Protokoll der Sitzung vom 17.07.2014

(Dr. Walter Arnold (CDU): Wir haben auch Rücklagen dafür gehabt!)

Lieber Kollege Dr. Arnold, die Rücklagen sind jetzt aber weg. Die Rücklagen sind nicht dafür da, dass man sie verbrät, sondern Rücklagen sind letztlich dafür da, dass man sie für Investitionen einsetzt. Es ist doch klar, dass ein Schaden entstanden ist.

(Beifall bei der FDP)

Meine nächste Bemerkung ist – damit bin ich fast schon am Ende meines Redebeitrags –: Lieber Kollege Bauer, was ist eigentlich in den letzten eineinhalb Jahren passiert? Herr Kollege Bauer, ich habe Sie vor zwei Tagen zitiert. Sie haben am 15. Dezember 2011 von diesem Pult aus deutlich erklärt – Kollege Stephan, der neben Ihnen sitzt, hat das am 20. November, bei einer anderen Veranstaltung im Hessischen Landtag, auch getan –, dass der Kompromiss von CDU und FDP gut funktioniert hat. Kollege Stephan, Sie haben sogar gesagt: Mir ist keine einzige Kommune bekannt, die Wert darauf legt, dass es noch weitere Möglichkeiten der wirtschaftlichen Betätigung gibt.

(Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

Was hat sich denn in den letzten Jahren verändert? Es hat sich nichts verändert, außer dass der grüne Koalitionspart

ner Sie dazu genötigt hat, sodass auch Sie – als CDU – jetzt mehr Staat vor privat machen.

(Beifall bei der FDP)

Das hat sich geändert. Sonst hat sich überhaupt nichts geändert. Seien Sie ehrlich und sagen Sie doch einfach für die CDU: Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser grüner Koalitionspartner hat uns dazu gebracht, dass wir jetzt in Hessen mehr Staat vor privat wollen.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Wollen wir doch gar nicht!)

Wir Liberale wollen weiterhin privat vor Staat. Deswegen lehnen wir diesen Gesetzentwurf, auch wegen der hohen Risiken für die Kommunen, mit großer Überzeugung ab. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Hahn. – Das Wort hat Herr Staatsminister Beuth.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung ist dankbar dafür, dass wir nunmehr in dritter Lesung den Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Änderung der Hessischen Gemeindeordnung – in § 121 – verabschieden. Die Debatte mit Positionen, die von denen des Kollegen Günther Rudolph bis zu denen des Kollegen Jörg-Uwe Hahn reichen, spiegelt ungefähr das wider, was wir in der Anhörung erlebt haben: zum Teil sich wirklich diametral gegenüberstehende Positionen, die wir von den Vertretern der Verbände und Organisationen hierzu gehört haben. Ich habe in der zweiten Lesung schon angedeutet, dass das für mich ein bisschen ein Indiz dafür ist, dass wir dort einen sehr ausgewogenen Vorschlag gemacht haben.

Was machen wir? Wir werden mit der Änderung des § 121 der Hessischen Gemeindeordnung einen weiteren Teil der Ergebnisse des Energiegipfels umsetzen.

Wir haben auf dem Energiegipfel bereits festgelegt, dass wir die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen ein Stück weit erleichtern wollen. Hierzu gehen wir einen weiteren Schritt. Es bleibt aber dabei, die wirtschaftliche Betätigung bleibt subsidiär. Das Prinzip, das Kollege Hahn hier gerade vorgetragen hat, privat vor Staat, bleibt in der Hessischen Gemeindeordnung einmal ganz grundsätzlich bestehen.

(Dr. Walter Arnold (CDU): So ist es!)

Herr Kollege Rudolph, Sie haben vorhin gefragt, warum wir das machen. – Es geht letztendlich nicht um die Frage des Vertrauens, sondern darum, dass wir als Land natürlich dafür Sorge tragen müssen, die Kommunen am Ende auch vor Risiken zu bewahren. Das ist auch unsere Aufgabe. Darüber hinaus müssen wir sicherstellen, dass es in unserer Wettbewerbsordnung keinen unfairen Wettbewerb gibt. Deswegen glaube ich, dass es uns gelungen ist, hier einen sehr ausgewogenen Vorschlag zu machen.

