Protokoll der Sitzung vom 17.07.2014

Wer die damaligen und die heutigen Anfragen dazu gelesen hat, der sieht, dass dies im Kultusbereich ein nicht unerheblicher Schwerpunkt ist. Gesundheitserziehung wird nachhaltig durchgeführt. Die Frage, ob wir einen Verwaltungsprozess in Gang setzen müssen, um festzustellen, welche 5 % der Kinder bedürftig sind, an welcher Schule sie zu lokalisieren sind und nach welchen sonstigen Kriterien diese Äpfel zugeteilt werden, ist keine, mit der wir uns im Hessischen Landtag ausgiebig beschäftigen sollten. Dazu sollten wir auch nicht die Bürokratie der Europäischen Union und des Hessischen Landtags in Gang setzen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das kann man auch ohne Bürokratie machen!)

Das ist eine Aufgabe der Schule vor Ort. Das ist eine Aufgabe der Erziehung, das ist eine Aufgabe der Eltern vor Ort. Sich auf diese Ebene zu begeben, ist aus unserer Sicht völlig falsch. In Deutschland sollte es möglich sein, einem Kind, das einen Apfel möchte, diesen Apfel auch zukommen zu lassen. Dafür brauchen wir keine Europäische Union, und dafür brauchen wir auch nicht diesen Antrag. Aus diesem Grund werden wir diesen Antrag ablehnen.

Wir sind ein bisschen gespannt auf das Abstimmungsverhalten der GRÜNEN. Sie haben diesen Antrag nicht nur im Hessischen Landtag eingereicht, sondern Sie haben ihn auch in jedem Stadtparlament und in jedem Kreistag in Hessen vehement vertreten. Ich habe eine gute Vorstellung davon, wie die GRÜNEN heute abstimmen werden. Von daher ist der Erkenntnisgewinn bei den GRÜNEN größer geworden und sie stimmen so ab wie wir. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Rock. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Herr May gemeldet.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Jetzt wird es spannend!)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Schaus, ob das jetzt so spannend ist, das sei einmal dahingestellt.

(Janine Wissler (DIE LINKE): So kann man eine Rede auch beginnen!)

Sie haben Ihr Anliegen schließlich schon in einer Anfrage an die Umweltministerin vorgebracht. Sie hat Ihnen umfänglich geantwortet. Sie können sich sicher sein, dass sie das nicht gegen den Widerstand der GRÜNEN-Fraktion machen würde.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Aha!)

Meine Damen und Herren, das, was Sie heute beantragt haben, ist sicherlich nicht das Originellste auf der heutigen Tagesordnung. Es trifft aber im Kern eine ganz wichtige Frage, nämlich die gesunde Ernährung von Kindern. Sie haben auch auf die Debatte von 2009 hingewiesen.

Hinsichtlich der Frage der gesunden Ernährung teilen die Koalitionsfraktionen CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Ziel, möglichst vielen Kindern eine möglichst gesunde Pausenverpflegung zu ermöglichen und sie möglichst in der Schule schon auf eine gesunde Ernährung hinzuweisen. Dieses Motiv ist sicher ein hehres Ziel, aber sehen wir uns doch einmal an, ob dies überhaupt mit dem Schulobstprogramm der EU ermöglicht werden kann.

Sie haben eben schon darauf hingewiesen, dass damit 30.000 Portionen Obst finanziert werden können. Dem stehen 600.000 Schülerinnen und Schüler gegenüber – allein in der Grundschule und in der Sekundarstufe I, insgesamt gibt es noch ein paar mehr. Das bedeutet eine Abdeckung von 5 %. Das zeigt, dass nicht alle Schülerinnen und Schüler in den Genuss dieses Programms kommen könnten, sondern nur ein kleiner Teil. Die Frage, wen man damit er

reichen will, beantworten Sie nicht. Das sollen wir uns dann ausdenken. Ich glaube, dass das keinen Sinn ergibt.

