Ich will jetzt zu dem Antrag kommen. Wir teilen die Auffassung, die die LINKEN eben vorgetragen haben, dass die Landesregierung die Auskömmlichkeit der Rückstellungen von RWE für den Biblis-Rückbau im Rahmen des Genehmigungsverfahrens prüfen muss. Ich glaube, dafür gibt es erhebliche rechtliche Gründe. Ich finde, es muss sichergestellt sein und es muss geklärt werden, ob RWE ausreichend finanzielle Mittel hat und bereitstellen kann, damit der Rückbau, der viele Jahre andauern wird, zum Erfolg führt, sodass die beiden Atomkraftwerksblöcke vollständig abgetragen werden und, ganz entscheidend, dass am Ende eine freie Fläche, die belastungsfrei ist, bleibt. Das erfordert einen hohen finanziellen Aufwand der Betreiberin, die allerdings in früheren Jahren noch viel Geld verdient hat. Durch die Schadenersatzklage wird klar, wie viel RWE jeden Tag verdient hat. Aber es muss sichergestellt sein, dass die Mittel für den Rückbau ausreichen.
Meine Damen und Herren, deswegen befriedigt uns die Antwort der Landesregierung auf eine Große Anfrage, die die SPD gestellt hat, in diesem Punkt überhaupt nicht. Die Antworten bezüglich der Kosten des Rückbaus sind aus unserer Sicht mehr als dürftig. Ansonsten, muss ich sagen, geht aus der Antwort durchaus Positives hervor. Das haben wir im Ausschuss auch erörtert. Darin steht, dass RWE den Weg des direkten Rückbaus wählen will. In dieser Antwort sind viele Dinge zufriedenstellend und okay. Aber genau zu dem Punkt, ob RWE genügend Mittel zur Verfügung hat, um den Rückbau bis zum Ende vollführen zu können, sind die Antworten dürftig.
Die Ministerin schreibt, dass sie weder die Kosten des Rückbaus kennt, noch im Genehmigungsverfahren prüfen will, ob RWE ausreichend Mittel zurückgestellt hat.
Wir glauben, dass bei der Einschätzung der Zuverlässigkeit des Betreibers genau diese Frage von Bedeutung ist.
Es gibt unter Juristen den Scherz: Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. – Wir haben § 7 Atomgesetz. Frau Ministerin, da heißt es, dass die Stilllegung und der sichere Einschluss der Genehmigung bedürfen. Jetzt ist entscheidend: „Abs. 2 gilt sinngemäß.“ In Abs. 2 wird dargestellt, dass Voraussetzung für Genehmigungen die Zuverlässigkeit des Betreibers ist, und übrigens auch, dass die „erforderliche Vorsorge für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen getroffen ist“.
Da dieser Absatz sinngemäß gilt, ist meines Erachtens in diesem Zusammenspiel in der Tat im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu prüfen, ob RWE ausreichend finanzielle Mittel hat.
Ich habe in der Kommentierung des Atomgesetzes nachgeschaut. Die Kommentierungen sind an diesem Punkt sehr schwach. Ich weiß aber auch, dass die Landesregierung in der Frage der rechtlichen Prüfung von Atomverfahren, wie wir bei dem Schadenersatzprozess gesehen haben, auch verhältnismäßig schwach ist. Deswegen rate ich der Landesregierung, diesen Punkt intensiv zu prüfen.
Unsere Rechtsauffassung ist klar. Wir teilen Ihre Auffassung nicht. Herr Stephan hat eben zitiert: Es muss gewährleistet sein, dass RWE über ausreichend finanzielle Mittel verfügt. – Damit haben Sie, glaube ich, auf unsere Position verwiesen. Wenn man dieser Meinung ist, dass gewährleistet sein muss, dass RWE über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, um abbauen zu können, dann muss man es auch im Rahmen des Genehmigungsverfahrens prüfen.