Wir haben, um deutlich zu machen, warum er ausgewogen ist, zum einen natürlich die Energiewende. Wir sind der Auffassung, dass die Kommunen eine stärkere Bedeutung haben. Auf der anderen Seite haben wir allerdings auch

den Schutz von Unternehmen, von Handwerksbetrieben und Ähnlichem zu gewährleisten, indem wir dafür Sorge tragen, dass sich die Kommunen auf dem Markt eben nicht unbegrenzt wirtschaftlich betätigen können. Es gab Stilblüten, die wir vor einigen Jahren abgeschafft haben. Ich glaube, die Diskussionen sind Ihnen noch in den Ohren, sodass ich mich hier darauf beschränken kann, daran zu erinnern.

Meine Damen und Herren, wir haben dafür Sorge getragen, dass sich die Kommunen durch die Regelungen, die wir vornehmen, nicht überheben werden. Wir sind der Auffassung, dass die Betätigungen nur im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit stattfinden sollen und dass sie natürlich einen regionalen Bezug haben müssen. Auch das sind Grenzen, die wir bei der energiewirtschaftlichen Betätigung der Kommunen eingepflegt haben. Diese halten wir für richtig und klug, weil wir damit zum einen Risiken vermeiden und zum anderen einen fairen Wettbewerb herstellen.

Der zweite Punkt, den wir dort regeln, ist die Zukunftsfähigkeit unseres Landes, die eben auch ein Stückchen durch den Breitbandausbau sichergestellt werden soll und kann. Wir sind sehr froh darüber, dass es uns gelungen ist, bereits in den letzten Jahren bei der Grundversorgung mit Breitband erhebliche Schritte voranzukommen. Der Wirtschaftsminister hat, zuletzt noch in diesem Frühjahr, erklärt, dass wir bis zum Jahre 2018 eine flächendeckende Versorgung erreichen wollen. Aber auch hier brauchen wir die Kommunen, die sich mit betätigen können und sollen. Das stellen wir mit der Änderung des § 121 in der Hessischen Gemeindeordnung sicher. Ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie dem nunmehr in dritter Lesung zustimmen wollen. Dann ist es Gesetz, und dann können die Kommunen arbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Beuth. – Wir sind am Ende der dritten Lesung des Gesetzentwurfs angekommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung der Hessischen Gemeindeordnung in der heute vom Berichterstatter vorgetragenen Fassung. Wer dem Gesetz die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? – Das sind die FDP und DIE LINKE. Wer enthält sich? – Die SPD. Damit ist der Gesetzentwurf mehrheitlich angenommen und wird zum Gesetz erhoben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend EUSchulobstprogramm – Drucks. 19/242 –

Für den Antrag hat sich Frau Cárdenas von der LINKEN gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Noch vor einigen Wochen habe ich in einer mündlichen Frage nachgefragt, ob sich Hessen denn dieses Mal am Schulobstprogramm beteiligen werde. Die Antwort war die alte: „Nein“. Auch die Begründung blieb bestehen: zu aufwendig und zu bürokratisch. – Dies können und wollen wir nicht weiter akzeptieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Unsere grüne Kollegin Angela Dorn hat zu diesem Thema schon 2009 festgestellt – Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich –:

Es geht um ein Recht auf gesunde Ernährung, um ein Recht auf Gesundheit und um Gesundheitsbildung.

Dieses Recht wird nicht damit umgesetzt – da sind wir uns in diesem Hause, denke ich, einig –, dass an Grundschulen einmal jährlich durch die von Ihnen genannten Initiativen wie „Schule und Gesundheit“ gesunde Ernährung überwiegend theoretisch dargelegt wird. Sicher, Sie haben in der Antwort zur Kleinen Anfrage, die kürzlich von der SPD eingebracht wurde, eine ganze Reihe von Initiativen anführen können, mit denen Sie sich bemühen, das Ernährungsverhalten von Schülerinnen und Schülern zu ändern. Das sind alles sinnvolle Ergänzungen zu tatsächlich gesunder Ernährung; diese muss praktisch aber erst einmal stattfinden. Dafür eignet sich dieses Schulobstprogramm, dessen Kosten mittlerweile zu 75 % aus EU-Mitteln getragen werden, in idealer Weise.

Acht Bundesländer beteiligen sich mittlerweile an dem Programm – Erfahrungen, von denen Hessen lernen könnte, gibt es also genug. Die gegebenenfalls hohen bürokratischen Hürden können damit umgangen werden, dass auf Landesebene ein eigenes Programm aufgelegt wird. Auch darauf hat Frau Dorn schon 2009 aufmerksam gemacht. Warum wir dieses Programm brauchen, liegt auf der Hand.

