Protokoll der Sitzung vom 25.06.2014

Sie wissen doch ganz genau, wer die Exekutive war. – Von daher ist doch ganz klar, wie Ihre Argumente hier behandelt werden. Deshalb finde ich es ehrenhaft, dass Sie hier gekämpft und versucht haben, Lösungswege aufzuzeigen. Aber das wird hier nicht verfangen. Da brauchen Sie keine Angst zu haben.

Frau Hinz, ich kann nur feststellen: Ihre Wortwahl als Ministerin in einer Ausschusssitzung ist Ihre Sache. Aber wenn Sie sich als grüne Ministerin mit diesem Thema auseinandersetzen, ist natürlich schon zu fragen, wie Sie sich da darstellen. Ich glaube schon, dass Sie sich da selbst hinterfragen müssen. Aber das ist Ihr und nicht mein Thema. Ich habe das nur in der Begründung gelesen. Ich war während der Ausschusssitzung nicht dabei. Ich weiß auch nicht, ob sie öffentlich oder nicht öffentlich war. Da es in

der Begründung steht, gehe ich davon aus, dass sie öffentlich war. Aber umso mehr muss man sich überlegen, wie man sich bei solchen Themen ausdrückt.

(Beifall der Abg. Nicola Beer und Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Es ist klar, das gilt auch, wenn man als Ministerin ernst genommen werden will.

Frau Hinz, Sie haben etwas gesagt. Das wurde auch von Herrn Schmitt kurz angesprochen. Sie haben uns hier schon einmal etwas zu den Castortransporten erzählt. Sie haben uns erklärt, bis Ostern gebe es eine Lösung, und das sei alles in Ordnung.

Auch mich würde es interessieren, was in den Gesprächen stattgefunden hat, wie sich Hessen da verhalten hat, was Hessen da genau verkündet hat, zu was sich Hessen genau bereit erklärt hat und was Hessen genau an Zusagen dafür verlangt hat, dass es Castorbehälter aufnimmt. Ich glaube, es wäre für die Mitglieder des Plenums hochinteressant, wenn Sie hier noch zwei Minuten Zeit finden würden, das klarzustellen. Ansonsten müssten wir das natürlich mit den üblichen parlamentarischen Mitteln erfragen. Aber das könnten Sie uns alles ersparen, indem Sie einmal die Dinge im Plenum auf den Punkt bringen.

Ich möchte nach den kleinen Vorbemerkungen jetzt zum Thema kommen. Meiner Ansicht nach wird mit diesem Antrag der LINKEN eine Debatte aufgewärmt. Eigentlich haben wir im Mai 2014 die Argumente ausgetauscht. Das ist auch von den Vorrednern deutlich gemacht worden. Es ist zu fragen, warum Sie noch einmal einen solchen Antrag gestellt haben. Das sind alles Themen, die wir schon ausführlich beraten haben. Frau Hammann hat zu Recht gesagt, dass wir die Argumente vor wenigen Wochen hier ausgetauscht haben. Ich kann nicht nachvollziehen, warum Sie das hier noch einmal auf den Tisch bringen. Aber das müssen Sie mit sich ausmachen. Das ist Ihr Setzpunkt.

Wir wollen hier die wichtigen Aspekte der Landespolitik auf den Tisch bringen. Wir reden hier über etwas in bundespolitischer Zuständigkeit. In letzter Konsequenz können wir hier nur begleitend tätig sein. Wir können unsere Verwaltung bei ihrem Tun kontrollieren und Forderungen an sie stellen. Aber die gesetzlichen Grundlagen werden nicht hier geschaffen. Sie werden woanders geschaffen. Das müssten Sie eigentlich wissen. Ich bin mir sicher, Sie wissen das auch.

Von daher kann ich mir nur sehr schwer vorstellen, welchen Sinn es haben sollte, angesichts der jetzt geltenden gesetzlichen Regelung Ihre Forderung aufzustellen. Ich kann nur davor warnen, auf Konstruktionen einzugehen, die am Ende genau den Erfolg haben, das zu bekommen, was wir eigentlich alle nicht wollten.

Die Energiekonzerne haben Geld verdient. Jetzt sind sie dafür zuständig, den Rückbau zu organisieren. Das ist bei der Atomenergie natürlich deutlich teurer als bei anderen Vorhaben. Aber das haben wir ganz oft: In vielen Bereichen müssen Rückstellungen für den Rückbau getroffen werden. Der muss dann umgesetzt werden. Die Unternehmen sind dazu verpflichtet.

