Protokoll der Sitzung vom 25.06.2014

Wir waren uns doch damals hier einig. Wir hatten parteiübergreifend festgestellt, dass die Verantwortung für diese Kosten, für den Abriss, für die Endlagerung dieser radioaktiven Abfälle, bei den Energieversorgungsunternehmen liegt. Man sollte jetzt auch nicht die Energieversorgungsunternehmen auf falsche Gedanken bringen, wie das im Antrag der LINKEN suggeriert wird. Man sollte RWE prüfen, ob sie materiell und auch organisatorisch in der Lage ist, so etwas umzusetzen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich sage Ihnen ganz deutlich, und da stimme ich mit unserer Ministerin total überein: RWE hat das Atomkraftwerk gebaut. RWE ist dafür zuständig, dass es wieder abgebaut wird. Und sie ist auch für die Lagerung der radioaktiven Abfälle voll finanziell zuständig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Horst Klee (CDU))

Ich denke, wir haben damals ein sehr gutes Signal gegeben. Es war ein Antrag der SPD. Wir konnten in Teilen diesem Antrag dann auch zustimmen, weil es uns wichtig war, dass dieses Signal an die Energieversorgungsunternehmen geht.

Es ist notwendig, dass die Energieversorgungsunternehmen ihre Verantwortung wahrnehmen und nicht auf eine Bad Bank oder sonstige Lösungen schielen, die sie vielleicht von den Lasten für die Zukunft befreien könnten. Da macht, darin sind wir uns alle einig, keiner von uns mit, die hier im Parlament sitzen.

Meine Damen und Herren, ich will die Diskussion vom Mai nicht wiederholen. Aber auf einiges möchte ich doch noch einmal eingehen. Wir haben schon vor einigen Jahren gesagt, wir sind für eine Sicherung der Rückstellungen der Atomwirtschaft, etwas, was auch der Bundesrechnungshof immer wieder eingefordert hat. Wir wollten, dass die Rückstellungen insolvenzsicher gestaltet werden. Wir haben dabei auch Lösungsmöglichkeiten genannt, d. h. Überführung der Rücklagen in einen öffentlich kontrollierten Fonds.

Wir haben auf bestehende Fondslösungen hingewiesen. Ich erinnere Sie nur an das Beispiel Schweiz oder auch Schweden. Es gibt Systeme oder Fondslösungen, die funktionieren. Nun liegt dieser Antrag der LINKEN vor, der die Problematik erneut aufgreift. Wieder enthält er Forderungen gegenüber der Landesregierung, wo Sie doch aufgrund der Debatte im Mai eigentlich wissen müssen, dass die Lan

desregierung diese Forderungen gar nicht erfüllen kann, liebe Frau Kollegin Schott.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Sie wollen, dass der Landtag feststellt, dass überprüft werden muss, „ob die RWE Power AG materiell sowie organisatorisch in der Lage ist, einen sicheren Rückbau zu gewährleisten“. Ich frage Sie: Stellen Sie ernsthaft diese Frage? – Das ist so etwas von ganz klar, dass an dieser Stelle RWE in der Pflicht ist und niemand anders. RWE hat dies umzusetzen. Da gibt es überhaupt kein Vertun. RWE hat den sicheren Rückbau organisatorisch wie auch materiell zu stemmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN-Fraktion, Sie wollen, was gar nicht geht. Das ist Ihre Forderung, dass das Land eine Kostenaufstellung für die Stilllegung und den vollständigen Rückbau des AKW Biblis zu erstellen hat. Dazu fordern Sie noch eine begründete Abschätzung der sogenannten Ewigkeitskosten von der Landesregierung.

Bei allem Verständnis, meine lieben Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, die Forderung geht wieder an die falsche Adresse.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Sie bleiben immer ahnungslos! – Gegenruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Es ist doch nicht so, dass uns das nicht interessieren würde. Aber diese Frage ist doch nicht von der Landesregierung zu beantworten, Frau Kollegin Schott.

(Lachen und Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE): Sie bleiben lieber ahnungslos! – Zuruf von der CDU)

Nein, wir wollen nicht ahnungslos bleiben. Das können Sie uns auf keinen Fall unterstellen. Sie haben vorhin z. B. auch die Initiativen der Bundestagsfraktionen genannt. Daran sehen Sie, dass uns das sehr wichtig ist, dass wir hier eine rechtliche Grundlage hinbekommen.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Frau Schott, Sie können sich nachher noch einmal melden. – Meine Damen und Herren, ja, auch wir haben berechtigte Zweifel, ob die Rückstellungen für Abrisse und Entsorgung der atomaren Abfälle ausreichend sind. Es stellt sich natürlich auch die Frage, ob sie noch werthaltig sind; denn es ist nicht ausgeschlossen, dass die Rücklagen – Sie wissen auch, die sind z. B. von den Atomkraftwerksbetreibern in Kraftwerke und auch in Netze geflossen – möglicherweise nicht mehr werthaltig sind.

Aber diese Fragen – das sage ich noch einmal – müssen auf Bundesebene geklärt werden. Wir haben das Atomund Strahlenschutzrecht. Dies enthält keine explizite Bestimmung, nach der der Betreiber der Kernkraftwerkanlage der atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde die Höhe der Rückstellungen für den Abbau der Anlagen mitteilen müsse.

(Norbert Schmitt (SPD): Was heißt „explizit“?)