Erstens. Laut der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kinder- und Jugendalter sind in Hessen mehr als 10 % aller Schulanfängerinnen und -anfänger übergewichtig. Wir wissen, gerade Übergewicht, welches im frühen Kindesalter entsteht, führt gehäuft lebenslänglich zu ernsthaften gesundheitlichen Schäden. Gesunde Ernährung ist das Hauptinstrument, dem entgegenzusteuern. Auch die Landesregierung bekennt sich ja in der genannten Kleinen Anfrage dazu, dass die Bekämpfung von Adipositas ab dem frühen Kindesalter ein vorrangiges Gesundheitsziel ist.

Zweitens. Gesunde Ernährung ist auch eine Frage des Geldes, wie wir wissen. Jedes sechste Kind ist laut einer aktuellen Studie der Hans-Böckler-Stiftung in Hessen von Armut bedroht. Und laut der Studie KiGGS haben gerade Kinder aus Familien mit niedrigem Sozialstatus und Migrationshintergrund ein erhöhtes Gesundheitsrisiko, und es muss Ihnen gezielt ermöglicht werden, sich auch gesund ernähren zu können – vor allem, wenn dies das Land nicht einmal viel kosten würde.

Mit diesem Schulobstprogramm könnten an jedem Schultag etwa 30.000 Portionen Obst an hessischen Schulen ausgegeben werden. Das bedeutet, dass 30.000 Schülerinnen und Schüler von diesem Programm profitieren könnten. Und ja, das sind nur etwa 5 % aller Schulkinder, aber es sind eben 5 % mehr, als es derzeit der Fall ist. Auch hiermit folgen wir weiterhin der Argumentation der GRÜNEN:

Es kann durchaus Auswahlkriterien geben, welche Schulen am Schulobstprogramm partizipieren.

In Nordrhein-Westfalen, das übrigens schon seit 2010 an diesem Programm teilnimmt, und in Niedersachsen, welches nun neu an dem Programm teilnehmen wird, sind es soziale und regionale Kriterien, die bei der Auswahl der Schulen zum Tragen kommen. 30.000 Portionen Obst an jedem Schultag sind 30.000 glückliche Kinderaugen. Ich kenne allerdings auch andere Kinder, aber auf jeden Fall sind es gesündere Kinder.

(Beifall bei der LINKEN)

30.000 Kinder erhalten die Möglichkeit, sowohl theoretisch als auch praktisch etwas über gesunde Ernährung zu erlernen. Dies würde das Land Hessen nur etwa 500.000 € kosten. Daher ist es völlig unverständlich, dass Sie hier mit bürokratischem Aufwand gegenargumentieren.

Daher möchte ich zum Schluss noch einmal – Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis – Frau Dorn zitieren:

Dieses Schulobstprogramm wäre ein kleiner, aber wichtiger Schritt beim Thema gesunde Ernährung. Und es wäre, das finde ich sehr wichtig

so sagt sie –,

ein kleiner Schritt in Richtung Chancengerechtigkeit.

Diesen Worten kann ich mich voll und ganz anschließen. Ich bin mir sicher, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, sich freuen, Ihre eigene Forderung nun in Regierungsbeteiligung umsetzen zu können. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Cárdenas. – Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Rock gemeldet.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann es kurz machen und muss die Redezeit nicht ausschöpfen. Wir haben dieses Thema schon einmal vor eineinhalb oder zwei Jahren – die LINKEN wissen das wahrscheinlich besser als ich – diskutiert. Wir als Liberale haben uns damals klar positioniert: Wir stehen zum Subsidiaritätsprinzip. Wenn sich Europa ernst nimmt, dann soll es sich um die Dinge kümmern, die wichtig sind. Ein reiches Land wie Deutschland kann selbst dafür sorgen, dass Gesundheitserziehung an unseren Schulen stattfindet.

Wer die damaligen und die heutigen Anfragen dazu gelesen hat, der sieht, dass dies im Kultusbereich ein nicht unerheblicher Schwerpunkt ist. Gesundheitserziehung wird nachhaltig durchgeführt. Die Frage, ob wir einen Verwaltungsprozess in Gang setzen müssen, um festzustellen, welche 5 % der Kinder bedürftig sind, an welcher Schule sie zu lokalisieren sind und nach welchen sonstigen Kriterien diese Äpfel zugeteilt werden, ist keine, mit der wir uns im Hessischen Landtag ausgiebig beschäftigen sollten. Dazu sollten wir auch nicht die Bürokratie der Europäischen Union und des Hessischen Landtags in Gang setzen.