Protokoll der Sitzung vom 13.09.2018

sich? – Das sind die Fraktion der SPD und Kollegin Öztürk. Damit ist der Gesetzentwurf mit Mehrheit angenommen und zum Gesetz erhoben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist noch ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Tarifautonomie und Tarifauseinandersetzungen bei Ryanair, Drucks. 19/6788. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das sieht so aus. Dann wird dieser Antrag Tagesordnungspunkt 68 und wird zusammen mit Tagesordnungspunkt 63 aufgerufen.

Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 59:

Dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Krankenhausgesetzes 2011 und anderer Rechtsvorschriften – Drucks. 19/6779 neu zu Drucks. 19/6740 zu Drucks. 19/6548 –

Ich bitte um Berichterstattung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Beschlussempfehlung lautet: Der Sozial- und Integrationspolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen der SPD und der LINKEN, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 19/6763 in dritter Lesung anzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Sie haben weiter das Wort.

Liebe Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir beraten nun in dritter Lesung. Warum? – Weil der Gesetzentwurf nicht die Lösungen berücksichtigt, die wir benötigen. Dass in der Verbundbildung die Bundeslandgrenze überschritten werden kann, ist gut. Trotzdem hätten Sie das auch dezidiert in den Gesetzentwurf hineinschreiben können. Das steht so leider aber nicht darin. Das heißt, dass es an dieser Stelle Interpretationsspielraum gibt. Das ist schade.

Dass Herr Dr. Bartelt geäußert hat, dass wir uns im Ziel einig sind, einen Personalschlüssel in der Pflege und in den Krankenhäusern einzuführen, finde ich erstaunlich; denn das ist eine Kehrtwende zu den bisherigen Äußerungen der CDU zu diesem Thema. Wir nehmen das zur Kenntnis. Wir haben jahrelang, über Legislaturperioden hinweg, für Personalstandards gekämpft. Nun sind Sie und auch der Minister zurückgerudert: Wir bräuchten keine Landesregelung. Es würde das Ansinnen auf Bundesebene reichen. – Das sehen wir anders.

Ich möchte aus dem „Deutschen Ärzteblatt“ zitieren. Ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin:

Wurde noch vor etwa 15 Jahren für die bundesdeutschen Krankenhäuser der „Pflegenotstand“ ausgerufen und mit nur palliativ wirkenden Maßnahmen notdürftig überwunden, so gibt es seit geraumer Zeit in den Krankenhäusern wieder einen Personalzusatzbedarf – nicht zuletzt infolge der Leistungsverdichtung und der … gestiegenen Zahl der Krankenhauspatienten.

Weiter heißt es:

Der Missstand hat dazu geführt, dass oftmals die Personaldecke gestreckt werden muss und nur noch der Mangel verwaltet wird. Die Pflegefachkräfte erbringen Jahr für Jahr neun Millionen Überstunden. … Der Stress am Krankenbett und in der Pflege wächst schier ins Unendliche. Die Folge: Ein Drittel der Pflegekräfte war im vergangenen Jahr längerfristig krank, wesentlich häufiger und mehr als noch ein Jahr davor.

Dieses Zitat stammt aus dem „Ärzteblatt“ im Jahr 2003. 15 Jahre ist das also her, und es geht immer noch und immer wieder um den Personalmangel. Das „Pflege-Thermometer 2003“, der „Hessische Pflegemonitor 2003“ und der „Hessische Pflegemonitor 2018“ haben diese Ergebnisse bestätigt.

Die Personalengpässe führen zu Belastungen, zu Stress und zu Erkrankungen der Beschäftigten. Ich möchte nicht noch einmal erklären müssen, warum gutes und genügend Personal wichtig ist, damit die Patientensicherheit gewährleistet und die Mortalitätsrate gesenkt werden kann. Sie aber machen sich hier wieder einen schlanken Fuß, verweisen auf den Bund und darauf, dass Sie auf die Bundeslösung warten wollen. Worauf, bitte, wollen Sie nach 15 Jahren warten? Wie lange sollen die Pflegekräfte in Hessen noch auf eine Lösung warten?