Die aktuelle Forderung, die Sie in Ihrem Antrag formuliert haben, ist für mich aber aufgrund der letzten Debatte absolut unverständlich. Ich spreche jetzt Frau Kollegin Wissler an. Sie hatten in dieser Debatte das Wort ergriffen. Sie haben in der Debatte der SPD vorgeworfen, Forderungen zu

erheben, die nicht vom Land zu leisten sind, sondern eindeutig die Bundesregierung erfüllen müsste.

Frau Kollegin Wissler, ich möchte Sie an Ihre Worte gegenüber der SPD erinnern. Sie sagten am 21.05. an die Adresse der SPD – ich zitiere aus dem Plenarprotokoll –:

Sie sollten nicht vergessen, dass Sie an der Bundesregierung beteiligt sind und dass Sie mit Ihrem Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel den zuständigen Wirtschafts- und Energieminister stellen. Zudem stellen Sie auch die Umweltministerin. Ich gebe zu, deshalb erschließt es sich mir nicht ganz, warum die Hessische Landesregierung jetzt ein Konzept zur Sicherung der Rückstellungen erarbeiten soll.

So Ihre Worte, Frau Wissler.

(Beifall des Abg. Peter Stephan (CDU) – Lachen der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Deshalb wundert es mich, dass Sie genau solche Forderungen jetzt in Ihrem Antrag haben, wo Sie ganz genau wissen, dass es die Landesregierung nicht richten kann, aber natürlich auf Bundesebene dieses zu richten wäre über gesetzliche Veränderungen, indem die Rechtsgrundlage verändert wird.

(Zurufe der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und Norbert Schmitt (SPD))

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, offensichtlich wollen Sie bewusst die Realität, nämlich die fehlende Rechtsgrundlage, ignorieren.

(Manfred Pentz (CDU): Ganz genau!)

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Populistisches Agieren hilft hier doch nicht. Wir sind uns doch darüber einig, dass hier Transparenz hineinkommen muss.

(Zuruf von der LINKEN: Unglaublich!)

Das ist nicht unglaublich. Ich kritisiere nur den Weg, den Sie vorgeben wollen.

Wir wollen, dass eine rechtliche Grundlage geschaffen wird. Das ist etwas anderes. Das können wir hier nicht machen. Das kann nur auf Bundesebene erfolgen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir erwarten, dass die Betreiber der Atomkraftwerke eine realistische Kostenschätzung für den Abbau und die Entsorgung der Abfälle vornehmen, dass die Rückstellungen entsprechend den zu erwartenden Kosten bemessen werden und vor Insolvenz abgesichert werden. Wir verlangen eine transparente Politik gegenüber der Öffentlichkeit. Da sind wir wieder bei Ihnen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, Sie glauben doch nicht, dass die Hessische Landesregierung untätig bleibt. Das ist etwas, was uns natürlich beschäftigt. Sie können darauf wetten, dass wir da aktiv werden. Wir werden natürlich über den Bundesrat eine Initiative auf den Weg bringen. – Herr Schmitt, danke schön, dass Sie klatschen. – Das ist die Möglichkeit, die wir haben. Die nutzen wir.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Dafür brauchen wir keine populistischen Anträge. Deshalb werden wir ihn ablehnen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort erhält Herr Abg. Rock für die FDP-Fraktion.

(Norbert Schmitt (SPD): René, klär uns einmal auf!)

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Hammann, Sie bezeichnen jetzt den Antrag der LINKEN als populistisch. Ich könnte mir vorstellen, dass, wenn die Regierungskonstellation eine andere wäre, die GRÜNEN diesen Antrag heute gestellt hätten, und zwar mit derselben Begründung, die wir von der LINKEN gehört haben.

(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie bei Ab- geordneten der SPD)

Ich erinnere mich an die Sitzungen des Umweltausschusses. Als ich dort noch Mitglied war, haben Sie und die GRÜNEN das Thema Atomkraftwerk Biblis in jeder Sitzung auf irgendeine Art und Weise auf die Tagesordnung des Ausschusses gebracht. Das findet heute auch nicht mehr so statt.

Als wir da darüber diskutiert haben, wie das so mit der Transparenz bei dem Rückbau sein soll und wie sich der Landtag hinsichtlich eines transparenten Verfahrens einbringen soll, haben die GRÜNEN argumentiert, wegen der Rechtsgrundlage wäre das alles so gar nicht nötig und möglich, das müsste man alles so gar nicht mehr machen. Frau Hammann, Sie haben anderen Populismus vorgeworfen. An der Stelle sind die GRÜNEN schon ganz schön von ihrer alten Linie zurückgewichen.

(Beifall bei der FDP und der LINKEN)

Herr Schmitt, es hat sich in Hessen nicht bewährt, der Exekutive juristisch zu erklären, wie sie am besten handelt. Das hat sich hier im Parlament nicht bewährt. Das Vorgehen in Hessen ist das bekannte: Die Exekutive handelt, und wir setzen dann einen Untersuchungsausschuss ein und stellen den Schaden fest. Das ist es, was wir in Hessen betreiben.

(Zuruf des Abg. Günter Schork (CDU))

Sie wissen doch ganz genau, wer die Exekutive war. – Von daher ist doch ganz klar, wie Ihre Argumente hier behandelt werden. Deshalb finde ich es ehrenhaft, dass Sie hier gekämpft und versucht haben, Lösungswege aufzuzeigen. Aber das wird hier nicht verfangen. Da brauchen Sie keine Angst zu haben.