Protokoll der Sitzung vom 25.09.2014

Das RP Gießen hat die Hessische Landesanstalt für Umwelt und Geologie beauftragt, Bodenproben aus dem Umfeld der Firma Woolrec auf Dioxine, Furane, PCB, PAK, PCP, Schwermetalle, Arsen und künstliche Mineralfasern zu untersuchen. Gutachten gab es dann am 06.11.2012 und am 27.03.2013. Beide kommen zu dem Ergebnis, dass die Maßnahmenwerte für Dioxine in der Bundes-Bodenschutzverordnung nicht annähernd erreicht werden.

Künstliche Mineralfasern wurden an zwei von fünf Standorten nachgewiesen. Daraufhin wurde noch ein Gutachten für diese beiden Standorte gemacht, und es wurde festgestellt, dass auf der einen Fläche mit Schlacke durchsetztes Bodenmaterial aufgebracht worden war, das wahrscheinlich die Prüfwertüberschreitung von Nickel verursacht hat. Der Gutachter hat der Stadt Braunfels empfohlen, den Boden auszutauschen. Ob die Stadt das gemacht hat, wissen wir nicht. Auf jeden Fall ist das empfohlen worden, weil das eine Fläche der Stadt ist. Wir gehen davon aus, dass die Stadt Braunfels entsprechend verantwortungsvoll gehandelt und dies getan hat.

Was das Gemüse angeht, hat der Landesbetrieb Landwirtschaft im Auftrag des Regierungspräsidiums Gießen am 28.09.2012 Bodenproben sowie Obst-, Gemüse-, Salatund Grasproben untersucht, Gutachten vom 01.11.2012, sowie erneut am 03.07. und 23.09.2013 in Abstimmung mit der BI Tiefenbach auf ausgewählten Grundstücken insgesamt 25 Obst- und Gemüseproben genommen. Die Untersuchungsberichte zeigen, dass die Auslösewerte für Dioxine und dioxinähnliche PCB nicht überschritten wurden.

(Vizepräsidentin Heike Habermann übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, das sind nicht nur die Ergebnisse, sondern diese Ergebnisse sind der Bevölkerung, der BI bekannt. Sie hatten Akteneinsichtsrecht. Sie haben auch zum Teil die Gutachter ausgesucht. Sie haben selbst Gespräche mit der HLUG führen können. Alles dieses ist der BI bekannt. Ich kann die Sorge und Ängste der BI durchaus nachvollziehen. Aber diese Werte sind so eindeutig, dass wir nicht sagen können: Da besteht Gefahr. – Das wäre fahrlässig. Nach den Werten besteht keine Gefahr für die Bevölkerung, sowohl was die Bodenwerte als auch was den Verzehr von Obst und Gemüse angeht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein letzter Punkt. Den Herrn Kollegen Lenders sehe ich gerade nicht mehr.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Der steht hinter Ihnen! – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Er stärkt Ihnen den Rücken!)

Alles klar, das kann auch gefährlich werden.

(Zuruf: Nein!)

Also ist es Rückendeckung für mich, super. – Zu der Behauptung, ich würde nicht mit der BI sprechen oder man müsste einmal mit der BI sprechen: Ich habe direkt am Tag nach meinem Amtsantritt mit der Bürgerinitiative gesprochen, weil ich gerade im Januar in Braunfels bei einem Neujahrsempfang war, habe mir daraufhin alle Akten angeschaut, die Gutachten angesehen, habe mit der BI Kontakt aufgenommen und mitgeteilt, dass aufgrund der Fakten vonseiten der Landesregierung nichts zu besorgen ist.

Dann gab es ein Gespräch, nachdem es in Eiern mutmaßlich erhöhte Dioxinwerte gab. Das Veterinäramt des LahnDill-Kreises hat daraufhin in Absprache mit der Bürgerinitiative, in Absprache mit mir, in Absprache mit dem Regierungspräsidium Proben aus den Eiern entnommen, und es hat sich gezeigt, dass es erhöhte Dioxinwerte in 20 Eiern gibt.

