Ich glaube, das hat nicht einmal Frau Kühne-Hörmann geschafft, und die war schon ziemlich unbeliebt.
Einem Wissenschaftsminister, der in seiner Zeit als Innenminister für eine autoritäre Law-and-Order-Politik stand, der einen gewaltsamen Polizeieinsatz bei Blockupy zu verantworten hat, trauen viele Studierende zu Recht nicht zu, dass er allzu viel Gespür für freie und emanzipatorische Bildung hat.
Auch in der frühkindlichen Bildung wird schwarz-gelbe Politik fortgesetzt. 140.000 Unterschriften wurden gegen das sogenannte Kinderförderungsgesetz gesammelt: eine breit getragene Kritik von Eltern, Initiativen, Verbänden und Gewerkschaften – aber Schwarz-Grün kommt ihr nicht nach. Im Gegenteil, Schwarz-Grün will jetzt erst einmal ausprobieren, ob die Kopfpauschale an den Kitas nutzt oder ob sie schadet.
Vor der Wahl klang das bei den GRÜNEN noch so: „Der Gesetzentwurf ist Ausdruck einer verbrauchten und erschöpften Landesregierung“. „Die Verabschiedung des Kinderförderungsgesetzes zeigt …, dass die schwarz-gelbe Landesregierung die berechtigte Kritik an diesem Gesetz nicht verstanden hat.“
Statt aber der CDU diese Kritik einmal zu erklären, bleibt das Gesetz jetzt erst einmal so, wie es ist. Sie haben ge
schrieben: „Wir brauchen ein zukunftsfähiges Haus für die Kinderbetreuung – CDU und FDP liefern aber nur eine windschiefe Gartenlaube.“ Das hat Herr Bocklet vor der Wahl erklärt. Offenbar ist aber diese „windschiefe Gartenlaube“, von Ministersesseln aus betrachtet, für die GRÜNEN um einiges erträglicher als vorher.
Meine Damen und Herren, für uns gilt das, was wir vor der Wahl gesagt haben. Wir unterstützen die Forderungen der Beschäftigten, der Eltern und der Gewerkschaft ver.di. Wir brauchen eine verlässliche Finanzierung für gut ausgebildetes Fachpersonal und ausreichend Zeiten für die Vorund Nachbereitung, Elterngespräche, Fortbildung und kleinere Gruppen. Deswegen sagen wir: Dieses KiföG darf nicht umgesetzt werden, sondern es muss grundlegend verändert werden.
Zum Thema Fluglärm heißt es im Wahlprogramm der GRÜNEN: „So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben.“ – Das wird es auch nicht, denn vermutlich wird es noch um einiges lauter. Denn das, was Sie im Koalitionsvertrag geschrieben haben, ist wirklich eine Farce. Statt eines absoluten Nachtflugverbots von 22 bis 6 Uhr werden jetzt regelmäßige siebenstündige Lärmpausen in Aussicht gestellt. Aber das muss erst noch mit der Fraport und der Deutschen Flugsicherung verhandelt werden. Das ist doch ein Problem des Kompromisses, von dem Sie, Herr Wagner, gesprochen haben: Diesen Kompromiss gibt es bisher gar nicht.
Was es gibt, ist eine Ankündigung – und die haben Sie offensichtlich noch nicht einmal mit Fraport und der Flugsicherung diskutiert. Am Ende kommt doch nur eine Umverteilung des Lärms dabei heraus. In den sogenannten Nachtrandstunden sollen die Bahnen abwechselnd genutzt werden. Das heißt, die einen haben ein bisschen länger Ruhe, dafür ist es bei den anderen umso lauter.
Statt eines Verzichts auf den Bau des Terminals 3 soll es nun eine ergebnisoffene Bedarfsprüfung geben – und das, während die vorbereitenden Maßnahmen zum Bau des Terminals 3 doch schon längst angelaufen sind.
Beim Thema Lärmobergrenzen heißt es, man wolle „eine deutliche Lärmreduzierung gegenüber den im Planfeststellungsbeschluss prognostizierten Werten … erreichen“. Nun muss man wissen: Der Planfeststellungsbeschluss geht von 700.000 Flugbewegungen aus. Derzeit sind es etwa 500.000.
Diese Formulierung, so unkonkret, wie sie im Koalitionsvertrag steht, könnte also dazu führen, dass der Lärm und die Flugbewegungen noch um fast ein Drittel gesteigert werden können. Das heißt, in Sachen Lärm ist bei diesem Koalitionsvertrag noch eine ganze Menge Luft nach oben.
