Protokoll der Sitzung vom 17.07.2014

Was soll denn die Mär, die Sie immer wieder erzählen, dass das Steuersystem die Armen benachteiligt und die Reichen bevorzugt? Wo ist denn z. B. der Einsatz der LINKEN dafür, dass die kalte Progression endlich abgeschafft wird?

(Beifall bei der FDP)

Das ist ein praktischer Griff in das Portemonnaie der Armen und in das Portemonnaie derjenigen, die weniger verdienen. In meinen fünf Jahren als Mitglied der Landesregierung habe ich im Bundesrat nie Vertreter einer linken Landesregierung an meiner Seite gesehen.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Im Bundesrat haben wir das gefordert! Ganz eindeutig!)

Herr Kollege van Ooyen, sagen Sie hier doch bitte die Wahrheit. Sie tragen hier irgendwelche Monstranzen vor sich her. Sie kümmern sich überhaupt nicht um diejenigen, die unter der kalten Progression gelitten haben.

(Zurufe von der LINKEN)

Wir, die FDP, haben das weiterhin auf unserer Tagesordnung stehen. Ich bin deshalb der Kollegin Arnoldt sehr dankbar dafür, dass Sie auf diese fünf Punkte hingewiesen hat, und darf Ihnen sagen: Die FDP-Fraktion im Hessischen Landtag und die FDP bundesweit – Kollege Kubicki hat das getan – haben mit großer Zustimmung die Entscheidung der Länderfinanzminister vom März dieses Jahres zur Kenntnis genommen, dass es bei dem bewährten Instrument der Selbstanzeige bleibt. Wir haben dies auch so kommentiert.

Wer sich ein bisschen mit der Materie auseinandersetzen möchte, weiß, dass das nicht nur aus finanziellen Gründen klug ist – dazu habe ich schon gesprochen –, sondern dass das auch etwas mit der Art des Delikts zu tun hat. Es ist nun einmal so – man kann das gut oder schlecht finden, aber es ist nun einmal so –, dass man bei dem Thema Steuergerechtigkeit zu einem Teil auch den Steuerschuldner und seine Mitarbeit benötigt. Darauf basiert im Übrigen auch unser Steuersystem. Sie haben vielleicht schon gemerkt, dass man in der Steuererklärung vieles mit Selbstangaben zu machen hat.

Kollege Hahn, bitte kommen Sie zum Schluss.

Deshalb ist das System der Selbstanzeige ein sehr vernünftiges. Ich empfehle der Fraktionsführung der SPD, wenn sie wieder anwesend ist: Nehmen Sie diesen Antrag zurück.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön. – Die nächste Wortmeldung kommt von Kollegin Erfurth, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Steuerhinterziehung ist eine Straftat, eine kriminelle Handlung – darin sind wir uns in diesem Hause erfreulicherweise einig. Das finde ich auch einen positiven Aspekt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Der Fall Hoeneß, auf den die Kollegen von der SPD angespielt haben, und auch andere prominente Steuerfälle mögen durchaus dazu beigetragen haben, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass der Schaden, der durch Steuerhinterziehung entsteht, ein gesamtgesellschaftlicher ist und dass das nicht in Ordnung ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde, das ist ein Punkt, an dem wir alle sagen: Jawohl, Steuerhinterziehung darf nicht sein. – Das ist dadurch noch einmal sehr klargemacht worden. Auch die Steuerverwaltung in Hessen – ich glaube, daran gibt es keinen Zweifel – arbeitet sehr engagiert daran, Steuerhinterziehung zu bekämpfen, und sie wird dabei natürlich von der Polizei und von den Staatsanwaltschaften unterstützt, und das ist gut und richtig so.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Sozialdemokraten, es stimmt: Wir haben im Jahr 2012 gemeinsam sehr engagiert dafür gestritten, dass das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz nicht zustande kommt. Das war gut und richtig so, und dazu stehe ich heute noch genauso wie damals. Davon ist nichts zurückzunehmen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Genau!)

Die Wahrheit ist aber auch, dass andere Parteien das anders gesehen haben. Auch das stimmt. Es stimmt aber ebenfalls, dass die Zeit weitergegangen ist. Wir sind jetzt im Juli 2014,

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Stimmt!)

und im Juli 2014 steht das Schweizer Doppelbesteuerungsabkommen in der alten Fassung nicht mehr zur Debatte. Es ist Schnee von gestern. Kolleginnen und Kollegen von der SPD, von daher ist Ihr Antrag ein Stück weit Vergangenheitsbewältigung: was alles hätte sein können und was gewesen ist.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nein!)

Aber wir sind jetzt im Juli 2014, und wir sollten schauen, wie es weitergeht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerade dieses Nach-vorne-Schauen findet sich im schwarz-grünen Koalitionsvertrag, und es findet sich auch in unserem Antrag wieder. Wir wollen, dass bei zukünftigen Abkommen der automatisierte Informationsaustausch Standard wird. Auch das haben wir in unserem Koalitionsvertrag verankert. Dieser automatische Informationsaustausch – das können Sie in unserem Antrag nachlesen – soll auch für das neue Abkommen mit der Schweiz angestrebt werden.