Daraufhin habe ich die Bürgerinitiative ins Ministerium eingeladen und habe ein Gespräch mit ihr geführt. Es ist also nicht so, dass wir nicht mit den Leuten reden – im Gegenteil nehmen wir das Problem ernst. Natürlich rede ich mit Bürgerinitiativen nicht nur, wenn es angenehm ist, sondern auch, wenn es unangenehm ist.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der zuständige Dezernent des Lahn-Dill-Kreises war ebenfalls anwesend, weil er für die Beprobung zuständig ist. Er hat dort mitgeteilt, dass es gemeinsam mit der Bürgerinitiative auch freiwillige Bodenbeprobungen geben wird, um dem Dioxinfund auf die Spur zu kommen.

Der Lahn-Dill-Kreis macht das auf freiwilliger Ebene, weil eigentlich die Eigentümer der Eier das selbst in Auftrag geben und finanzieren müssten. Aber der Kreis macht es freiwillig. Die Bodenprobe ist genommen, und wir erwarten im Oktober das Ergebnis.

Ich konnte aber der Bürgerinitiative nicht sagen, dass wir einen Bodenaustausch vornehmen, sondern ich habe der Bürgerinitiative gesagt, auch wenn das für sie nicht so gut zu akzeptieren war, dass es die Bodenwerte nicht hergeben, einen großflächigen Bodenaustausch vorzunehmen, weil wir sonst in vielen Gebieten Mittelhessens Bodenaustausch machen müssten. Es gibt Grenzwerte. Die sind einzuhalten. In diesem Fall sind die Grenzwerte weit unterschritten.

Meine Damen und Herren, das ist der Sachverhalt – ganz transparent mit den Werten. Die Gutachten sind alle einzusehen. Ich bin gespannt, was es mit den Dioxinwerten auf sich hat. Leider – muss ich Ihnen sagen – kann man solche Ursachen nicht gut nach dem Motto herleiten: Da gab es eine Firma, die hatte auch noch im Boden Dioxinwerte, die weit unter dem Grenzwert sind; deswegen sind die Eier verseucht. – Leider sind oft sogar Ökoeier aufgrund der Bodenhaltung und der Bodenbeschaffenheit mit Dioxinen verseucht.

Deswegen warne ich davor, zu glauben, dass man hier einen ursächlichen Zusammenhang herstellen kann. Wir werden nichtsdestotrotz der Sache auf den Grund gehen und mit der Bürgerinitiative dementsprechend weiter zusammenarbeiten.

Es tut mir leid, dass es jetzt länger gedauert hat. Aber ich glaube, es war wichtig für alle Abgeordneten, dass ich einmal klarlege, was gemacht wurde und wie der Stand der Dinge ist. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Den Fraktionen ist eine Redezeit von zwölf Minuten zugewachsen. Als Erster hat Kollege Rudolph, SPD-Fraktion, das Wort.

(Manfred Pentz (CDU): Ei, ei, ei! – Zuruf von der CDU: Mensch, Günter, bekannter Chemiker! – Weiterer Zuruf von der CDU: Wir veräppeln dich ein bisschen! Er meint das liebevoll!)

Das kann ich mir kaum vorstellen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frau Staatsministerin hat viele Ausführungen gemacht. Ob sie tatsächlich zur Erhellung des Sachverhalts beigetragen haben – –

(Michael Boddenberg (CDU): Bei mir schon, ich habe die ganze Zeit zugehört! Da muss man auch einmal zuhören! – Manfred Pentz (CDU): Wenn die SPD-Fraktion nicht einmal zuhört!)

Machen Sie weiter. Ich habe Redezeit.

(Allgemeine Heiterkeit)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, um was geht es bei diesem Vorgang Woolrec? Da geht es zunächst weniger um die Frage, was Frau Ministerin Hinz mit der Angelegenheit zu tun hat. Wir reden über einen Vorfall der letzten Jahre unter der politischen Verantwortung von Frau Puttrich und das Versagen unter ihrer Verantwortung.