Hier gibt es auch noch besondere Auflagen über die Höhe der Verpflichtung. Während des ersten Gesprächs in Biblis haben wir erfahren, wie lange das dauern wird und mit welchem Aufwand das geschehen soll. Meiner Einschät

zung nach informiert RWE, was diesen Rückbau angeht, ganz vernünftig.

Genau dort liegt auch die Verantwortung. Die Verantwortung liegt bei RWE, bei dem Unternehmen, das dort gutes Geld verdient hat. Sie wussten immer, dass sie das Kraftwerk zurückbauen müssen. Das müssen sie jetzt umsetzen. Es ist auch nicht das einzige Kraftwerk, das in Deutschland zurückgebaut wird. Auch RWE hat da bereits Erfahrungen gesammelt.

Von daher glaube ich schon, dass wir hier auf keinen Fall vonseiten des Staates Brücken bauen sollten, mit denen es RWE gelingen könnte, einen Teil der Verantwortung auf uns abzuschieben. Genau das ist es, wovor wir Angst haben. Der eigentliche Kernpunkt der Debatte im Mai 2014 war, dass von den Betreibern der Atomkraftwerke Lösungswege angedacht werden, mit denen sie rückwirkend versuchen, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Ein Unternehmen ist bei diesen Tätigkeiten frei. Aber wir, die Politiker, sind den Bürgern und den Steuerzahlern gegenüber verantwortlich.

Wir, die Mitglieder der FDP, machen das nicht mit. Das haben wir im Mai 2014 gesagt. Ich sage es auch heute noch einmal: RWE hat gutes Geld verdient. Jetzt muss es gutes Geld nehmen, um den Rückbau zu bezahlen.

(Beifall bei der FDP)

Für mich ist auch das bedenklich, was von den LINKEN hier vorgetragen wurde. Als der Artikel im „Spiegel“ über die Stiftungslösung auftauchte, war jedem von uns klar, dass das nicht vom Himmel fiel. Dieser Artikel fiel nicht vom Himmel. Die Idee, eine solche Stiftungslösung in die politische Diskussion zu bringen, war sicherlich vorbereitet. Im Nachhinein wurde dann auch noch klar, dass es im Vorfeld ein Treffen zwischen wichtigen Entscheidungsträgern der politischen Ebene der SPD und der CDU mit Vertretern der entsprechenden Unternehmen gab. Auch das ist in Berlin nichts Besonderes.

Aber es sagt uns ganz klar: Wir müssen mit höchster Vorsicht und höchster Aufmerksamkeit diesen Bereich behandeln, damit nicht am Ende auf Kosten der Bürger etwas erledigt wird, was wir in Hessen, glaube ich, als Politik leider selbst ausbaden müssen.

Hinsichtlich dieser Frage haben wir einen Untersuchungsausschuss eingerichtet. Ich habe es schon einmal gesagt: Ich werde ein besonderes Augenmerk darauf haben. Es darf keinen Deal des Landes Hessen mit den Betreibern geben, um die eigenen Fehler zu vertuschen oder aus der Welt zu schaffen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Willi van Ooyen und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Von daher ist es vielleicht doch nicht so unnötig gewesen, dass wir heute den Antrag der LINKEN besprochen haben, um das noch einmal zu prolongieren und deutlich machen zu können. Aber das wird das Land Hessen keinen Meter weiterbringen. Da sollten Sie vielleicht andere Initiativen in den Fokus stellen. Denn wir haben den Untersuchungsausschuss. Wir werden an dem Thema dranbleiben. Es wird uns auch weiterhin beschäftigen, aber nicht in Form solcher Anträge. Ich hoffe, dass das demnächst mit ein bisschen mehr Substanz geschehen wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön. – Das Wort hat Frau Staatsministerin Hinz.

Sehr geehrte Abgeordnete! Ich möchte kurz aus der Antwort auf die Große Anfrage der SPD zitieren, die übrigens in einer öffentlichen Ausschusssitzung diskutiert wurde. Alle, die Interesse hatten, konnten also miterleben, wie das diskutiert wurde und wie sich die einzelnen Abgeordneten und Fraktionen dazu verhalten haben.