Sie haben selbst darauf hingewiesen, dass Sie die Umweltministerin gefragt haben, was die Landesregierung da zu tun gedenkt. In der Antwort auf die Frage 31 antwortet die Umweltministerin über fast eine ganze DIN-A4-Seite lang darüber, was sie alles in diesem Bereich machen möchte. Wenn wir jetzt an anderer Stelle noch ein weiteres Instrument einbauen würden, würde das dazu führen, dass die anderen Instrumente geschwächt werden. Von daher ergibt das keinen Sinn.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Timon Grem- mels (SPD))

Herr Gremmels, so wichtig wie damals ist es Ihnen auch nicht mehr. Ich kann mich noch daran erinnern, dass Sie vor fünf Jahren morgens Äpfel verteilt haben, um auf das Programm aufmerksam zu machen. Heute fehlen die Äpfel. So wichtig scheint Ihnen das auch nicht mehr zu sein.

(Zurufe von der SPD)

Die mangelhafte Abdeckung war damals auch der LINKEN ein Dorn im Auge. Da Sie Frau Dorn so oft zitiert haben, möchte ich jetzt einmal zurückzitieren. Ich zitiere Frau Schott, die damals zu diesem Thema gesprochen hat. Sie meinte, das Programm sei vollkommen unzureichend:

Drei Weintrauben allein sind noch längst keine ausreichende Sozialpolitik.

(Sabine Waschke (SPD): Deswegen machen wir lieber gar nichts?)

Dieses Argument müsste doch heute auch noch gelten. Wir sind auf jeden Fall mittlerweile klüger geworden und schließen uns dem an, was Kollege Rock gerade eben gesagt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD)

Ihr Antrag sollte also nur dazu dienen, die Änderung unserer Position darzustellen. Das kommt tatsächlich bei den meisten Parteien einmal vor, dass sie klüger werden und ihre Position überdenken und ändern.

(Timon Gremmels (SPD): Klüger werden Sie nicht!)

Das dürfte Ihnen auch klar geworden sein. Dieser Antrag wurde von der GRÜNEN-Fraktion in den Jahren 2010 bis 2013, in denen sie noch in der Opposition war, nicht wiederholt. Dieses Thema hat auch keinen prominenten Eingang in unser Wahlprogramm gefunden. Das zeigt, dass uns die eklatanten Mängel, die sich in anderen Ländern gezeigt haben, klar geworden sind und es eben andere und sinnvollere Instrumente gibt, um die gesunde Schulverpflegung hinzubekommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Der Ertrag dieses Programms wäre im Vergleich zum Aufwand zu gering. Ihr Antrag hat im Kern ein gutes Ansinnen, verfolgt aber dann doch nur den Aspekt, unsere Positionsänderung darzustellen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wenn wir jedes Mal dazu einen Antrag machen würden!)

Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Üble Wurzel trägt üble Frucht, oder wie es so schön heißt: An der Frucht erkennt man den Baum. – Das trifft auch auf Ihren Antrag zu. Wir werden diesen Antrag aus den vorgenannten Gründen ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Danke, Herr May. – Für die CDU-Fraktion hat Frau Ravensburg das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich einmal für die CDU-Fraktion feststellen: Die gesunde Ernährung unserer Kinder ist für unsere Fraktion – wahrscheinlich für alle Fraktionen in diesem Landtag – ein ganz wichtiges Anliegen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es stellt sich aber die Frage, wie wir das umsetzen. Für uns ist das Wissen über gesunde Ernährung und das Zubereiten der Nahrung ganz wichtig. Deshalb haben wir genau diese Themen im Hessischen Bildungs- und Erziehungsplan verankert. Bereits in der Kita und anschließend in der Schule führen Erzieherinnen und Erzieher und auch die Lehrkräfte die Kinder frühzeitig an das Thema „Gesunde Ernährung“ heran. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das machen sie nicht nur in der Theorie. Das gemeinsame Zubereiten eines gesunden Frühstücks, das Kennenlernen gesunder Nahrungsmittel und deren Herkunft ist längst praktizierter Alltag in den Kitas und ein wichtiges Thema in den Grundschulen.

