Protokoll der Sitzung vom 12.09.2018

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja, yippie!)

Man muss dazu sagen: Damit überlasten Sie die Bauämter mit vergabefremden Leistungen. Wir haben jetzt schon zu wenige Fachleute, die in der Lage sind, Genehmigungsverfahren relativ schnell einzuleiten. Mit dem, was DIE LINKE dort gleich vorschlagen wird, würde sich die Situation noch einmal verschärfen.

Herr Kollege Lenders, Sie müssen zum Ende Ihrer Rede kommen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich war gerade so schön in Fahrt. – Wir werden über Flächenausweisungen nachdenken müssen. Wir werden auch, was die Bundesebene betrifft, über die Bauvorschriften – EnEV –, über die Abschaffung der Mietpreisbremse und über den Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer nachdenken müssen. Wer uns das nicht glaubt, der möge noch einmal in das IW-Gutachten schauen, das die VhU in Auftrag gegeben hat. Da steht alles drin, das kann man nachlesen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Lenders. – Als nächster Redner spricht Herr Kollege Wagner von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir müssen bei dem Thema Wohnungsbau nicht über die Dinge streiten, die nicht zu bestreiten sind. Im Wohnungsbau wurde bis vor wenigen Jahren bundesweit zu wenig getan. Diese bundesweite Entwicklung rächt sich heute bitterlich. Es wurde bis vor wenigen Jahren nicht nur zu wenig getan, sondern es wurden bis zum Anfang der Zweitausenderjahre, teilweise sogar bis zum Anfang des zweiten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts ausdrücklich falsche Entscheidungen getroffen. Keine Partei und keine Fraktion können für sich in Anspruch nehmen, davon frei gewesen zu sein.

Ich erinnere an Kiel: unter einem SPD-Oberbürgermeister und einer Großen Koalition 11.000 städtische Wohnungen verkauft. Ich erinnere an Dresden: mit Zustimmung von CDU und FDP sowie teilweise von SPD und LINKEN 26.000 städtische Wohnungen verkauft. Ich erinnere an Berlin: SPD und LINKE – die damals noch „PDS“ hieß – haben im Jahr 2004 die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft komplett verkauft.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Ja, das waren falsche Entscheidungen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Eindeutig!)

Wenn wir über das Thema „Herausfallen von Wohnungen aus der Sozialbindung“ reden, müssen wir sagen: Keine Fraktion, keine Partei kann für sich in Anspruch nehmen, in der Vergangenheit frei davon gewesen zu sein, falsche Entscheidungen zu treffen.

Herr Kollege Schaus hat die Zahlen für Hessen zitiert. Herr Kollege Schaus, ich darf Sie darauf hinweisen, wie das unter linker Verantwortung oder Mitverantwortung im Land Berlin war: Zwischen 2006 und 2016 hat sich die Zahl der Wohnungen in der Sozialbindung im Land Berlin von 201.000 auf 116.000 reduziert. Herr Kollege Schaus, wie war das denn im Land Brandenburg unter linker Mitverantwortung? – Im gleichen Zeitraum hat sich die Zahl von Wohnungen in der Sozialbindung von 104.000 auf 48.000 reduziert. Die Zahl hat sich also mehr als halbiert. Wir haben hier keinen hessischen Sondereffekt, sondern wir haben eine bundesweite Entwicklung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Her- mann Schaus (DIE LINKE))

Deshalb war und ist es richtig, dass diese Landesregierung zu Beginn der Legislaturperiode in der Wohnungsbaupolitik konsequent umgesteuert hat. Herr Kollege Lenders, ich finde es sehr bemerkenswert, wenn sich ausgerechnet die FDP, die vor Beginn der Legislaturperiode für den Wohnungsbau zuständig war, auf einmal zur Vorkämpferin für den sozialen Wohnungsbau machen will.