(Beifall bei der SPD)

Es gibt seit 15 Jahren Studien mit Hinweisen auf den Personalmangel. Sie hatten nichts Besseres zu tun, als das Pflegereferat nicht originär zu besetzen, die Ausbildung, das Berufsbild sowie die Arbeitsbedingungen nicht zu verbessern. Alles, was jetzt kommt, kommt zu spät. Sie hatten 19 Jahre Zeit, und Sie haben diese nicht optimal genutzt. Die Pflege bekam die dringend benötigte Unterstützung durch Sie einfach nicht. Auch hieran wird einmal mehr deutlich, wie wichtig es ist, die Expertise aus der Praxis zu registrieren, gemeinsam nach Lösungen zu suchen und schließlich zu reagieren. Für uns ist und bleibt die Forderung nach Personalstandards und nach einer stärkeren Stimme der Pflege in ihren Belangen essenziell.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir wollen Mindestpersonalzahlen mit Differenzierung nach Berufsgruppen und Qualifikationen, Erkrankungsschwere der zu versorgenden Patienten und Art der Station, sodass alle im Gesundheitswesen Tätigen endlich wieder Zeit für ihre Patienten haben.

(Beifall bei der SPD – Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vorsitz.)

Es gibt Handlungsbedarf. Daher darf sich die Landesregierung nicht aus der Verantwortung stehlen und alles auf den Bund schieben; denn die Gesundheitsversorgung gehört zur Daseinsvorsorge. Auch wenn Sie viele Fehler in Ihrem Änderungsantrag korrigiert haben, kann das nicht darüber

hinwegtäuschen, dass sich in den Krankenhäusern und auf den Stationen nichts, aber auch gar nichts ändern wird. Arbeitsbelastung, Arbeitsverdichtung, kontinuierliche Überlastungssituationen: Wir wollen, dass sich die Rahmenbedingungen endlich wieder bessern und dass die Arbeitsschutzbestimmungen eingehalten werden. Darüber haben wir in allen Debatten über dieses Thema gesprochen und Vorschläge gemacht, die Sie weggebügelt haben. Sie haben in den letzten Jahren versäumt, eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben zu managen.

(Beifall bei der SPD)

Erst im Wahlkampfjahr, erst kurz vor Ende der Legislaturperiode, fühlen Sie sich aus Ihrem Dornröschenschlaf wachgeküsst und finden es gut, Personalschlüssel für die Pflege einzuführen. Unseren Antrag haben Sie im Ausschuss aber erneut abgelehnt. Sie wollen erst tätig werden, wenn der Bund die Diskussion und die Erfahrungsberichte ausgewertet hat. Sie hatten eigentlich lang genug Zeit. Die Zeit des Wartens ist vorbei. So sehen wir dem 28. Oktober entgegen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Dr. Bartelt für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für die hessischen Krankenhäuser. Den Krankenhäusern in Hessen, die in Verbünden zusammenarbeiten, werden 21 Millionen € zusätzlich zur Verfügung gestellt, und durch Änderung des Stichtags, ab dem Einzelförderungen auf die Pauschalförderung angerechnet werden, kommen noch weitere Millionen Euro hinzu.

Wir können einfach nicht verstehen, warum Sie diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen können. Die zusätzlichen Mittel sind für die Krankenhäuser, und das kommt auch den Patientinnen und Patienten zugute.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen von Ihnen nicht wachgeküsst zu werden.

(Zurufe von der SPD)

Diese Koalition hat über die ganze Legislaturperiode hinweg die Krankenhäuser gefördert. Die Krankenhäuser lagen uns am Herzen. Das haben wir auch mit der Zuweisung finanzieller Mittel zum Ausdruck gebracht. Jedes Jahr wurden die Investitionszuschussmittel erhöht. Wir haben vor der Umstellung von der Einzelförderung auf die Pauschalförderung zusätzliche Mittel durch ein eigenes Programm eingesetzt. Die Umstellung auf die Pauschalförderung selbst kommt den Krankenhäusern zugute, weil sie schneller und in eigener Verantwortung investieren können. Hinzu kommt jetzt eine zusätzliche Förderung für Verbundstrukturen. Das heißt, wir versuchen kontinuierlich, jedes Jahr, zusätzlich etwas für die Krankenhäuser zu tun, und wir werden diesen Weg in der nächsten Legislaturperiode fortsetzen.