Warum muss man das prüfen? Möglicherweise stellt sich heraus, dass die Mittel zu knapp bemessen sind. Dann wären möglicherweise weitere gesetzliche Maßnahmen oder auch Auflagen gegenüber RWE, was Rückstellungen betrifft, notwendig.
Über die Frage der gesetzlichen Maßnahmen – das ist der Antrag der Linkspartei – kann man diskutieren. Auf jeden Fall kann man aber nicht diskutieren, dass die Antwort der Landesregierung von gewisser Naivität getragen ist. Ich zitiere aus der Antwort auf die Frage nach den Rückbaukosten:
Das Ministerium … geht davon aus, dass eine ausreichend große Rückstellung gebildet wurde, damit ein ordnungsgemäßer Rückbau erfolgen kann.
Das Ministerium „geht davon aus“. Ich frage das Ministerium, Frau Ministerin: Was ist, wenn das eine Fehleinschätzung ist? Was bedeutet es, wenn Ihre Einschätzung eine Fehleinschätzung ist? Sie haben es nicht prüfen können, Sie sagen, Sie kennen die Kosten nicht.
Ich wiederhole gerne die Forderung der SPD an die Bundes- und die Landesregierung. Auch der Bund ist davon nicht befreit. Er ist sogar die erste Adresse bei der Prüfung. Es muss ein Konzept entwickelt werden, um Rückstellungen bei Kernkraftwerksbetreibern insolvenzsicher zu machen. Ich glaube, das ist wichtig.
Der Antrag der Linkspartei sieht vor, dass dort ein öffentlich-rechtlicher Fonds gebildet wird. Die GRÜNEN haben dies auf Bundesebene ebenfalls gefordert. Das ist eine Variante. Eine zweite Variante könnte sein, dass man mit Blick auf eine mögliche Insolvenz die Gläubigerrangfolge ändert, Stichworte wären hier Aussonderungs- und Absonderungsrecht. Das wäre auch ein Weg. Ich bin mir nicht sicher, was, wenn man die Mittel in einen öffentlich-rechtlichen Fonds steckt und damit aus den Unternehmen herauszieht, bilanzrechtlich damit passieren könnte. Das gilt es zu prüfen. Da kann man, wie gesagt, über rechtliche Maßnahmen entsprechende Vorkehrungen treffen.
Noch einmal zu Berlin. Herr Klee, ich erkläre es Ihnen gerne noch einmal. Wir müssten es eigentlich zusammen intellektuell hinbekommen.
In Hessen gibt es ein Genehmigungsverfahren für den Rückbau. Das Genehmigungsverfahren muss die Landesregierung durchführen. Das hat mit Berlin nichts zu tun. Es gibt ein gültiges Atomgesetz. In § 7 Abs. 3 Atomgesetz, wo es um die Stilllegung geht, wird auf Abs. 2 verwiesen. Dort ist dargestellt, dass der Betreiber Sachkunde und Zuverlässigkeit beweisen muss. Es ist auch die finanzielle Vorsorge für den Schadenersatzfall angesprochen.
Daraus schließe ich, mit Verlaub, dass Hessen, das Ministerium, bei der Frage der Rückbaugenehmigung genau diesen finanziellen Aspekt prüfen muss. Das hat mit Berlin erst einmal nichts zu tun.
Bei der zweiten Frage sind wir uns einig: Wie die Rückstellungen künftig behandelt werden, da ist Berlin gefordert. Aber ich finde, eine schwarz-grüne Landesregierung könnte sich dort einbringen. Das finde ich nicht schlecht. Die GRÜNEN hätten das früher wenigstens gefordert.
Unter einer rot-grünen Landesregierung, glaube ich, hätte es die Debatte gegeben, was wir vorlegen, wie wir das Problem lösen und wie wir da vorangehen. Also noch einmal: Ich glaube, zentral ist, dass es eine Lösung gibt, wo sich auch die Unternehmen nicht freistellen können und am Ende der Bürger belastet wird.
