Protokoll der Sitzung vom 17.12.2014

(Zuruf: 2014! – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was? Aus der „FAZ“ von 2015? Das ist interessant!)

Danke schön. – Herr Frömmrich, wir sind immer der Zeit voraus.

Ich fange noch einmal an: So wies der CDU-Abgeordnete Heinz in der „FAZ“ vom 16.12.2014 darauf hin – ich darf zitieren –:

… dass die Besoldung der hessischen Beamten im bundesweiten Vergleich auf hohem Niveau liege. So verdiene beispielsweise ein Polizeioberkommissar in der höchsten Erfahrungsstufe in Hessen jährlich 700 € mehr als sein Kollege im sozialdemokratisch regierten Nordrhein-Westfalen.

Herr Heinz, ich habe das einmal genau nachgerechnet.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach du meine Güte! – Manfred Pentz (CDU): Wenn Sie anfangen, zu rechnen!)

Da komme ich zu einem ganz anderen Ergebnis. – Herr Pentz, ich habe die Tabellen hier. Die sind unbestechlich. Die sind von der hessischen Besoldungsstelle. Ich habe die Tabellen hier.

Nach diesen Tabellen beträgt die Grundvergütung in A 10 – also Oberkommissar –, Endstufe, in Hessen 3.358,10 €, in Nordrhein-Westfalen sind es mit 3.385,07 € 27 € mehr, also nicht weniger. Somit erhält der hessische Polizeibeamte also tatsächlich 324 € weniger als sein Kollege in Nordrhein-Westfalen – und der hat auch noch eine 40Stunden-Woche zu arbeiten.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Da muss Herr Heinz nochmals nachrechnen!)

Rechnet man also die Vergütung der hessischen Polizeibeamten von 42 Stunden auf 40 Stunden entsprechend der Mehrarbeitsvergütung von 19,01 € pro Stunde um, so komme ich auf eine Besoldungsdifferenz von sage und schreibe 180 € pro Monat, und damit erhält der hessische Polizeibeamte in A 10 über 2.000 € pro Jahr weniger als sein nordrhein-westfälischer Kollege.

Meine Damen und Herren, damit wird auch klar, dass der DGB recht hatte, als er in einer Studie zum Besoldungsniveau unter den Bundesländern im Jahr 2011 feststellte, dass Hessen mit der Bezahlung seiner Beamtinnen und Be

amten an drittletzter Stelle aller Bundesländer liegt – an drittletzter Stelle, nicht mehr.

Herr Schaus, die angemeldete Redezeit ist abgelaufen.

Frau Präsidentin, danke schön. Ich werde noch ein bisschen brauchen.

Bei den Berufsfeuerwehrleuten, die sich zum weit überwiegenden Teil übrigens in den mittleren Besoldungsgruppen A 7 und A 8 befinden, beträgt die Differenz zu ihren Kollegen in anderen Bundesländern sogar bis zu 4.800 € pro Jahr, die die hessischen Feuerwehrleute weniger erhalten als z. B. die bayerischen.

Hören Sie also endlich auf, der Öffentlichkeit falsche Zahlen zu präsentieren. Stehen Sie dazu, dass Sie als SchwarzGrün eine zweite „Operation düstere Zukunft“ in diesem Haushalt eingeleitet haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Aus diesen Gründen unterstützen wir den vorliegenden Antrag der SPD, die Vergütung beim Dienst zu ungünstigen Zeiten endlich in angemessener Weise anzuheben.

Als Koalition haben Sie auch die Streichung von weiteren 1.800 Stellen in dieser Legislaturperiode vereinbart, davon 480 im Bereich des Innenministeriums. Pro Jahr sind das also 96 Stellen weniger.

Da der Polizeivollzugsbereich mit seinen 14.000 Stellen davon jedoch ausgenommen ist, bekommen das die übrigen Bereiche – also das Ministerium, die Regierungspräsidien und die nachgeordneten Behörden – voll ab. Sogar im Polizeiverwaltungsbereich, also innerhalb der Polizeistruktur, werden jährlich 29,5 Stellen abgebaut – Arbeiten, die zukünftig dann Polizeibeamte aus dem Vollzugsdienst erledigen werden, die dann eben genau dort fehlen. So lügen Sie sich auch noch in die eigene Tasche, wenn Sie der Bevölkerung vorgaukeln, bei der Polizei würden keine Stellen abgebaut; denn nachweislich stimmt das nicht.

