Protokoll der Sitzung vom 16.10.2014

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nie!)

Nein, das glaube ich auch nicht. Frau Kollegin Müller ist von mir, glaube ich, noch nie enttäuscht worden. Da bin ich mir ziemlich sicher.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich weiß nicht so richtig, wie ich diesen Setzpunkt werten soll. Es ist in der Tat – Herr Kollege Lenders hat darauf hingewiesen – ein ungewöhnlicher Vorgang, dass man sich am Donnerstagnachmittag bei einem Setzpunkt damit beschäftigt, dass wir kraftvoll einen Appell an Berlin unterstützen sollen. Ich wage die Prognose: Wäre das unter anderen Vorzeichen geschehen, wären die GRÜNEN nämlich Oppositionsfraktion und SchwarzGelb hätte hier solch einen Antrag eingebracht, hätten sich die GRÜNEN schon ein bisschen mehr empört, nach dem Motto: „Das, was hier vorgelegt wird, ist inhaltlich aber entschieden zu wenig“.

(Beifall bei der SPD und des Abg. René Rock (FDP))

Dazu muss ich sagen: Da hätten sie auch recht gehabt. – Damit das auch klar und aus der Welt ist: Natürlich werden wir Ihrem Antrag zustimmen, wenn es gilt, ein kraftvolles Zeichen für den ÖPNV in Richtung Berlin zu senden.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Müller hat das ein bisschen schamhaft verschwiegen:

(Gerhard Merz (SPD): Jetzt ist sie doch enttäuscht!)

Diejenigen, die in Berlin für das ganze Fiasko verantwortlich sind, haben auch Namen. Es sind nämlich die CDUund CSU-Minister Schäuble und Dobrindt, die dort untätig gewesen sind.

(Beifall bei der SPD und des Abg. René Rock (FDP))

Meine Damen und Herren dieses Hohen Hauses, wenn es gegen Schäuble und Dobrindt geht, ist die SPD natürlich dabei. Da machen wir gern mit.

(Beifall bei der SPD)

Kommen wir jetzt aber zu dem eigentlichen Thema. Der Staatssekretär war Anfang Oktober so freundlich, die entsprechenden Ergebnisse der viel zitierten Verkehrsministerkonferenz vorzustellen. Er hat das sehr staatstragend getan und dabei auf die konstruktive Rolle des Landes Hessen hingewiesen. Was nach und nach ein bisschen herauskam, war, dass das Ergebnis, das dort beschlossen worden ist, wenn man die absoluten Zahlen betrachtet, für Hessen gerade nicht so erfreulich war.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Die 90 Millionen €, von denen Frau Müller gesprochen hat, sind, in Prozent umgerechnet, nicht einmal 1 %. Man kann also sagen, es ist etwas mehr als eine schwarze Null, während die Steigerungszahlen anderer Länder bei rund 20 % liegen sollen: in Nordrhein-Westfalen bei über 20 %, in Hamburg bei über 19 %, in Bremen bei fast 22 % und in Baden-Württemberg bei 19 %.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Der Staatssekretär hat darauf hingewiesen, Hessen sei es wichtiger gewesen, auf einen einstimmigen Beschluss hinzuarbeiten, als durchzusetzen, dass Hessen mehr Mittel bekommt. Ich will den Wert des einstimmigen Beschlusses nicht negieren und nicht kleinreden, aber wir hätten uns auch gefreut, wenn Hessen bei dem ganzen Spiel ein bisschen mehr bekommen hätte.

(Beifall bei der SPD)

Aber natürlich ist es ein wichtiges und starkes Signal, das nach Berlin ausgeht. Nur, Herr Samson, bei Ihren Ausführungen konnte man den Eindruck erhalten, als wäre Hessen für diesen einstimmigen Beschluss allein verantwortlich. Nehmen Sie es uns nicht übel, aber auch wir haben unsere Informationen. Daran haben sich ganz viele beteiligt, die sich ein Stück zurückgenommen haben, damit es letztendlich zu einem einstimmigen Beschluss gekommen ist.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, insofern danke ich allen Beteiligten, aber auch der Hessischen Landesregierung, dass sie mit dafür gesorgt haben, dass dieser Beschluss zustande gekommen ist.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Immerhin!)

Deswegen stimmen wir dem Antrag auch zu.