Das Gleiche gilt für die Pflege. Hier gilt es, mit dem Bund zusammenzuarbeiten. Wir mischen uns gerne in die Diskussion auf der Bundesebene ein, und wir haben hier auch

schon sehr viel erreicht. Ab dem 1. Januar 2019 gibt es Mindeststandards in Abhängigkeit von den einzelnen Fachdisziplinen, und Bundesminister Spahn hat für 2020 eine generelle Regelung angekündigt. Wir haben auch durchgesetzt, dass die Landesbasisfallwerte und ihre Dynamik nicht mehr an die allgemeinen Lebenshaltungskosten, sondern an die Personalkosten angepasst werden. Die DiG für Pflege werden herausgenommen, was für die Kosten der Pflege eine weitere Dynamik in Gang setzt. Das heißt, der Bund und das Land arbeiten mit den Kommunen zusammen.

Die Träger der Krankenhäuser sind bei dieser Landesregierung, bei Sozial- und Gesundheitsminister Stefan Grüttner in wirklich guten Händen. Wir haben noch viel vor und werden unsere Politik in der nächsten Wahlperiode fortsetzen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abg. Bocklet für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute über den Gesetzentwurf in dritter Lesung. Die Veränderungen am Sachstand haben sich in der Tat in überschaubarem Rahmen gehalten.

Wir gehen mit dieser Änderung des Krankenhausgesetzes zwei Schritte. Das sind gute Nachrichten. Die Krankenhäuser, die Verbünde bilden, werden noch einmal privilegiert und mehr Geld erhalten: bis zu 21 Millionen €. Das ist ein Anreiz, der dazu beiträgt, dass sich die hessischen Krankenhäuser zukunftsfähig aufstellen werden.

Zweitens können zukünftig regionale Gesundheitskonferenzen durchgeführt werden, die die Bedürfnisse der Menschen vor Ort noch transparenter und regionaler analysieren und Lösungsvorschläge machen sollen. Das wird dazu beitragen, dass der Patient im Mittelpunkt steht und die medizinisch-gesundheitliche Versorgung auch zukünftig flächendeckend gewährleistet bleibt.

Ich denke, mit diesen beiden Änderungen haben wir gute Impulse gesetzt.

Zum Thema Pflege. Auch ich glaube, dass uns eine Lösung auf der Bundesebene, auf die wir warten, Hinweise darauf geben wird, was wir in Hessen daran anschließen werden. Ich denke, dass die Große Koalition an diesem Punkt einen guten Beschluss gefasst hat. Sie von der SPD sollten vielleicht ein bisschen mehr feiern, dass die Pflegekosten künftig aus den DiG herausgerechnet werden. Das alte Spiel der Geschäftsführer der Krankenhäuser war nämlich, zu sparen, indem sie den Umfang der Pflege auf den Stationen reduziert haben. Diese Stellschraube, diesen Anreiz gibt es mit dem Beschluss, der auf Bundesebene gefasst wurde, nicht mehr. Das war ein kluger Beschluss.

Jetzt werden wir dafür sorgen, dass die Investitionszuschüsse für die Krankenhäuser so steigen werden, dass sie nicht durch Einsparungen weitere Einnahmen generieren müssen. Die Krankhausgeschäftsführer, mit denen wir gesprochen haben, haben nämlich gesagt: Wenn wir die In

vestitionen dadurch finanzieren müssen, dass wir das Personal reduzieren, dann ist das ein Problem.

Wir erhöhen jetzt die Investitionen ein weiteres Mal, um 21 Millionen €. Ich glaube, dass wir Hessen damit gut aufgestellt sind. Wir wissen, dass es noch weitere Investitionen geben muss, damit der Sanierungsstau auch tatsächlich abgebaut werden kann.

Ich bin mir sicher, diese Fragen werden uns auch in der nächsten Legislaturperiode intensiv beschäftigen. Wir werben dafür, dass es noch mehr Investitionszuschüsse für die hessischen Krankenhäuser gibt; denn sie müssen weiterhin investieren, sie müssen modern bleiben. Das wollen auch wir. Wir wollen die modernsten medizinischen Systeme in unseren Krankenhäusern haben. Dazu werden weitere Mittel benötigt. Das bekommen wir von den Expertinnen und Experten immer wieder ins Stammbuch geschrieben.

Das alles wollen wir angehen. Was wir jetzt angegangen sind, sind die Verbundbildungen. Wir werden regionale Gesundheitskonferenzen einrichten, die gut ausgestattet sind. Das ist eine weitere Umsetzung des Koalitionsvertrags zwischen der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die wir heute beschließen werden.

Ich glaube, das sind zwei gute Impulse und ein gutes Signal für die Krankenhäuser, für die Patienten und für die Hessinnen und Hessen insgesamt. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)