Protokoll der Sitzung vom 12.09.2018

Dass Sie heute einen solch sportlichen Kurswechsel vorgelegt haben – Herr Kollege Wagner hat es gerade brillant herausgearbeitet –, finde ich bemerkenswert. Deswegen: herzlichen Dank für diesen Setzpunkt. Er gibt uns die Gelegenheit, noch einmal über Ihre Geisteshaltung zu sprechen, über das, was Sie in der Welt so erzählen und was Sie eigentlich vorhaben. Da gibt es nämlich ein riesengroßes Delta, getreu dem Motto: Wir erzählen einmal das eine, machen hinterher aber das andere, weil wir in der Realität möglicherweise eine andere Situation vorfinden. – Veräppeln Sie die Leute also nicht; erzählen Sie diesen keine Geschichten, sondern bleiben Sie aufrecht und ehrlich.

(Gernot Grumbach (SPD): Ist das eine Selbstkritik, oder was ist das?)

Eltern sind immer mehr voll berufstätig; das ist so. Ja, der Wunsch nach einer ganztägigen und guten Betreuung nimmt zu, und genau deswegen haben wir die verlässlichen Schulzeiten eingeführt. Genau deswegen haben wir den Pakt für den Nachmittag geschmiedet, und genau deswegen gehen wir diesen erfolgreichen Weg weiter.

(Beifall bei der CDU)

Klar ist für uns aber auch: Ganztägige gute Betreuung und ganztägige gute Beschulung eignen sich nicht für ideologische Grabenkämpfe. Das gehört sich nicht, das ist auch der Sache nicht dienlich. Aber genauso klar sage ich hinter diesem Rednerpult: Es wird mit uns keine Zwangsganztagsbeschulung geben. Diese darf es auch nicht geben, weil die Menschen in diesem Lande etwas anderes verdient haben.

(Beifall bei der CDU)

Es ist das Primat unserer Politik, und das betrifft auch die Bildungspolitik, mit den Menschen zu arbeiten; und die Wahlfreiheit der Eltern ist für uns ein hohes Gut. Dazu gehört auch, dass den Kindern Raum und Zeit eingeräumt werden, außerhalb der Schule Aktivitäten, beispielsweise in der Feuerwehr, in Sportvereinen, im Musikverein und darüber hinaus, zu gestalten. Wir setzen uns für Vielfalt und für freiwillige, offene, teilgebundene und gebundene Schulangebote ein – mit Partnern, mit den Vereinen und der Region vor Ort.

(Manfred Pentz (CDU): So ist es!)

Das ist für uns ein schlüssiges, ein präzises Konzept; und daran werden wir festhalten. Deswegen will ich hier das Hohelied auf den Pakt für den Nachmittag mit weiteren Strophen versehen: Der Pakt für den Nachmittag ist genau das, was ich eben beschrieben habe, ein Pakt mit den Menschen, mit der Region, mit den Vereinen; und er ist bedarfsorientiert sowie freiwillig. Er ist das größte Programm in Bezug auf den Ganztagsschulausbau, das es jemals in Hessen gegeben hat. Deswegen ist der Pakt für den Nachmittag auch ein solches Erfolgsprogramm. Ich sage: Dieser Pakt für den Nachmittag ist ein Hit, der im Koalitionsvertrag auf Bundesebene Niederschlag gefunden hat.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und jetzt sage ich Ihnen Folgendes: Mittlerweile sind drei Viertel, 75 %, aller Schulträger im Pakt mit dabei. Zum Schuljahr 2018/2019 kamen vier neue Schulträger hinzu.

Das sind in der Tat 42 zusätzliche Schulen. Darauf sind wir stolz, darüber freuen wir uns. Allein im Bereich des Pakts sind 530 Lehrerstellen verortet. Dort sind sie gut aufgehoben. Dass dies so kommt, war genau unser Ziel.

Deswegen will ich das noch einmal unterstreichen – Herr Kollege Wagner hat dies dankenswerterweise schon einmal sehr deutlich dargestellt –: Der Pakt für den Nachmittag ist das, was mit dem Rechtsanspruch auf Bundesebene bis 2025 vorgegeben worden ist, von uns aber bereits gelebt wird. Wir sind mit dem Pakt für den Nachmittag die Speerspitze des Rechtsanspruchs. Meine Damen und Herren, darüber reden wir.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei gibt es viele Kooperationspartner, darüber freuen wir uns. In der Entwicklung der ganztägig arbeitenden Schulen hat sich hessenweit eine beeindruckende Kooperationslandschaft herauskristallisiert. Ich lege Ihnen dieses Kompendium sehr ans Herz.