Das Regionalisierungsgesetz läuft – Frau Kollegin Müller hat darauf hingewiesen – Ende 2014 aus. Aus unserer Sicht ist es schlichtweg ein kleiner Skandal, dass die Herren Do

brindt und Schäuble in Berlin Arbeitsverweigerung betreiben

(Beifall bei der SPD)

und nicht rechtzeitig dafür gesorgt haben, dass eine Fortschreibung des Regionalisierungsgesetzes, das die Zukunft des ÖPNV in den Ländern sichert, in Angriff genommen wird, und stattdessen nach dem Motto verfahren: „Wir stellen in den Haushalt gerade einmal das ein, was im letzten Jahr drin war, ohne die übliche Dynamisierung von bisher 1,5 %“. Das können wir so nicht hinnehmen. Das ist auch nicht in Ordnung. Damit ist der ÖPNV weder in Hessen noch in den anderen Ländern zukunftsfähig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Im Moment stehen den Ländern für ihre Aufgaben im schienengebundenen ÖPNV 7,3 Milliarden € zur Verfügung. Genau diese Summe hat Schäuble in den Haushalt 2015 eingestellt – nicht mehr. Dann muss man sich einmal mit denjenigen unterhalten, die für den ÖPNV in Hessen verantwortlich sind; das sind die Verbünde. Ich will es ganz klar benennen: Wenn es bei dieser Summe bleibt, haben wir das Problem, dass der NVV nach 2015 seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen kann und das ganze Szenario zeitverzögert ein Jahr später beim RMV auftritt. Das können wir uns so nicht gefallen lassen. Auch deswegen unterstützen wir den Antrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als starkes Signal gegenüber Berlin, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Die Bundesländer haben ein Gutachten in Auftrag gegeben, bei dem ganz klar herauskam: Die Bundesländer haben einen Bedarf, um den ÖPNV aufrechtzuerhalten, von 8,5 Milliarden € mit einer Dynamisierung von 2 % und einem zusätzlichen Ausgleich für die Kostenentwicklung der Trassen- und Stationspreise. – Nun aber hat der Bund – das ist, glaube ich, das Problem – ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben. Da wird ein Bedarf von 7,7 Milliarden € anerkannt.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist auch mehr!)

Das ist auch mehr als 7,3. Aber selbst die Zahl – jetzt kommt es, Herr Kollege Schmitt – erkennt der Kollege Schäuble nicht an. Insofern ist der Hessische Ministerpräsident als stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender gefordert, bei seinen Freunden in der Union für die Durchsetzung der hessischen ÖPNV-Interessen zu kämpfen, meine Damen und Herren. Das erwarten wir schlichtweg von ihm.

(Beifall bei der SPD)

Ein erster Schritt dahin ist, dass er bei der jetzt stattfindenden MP-Konferenz dafür sorgt, dass der einstimmige Beschluss der Verkehrsministerkonferenz auch von den Ministerpräsidenten der Bundesländer übernommen wird. Das erwarten wir schlichtweg vom CDU-Vizevorsitzenden und Hessischen Ministerpräsidenten.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, seien Sie unserer Unterstützung sicher, wenn es in Richtung Berlin geht. Wir stimmen Ihrem Antrag zu.

Aber es ist schon ein bisschen dürftig – damit komme ich wieder auf den Ausgangspunkt zurück –, die Verantwor

tung allein nach Berlin zu schieben. – Frau Kollegin Müller, es war schon niedlich, wie Sie versucht haben, Ihr Wahlversprechen, das Sie noch im Regierungsprogramm der GRÜNEN für die Landtagswahl 2013 abgegeben haben, auf einmal beiseitezuwischen und zu sagen: Das ist ja gar nicht mehr notwendig. – Meine Damen und Herren, die GRÜNEN haben in ihrem Regierungsprogramm ganz klar festgeschrieben: Wir wollen eigene Mittel, hessische Landesmittel für den ÖPNV zur Verfügung stellen.

(Beifall bei der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Ich zitiere aus dem Regierungsprogramm:

Der Unterfinanzierung des ÖPNV wollen wir unter anderem mit einer Kofinanzierung aus Landesmitteln entgegenwirken und über neue Finanzierungsformen nachdenken.

Die GRÜNEN denken also nach.

(Beifall bei der SPD – Nancy Faeser (SPD): Ist doch schon mal gut!)

Wann gibt es denn die ersten Ergebnisse? Aus den originären Landesmitteln wird im schwarz-grünen Koalitionsvertrag folgender Sachverhalt:

Wir werden prüfen, ob der Unterfinanzierung des ÖPNV mit einer Kofinanzierung des Landes entgegengewirkt werden kann.

Sozialdemokraten sind ja milde gestimmt. Wir wissen auch von Koalitionszwängen und was aus einem Versprechen in Koalitionsverträgen werden kann. Das ist auf beiden Seiten ein Geben und ein Nehmen. Da sind wir milde gestimmt. Es gibt weitaus schlimmere 180-Grad-Wendungen bei bestimmten Themen, wie wir in diesem Landtag erfahren konnten.

(Beifall bei der SPD)

Es ist aus unserer Sicht vollkommen in Ordnung, dass man sich in einer Koalition darauf verständigt, etwas zu prüfen. Nur, wann bekommen wir die Ergebnisse der Prüfung? Wann kommt es zu den neuen Konzepten für den ÖPNV in Hessen, von denen im Landtagswahlkampf immer gesprochen wurde?

Herr Frankenberger, kommen Sie auch ganz milde zum Schluss.