(Beifall bei der SPD und des Abg. René Rock (FDP) – Zurufe von der CDU)

Und es geht darum, ob man Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger vor Ort auch ernst nimmt. Frau Ministerin Hinz, so ist das, wie im richtigen Leben – es gibt offensichtlich unterschiedliche Wahrnehmungen, nachdem wir Rückmeldungen von Teilnehmern der Bürgerinitiative über das Gespräch mit Ihnen haben.

Na ja, die haben schon den Eindruck, dass man auf ihre Sorgen und Nöte eben nicht so eingeht, wie es dem Sachverhalt angemessen wäre. Es sind auch Teilnehmer der Bürgerinitiative hier und heute anwesend. Darüber können die sich sicher dann ein eigenes Bild machen.

(Clemens Reif (CDU): Deswegen machen Sie das!)

Frau Kollegin Hammann, Sie haben an einer Stelle ausdrücklich recht. Dagegen – –

(Manfred Pentz (CDU): Von der SPD-Fraktion!)

Herr Pentz, wissen Sie, dümmer geht immer, um Ihnen das an der Stelle einmal sehr deutlich zu sagen. – Frau Kollegin Hammann hat an einer Stelle ausdrücklich recht. Kriminelle Energie ist schwer zu bekämpfen. Dagegen ist man auch nicht gefeit. Das können wir uns, glaube ich, gegenseitig attestieren.

(Manfred Pentz (CDU): Oje!)

Aber die Frage ist, wie es zu dieser Entwicklung bei Woolrec gekommen ist. Und wenn sich der Vertreter der CDU oder Herr Pentz hierhin stellt und lapidar sagt: „Was interessiert mich ein hr-Bericht?“,

(Manfred Pentz (CDU): Das hat er nicht gesagt! Sie lügen einfach!)

wo erstmals ehemalige Mitarbeiter aussagen, dass praktisch kriminelles Verhalten am Tage dargelegt wurde, dann kann man das ignorieren. Aber ich finde, das ist schon ein Indiz dafür, dass man auch selbstkritisch in die Behörde hineinschauen und sich fragen muss: „Was ist möglicherweise bei uns schiefgelaufen?“,

(Clemens Reif (CDU): Die haben doch 500.000 € vom Gabriel bekommen!)

ohne dass man deswegen sagt: Alle Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Gießen sind unfähig. – Deswegen geht es natürlich auch um das Verhalten

(Clemens Reif (CDU): Des Herrn Gabriel!)

des Behördenleiters und Regierungspräsidenten Witteck. – Ach, der Herr Gabriel ist jetzt schuld? Okay, danke schön. Das reicht für die CDU, wenn die anderen schuld sind, insbesondere die SPD. Das ist Ihr intellektuelles Niveau, meine Damen und Herren.

Hier geht es darum: Hat die Behörde des Regierungspräsidiums Gießen unter der Verantwortung des Regierungspräsidenten Witteck in den letzten Jahren korrekt und sachgemäß gehandelt, und zwar unter der politischen Verantwortung der damaligen Umweltministerin Frau Puttrich? So einfach ist der Sachverhalt, um den es hier geht.

(Beifall bei der SPD)

Frau Hinz, deswegen sind Sie vom Kollegen Eckert überhaupt nicht angegriffen worden, weil Sie an der Stelle ein schweres Erbe haben.

(Zurufe der Abg. Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und von der CDU)

Entschuldigung, hören Sie einmal, meine Damen und Herren. Dann wäre das hier ein anderer Vortrag gewesen. Die Frage ist: Wie geht man mit der schweren Erblast um, die Ihnen Frau Puttrich hinterlassen hat?

(Manfred Pentz (CDU): Das ist nur noch peinlich!)

Die hat nur noch Baustellen hinterlassen. Da einmal 235 Millionen €, da einmal eine Baustelle – –