Protokoll der Sitzung vom 13.09.2018

Zweitens. Wir sind nach wie vor nicht überzeugt von den Erläuterungen, die es noch einmal auf unseren Vorhalt zu der Frage der anlasslosen Prüfung gegeben hat. Wir glauben nach wie vor nicht, dass das angemessen und notwendig ist.

Drittens. Das ist der maßgebliche Punkt. Wir haben noch einmal gefragt nach Ihrer Änderung der Vorschrift, dass die Träger der Eingliederungshilfe der Fachaufsicht des Landes unterliegen, ausgeübt durch die Regierungspräsidien, in diesem Fall des LWV durch das Regierungspräsidium Darmstadt. Da haben Sie eine Änderung vorgenommen. Der Erläuterung ist zu entnehmen, dass das keine allgemeine Fachaufsicht sein soll, sondern nur in begründeten Fällen.

Nun habe ich zwei- oder dreimal in der Ausschusssitzung gefragt. Ich habe die antragstellenden Fraktionen gefragt und hilfsweise den Minister – für den Fall, dass er sich dazu erklären kann, obwohl er ja mit diesem Entwurf gar nichts zu tun hat, wie wir alle wissen; denn es ist ein Fraktionsgesetz.

Ich habe von niemandem eine Antwort darauf bekommen. Das ist nach wie vor unbefriedigend, da dies keine triviale Angelegenheit ist. Diese Angelegenheit liegt im Wesentlichen im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung und unterliegt der Fachaufsicht des Landes. Das war in der

mündlichen Anhörung und in den schriftlichen Unterlagen strittig. Das ist dargelegt worden, und zwar, wie ich finde, nicht völlig substanzlos und grundlos. Ich bin kein Jurist und kann das am Ende nicht beurteilen, aber ich nehme diese Bedenken extrem ernst. Ich wäre froh, wenn das einer gerichtlichen Klärung unterzogen würde, weil das aus unserer Überzeugung in paar fundamentale Grundsätze zusammenläuft, die geeignet sind, in das Zusammenwirken von Land und Kommunen einzugreifen. Deswegen ist dieser Punkt ernst zu nehmen. Dazu hat es keine befriedigende Erklärung gegeben.

Bei all der Freude im Grundsatz und der Zustimmung dazu, dass wir in der Tat einen großen Schritt in der Behindertenhilfe weiter machen können – das ist unstreitig, das haben wir in mehreren Lesungen auch gesagt; ich wiederhole es –, reicht es unterm Strich bei uns nicht für eine Zustimmung. Wir werden uns der Stimme enthalten, um deutlich zu machen: Wir sind im Grundsatz dafür, aber unsere Bedenken bleiben. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Kollege Rock, FDPFraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich ist das Spannende an dem Gesetzentwurf der Weg, den er auf sich genommen hat, bis er hier war. Es ist irgendwie symbolisch, dass wir ihn in der letzten Plenarwoche vor der Wahl als eines der letzten Gesetze beschließen, weil es eine Grundsatzdiskussion gab, wie wir künftig die überörtliche Sozialhilfe organisieren.

Für uns als FDP-Fraktion ist die grundsätzliche Entscheidung, dass es dieses Lebensabschnittsmodell und die Grundsatzentscheidung für den Landeswohlfahrtsverband gibt, gut, und wir tragen sie ganz besonders mit. Man kann immer noch über Nuancen in diesem Gesetz diskutieren, wie es etwa der Kollege Merz dargelegt hat, aber aus unserer Sicht überwiegt die Haltung, dass diese Grundsatzentscheidung für den LWV getroffen worden ist. Darum werden wir das Gesetz mittragen und ihm am Ende zustimmen. Damit ist für Hessen und die Sozialhilfe die richtige Entscheidung getroffen. Somit können der LWV und die Träger, die für ihn tätig sind, auch weiter ihre kompetente Arbeit machen.

Das ist gut für Hessen. Darum ist es vernünftig, diesen Gesetzentwurf zu beschließen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf: Wir klatschen für dich, ist ja sonst keiner da! – Gegenruf des Abg. René Rock (FDP): Ich werde mich revanchieren!)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Kollegin Erfurth für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich wirklich, dass wir heute dieses Umsetzungsgesetz zum Bundesteilhabegesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschieden können. Ich möchte auch das Wort des Kollegen Reul vom Meilenstein aufgreifen – vielleicht nicht Meilenstein mit Blick auf die Größe des Gesetzes oder mit Blick auf das, was manche dazu empfinden, aber es ist ein Meilenstein für die Menschen mit Behinderungen und für die, auf die das Gesetz Auswirkungen haben wird. Damit können wir die Menschen, die es betrifft, beruhigen und für sie Sicherheit garantieren.