(Der Redner hält eine Broschüre hoch.)

Darin ist dargestellt, was wir leisten. Darin sind über 30 Kooperationspartner gelistet, die mit den Schulen, der Region, den Kommunen zusammenarbeiten und das aus gutem Grund tun. Sie sind von A bis Z aufgelistet, von der Arbeiterwohlfahrt über die Caritas Hessen, den Landesfeuerwehrverband, den Landessportbund, die DLRG, den Verband der Musikschulen, alle sind dabei. Das ist kein Zufall.

Die Kooperationspartner sehen durch die Öffnung in den Nachmittag die Chance, die gewährten Angebote auch in den Schulen zu etablieren, in allen Bereichen, die ich gerade dargestellt habe. Wir haben mittlerweile 70 % aller Schulen mit einem Ganztagsangebot ausgestattet. 1.155 von 1.800 Schulen sind mit dabei.

Herr Kollege Degen, ich will Ihnen eines sagen, Sie als angeblicher Vordenker der Ganztagsbeschulung und Ganztagsbetreuung: Als wir die Regierung übernommen haben, hatten Sie 138 Schulen. Wir haben diese Zahl verneunfacht. Mit Ihrem Mickey-Mouse-Programm, das Sie seinerzeit hatten, brauchen Sie uns nicht um die Ecke zu kommen. Wir haben, der Kollege Wagner hat es gesagt, vom Profil 1 bis zum Profil 3 mit 3.000 Stellen für den Pakt für den Nachmittag für alle etwas dabei. Alle Anträge, sei es Profil 1, Profil 2 oder Profil 3, wurden genehmigt. Anders kann es auch nicht sein.

Ich musste am Montag, als wir beim Verband der hessischen Unternehmer zusammen waren und Sie Ihr Wahlprogramm vorgestellt haben, schmunzeln. Sie haben gesagt: „Es reicht uns nicht, dass alle Anträge genehmigt werden.“ – Ich habe erst gedacht, das solle ein Witz werden, aber so richtig klar ist mir an der Stelle nicht, wo die Pointe liegt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Logik ist: Mehr, als alles, was beantragt ist, zu genehmigen, geht eigentlich nicht. Sie können mir aber Ihre Mathematik und Ihre Logik gleich noch einmal darlegen.

(Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Die Prinzipien Angebotsvielfalt, Wahlfreiheit und flächendeckende bedarfsorientierte Versorgung sind für uns die Maxime unserer bildungspolitischen Ansätze. Wir unterstützen die Schulträger auch über das kommunale Investiti

onspaket: KIP I, KIP II macht Schule, mit dem Digitalpakt. Deswegen vertrauen uns die Menschen in diesem Land, weil sie sehen, dass wir eine Idee haben, die wir ehrlich und klar kommunizieren und die wir auch umsetzen. So gehört sich das.

(Günter Rudolph (SPD): Jawohl!)

Eine Frage noch an den Kollegen Degen – vielleicht kommen Sie noch einmal nach vorne –: Wollen Sie eigentlich die Schulträger abschaffen? Das schwingt immer so ein bisschen mit. Dann kommt Frau Kollegin Faulhaber und spricht davon, dass die Schulen zusammenbrächen. Jetzt ist sie leider nicht mehr da.

(Zurufe von der LINKEN: Sie sitzt oben im Präsidi- um!)

Frau Kollegin, ich bitte um Nachsicht. – Ich würde von Ihnen gerne noch einmal wissen, welche Schulen jetzt konkret zusammengebrochen sind. Sie hatten mir keine Gelegenheit gegeben, Zwischenfragen zu stellen.

(Gabriele Faulhaber (DIE LINKE): Zeitung lesen!)

Wenn Sie noch einmal von dort oben herunterkommen könnten und mir erklären würden, an welcher Stelle die Schulen zusammengebrochen sind, dann wäre das eine spannende Sache.