Übrigens finden die Stellenstreichungen fast ausschließlich in den unteren und mittleren Bereichen statt, während neue Stellen – die es in diesem Haushaltsplan auch gibt – ausschließlich in den oberen Bereichen geschaffen werden.

Das dreisteste Vorgehen finden wir beim Verfassungsschutz. In der Öffentlichkeit verkündet der Innenminister die Schaffung von fünf neuen Stellen zur Salafismusbekämpfung.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja!)

Herr Frömmrich, ein Blick in den Stellenplan aber zeigt eindeutig, dass sämtliche neuen Stellen im höheren Dienst geschaffen werden, darunter allein vier von fünf Stellen in der Besoldungsgruppe A 15.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja!)

Hier bedient sich also die Führungsriege des Landesamtes für Verfassungsschutz unter dem Deckmantel der Salafismusbekämpfung ungeniert selbst, und das Ministerium und

Sie machen dabei mit. Das ist die Tatsache, und das ist das, was im Haushaltsplan nachzulesen ist.

Diese Beispiele aus den Stellenplänen könnte ich noch weiter fortsetzen. In Anbetracht der Zeit aber will ich mich darauf beschränken, noch andere kritikwürdige Vorhaben anzusprechen.

So habe ich mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass für das seit Jahren so hochgelobte IKARus-Programm für Aussteiger aus der rechten Szene – auf das seitens des Ministers in der öffentlichen Debatte immer wieder stolz hingewiesen wurde – ganze 50.000 € vorgesehen sind. Wie viele potenzielle Aussteiger glauben Sie mit diesem lächerlichen Betrag betreuen zu können? Eine Person oder gar zwei Personen? Das soll reichen, Herr Minister?

Ein weiteres Lieblingskind, das in der öffentlichen Darstellung der Landesregierung ständig seinen Niederschlag findet, ist die Garantiesumme von 30 Millionen € aus der Feuerschutzsteuer. Schon in der letzten Plenarsitzung wurde Ihnen seitens der SPD-Fraktion vorgerechnet, dass die Einnahmen schon seit Jahren über den garantierten 30 Millionen € liegen, Ihre Zusage also eine Nullnummer darstellt. Da aber die Ausgaben für die Ausrüstung der Feuerwehren in den letzten Jahren mit Preissteigerungen verbunden waren, fordern wir eine Steigerung der Garantiesumme, versehen mit einer jährlichen Gleitklausel. Das wäre angemessen und konsequent gegenüber der Feuerwehr und würde zeigen, dass Sie das, was Sie immer sagen, ernst meinen.

Darüber hinaus fordern wir die Umwandlung sämtlicher Mittel des Kompetenzzentrums zur Förderung von öffentlich-privaten Partnerschaftsprojekten in eine neu zu schaffende Beratungsstelle für Rekommunalisierung.

Zudem fordern wir, ebenso wie die SPD-Fraktion, von der geplanten Verlagerung der Kommunalaufsicht über die kreisangehörigen Städte und Gemeinden auf die Regierungspräsidien Abstand zu nehmen. Diese Kompetenzverlagerung dient einzig und allein dazu, den Druck auf die Haushalte der Kommunen zu erhöhen. Da Sie nicht bereit sind, die Kommunen finanziell ausreichend zu unterstützen, sodass sämtliche Pflichtaufgaben gedeckt sind und ein Spielraum für die sogenannten freiwilligen Ausgaben bleibt, haben Sie politisch kein Recht, die Kommunen in dieser Art und Weise zu gängeln.

Zum Schluss möchte ich noch auf unseren Antrag zum Winterabschiebestopp von Geflüchteten eingehen, mit dem die Landesregierung aufgefordert wird, dem Beispiel Thüringens und Schleswig-Holsteins zu folgen und insbesondere Abschiebungen von Staatsangehörigen aus Afghanistan, Albanien, Armenien, Aserbaidschan, dem Irak, dem Iran, dem Kosovo, aus Mazedonien, der Russischen Föderation, aus Serbien, der Türkei, aus Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Pakistan und der Ukraine bis mindestens 31. März 2015 auszusetzen. § 60a des Aufenthaltsgesetzes räumt den Ländern die Möglichkeit ein, Abschiebungen – unter anderem aus humanitären Gründen – für die Dauer von sechs Monaten vorübergehend auszusetzen. Hiervon haben Thüringen und Schleswig-Holstein bereits Gebrauch gemacht und einen Winterabschiebestopp erlassen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Alexan- der Bauer (CDU))

Herr Bauer, ich habe „insbesondere“ gesagt. Ich habe nicht alle Länder aufgezählt, sonst bräuchte ich noch mehr Redezeit. Das nur zu Ihrer Information.