Auf die Frage:

Wie hoch sind die Rückstellungen von RWE für den Rückbau der beiden Atomkraftwerke?

habe ich geantwortet:

Das Erfordernis von Rückstellungen ergibt sich aus handels- und gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen. Hiernach haben die Unternehmen Rückstellungen nach § 249 HGB zu bilden.

RWE hat auf Anfrage erklärt, „dass Rückstellungen für den Rückbau der beiden Kernkraftwerksblöcke Biblis entsprechend gesetzlichen Vorgaben und auf Basis von Fachgutachten gebildet wurden. Hierbei wurden auch die Kosten der Endlagerung berücksichtigt. Die Höhe der Rückstellungen sowie die vorzunehmenden Anpassungen werden durch Wirtschafts- und Betriebsprüfer überwacht. Rückstellungen werden in den Geschäftsberichten gesondert und transparent ausgewiesen.“

Im Übrigen hat RWE in seinem Bericht insgesamt 10,25 Milliarden € an Rückstellungen für seine Atomkraftwerke ausgewiesen.

Es ist allerdings so, dass das Atom- und Strahlenschutzrecht keine explizite Bestimmung enthält, nach der ein Betreiber einer kerntechnischen Anlage der atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde die Höhe der Rückstellungen für den Abbau der Anlage mitteilen müsste. Sie müssen in ihrer Bilanz auch nicht einzelne Rückstellungen pro Atomkraftwerk ausweisen.

(Norbert Schmitt (SPD): Eben, eben!)

Leider, aber das ist so. Da dies so ist, können wir zwar wollen und RWE fragen, aber sie müssen uns nicht antworten.

(Norbert Schmitt (SPD): Das sehe ich anders!)

Das ist der Punkt, und das habe ich damals im Ausschuss schon kundgetan.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist aber etwas anderes, als wenn es einem wurscht ist!)

Frau Wissler, Sie waren nicht dort,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ich kann nicht überall sein!)

und Herr Schmitt hat damals sogar zustimmend genickt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Aber ich will Ihnen Weiteres erläutern,

(Zurufe)

wenn ich die Gelegenheit dazu habe.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört doch mit einem solchen Quatsch auf! – Gegenruf des Abg. Manfred Pentz (CDU): Das sagt genau der Richtige!)

Wenn ich darf, möchte ich gerne weiter ausführen.

Nach einer Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft aus dem Jahr 2012 wurde im Auftrag von Greenpeace ausgerechnet, welche Mittel man für Stilllegungen und Rückbau benötigt. Im Mittel sind das 1 Milliarde € pro Leistungsreaktor. So wurde das in der Studie ausgeführt. Die Kosten für die Entsorgung sind dort mit ca. 0,8 Milliarden € angegeben. Zusätzlich werden Sicherheitszuschläge von 0,5 Milliarden € für unvorhersehbare Mehrkosten pro Leistungsreaktor empfohlen. Wenn man das alles zusammennimmt, kann man sich ausrechnen, dass RWE genügend Rückstellungen für seine Atomkraftwerke hätte.

Jetzt sage ich Ihnen aber noch etwas nettes Neues. Denn wir haben nochmals bei RWE nachgefragt. Sie haben uns mitgeteilt, dass sie die Kosten für Stilllegung und Abbau, einschließlich der Kosten des laufenden Nachbetriebs der Doppelblockanlage Biblis A und B, mit ca. 1,5 Milliarden € veranschlagen. Hierin sind die Kosten der Konditionierung und Verbringung der Abfälle bis zu den Endlagern enthalten, also nicht die Endlagerung.

(Janine Wissler (DIE LINKE) und Norbert Schmitt (SPD): Geht doch!)

Dabei beruft sich RWE auf eine aktualisierte Kostenstudie, die sie bei NIS, Nuklear-Ingenieur-Service, in Auftrag gegeben haben. Der Rückbau einer Doppelblockanlage, so haben sie uns mitgeteilt, sei günstiger als der Rückbau von zwei einzelnen Anlagen. Auch daraus ergibt sich also die Schlussfolgerung, dass wir davon ausgehen können, dass die Rückstellungen reichen.

Ich möchte aber wiederholen, was ich schon im Ausschuss gesagt habe: Es ist völlig egal, ob sie uns das mitteilen und ob sie das Atomkraftwerk in ihrer Bilanz ausdrücklich ausweisen oder nicht – mir als Ministerin ist das egal, denn RWE ist verantwortlich, und wir lassen sie nicht aus der Pflicht.