Deswegen ist meine Schlussfolgerung, dass eines nicht sein kann und auch nicht sein darf: dass am Ende der Steuerzahler die Chose bezahlen muss, während die Atomindustrie über Jahrzehnte viele, viele Milliarden Euro mit der Kernenergie verdient hat. Deswegen müssen wir Vorkehrungen treffen. Dazu sind Landes- und Bundesregierung aufgefordert. Über den Antrag der LINKEN werden wir im Ausschuss noch einmal intensiv beraten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident – vielmehr jetzt Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Schott, das war schon starker Tobak, den Sie hier vorgetragen haben.
Ihr Engagement in allen Ehren, aber was Sie hier in Ihrem Antrag praktizieren, ist für mich Populismus. Wenn man bestimmte Dinge weiß, sich aber anders verhält und anders darstellt, dann kann man das nur in die Ecke Populismus stellen.
Wir haben vor über zwei Monaten eine Große Anfrage der SPD beantwortet bekommen. Daraus können Sie erkennen, dass das Ministerium im Hinblick auf die Kosten nachgefragt hat. Die Antwort ist eindeutig, RWE hat sich auf Anfrage zu den anfallenden Kosten nicht geäußert. Ich nenne die Drucksache, falls Sie es nachlesen wollen: Drucks. 19/335.
Warum konnte sich RWE entziehen? – RWE konnte es deshalb, weil eben keine Rechtsgrundlage für das Land besteht, diese Nachfragen zu stellen. Das ist Fakt, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Lieber Kollege Schmitt, wenn Sie hier immer wieder auf Schwarz-Grün verweisen, was wir alles tun könnten: Wer bitte stellt denn auf Bundesebene die Umweltministerin und wer bitte den Energieminister? Ich frage Sie allen Ernstes, warum es von Ihrem Parteimitglied und Minister Sigmar Gabriel keine Gesetzesvorlage gibt, die genau dies beinhalten könnte.
Über eine Gesetzesvorlage wäre es nämlich möglich, darzustellen, wie die Rückstellungen zu leisten sind. Sie könnte eine Auskunftspflicht gegenüber den Ländern, beispielsweise auch der hessischen Atomaufsicht, beinhalten, und sie könnte eine Überprüfungspflicht beinhalten, was die Werterhaltung betrifft und was der Bundesrechnungshof auch schon gefordert hat.
Stellen Sie sich deshalb nicht hin und zeigen mit dem Finger auf Schwarz-Grün, wenn Sie die Möglichkeit haben, auf Bundesebene etwas auf den Weg zu bringen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Manfred Pentz (CDU) – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
Nein, das sind keine zwei verschiedenen Dinge. Das Land Hessen praktiziert hier all das, was machbar ist. Sie können uns abnehmen, dass uns GRÜNEN und auch der CDU wichtig ist, es umzusetzen, Herr Kollege Schmitt.
Wir haben am 21. Mai hier im Plenum über die Kosten der Atomkraft diskutiert, d. h. was die Kosten im Hinblick auf Abriss und Lagerung der radioaktiven Abfälle angeht. Wir haben auch bereits über die Problematik der Rückstellungen der vier großen Energieversorgungsunternehmen – ich nenne sie noch einmal: E.ON, EnBW, Vattenfall und RWE – diskutiert.
Wir waren uns doch damals hier einig. Wir hatten parteiübergreifend festgestellt, dass die Verantwortung für diese Kosten, für den Abriss, für die Endlagerung dieser radioaktiven Abfälle, bei den Energieversorgungsunternehmen liegt. Man sollte jetzt auch nicht die Energieversorgungsunternehmen auf falsche Gedanken bringen, wie das im Antrag der LINKEN suggeriert wird. Man sollte RWE prüfen, ob sie materiell und auch organisatorisch in der Lage ist, so etwas umzusetzen.