Ich finde gut, dass wir das in dieser Legislaturperiode noch schaffen. Ich finde es auch gut, dass wir das in überwiegend sachbezogener Beratung gemacht und versucht haben, das im Sinne der Menschen mit Behinderungen zusammenzutragen, damit wir auch für sie tätig werden können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Das freut mich wirklich.

Herr Kollege Merz, Sie konnten Ihre Freude über das Gesetz nicht so ganz zum Ausdruck bringen, weil aus Ihrer Sicht einige Punkte noch nicht hundertprozentig geklärt waren. Das kann man so sehen. Ich versuche noch einmal, bei Ihnen mehr Sympathien für den Bereich der Interessenvertretung für die Menschen mit Behinderungen zu gewinnen. Dieser große Punkt war für uns auch politisch wichtig, damit sich die Menschen mit Behinderungen selbst vertreten.

Wir haben für eine erste Näherung, wie man Menschen mit Behinderungen in die Interessenvertretungen einbinden kann, einen praktikablen Vorschlag gemacht. Dafür gibt es nämlich noch keine Vorbilder. Es gibt keine Vorbilder, wie die Selbsthilfeverbände sowie die Vereine und Verbände der Menschen mit Behinderungen in solch einem Verfahren, das sehr viel mit Rechtssystematik zu tun, eingebunden werden können. Wir haben uns ernsthaft überlegt, wie wir ein Verfahren finden können. Ich hoffe, dass es sich bewährt. Wahrscheinlich in der nächsten Legislaturperiode muss man schauen, ob es funktioniert. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie zumindest an dem Punkt gesagt hätten, dass das einen Versuch wert ist.

Nun ist es nicht so. Dann habe ich das möglicherweise falsch verstanden. Ich freue mich aber, dass sich eine große Mehrheit abzeichnet. Ich bin froh, dass die SPD am Ende dem Gesetzentwurf nicht im Wege steht, sondern angekündigt hat, sich zu enthalten. Das ist ein gutes Zeichen, damit wir in der Behindertenhilfe ein Stück vorankommen.

Ich möchte auch noch einige persönliche Worte sagen. Sofern wir nicht noch zu einer anderen Sitzung zusammentreffen, wird dies meine letzte Rede im Hessischen Landtag sein. Ich habe mich auch entschlossen, nicht wieder anzutreten. Ich kann mich nur den Worten meiner Fraktionskollegin Ursula Hammann anschließen: mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Ich war auch immer gern hier, und ich mache die Arbeit – ich habe gar nicht das Gefühl, dass ich aufhöre – immer noch gern.

So langsam fange ich damit an, mein Büro auszuräumen, und sehe, wie es war, als ich hier angefangen habe, nämlich in einer Oppositionsfraktion, die sich nie vorstellen konnte, mit der CDU zu regieren. Das beschreibt vielleicht

auch einen Spannungsbogen, den wir gemeinsam beschritten haben. Ich kann mich noch sehr gut an die lange Nacht erinnern,

(Hartmut Honka (CDU): Das Beste zum Schluss!)

als die letzten Verhandlungen in Schlangenbad geführt worden sind. Wir haben gemeinsam versucht, uns auszumalen, was sein wird. In der Fraktion haben wir uns damals, damit wir nicht einschlafen, „Das Leben des Brian“ angeschaut.

(Heiterkeit)

Das haben wir damals gemacht. Ich war damals die Entertainerin. Ich kannte diesen Film noch nicht. Ich habe mir diesen Film damals extra beschafft, damit wir uns diesen Film anschauen konnten. Das war ein guter Start. Wir haben dann weiter an dieser Regierungskoalition gearbeitet und gebastelt.

Ich kann nur sagen, es hat mir viel Spaß gemacht. Es hat mir außerdem viele neue Einsichten gebracht, auf allen Seiten. Außerdem habe ich viele neue Bekannte und Freunde kennengelernt. Ich hoffe, das wird zum Teil auch über diese Legislaturperiode hinausreichen. Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, hin und wieder einmal vorbeizuschauen. Ich bin ja auch noch im Landesvorstand. So habe ich immer die Chance, hineinzuschnuppern und zu schauen, was ihr treibt. Das mache ich aus einer ehrenamtlichen Position heraus. Ich freue mich auf jede und jeden, den und die ich wiedersehen kann.

