Protokoll der Sitzung vom 17.07.2014

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Es ist nicht das erste Mal, dass dieses Thema auf der Tagesordnung stünde, es wurde gerade erwähnt: Die SPDFraktion hatte bereits 2010 einen Haushaltsantrag gestellt und eine Aktuelle Stunde dazu beantragt; Sie werden sich an den schönen Apfel erinnern.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Viel wichtiger aber war der Titel dieser Aktuellen Stunde: „Frisches Obst für hessische Schülerinnen und Schüler statt schwarz-gelber Vitaminblockade.“

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Zuruf von der CDU)

Heute sind wir vier Jahre weiter. Es gab Bewegung, aus der schwarz-gelben ist nun eine schwarz-grüne Vitaminblockade geworden, aber das macht es für die Kinder nicht besser.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Manfred Pentz (CDU): Eher eine schwarz-grüne Vitaminbombe!)

Daher appellieren wir heute nochmals eindringlich an die Regierungskoalition, hier die Kofinanzierung zu leisten, wie es – das sollte eigentlich Maßstab für Sie sein – derzeit acht andere Bundesländer in Deutschland tun, die an diesem wichtigen EU-Programm teilnehmen.

Meine Damen und Herren, die Schulobstausgabe in diesen Ländern hat gezeigt – es wäre gut, wenn Sie diesen Evaluierungsbericht einmal lesen würden, Herr Boddenberg –, dass gerade bildungsferne Schichten davon profitieren sowie eine Vielzahl von Kindern, die kein Pausenbrot mit auf den Weg bekommen.

(Beifall bei der SPD)

Für einige ist das Schulobst in dieser Pause dann auch wirklich ein Vier-Sterne-Frühstück. Das Bewusstsein für gesundes Essen wird für uns durch ein solches Projekt gefördert, und leider – Herr Rock, Frau Ravensburg – ist es nicht so, dass Sie dies aus allen Elternhäusern heraus erwarten können. Daher sind wir der Meinung, dass wir mit diesem Programm gute Arbeit leisten würden.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Es ist bewiesen und in diesem Haus auch nicht strittig, dass übergewichtige Kinder und zunehmende Gesundheitsprobleme nach Unterstützung rufen. Das Programm bietet aus unserer Sicht gute Möglichkeiten, weswegen wir es in Hessen nutzen wollen.

Ich habe gerade den Evaluationsbericht angesprochen, der übrigens von Ihrem Bundesministerium herausgegeben wurde. Der Abstimmung der LINKEN von damals muss man zugutehalten, dass dieser Bericht 2010 noch nicht vorlag. Aus diesem Bericht möchte ich nur beispielhaft drei Punkte nennen, die für mich Grund genug sind, sich an diesem Programm zu beteiligen:

Erstens. Es wird gemeinsam gegessen, und Obst hat bei den Schülern einen höheren Stellenwert bekommen. Zweitens. Die Gruppenerfahrung führte zu einem veränderten Essverhalten und gab Impulse für eine bessere Ernährung. Drittens. Durch diese kostenlose Abgabe können alle Kinder an dem Programm teilnehmen und es gibt keine Ausgrenzung. – Wir glauben, dass dies gute Argumente dafür sind, dass Hessen diesen Weg beschreiten und Schulobst anbieten sollte.

Die Gründe habe ich genannt, sie sind sowohl gesundheitlicher wie auch sozialer Natur. Auch aus der Antwort der Landesregierung auf die Anfrage des Kollegen Christoph Degen geht hervor, dass es von Ihnen eigentlich nur schlecht konstruierte Ablehnungsgründe sind, diesem Programm nicht beizutreten. Ich kann nur sagen: Hessen

könnte hier neben den acht anderen Bundesländern eine Vorreiterrolle übernehmen. Dafür werben wir heute.

Zur Frage, wie wir anfangen und was die 5 % angeht: Die 5 % sind ein wenig aus der Luft gegriffen. Aber ich sage Ihnen ganz deutlich: Auch wir sind nicht dafür, dieses Programm flächendeckend anzubieten, sondern wir könnten uns vorstellen, beispielsweise in Grundschulen zu beginnen oder auch ganz gezielt in Schulen in Problembezirken. Das wäre für uns ein richtiger Weg, mit diesem Programm in Hessen zu beginnen. Wir müssen nicht unbedingt bei Gymnasien beginnen, sondern bei sozialen Brennpunkten. Dort wäre das Geld, diese Kofinanzierung von Hessen, gut angelegt.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Ich will es auch für all diejenigen, die nicht so sehr im Thema stecken, noch einmal deutlich machen: Die EU hat diese Mittel nicht ohne Grund erheblich aufgestockt, nämlich von 90 Millionen € auf 150 Millionen €. In Deutschland könnten wir mittlerweile 20 Millionen € aus diesem Topf ziehen. Acht Bundesländer tun dies.

(Michael Boddenberg (CDU): Eine originäre Aufgabe der EU!)

Ein noch viel wichtigeres Argument – auch für Sie, Herr Boddenberg, der Sie ja auch Haushälter sind –: Die Kofinanzierung in Höhe von 50 %, die wir bisher hätten leisten müssen, wenn wir dabei gewesen wären, hat man nun reduziert, sodass Hessen nur noch mit 25 % dabei sein müsste. Dies ist ein weiterer guter Grund, diesem SchulobstProgramm beizutreten.

Kollegin Hofmeyer, kommen Sie bitte zum Schluss.