So viel Geld, so viele Unterrichtsstunden, so viele Stellen, so viele Lehrer, so wenige Schüler ohne Abschluss wie nie zuvor und wie in keinem anderen Bundesland

(Günter Rudolph (SPD): Weltweit!)

bei gleichzeitig so viel Ganztagsangebot wie noch nie zuvor. Meine Damen und Herren, der Bildungsfinanzbericht gibt uns ein exzellentes Zeugnis, die höchsten Investitionen aller Flächenländer in Bildung mit 1.500 €. Das ist exzellent, magna cum laude. Diese Politik setzen wir fort. – Ich danke herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): Dann werden Sie 100 % haben!)

Vielen Dank, Herr Kollege Armin Schwarz. – Das Wort hat der Kultusminister, Staatsminister Prof. Dr. Lorz.

(Günter Rudolph (SPD): 100 % Unterrichtsgarantie!)

Viel mehr. Aber das ist jetzt gerade nicht unser Thema.

(Günter Rudolph (SPD): Ich weiß, dass Sie da ausweichen!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte eigentlich erwartet, dass die SPD ihren letzten parlamentarischen Setzpunkt vor der Landtagswahl für ein Thema nutzen würde, bei dem sie sich besonders scharf von der Landesregierung abgrenzen könnte, also zum Austragen einer grundsätzlichen Kontroverse. Ich bin ausdrücklich positiv überrascht; denn dafür eignet sich das Thema Ganztagsschulausbau eigentlich nicht. Es eignet sich jedenfalls dann nicht, wenn Sie den ersten Punkt Ihres Antrags erst mei

nen, in dem Sie schreiben, Sie wollten die Wahlmöglichkeiten der Eltern stärken.

Denn das ist es, worum es uns beim Ausbau des Ganztagsangebots geht: um eine Vielfalt von Angebotsformen, mit denen man auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Schulgemeinden vor Ort reagieren und eine möglichst weitgehende Wahlfreiheit der Eltern verwirklichen kann.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich wiederhole dazu ausdrücklich, was ich an dieser Stelle schon mehrfach gesagt habe: Wir tun das ohne Bevorzugung oder Diskriminierung einer bestimmten Angebotsform, das gilt explizit auch für die gebundene Ganztagsschule. Es ist schon ein paarmal statuiert worden, ich sage es aber noch einmal, und ich habe auch noch etwas hinzuzufügen: Kein Antrag auf Einrichtung einer gebundenen Ganztagsschule, der fachlich sauber begründet war, ist in den letzten Jahren vom Kultusministerium abgelehnt worden, keiner. Wir zwingen sie aber auch keiner Schulgemeinde auf.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt habe ich noch etwas speziell in Richtung des Abg. Degen hinzuzufügen: Ja, natürlich arbeiten wir mit Stellenkontingenten – wie sollen wir es denn sonst machen? –, das hat Herr Abg. Wagner schon im Detail ausgeführt.

Die Profil-3-Schulen, die gebundenen Ganztagsschulen, liefen aber immer extra, das wissen die Schulträger auch. Dafür haben wir zwischenzeitlich sogar einen besonderen Topf eingerichtet. Wir haben immer mit den Schulträgern kommuniziert und gesagt: Wenn ihr eine gebundene Ganztagsschule einrichten wollt und die Schulgemeinde das vor Ort will, dann werden wir das möglich machen, notfalls auch außerhalb des Stellenkontingents.

Das war am Ende gar nicht erforderlich, wir haben das innerhalb des Stellenkontingents erreichen können. Wenn es aber irgendeine Schule geben sollte, die gebundene Ganztagsschule werden wollte, bei der der Schulträger wollte und mitgetragen hätte, dass sie gebundene Ganztagsschule wird, und für die man uns den Antrag nicht eingereicht hat, dann hat uns da draußen irgendjemand nicht zugehört.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie sich das Volumen anschauen, das wir insgesamt bereitgestellt haben, in dem wir natürlich auch diese Anträge für Profil 3 untergebracht haben, dann muss ich Ihnen sagen, Herr Abg. Degen: Die 50 Ganztagsschulen, die Sie jetzt im Hessenplan ankündigen und versprechen, hätten wir auch noch geschafft.

(Günter Rudolph (SPD): Haben Sie aber nicht!)