Das Grundproblem ist: Durch diesen Koalitionsvertrag wird keine Maschine weniger in Frankfurt starten oder landen. Wer aber Fluglärm reduzieren will, der muss natürlich bei den Flugbewegungen ansetzen. Sie aber wollen Lärm nur anders verteilen. Dabei sind die Grenzen des Wachstums am Frankfurter Flughafen schon längst überschritten. Der Flughafen liegt nun einmal inmitten eines Ballungsgebietes, und seine enormen Lärm- und Schadstoffbelas
Wir meinen: Gesundheitsschutz muss Priorität vor den wirtschaftlichen Interessen von Fraport und Lufthansa haben.
Während Sie in den Koalitionsvertrag hineinschreiben, Sie wollten sich für den Schutz des Bannwaldes starkmachen, wird weiterhin wertvoller Bannwald für den Bau von Terminal 3 geopfert. Am letzten Sonntag haben über 1.000 Menschen im Treburer Wald dagegen demonstriert. Wir senden ganz herzliche Grüße an diese Protestbewegung, die so viel Durchhaltevermögen, einen solch langen Atem hat. Am letzten Montag hat die 87. Montagsdemonstration stattgefunden. Wir tun gut daran, diese Protestbewegung gegen Fluglärm weiter zu unterstützen und ihre Forderungen weiterhin zu vertreten.
Durch die Landtagswahl hat sich das Thema Fluglärm nämlich nicht erledigt. Deswegen unterstützen wir die Forderung nach einer Reduzierung der Flugbewegungen, der Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Bahn, einem achtstündigen Nachtflugverbot und der Stilllegung der Nordwestlandebahn.
Während man in Frankfurt über ein Nachtflugverbot streitet, könnte man in Kassel-Calden folgenlos ein Tagflugverbot verhängen; denn dort wird bis zum Frühjahr ohnehin kein Linienflug mehr starten oder landen.
Das muss man sich nochmals vor Augen halten: Fast 300 Millionen € hat dieser Unsinn die Steuerzahler gekostet. Jeden Tag, an dem dieser Flughafen länger in Betrieb ist, wächst das Defizit. Aber auch hier verhalten sich die GRÜNEN, sagen wir einmal, sehr elastisch. Denn das Millionengrab Calden darf erst einmal weiter Steuergeld verschlingen. Hier nimmt man es mit dem knallharten Sparen und mit dem Einhalten der Schuldenbremse offensichtlich nicht ganz so ernst. Es ist schon absurd: Mit Kassel haben wir eine Stadt, die unter den Rettungsschirm des Landes schlüpft. Sie schließt Bibliotheken und Schwimmbäder – gleichzeitig aber subventioniert sie einen defizitären Flughafen, den überhaupt niemand braucht. Das ist eine absolut absurde Politik.
Ich gebe zu, ich hatte wirklich gehofft, dass die GRÜNEN diesem Wahnsinn in Kassel-Calden ein Ende machen und dafür sorgen würden, dass nicht immer weiter Steuergeld in dieses Millionengrab hineinfließt.
(Zuruf des Ministers Tarek Al-Wazir – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sie es wenigstens gelesen?)
Auch sonst sind die Vereinbarungen zum Verkehr sehr enttäuschend. Minister Al-Wazir hat bereits in der „FAZ“ angekündigt, es werde mit ihm keine Revolution geben.
Das hatte ich schon befürchtet. Trotzdem finde ich es schade. Zur Stärkung des Klimaschutzes wären eine andere Verkehrspolitik und eine Reduzierung der Verkehrsströme nötig. Das Wort „Verkehrswende“ kommt im Koalitionsvertrag überhaupt nicht vor.
Ob es mehr Geld für den unterfinanzierten ÖPNV geben wird, bleibt auch völlig unklar. Man will das prüfen. Es ist davon die Rede, Effizienzgewinne im ÖPNV zu realisieren. Ich frage mich: Was heißt das? Heißt das weiterer Personalabbau? Heißt das weiteres Lohndumping? Heißt das höhere Fahrpreise? All das ist vollkommen unklar. Deswegen ist in diesem Koalitionsvertrag von einer Verkehrswende, die wir so dringend brauchen, um die Energiewende hinzubekommen und um die Klimaschutzziele zu erreichen, leider wenig zu lesen. Dazu gibt es kaum konkrete Vereinbarungen. Meine Damen und Herren, das ist wirklich eine vertane Chance.
Auch in der Energiepolitik ist von den ambitionierten Zielen der GRÜNEN kaum etwas übrig geblieben. Bis 2030 sollte die Stromerzeugung in Hessen zu 100 % aus erneuerbaren Energien erfolgen. Die GRÜNEN forderten 2030, die CDU forderte 2050. Und worauf einigt man sich? Auf das Jahr 2050.
Wie das erreicht werden soll, bleibt ebenfalls völlig unklar. Der Abbau der Hürden für Windkraft im Landesentwicklungsplan wird erst einmal verschoben. Der einzige Lichtblick in diesem Zusammenhang ist, dass die kommunalwirtschaftliche Betätigung in diesem Bereich erleichtert werden soll. Aber mittlerweile hatte sogar die CDU eingesehen, dass das Credo „privat vor Staat“ gemeinsam mit der FDP gescheitert ist.