(Zurufe von der FDP)

Ich will Ihnen alle Unterschiede zwischen Ihrer und unserer Politik erläutern; denn sie verdeutlichen die Trendwende, die wir in den vergangenen Jahren bei diesem Thema eingeleitet haben. Unter FDP-Verantwortung hatte die Eigenheimförderung Vorrang vor der Mietwohnungsförderung. Das haben wir korrigiert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Jürgen Lenders (FDP): Das stimmt nicht!)

Es gab vor 2014 keine Fehlbelegungsabgabe. Wir haben die Mietpreisbremse eingeführt. Wir haben dafür gesorgt, dass es eine bessere Förderung von genossenschaftlichem Bauen gibt. Wir haben die Bauland-Offensive auf den Weg gebracht. Wir haben in dieser Legislaturperiode die Bauordnung geändert – das sogar mit Zustimmung der Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Wir haben unsere landeseigene Baugesellschaft, die Nassauische Heimstätte, mit 200 Millionen € zusätzlichem Kapital gestärkt.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Auf Druck der SPD)

Es war eine Anregung der SPD; da bricht mir überhaupt kein Zacken aus der Krone. Aber wir haben es gemeinsam beschlossen und unsere landeseigene Baugesellschaft gestärkt. Das ist doch gar keine Frage.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Aber nur auf Druck der SPD!)

Wir haben die Mietpreisbegrenzung bei der Nassauischen Heimstätte auf den Weg gebracht. Wir haben die Förderkulisse von zinsvergünstigten Darlehen, die nicht mehr abgerufen wurden, teilweise auf direkte Zuschüsse umgestellt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wir haben auch die Fördermittel, die bereitstehen, massiv erhöht. Innerhalb der fünfjährigen Förderperiode stehen jetzt 1,7 Milliarden € zur Verfügung. Damit das nicht so abstrakt bleibt: 1,7 Milliarden € bedeuten 20.000 neue Wohnungen für 60.000 Menschen. Das ist konsequent umgesteuerte Wohnungsbaupolitik in Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Weil Milliardenbeträge immer so schwer vorstellbar sind, schauen wir uns einmal an, was das jährlich bedeutet. 1,7 Milliarden € über fünf Jahre heißt jährlich über 300 Millionen €. Was haben wir vorgefunden an jährlicher Wohnungsbauförderung? – 73 Millionen €. Das war der letzte Haushaltsansatz, den die FDP zu verantworten hatte.

(Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Hört, hört!)

73 Millionen €; und heute stehen jährlich über 300 Millionen € für den geförderten Wohnungsbau zur Verfügung. Das ist mehr als eine Vervierfachung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wie viel wird denn abgerufen?)

Herr Kollege Hahn hat es gerade reingerufen – vielen Dank für den Hinweis – und gefragt: „Wie viel wird abgerufen?“ Daher zunächst einmal die Feststellung: Kein Antrag auf geförderten Wohnungsbau scheitert in Hessen an Geld. Jetzt dazu, wie die Programme abgerufen werden. Herr Kollege Hahn hat mit seinem Zwischenruf recht; in den ersten Jahren, in welchen wir umgesteuert haben, war die Abrufquote nicht so hoch, einfach weil es bislang nicht so viel Kapital gab und der Markt nicht darauf eingestellt war, dass es jetzt so viele Fördermittel vom Land gibt. Aber, Herr Kollege Hahn, schauen Sie sich die letzten beiden Jahre an: Es wurden alle Fördermittel abgerufen. Auch das ist ein konsequentes Umsteuern in der Wohnungsbaupolitik des Landes Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich habe Ihnen die Maßnahmen aufgezählt; und ich habe die herzliche Bitte an diejenigen, die das kritisieren, obwohl sie in eigener Verantwortung teilweise nichts davon gemacht haben: Zeigen Sie mir eine Landesregierung in Deutschland, die in der Summe mehr für die Trendwende auf dem Wohnungsmarkt gemacht hat als diese Landesregierung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Hamburg!)