Herr Wagner hat uns in der gestrigen Haushaltsrede die Koalitionsvereinbarung der rot-rot-grünen Landesregierung Thüringens vorgehalten.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vorgelesen, nicht vorgehalten!)

Herr Frömmrich und Herr Wagner, drehen wir einmal den Spieß um, verweisen wir an dieser Stelle auf die erste Kabinettsentscheidung der neuen Landesregierung in Thüringen. Was die können, sollten auch wir in Hessen wollen. Um die Entscheidungsfreude in der Koalition zu steigern, beantrage ich namens unserer Fraktion, hierüber eine namentliche Abstimmung vorzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zu Ihrem kurzfristig eingebrachten Entschließungsantrag sagen, der eine „sensible Einzelfallprüfung“ vorsieht. Herr Frömmrich, es ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten, dass Sie in einer „sensiblen Einzelfallprüfung“ feststellen wollen, wie die Wetterlage in den genannten Ländern ist. Das wäre die logische Voraussetzung dafür, unserem Antrag in gleicher Art und Weise zu begegnen. Fakt ist doch: Schwarz-Grün und diese Landesregierung wollen eben kein politisches Zeichen im Hinblick auf den Erlass eines Winterabschiebestopps von Flüchtlingen in Hessen setzen.

(Alexander Bauer (CDU): Wann hört denn der Winter auf?)

Sie knicken mit dieser Haltung und mit diesem Antrag, der an Zynismus nicht zu überbieten ist, schon jetzt vor den PEGIDA-Demonstranten ein. Allein schon das ist politische Botschaft genug, Ihren Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächster hat Kollege Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man auf all das eingehen wollte, was Herr Schaus und auch der Kollege Rudolph hier vorgetragen haben, müsste man in der Tat zusätzliche Redezeit der Fraktionen in Anspruch nehmen, was ich nicht tun will, da natürlich auch noch die anderen Einzelpläne behandelt werden.

Auf das eine oder andere will ich aber schon eingehen, insbesondere auf das, was im Personalbereich ansteht. Herr Kollege Schaus, da sollte man sich das eine oder andere Argument vielleicht doch einmal anhören, statt hier in einer Art und Weise vorzutragen, die fast unerträglich war. Herr Kollege Schaus, wenn Sie mit der gleichen Inbrunst, mit der Sie hier für Gehaltserhöhungen für Beamte und Tarifbeschäftigte bei der Polizei eintreten, vortragen würden, dass Sie sich von Gewalttätern bei Demonstrationen distanzieren – das hätten Sie z. B. bei den Blockupy-Demonstrationen tun können –, dann könnte man Ihnen Glaubwürdigkeit unterstellen. Auf der einen Seite eine Grußadresse bei der Gewerkschaft abzugeben, wenn es darum geht, bei

Gehaltsangelegenheiten etwas zu erreichen, auf der anderen Seite aber dann, wenn es darum geht, sich von Gewalttätern zu distanzieren, das nicht zu tun, das finde ich schon erbärmlich, Herr Kollege Schaus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der LIN- KEN)

Wir haben uns in der Innenpolitik auf ein ambitioniertes Programm verständigt. Die Maßnahmen sind in dem vom Finanzminister vorgelegten Haushaltsplanentwurf abgebildet. Dabei haben wir sowohl die Herausforderungen der Zukunft angepackt als auch die notwendigen Entscheidungen zur Haushaltskonsolidierung getroffen.

Ich glaube, man braucht nicht zu betonen – das sage ich auch im Namen der Kollegen von der CDU –: Das sind keine leichten Entscheidungen. Es ist natürlich angenehmer – das ist die Seite der Opposition –, Geld zu verteilen und mit dem Füllhorn über das Land zu gehen, als Maßnahmen zu beschließen, die die Menschen belasten und die in vielen Bereichen Einsparungen vorsehen.