Protokoll der Sitzung vom 04.02.2014

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

In den gebotenen kurzen Strichen. – Herr Ministerpräsident Bouffier, Ihnen und den Ministern Puttrich und Wintermeyer an Ihrer Seite in der Staatskanzlei eine allseits glückliche Hand für unser Bundesland.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Frau Putt rich sollte doch letztes Jahr noch zurücktreten! Ganz schön elastisch, diese GRÜNEN!)

Mit dieser Regierung und den Fraktionen von CDU und GRÜNEN wollen wir Hessen grüner und gerechter machen. Aber, und das sage ich, Frau Wissler, auch an die Kolleginnen und Kollegen der Opposition: Wir sind uns selbst nicht genug. Wir reichen die Hand, um Dinge mit Ihnen gemeinsam zu gestalten. Wir wollen den ernst gemeinten Dialog. Wir wollen einen runden Tisch für Kinderbetreuung. Wir wollen über den Schulfrieden gemeinsam mit Ihnen reden. Wir wollen über den Verfassungskonvent sprechen, und wir wollen eine Fortsetzung des Energiegipfels für den Verkehrsbereich.

Meine Damen und Herren, hier verstehe ich die Reaktionen der Opposition nicht. Was ist daran falsch, wenn wir Sie in diesen Prozess einbinden? Was hätten Sie denn gesagt, wenn wir es anders gemacht hätten, wenn wir in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben hätten: „So ist es, so wird es durchgestimmt, und was andere dazu sagen, ist uns egal“? Das haben wir nicht gemacht, weil gerade wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus der Opposition wissen, was es für eine Erfahrung in der Opposition ist und dass es manchmal schlauer ist, zu versuchen, das ganze Haus zu einen. Was ist an diesem Ansatz eigentlich falsch?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wieso erwarten Sie von diesen Gesprächsangeboten, ohne dass bislang der konkrete Vorschlag vorliegt, nur Schlechtes? Herr Schäfer-Gümbel, ich habe bei Ihrer Rede genau zugehört. Sie unterstellen uns Sachen, wir wollten mit dem Schulfrieden irgendetwas diktieren, wir wollten Sie bei der NSU-Kommission nicht richtig einbinden, wir würden es beim Kinderförderungsgesetz nicht ernst meinen, wir würden den Verfassungskonvent nur als Showveranstaltung machen. Wie kommen Sie darauf, dass wir dieses Dialogangebot nicht ernst meinen?

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der CDU)

Dann sagen Sie, wenn die Regierungsfraktionen und die Regierung Ihnen Gesprächsangebote machen, das sei eine Politik der langen Bank. Auch da frage ich wieder: Wenn wir es denn anders gemacht hätten, wenn wir es denn alleine gemacht hätten, dann wäre für Sie die Rolle der Reservebank geblieben. Wäre Ihnen das lieber gewesen? Ich glaube, auch nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Damit bin ich bei den Punkten, die Herr Schäfer-Gümbel in seiner Rede angesprochen und die er an dieser Koalition kritisiert hat. Ich will sehr genau darauf eingehen; denn ich finde den Ansatz von Herrn Schäfer-Gümbel, Politik lebt von Alternativen und von der Auseinandersetzung über Alternativen, ausdrücklich richtig.

Es ist keine Margaret-Thatcher-Koalition. Wir erinnern uns an Margaret Thatchers TINA-Politik: There is no alternative. – Nein, es gibt immer eine Alternative in der Politik. Das ist völlig richtig. Darüber sollten wir auch debattieren.

Herr Schäfer-Gümbel, aber vielleicht könnten wir uns nach drei oder vier Wochen dieses Spielchen sparen: Was habt ihr vor drei Wochen vertreten, oder was habt ihr vor einem Jahr vertreten? – Ich habe eingangs schon einmal erwähnt,

das können wir wunderbar machen. Wir holen Ihre alten Beschlüsse aus Berlin heraus, was Sie vor der Großen Koalition gesagt haben, und halten Ihnen das alles vor. Herr Schäfer-Gümbel, wir alle wissen, wir sind unterschiedliche Parteien, wenn wir in Koalitionen gehen. Wir bleiben unterschiedliche Parteien, wenn wir in Koalitionen gehen. Und wir müssen Kompromisse machen. Wenn das Ihre einzige Freude bleiben sollte, uns das in den nächsten fünf Jahren vorzuwerfen,

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nee!)

dann ist uns nicht bange vor dem Regierungsgeschäft in unserem Land.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sie werfen uns vor, der Koalitionsvertrag sei zu unkonkret. Dann machen wir doch jetzt einmal eine Blindverkostung. Ich lese Ihnen einmal drei Passagen aus dem Koalitionsvertrag vor:

Mit einer gezielten Förderung der Kinder unter Einbeziehung der Eltern, dem weiteren Ausbau von Kitas zu Eltern-Kind-Zentren und der Einbindung von älteren Menschen in die Arbeit von Kindertageseinrichtungen für ein generationenübergreifendes Miteinander wird die frühkindliche Bildung qualitativ ausgebaut.

Nächstes Zitat:

Angesichts des rasanten gesellschaftlichen Wandels (Demografie, Digitalisierung, Integration etc.) sollte die kulturelle Infrastruktur in Deutschland fortentwickelt, modernisiert und an die neuen Herausforderungen angepasst werden.