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, da Sie gerade dazwischengerufen haben, schauen wir uns doch an, wie es ist, wenn die SPD mitregiert. Schauen wir uns doch an, was uns der Bund an Instrumentarien und Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau mitgibt. Die Bundes-SPD stellte einen Zwölfpunkteplan vor. Ich will diesen gar nicht im Detail bewerten; da stehen interessante Ideen drin. Wir würden uns freuen, wenn wir manche der Rahmenbedingungen aus diesem Plan vom Bund bekommen würden. Sie stellten diesen Plan vor; und in der gleichen Woche, nahezu am gleichen Tag, stellte die SPD-Bundesjustizministerin einen Gesetzentwurf zum Thema Wohnen vor, in dem davon nichts, aber auch gar nichts stand. So kommen wir wohnungsbaupolitisch mit Sicherheit nicht weiter.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Uiuiui, das war jetzt ein Tiefflug!)

Die von CDU, CSU und SPD getragene Bundesregierung erhöht nicht etwa die Mittel, die die Länder für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt bekommen, sie kürzt sie in den nächsten Jahren von 1,5 Milliarden auf 1 Milliarde € jährlich.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): So wie Sie!)

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, zu einem dritten Unterschied: Wir haben die Trendwende in Hessen erreicht. Die SPD auf Bundesebene hat das Thema Horst Seehofer überlassen, der jetzt für den Wohnungsbau zuständig ist.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Falsch!)

Wir haben gehandelt; Sie haben das Thema Horst Seehofer überlassen. Das ist der Unterschied in der Wohnungsbaupolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Falsch! – Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist doch der Erfolg von Ministerpräsident Bouffier! Wenn das der Volker hört!)

Keine Frage, es bleibt weiterhin eine Menge zu tun. Die Wohnungsbaupolitik ist nicht von heute auf morgen umgesteuert, ganz einfach deshalb, weil es eine gewisse Zeit dauert, bis Wohnungen gebaut worden sind und sie zur Verfügung gestellt werden können. Deshalb ruhen wir uns auf dem, was bereits erreicht worden ist, auch nicht aus. Natürlich wollen wir, wenn die Förderprogramme jetzt so gut abgerufen werden, auch in der nächsten Legislaturperiode garantieren, dass jeder Antrag genehmigt wird. Wenn das eine weitere Ausweitung der Mittel bedeutet, dann werden wir auch diese weitere Ausweitung der Mittel auf den Weg bringen. Wir werden uns auch darum kümmern – die Bauland-Offensive ist dafür das Instrument und der Anfang –, dass wir das vorhandene Bauland, um das es ja geht, das nur nicht erschlossen wird, auch erschließen. Wir haben beim Thema Bauen keinen Mangel an ausgewiesenen Baugebieten. Wir haben einen Mangel daran, dass diese Baugebiete tatsächlich erschlossen werden. Daher ist es doch richtig, dass die Landesregierung die Bauland-Offensive auf den Weg bringt, die sich genau um dieses Thema kümmert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wenn wir beim Wohnungsbau ein Marktversagen haben, wie das Herr Kollege Lenders gesagt hat, werden wir in der nächsten Legislaturperiode auch darüber nachdenken müssen, ob wir durch landeseigene und städtische Baugesellschaften stärker vom geförderten Bauen zum Bauen in öffentlicher Verantwortung kommen müssen. Wenn wir Marktversagen haben, wird sich der Staat in diesem Bereich vielleicht noch mehr engagieren müssen, als er es heute tut, indem er selbst baut. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner. – Für eine Kurzintervention hat sich Herr Kollege Lenders von der FDP zu Wort gemeldet. Sie haben zwei Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Wagner, Sie haben sich eben auf das Wohnraumfördergesetz bezogen. Jetzt will ich Ihnen durchaus zugestehen, dass Sie als Fraktionsvorsitzender sehr generalistisch unterwegs sind und die Details eventuell nicht kennen, aber das Wohnraumfördergesetz ist nur eine Rahmengesetzgebung. Ihre These, wir hätten vorrangig Eigentum gefördert,

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja!)

ist sachlich und fachlich einfach falsch. In der Rahmengesetzgebung stehen die Fördermöglichkeiten gleichberechtigt nebeneinander.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt!)

Nein, immer schon. Sie standen schon immer gleichberechtigt nebeneinander.