Nach 2009 – das haben die Kollegen schon gesagt – hat die EU ein neues Programm aufgelegt. Das ist ein Marktanreizprogramm. Natürlich sind die Italiener darüber begeistert, und jetzt auch unsere Kollegen aus Niedersachsen. Es handelt sich also um ein Marktanreizprogramm für Lebensmittel. Obst und Gemüse sollen als Zwischenmahlzeit kostenlos an die Kinder abgegeben werden.

Ich gebe zu, auf den ersten Blick ist das eine bestechende Idee. Doch der Weg, bis die EU Fördermittel aus Brüssel in der Grundschule ankommen, die Äpfel gekauft und mit dem Lkw geliefert, in der Schule gelagert, die nicht gegessenen Äpfel entsorgt, die Anträge gestellt und die Kontrollen bewältigt sind, ist lang und der Aufwand ist enorm. Gerade für die beteiligten Kindertagesstätten und Schulen, für die Erzieherinnen und Erzieher und die Lehrerinnen und Lehrer ist der Aufwand hoch; sie haben die Arbeit zu leisten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Kollege May hat sich schon ausführlich darauf bezogen, dass sowohl in der Fragestunde des März-Plenums als auch in der Kleinen Anfrage Frau Ministerin Hinz schon festgestellt hat, dass sich bereits in der ersten Förderperiode weniger als die Hälfte der Bundesländer beteiligt hat, d. h. die Akzeptanz des Programms ist selbst nach Erhöhung um nochmals 25 % mit einem einzigen zusätzlichen Bundesland noch immer nicht wesentlich gestiegen. Diese

zögerliche Beteiligung sagt uns eines klar und deutlich: Der Aufwand steht in keinem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen.

(Vizepräsidentin Heike Habermann übernimmt den Vorsitz.)

Wir fragen auch nicht nach den von der EU geförderten Begleitmaßnahmen; denn diese setzen wir längst um. Im Netzwerk Verpflegung arbeiten Kultus- und Umweltministerium eng zusammen. Es ist in der Lehrerfortbildung verankert, es gibt Schulprojekte, und wir haben auch – das möchte ich hier klar und deutlich sagen – im Koalitionsvertrag verankert, dass wir unsere Mittel für die Grundschulen zukünftig im Pakt für den Nachmittag mit freiwilligen Ganztagsschulen umsetzen werden.

Wir werden dort auch das Thema gesunder Mittagstisch ausbauen. Der Apfel am Morgen und der Cheeseburger am Mittag sind nämlich auch keine gesunde Ernährung. Wir müssen daran arbeiten, dass die Teilnahme am Schulessen noch selbstverständlicher wird. Genau hier werden wir unsere Kräfte bündeln und direkt vor Ort für Schülerinnen und Schüler einsetzen, statt ein EU-Programm zu unterstützen, das viel Kraft in Bürokratie und Antragswesen vergeudet.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eins möchte ich noch erwähnen. Bei allem, was Land und Kommunen sowie Vereine und Verbände in Schule und Kita leisten, können und sollen wir das erzieherische Element der Eltern nicht ersetzen. Verantwortung für die Entwicklung, die Gesundheit und die Ernährung tragen auch in Zukunft die Eltern. Wir sollen und müssen sie nach Kräften unterstützen. Aber ihnen die Verantwortung abnehmen, das können und wollen wir nicht.

Wenn Sie nach Unterstützung fragen, möchte ich hier klar und deutlich festhalten, dass wir in Hessen die Vorreiter mit dem Mittagessen-Fonds waren. Wir haben als Erste dafür gesorgt, dass Kinder aus Elternhäusern, die sich das Mittagessen nicht leisten konnten, unterstützt wurden. Das war vorbildlich, und deswegen lasse ich mir hier auch keine Belehrungen von den LINKEN geben. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Als Nächste hat Frau Kollegin Hofmeyer von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit 2009 hätten Hessens Schulen an einem Schulobstprojekt der EU teilnehmen können, doch es scheiterte an dieser Landesregierung. Das ist sehr bedauerlich.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)