Ich möchte es zum Abschluss nicht versäumen, auch meiner Familie zu danken. Ich habe Anlass, den Kolleginnen und Kollegen sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu danken, die immer sehr engagiert waren und zugewandt unterstützt haben, in allen Bereichen. Danken möchte ich aber auch meiner Familie, die mich sehr getragen hat. Ohne meinen Mann hätte ich das hier nie machen können. Ihm möchte ich von hieraus auch einmal danken. Ich freue mich auf das Wiedersehen.

(Beifall)

Liebe Kollegin Erfurth, ich möchte Ihnen im Namen des Hauses für Ihre langjährige Arbeit danken. Ich hoffe, Sie haben jetzt Zeit, gemeinsam mit Ihrem Mann gute Filme auch zu anderen Tageszeiten zu sehen,

(Heiterkeit)

und wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft.

(Beifall)

Mir liegt keine weitere Wortmeldung vor. Dann hat Herr Staatsminister Grüttner das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will meine Ausführungen beginnen mit einem herzlichen Dankeschön an Sigrid Erfurth. Sie hat gesagt, sie hätte sich manches nicht vorstellen können. Ich finde, das ist in den vergangenen Jahren ausgesprochen spannend und gut gelaufen. Ich bedanke mich auch seitens der Landesregierung für eine stets konstruktive und nach Lösung suchende Zusammenarbeit. Wenn man Monty Python gese

hen hat und weiß, dass dieser Film endet mit dem Song „Always look on the bright side of life“, dann ist das das Beste, was man dir mitgeben kann. Vielen herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Ausführungsgesetz. Ich möchte auf zwei Punkte eingehen, zu denen ich gefragt worden bin. An einer Stelle möchte ich Herrn Kollegen Merz recht geben, aber auch widersprechen. Ich habe im Rahmen der Diskussion um das Hessische Krankenhausgesetz an einem Punkt gesagt, dass wir dafür die Opposition nicht brauchen.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

An zwei Punkten. Gut. Dann brauchen wir sie an zwei Punkten nicht.

An der Stelle, als es um den Änderungsantrag zum BTHG ging, danke ich für ein aufmerksames Lesen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit bezüglich des Fehlers, der sich in die Begründung eingeschlichen hat.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Deswegen will ich nun noch auf zwei Fragen Auskunft geben, die Sie gestellt haben. Erstens geht es um die Frage der Fachaufsicht. Ihnen ist hinlänglich bekannt, dass es sich bei der Fachaufsicht des Landes nicht um Neuland handelt, sondern dass wir bereits seit 13 Jahren im Bereich des SGB II dies stets tun und die Zusammenarbeit auch bei kritischen Themen gut gewesen ist. Bei der Fachaufsicht geht es nicht darum, bestimmte Verfahren zu bewerten, ohne zu prüfen. Die Vertragsfreiheit ist im BTHG genannt. Vielmehr geht es um grundsätzliche Ausführungen und Klarstellungen. So hat das Land in der Vergangenheit die Fachaufsicht ausgeübt und wird das auch in Zukunft tun.

Nun zur Frage der anlassunabhängigen Prüfung. Die Prüfung von Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung betrifft unmittelbar und primär lediglich die Rechtsbeziehung zwischen dem Leistungserbringer und dem Träger der Sozialhilfe. Diese wird durch Vereinbarungen ausgestaltet. Es handelt sich somit um eine effektive Kontrolle des in den Gesetzesvollzug eingebundenen Leistungserbringers.

Ich denke, bei den Milliarden an Volumen, die an dieser Stelle bewegt werden, sind beide Regelungen sachgerecht und hilfreich.

Weitere Ausführungen gegenüber den vorherigen Debatten erübrigen sich an dieser Stelle. Ich bin froh, wenn dieser Gesetzentwurf heute die Mehrheit des Hessischen Landtags findet.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Mir liegt keine weitere Wortmeldung vor.

Somit kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes. Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Wer ist dagegen? – Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält

sich? – Das sind die Fraktion der SPD und Kollegin Öztürk. Damit ist der Gesetzentwurf mit Mehrheit angenommen und zum Gesetz erhoben.