die Freistellung der Eltern von den Gebühren in der Kita und in der Krippe.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

So haben wir im Wahlprogramm – wenn die Kollegen von der FDP das machen, muss ich natürlich antworten – bei der Freistellung von Kindergartengebühren festgehalten, dass auch das ein wichtiger erster Schritt ist. Wir wollen die Eltern perspektivisch natürlich weiter entlasten, sowohl in der Krippe als auch ganztägig im Kindergarten. Ich finde, man sollte an dieser Stelle – ich finde gut, dass sich das auch im Wahlprogramm widerspiegelt – die Kinder in der Tagespflege nicht vergessen.

Aber die wirtschaftliche Lage unseres Landes muss es erlauben. Deshalb schauen wir gespannt auf Berlin, auf das Gute-Kita-Gesetz, wie es so schön heißt. Wir hoffen sehr auf Nachbesserung, vor allem auf eine nachhaltige Finanzierung. Diese sollte ohne Knebel und nicht einzuhaltende Bedingungen funktionieren.

Meine Damen und Herren, wir sind uns der großen Bedeutung der frühkindlichen Bildung bewusst. Die hat die FDP nicht alleine gepachtet. Der Hessische Bildungs- und Er

ziehungsplan ist die Grundlage für die frühkindliche Bildung. Deshalb legen wir einen ganz besonderen Schwerpunkt auf die Sprachförderung. Wir werden weiter in Qualität in den Kindertagesstätten investieren.

Uns ist bewusst: Dafür brauchen wir auch das Personal. Deshalb werden wir bei den Anstrengungen, die wir für die Attraktivität des Erzieherberufs unternehmen, nicht nachlassen. Wir werden nach der erfolgten Aufstockung der Kapazitäten in Erzieherschulen weitere Ausbildungswege öffnen, ob über das Studium der Kindheitspädagogik oder die praxisintegrierte Ausbildung. Das sind alles Anstrengungen, die wir unternehmen und die wir verstärken werden, um mehr Personal für die Kindertagesstätten zu gewinnen.

Natürlich gehört in unseren Augen auch eine angemessene Vergütung dazu; denn die Erzieherinnen und Erzieher leisten tagtäglich eine hervorragende Arbeit. Das sollte von den Tarifparteien anerkannt und honoriert werden.

So will ich meine heutige Rede mit dem Dank an die hessischen Erzieherinnen und Erzieher beenden. Sie sind es, die den hessischen Bildungs- und Erziehungsplan umsetzen. Sie sind es, die sich hierfür weiterbilden, um die Qualität ihrer Arbeit zu erhöhen. Sie sind es, die die Eltern in ihrem Erziehungsauftrag unterstützen.

Wir werden deshalb auch zukünftig für den Dreiklang in der Kinderbetreuung sorgen, und das alles mit solider Finanzierung. Wir stehen erstens für den bedarfsgerechten Ausbau der Plätze. Wir stehen zweitens für die Stärkung der Qualität. Drittens stehen wir für die weitere Entlastung der Eltern bei den Gebühren. Das ist verantwortungsvolle Kinderpolitik, und dafür steht die hessische CDU.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Ravensburg. – Als Nächste spricht Frau Abg. Schott für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man die Debatten um die Kitas über Jahre verfolgt, stellt man fest, sie fahren wundersame Schleifen und Wendungen. Wir haben eine CDU-geführte Landesregierung, die über Jahre postuliert hat: Es geht uns um die Qualität in den Kitas. – Dann haben Sie ein Gesetz vorgelegt, das die Qualität eher begrenzt denn gefördert hat. Das wurde von vielen Protesten in diesem Land begleitet. Die schlimmsten Entgleisungen darin wurden abgemildert, aber es ist immer noch da.

Danach ging die Debatte weiter: Es geht um die Qualität. Nein, wir wollen keine Gebühren abschaffen, das ist der völlig falsche Ansatz. Wir stehen hier für mehr Qualität.

(Gerhard Merz (SPD): So war es!)

Dann machen Sie genau das Gegenteil davon. Ich finde es in Ordnung, dass Sie das mit den Gebühren gemacht haben. Sagen Sie nicht immer, Sie hätten sie abgeschafft. Sie haben sie reduziert, und Sie haben sie in hohem Maß zulasten der Kommunen reduziert. Was Sie ihnen dafür wiedergeben, entspricht nicht dem – –

(Zuruf des Abg. Norbert Kartmann (CDU))

Natürlich, die Kommunen können alles machen. Sie sagen immer, wir hätten hier das große Wünsch-dir-was. Sie als Regierung haben ein verantwortungsloses Wünsch-dirwas gegen die Kommunen. Die sollen alles leisten und sollen auch noch schauen, woher sie es schnitzen,

(Beifall bei der LINKEN)

und im Zweifelsfall über Gebührenerhöhung oder Gebührenbefreiung reden. Das ist doch – – Jetzt hätte ich beinahe ein unparlamentarisches Wort gesagt. Vielleicht kann ich ein klassisches Lebensmittel nutzen: Es ist Käse.

Sie müssen sich einig werden. Wenn die Kommunen Leistungen erbringen, müssen sie Geld dafür haben. Dann können sie an der Qualitätsschraube und auch an der Gebührenschraube eine ganze Menge drehen. Wenn sie das Geld dafür nicht haben, geht es nicht.

Da Sie immer gesagt haben, Sie wollen Qualität, müssten Sie der FDP jetzt dankbar für den Gesetzentwurf sein, weil der sich ernsthaft mit der Qualität beschäftigt.

(Beifall bei der FDP)