Wer die Energiewende will, der muss als Erstes aufhören, vor Ort gegen den Ausbau von erneuerbaren Energien zu mobilisieren. Das sage ich vor allem an die Adresse der CDU und zu dem, was Sie in Wahlkämpfen machen. Herr Boddenberg ist der Erfinder der sogenannten „Windkraftmonster“. Im Wahlkampf haben Sie wieder gegen Windräder polemisiert. Sie mobilisieren die Menschen gegen die Energiewende, und das ist Teil des Problems.
An dieser Stelle will ich auch sagen: Ich halte es nicht für einen konstruktiven Beitrag zur Energiewende, wenn der Ehrenvorsitzende der hessischen CDU, nämlich Roland Koch, davon spricht, dass man die seiner Ansicht nach unsinnige Förderung von Solaranlagen auf den Dächern nur dadurch stoppen könnte, dass man „Steine drauf wirft“.
Herr Boddenberg, dass diese Äußerung bei der CDU keine Empörung ausgelöst hat, obwohl Ihnen sonst der Schutz des Eigentums so wichtig ist, darüber würde ich mir an Ihrer Stelle einmal Gedanken machen.
Jetzt ist die Große Koalition auf der Bundesebene dabei, die Energiewende auszubremsen. Die Vorschläge von Bundeswirtschaftsminister Gabriel zeigen, welchen Einfluss die Kohlelobby leider nach wie vor in der SPD hat. Dass man gerade den Ausbau der Windkraftnutzung im Binnenland deckeln will, das ist schädlich, das ist kontraproduktiv, und natürlich gefährdet das auch die Ziele des Hessischen Energiegipfels. Das führt eben nicht zu Strompreissenkungen, sondern dazu, dass die bestehenden Marktstrukturen beibehalten werden und dass die teure und schädliche Energiegewinnung aus konventionellen Energieträgern weitergeht. Die Atom- und die Kohlekraft wurden jahrzehntelang staatlich subventioniert. Jetzt wird ausgerechnet der Ausbau der kostengünstigen Windenergiege
winnung an Land mit dem Kostenargument ausgebremst. Das ist vollkommen absurd. Dabei brauchen wir dringend eine Dezentralisierung der Energieversorgung. Es war übrigens ein Ergebnis des Hessischen Energiegipfels, dass wir eine Dezentralisierung der Energiegewinnung brauchen – statt einer immer stärkeren Förderung von großen Offshoreanlagen.
Wenn die Pläne, die Sigmar Gabriel jetzt vorgelegt hat, umgesetzt werden, dann, so befürchte ich, wird das das 2-%-Ziel in Hessen gefährden. Deshalb hat Wirtschaftsminister Al-Wazir vollkommen recht, wenn er die Pläne der Bundesregierung kritisiert und die Windkraftausbauziele des Hessischen Energiegipfels verteidigt. Auch wenn allein dadurch der Kampf vielleicht noch nicht gewonnen ist: Herr Al-Wazir, die LINKE wird Sie auf jeden Fall dabei unterstützen.
Immerhin haben Sie erreicht, das muss man den GRÜNEN zugestehen, dass der Ministerpräsident in seiner heutigen Regierungserklärung von Umweltverbänden nicht mehr als Gegnern, sondern als Partnern geredet hat und dass er Tiere als Lebewesen bezeichnet hat. Ich habe den Eindruck, bisher waren Tiere für ihn vor allen Dingen Fleisch.
Meine Damen und Herren, wir brauchen in Hessen dringend mehr bezahlbaren Wohnraum, insbesondere in den Ballungsgebieten. Pro Jahr müssten eigentlich über 3.000 Sozialwohnungen geschaffen werden, damit die Zahl der Sozialwohnungen wenigstens halbwegs stabil bleibt. Hier muss den Kommunen ermöglicht werden, wirksam gegen Leerstand vorgehen. Davon findet sich im Koalitionsvertrag leider kein Wort. In der Praxis zeigen die GRÜNEN leider auch, auf welcher Seite des Konflikts sie im konkreten Fall stehen. Ich finde, das kann man in Frankfurt ziemlich gut beobachten. Früher haben die Frankfurter GRÜNEN Häuser besetzt; heute lassen sie sie polizeilich räumen.
Wir sind der Meinung, in Frankfurt handeln nicht die kriminell, die leer stehende Gebäude besetzen und sie einer sinnvollen Nutzung zuführen, sondern in erster Linie die, die mit Wohnraum spekulieren, die Gebäude grundlos leer stehen lassen und dadurch das ohnehin knappe Wohnungsangebot noch weiter verknappen.