Drittes Zitat, mein absolutes Highlight:

Die Zeiten sind nicht einfach. Doch die Vergangenheit hat gezeigt, dass wir in Sachsen schwierige Situationen erfolgreich meistern. Das gibt uns die Kraft und Zuversicht für neue Herausforderungen.

Herr Schäfer-Gümbel, ich bekenne mich voll schuldig im Sinne der Anklage: wahnsinnig unkonkrete Aussagen eines Koalitionsvertrages. – Keine Aussage aus dem Koalitionsvertrag von Schwarz-Grün in Hessen: Das Erste war die rot-rote Koalition in Brandenburg als Grußadresse an die Kolleginnen und Kollegen der LINKEN. Das Zweite war der Koalitionsvertrag der Großen Koalition in Berlin. Und das Dritte war Sachsen unter Schwarz-Gelb – eine solche Koalition haben wir noch.

Ja, Koalitionsverträge sind manchmal unkonkret. Ist das der einzige Gegenstand der Auseinandersetzung im Hessischen Landtag?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dann wird es spannend im Sinne der Alternativen bei der Haushaltspolitik, Herr Schäfer-Gümbel. Was haben wir da an Vorwürfen: Wir haben zu wenig gespart mit dem, was wir im Koalitionsvertrag vorhaben; wir haben gleichzeitig an den falschen Stellen gespart, und wir haben zu viel beim Personal gespart.

Das kann alles ja richtig sein. Aber eine Frage ersparen wir den LINKEN, der SPD und der FDP nicht, ganz im Sinne

von dem, was Thorsten Schäfer-Gümbel gesagt hat: Was ist Ihre Alternative?

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Benennen Sie die Alternative zu dieser Politik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Es gibt immer Alternativen zu dieser Politik.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das stimmt!)

Nur haben wir in der Haushaltspolitik nicht so wahnsinnig viele Stellschrauben. Da würde mich schon die Antwort interessieren. Eine Stellschraube war über Jahrzehnte: Wir machen einfach Schulden und lösen die Konflikte nicht im Hier und Jetzt. – Das steht nicht mehr zur Verfügung.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Die andere Möglichkeit ist, man spart auf der Ausgabenseite, anders, als wir das vorgeschlagen haben. Da bin ich sehr gespannt, ob es Vorschläge gibt, ob man das anders machen kann. Wir werden jeden einzelnen prüfen. Das sage ich Ihnen jetzt schon zu. Aber es muss am Ende halt auch eine Summe zusammenkommen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Die GRÜNEN haben immer gesagt: Einnahmeerhöhung!)

Herr Schäfer-Gümbel – Frau Wissler, darin sind wir uns ja einig –, der dritte Weg sind die Einnahmeerhöhungen. Ich sage sehr deutlich, wir erhöhen die Grunderwerbsteuer in Hessen. Wo sind denn die angekündigten Steuererhöhungen der SPD auf Bundesebene? – Sie haben die nicht durchgesetzt. Wir hätten uns sehr gefreut, wenn Sie da geliefert hätten, Herr Schäfer-Gümbel.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD), zu Abgeordneten der CDU gewandt: Wer hat sie denn abgelehnt? – Gegenrufe von der CDU)

Auch das finde ich jetzt einen unfairen Vorwurf. Gönnt doch der CDU einmal, dass sie entscheiden kann,

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

welcher Koalitionspartner ihr besser gefällt: die SPD auf Bundesebene oder die GRÜNEN in Hessen. Ich freue mich immer, wenn ihr die GRÜNEN in Hessen besser gefallen als die SPD auf Bundesebene. Insofern vielen Dank für die Unterstützung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Einen Vorwurf kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Herr Schäfer-Gümbel, Sie tragen den immer vor.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Reden Sie eigentlich noch einmal über Ihre eigene Politik? – Gegenruf des Abg. Manfred Pentz (CDU): Im Gegensatz zu Ihnen!)

Herr Schäfer-Gümbel, ich rede die ganze Zeit über unsere Politik. Deshalb möchte ich sehr konkret über das Thema Gerechtigkeit und Soziales reden. Sie sagen immer, im Koalitionsvertrag stünde zu diesen Themen nichts.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wenig!)

Ich muss Ihnen sagen, ich kann das absolut nicht nachvollziehen. Herr Schäfer-Gümbel, darin steht das Sozialbudget. Darin steht, dass wir uns um die Frühförderung in den Kitas und Schulen kümmern wollen. Darin steht, dass wir zusätzlich 10 Millionen € für die Kitas ausgeben wollen. Darin steht, dass wir eine Bildungs- und Betreuungsgarantie für jede Grundschülerin und für jeden Grundschüler verwirklichen wollen.

Wir wollen den flexiblen Schulanfang auf den Weg bringen, um Kinder von Anfang an früh fördern zu können, gerade aus benachteiligten Haushalten. Wir wollen die Lehrerzuweisung nach Sozialindex verdoppeln, 600 Stellen, die ausschließlich für das Thema mehr soziale Gerechtigkeit im Bildungswesen zur Verfügung stehen. Wie kommen Sie darauf, dass das Thema soziale Gerechtigkeit in diesem Koalitionsvertrag nicht verankert wäre?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)