Von daher kann ich sagen, die Welt hat sich wirklich in einer für uns GRÜNE richtigen Weise weitergedreht. Ich weiß nicht, wie das die Kolleginnen und Kollegen von der CDU empfinden. Aber wir müssen jetzt gemeinsam daran arbeiten, wie wir mit dem Stand der Dinge umgehen.

Daher finde ich es ausgesprochen positiv, dass wir zusammen mit unserem Koalitionspartner vereinbaren konnten: Wir arbeiten daran positiv mit, um zu gestalten und um der Steuerhinterziehung wirksame Riegel vorzuschieben. Sie können in unserem Koalitionsvertrag nachlesen, dass wir uns auch künftig für den Ankauf von Steuer-CDs einsetzen werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Auch das werden wir machen; auch das ist, glaube ich, eine konsequente Fortentwicklung dessen, dass man Steuerhinterziehung nicht tolerieren kann.

Es ist hier viel von der Selbstanzeige gesprochen worden. Herr Kollege van Ooyen hat vorgetragen, er wolle sie ganz abschaffen. Da muss ich Ihnen deutlich widersprechen. Es ist, glaube ich, im Steuerrecht ein sinniges Instrument, mit der Selbstanzeige umzugehen und dafür zu sorgen, dass man auch die Menschen, die an der Aufdeckung des Straftatbestands mitwirken müssen, entsprechend heranzieht. Daher ist es gut, wichtig und richtig, zu sagen: Wir verschärfen. Die Kollegin Lena Arnoldt hat schon vorgetra

gen, welche Verschärfungen es gibt und worauf sich die Finanzminister geeinigt haben. Das ist auch gut so.

Wir haben die Verjährungsfrist verlängert, die Hinterziehungszinsen sind dazugekommen und Strafbefreiung gibt es nur noch, wenn der Hinterziehungsbetrag ab 25.000 € gleich mit einem Abschlag belegt wird. Es ist auch eine gute Entwicklung, zu sagen: Wer so viel hinterzogen hat, muss dann auch gleich Kohle bringen. Auch das ist eine richtige Entscheidung. Ich glaube, da sind wir insgesamt auf einem guten Weg.

Wir in Hessen machen die Steuergesetze nicht – nicht die Einkommensteuergesetze und nicht die Steuergesetze, die die Steueroasen trockenlegen sollen. Aber wir sind in Hessen auf einem guten Weg, gemeinsam mit der CDU das Unsrige dazu beizutragen, auf Bundesebene im Konzert mit den Finanzministern wirksame Mittel gegen Steuerhinterziehung einzuspielen. Daher kann ich die Kollegen von der SPD nur bitten, auf Bundesebene das Ihre dazu beizutragen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Staatsminister Dr. Schäfer.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die besondere Priorität, die die Sozialdemokraten diesem von ihnen gewählten Thema einräumen, kommt sicherlich auch dadurch zum Ausdruck, dass sie gut drei Monate lang brauchten, um diesen wichtigen Antrag so auf die Tagesordnung des Hessischen Landtags zu bringen, dass er auch debattiert werden kann. Vielleicht diente es mehr dem – –

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Er ist für Höheres berufen! – Gerhard Merz (SPD): Mannomann!)

Dann wenigstens zu merken, dass die Aktualität des Antrags, der dreieinhalb Monate alt ist, unter den zwischenzeitlichen Entwicklungen doch signifikant gelitten hat, wäre in der Debatte sicherlich auch ein Fortschritt gewesen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja, er fühlt sich zu Höherem berufen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb wäre es sicherlich hilfreich gewesen – –

(Anhaltende Zurufe von der SPD)

So, haben wir die Emotionsaufwallungen wieder im Griff?

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja!)

Dann ist alles in Ordnung.

(Zuruf von der SPD)

Ich bin völlig ruhig, völlig gelassen und entspannt.

(Gerhard Merz (SPD): Da haben wir etwas gemeinsam!)

Dann hätten Sie sicherlich auch bemerken können, dass es – in den Diskussionsbeiträgen ist darauf hingewiesen worden – bei der Fragestellung rund um die strafbefreiende

Selbstanzeige zwischenzeitlich zu einer signifikanten Weiterentwicklung gekommen ist. Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang den Hinweis, dass sich die strafrechtliche Bewertung des Falls mit dem Fußballmanager – ohne dass man den Fall jetzt im Detail kennen muss – allein deshalb zu einer Strafbarkeit erweitert hat, weil es in der letzten Legislaturperiode des Deutschen Bundestags eine erste, signifikante Verschärfung der strafbefreienden Selbstanzeige gegeben hat. Am Ende ist die Strafbarkeit nur eingetreten, weil dort eine Verschärfung eingetreten ist, nämlich dass die strafbefreiende Selbstanzeige nur noch wirksam ist, wenn man bei der Gelegenheit einer Selbstanzeige steuerlich sozusagen vollständig die Hosen runterlässt und die Chance des sukzessiven Erklärens, wie es gerade notwendig ist, nicht mehr gegeben ist.