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – In unseren Augen ist es sinnvoll angelegtes Geld, und daher bitten wir um Unterstützung.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Auch, weil ich gehört habe, dass wir gleich in die Abstimmung gehen, möchte ich wirklich noch einmal darum werben, die Kofinanzierung hinzubekommen. Es tut mir leid: Ich muss auch an die Adresse der GRÜNEN noch einmal abschließend den Artikel von damals zitieren, als die „FAZ“ titelte:

Hessische Schüler kriegen kein kostenloses Obst. … Die GRÜNEN sprechen von einer „unfassbaren Torpedierung des Schulobstprogramms“.

In diesem Sinne bitte ich um eine positive Abstimmung. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Staatsministerin Hinz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die EU hat dieses Programm – es ist vorhin schon von einer Rednerin gesagt worden – vor allen Dingen als Marktanreiz-Programm aufgelegt. Das heißt, die EU will damit die Vermarktung von Obst ankurbeln.

Das ist das originäre Interesse. Etwas anderes könnte sie auch nicht, weil sie gar nicht zuständig ist für Schulen und für Bildung. Interessant ist auch, dass die EU jetzt die Komplementärfinanzierung hochgesetzt hat. Da muss man sich doch einmal fragen, warum. Anscheinend ist das Programm nicht so gut angekommen, wie die EU gedacht hat.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Programm gilt nicht nur für die Bundesrepublik, sondern für ganz Europa, sonst wäre es kein EU-Programm. Es ist nicht so gut angekommen, sonst wäre die Finanzierung nicht umgestellt worden.

Ich möchte hier noch einmal deutlich machen, dass es eben nicht darum geht, mit einem solchen Programm, wie das in manchen Redebeiträgen der Opposition immer wieder gesagt wurde, allen Schülerinnen und Schülern in Hessen kostenlos einen Apfel zur Verfügung zu stellen, sondern es ging darum, dass man etwa 30.000 Äpfel, was auch schon eine enorme Summe ist, zur Verfügung stellen könnte. Aber wir haben 600.000 Schülerinnen und Schüler in der Grundschule und der Sekundarstufe I. Jetzt möchte ich wissen, wie das dazu beitragen soll, Ernährungsprobleme, Übergewicht und Armut zu verhindern, wenn man sich fragen muss: Wie schafft man es, 30.000 Portionen Obst an 600.000 Schülerinnen und Schüler zu verteilen?

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Dann soll man die Gelder lieber verfallen lassen? – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): DIE LINKE will die Äpfel lieber umverteilen! – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Es gibt also die Fragen: Wer kriegt das Obst? Welche Schulform wird bevorzugt? Wie wird das Obst regional verteilt? Kriegen es dann die Kinder, die gerne Obst essen und sowieso schon daran gewöhnt sind? Wie macht man das? – Ich glaube nicht, dass unsere Schulen das im Moment als das Hauptproblem haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vor allem glaube ich nicht, dass man damit insgesamt das Ernährungsverhalten verändern kann, und darum muss es uns doch gehen: Wie kann man das Ernährungsverhalten bei den Familien, bei den Kindern und Jugendlichen verändern?

(Timon Gremmels (SPD): Das ist ein Baustein!)

Wir haben nicht nur theoretische Programme. Wir haben ganz viele Programme im Lande Hessen auf den Weg gebracht, die dazu führen, dass Kinder tatsächlich lernen, wie man einkauft, wie man kocht, wie man isst. Eltern werden auf Elternabenden beraten. Es werden Tage der gesunden Ernährung abgehalten, wo Eltern beteiligt werden. Das scheint mir viel wichtiger zu sein, auch die Unterstützung der Schule durch eine entsprechende Beratung, damit das Schulessen insgesamt besser wird.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist doch der Punkt. Wo Kinder in Kindertagesstätten sind, wo Essen in Schulen mittags abgegeben wird, muss ein hoher Standard für gesundes Essen bestehen, damit sich tatsächlich ein anderes Ernährungsverhalten einstellt.

(Timon Gremmels (SPD): Das schließt sich doch nicht aus!)

Nein, das schließt sich nicht aus, Herr Gremmels. Aber wenn ich 1,5 Millionen € mit 500.000 € gegenfinanzieren muss, wo nehme ich die 500.000 € her? Wenn ich dafür sinnvollere Programme im Ernährungsbereich streichen müsste, ergibt das überhaupt keinen Sinn.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Timon Grem- mels (SPD))

Deswegen sage ich ausdrücklich: Lieber unterstütze ich das Kultusministerium und das Sozialministerium bei guten Programmen zur Änderung des Ernährungsverhaltens. Ich unterstütze nicht Bürokratie, die dazu führt – das will ich Ihnen plastisch deutlich machen –, dass die Länder und der Bund Geld an die EU überweisen, die dann bürokratisch festlegt, welche Mittel in welches Land fließen. Wir müssen diese Mittel beantragen, bekommen sie zugewiesen. Dann müssen die Schulen Geld beantragen. Dann müssen wir Verwendungsnachweise machen,

(Timon Gremmels (SPD): Das ist wie bei jedem anderen EU-Programm auch!)

und in den Schulen muss geklärt werden, wie die Äpfel an die jeweiligen Schüler kommen und wo die Äpfel eingekauft werden.

Frau Staatsministerin, ich darf Sie an die Redezeit der Fraktionen erinnern.

Wenn ich Geld in Höhe dieser Verwaltungskosten hätte und es nicht an die EU abführen müsste, dann könnte ich in Hessen zusätzliche Programme für gesundes Essen auflegen. Das wäre allemal besser als das, was derzeit von der EU angeboten wird. – Danke schön.