Protokoll der Sitzung vom 17.12.2014

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Sie freuen sich sehr stark darauf, diese Dinge hier ausbauen zu können, weil das einen echten Gewinn für die Kinder, für die Eltern und für die Schulen in diesen Regionen bedeutet.

Eine ganz besondere Herausforderung im Kultusbereich können wir mit den frei werdenden Stellen auch anpacken, und zwar das Problem der steigenden Zahl von Flüchtlingen, die uns erreichen, die aufgrund der allgemeinen Lage dieses Land erreichen, weil sie bei uns Schutz suchen.

Deswegen bin ich froh, dass wir frei werdende Stellen auch dazu verwenden können, verstärkt Deutsch als Zweitsprache einzusetzen, um den Erwerb der deutschen Sprache besonders fördern zu können.

Ein weiterer Punkt ist mir besonders wichtig. Das ist die Stellenzuweisung nach Sozialindex. Statt die frei werdenden Stellen mit der Gießkanne über alle Schulen zu verteilen,

(Gerhard Merz (SPD): Na ja!)

werden hier unerlässliche besondere Schwerpunktsetzungen getroffen.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Denn die Förderung nach Sozialindex bedeutet, dass die Schulen, die sich mit besonderen Problemlagen auseinanderzusetzen haben, eine besondere Stellenzuweisung erhalten. Das kann teilweise sehr weit über die durchschnittlichen 105 % hinausgehen. Die Schulen erhalten die Freiheit, diese Stellen für multiprofessionelle Teams einzusetzen. Das zeigt ganz deutlich, dass gute Schulpolitik von uns nicht nur von der Spitze her betrachtet wird, sondern auch als Fördermaßnahme für diejenigen, die nicht immer nur auf der Sonnenseite der Gesellschaft stehen. Ich halte das für eine richtige Schwerpunktsetzung dieser Koalition.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Eine weitere Schwerpunktsetzung dieser schwarz-grünen Koalition ist zudem die Weiterentwicklung von EIBE und SchuB als neues Programm namens „Praxis und Schule“, kurz PuSch. Damit engagiert sich diese Koalition besonders für diejenigen Schüler, die abschlussgefährdet sind und drohen, durch das Raster hindurchzufallen.

Wir möchten, dass niemand zurückbleibt. Daher engagieren wir uns an dieser Stelle ganz besonders dafür, dass gefährdete Schülerinnen und Schüler einen Abschluss machen können und in eine Ausbildung übergeleitet werden. Das zeigt, dass wir das Ziel der Bildungsgerechtigkeit nicht nur mit theoretischen Konzepten, sondern auch mit ganz praktischen Programmen verfolgen. Ich glaube, dass dieses Programm einen wichtigen Beitrag dazu leistet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Diese Koalition festigt nicht nur das Erreichte, was z. B. die hervorragende Ausstattung mit Stellen angeht, sondern wir sichern das Erreichte auch über die demografische Entwicklung hinaus.

Wir lassen die demografische Rendite komplett im System und sorgen dafür, dass die Betreuung von Schülerinnen und Schülern immer besser wird. Wir schaffen eine Bildungs- und Betreuungsgarantie für dieses Land, von der alle Eltern profitieren – nicht nur einige wenige, wie das bei dem Vorschlag der SPD-Fraktion der Fall wäre. Wir stärken die Zuweisungen nach dem Sozialindex. Wir legen das PuSch-Programm auf. Damit erhöhen wir die Chancengerechtigkeit deutlich.

Das sind allesamt sehr gute Nachrichten für die Schulen in Hessen, und ich bin sehr froh, dass wir mit diesem Einzelplanentwurf in die Schulpolitik 2015 starten dürfen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Kollege May. – Das Wort hat der Abg. Wolfgang Greilich, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Kollege Irmer und auch der Herr Kollege May haben sich ein Stück weit dafür gefeiert, aber auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Standards, die die Kultusministerinnen Dorothea Henzler und Nicola Beer in diesem Lande gesetzt haben, beibehalten werden. Das finden wir gut so. Das ist wirklich eine sinnvolle Sache.

(Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP))

Ich will aber auch sehr deutlich sagen: Genau so, wie die Beibehaltung dieser Standards gut ist, ist es ein massiver Fehler, dass unter Schwarz-Grün keine Fortschritte in der Bildungspolitik gemacht werden – jedenfalls nicht erkennbar sind.

(Beifall bei der FDP)

Für uns steht fest, dass zielgerichtete Investitionen in die Qualität der Bildung der nächste logische Schritt sind, nachdem wir bereits in der vergangenen Legislaturperiode für die beste Lehrerversorgung aller Zeiten – es wurde schon darauf hingewiesen – gesorgt haben. Deshalb stehen wir dafür, dass alle Kinder in Hessen über optimale Startchancen verfügen sollen. Ich kann nur wiederholen, was mein Kollege Florian Rentsch gestern schon gesagt hat: Wir wollen das Projekt „Qualifizierte Schulvorbereitung weiterhin“ mit 2,7 Millionen € fördern, damit sich zukünftig jedes Kind in Hessen möglichst früh und entsprechend seinen Begabungen und Fähigkeiten entwickeln kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jeder weiß, dass die Weichen für den späteren Bildungserfolg in den allerersten Jahren gestellt werden. Kinder, die bei ihrer Einschulung nicht über bestimmte Grundfertigkeiten verfügen oder schon sprachlich nicht in der Lage sind, dem Unterricht zu folgen, haben schon verloren, bevor es richtig losgeht.

Entgegen der Forderung der FDP-Fraktion hat die schwarz-grüne Koalition die 80 Millionen €, die dem Land aus der Übernahme der BAföG-Finanzierung durch den Bund Jahr für Jahr zusätzlich zur Verfügung stehen, auch entgegen der in Berlin übernommenen und zugesicherten Verpflichtung nicht für zusätzliche Investitionen für Schulen und Hochschulen verwendet – im Bereich der

Hochschulen nicht einmal zur Finanzierung zusätzlicher Aufgaben –, sondern alleine dafür, um ohnehin notwendige und bereits zugesagte Mittel für die Hochschulen bereitzustellen. Das ist politische Untreue gegenüber der nächsten Generation.

(Beifall bei der FDP)

Ich darf in diesem Zusammenhang den Wissenschaftler Friedhelm Pfeiffer vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung zitieren, der im letzten Jahr nachgewiesen hat, dass eine Erhöhung der Investitionen in Bildung für Kinder unter sechs Jahren um 10 % dazu führt, dass deren Lebenseinkommen um rund 14 % steigt, was letztlich natürlich auch dem Staat zugutekommt, etwa durch geringere Sozialausgaben. Damit ist jetzt auch wissenschaftlich nachgewiesen, was jeder wissen muss: Ausgaben für die frühkindliche Bildung sind die beste Zukunftsinvestition. Sie bringen auch volkswirtschaftlich die höchste Rendite. Wer das negiert, der weiß nicht, was er dieser Gesellschaft antut.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb komme ich zu dem Ergebnis: Sie versündigen sich an den Kleinsten – und zwar mit Ihrer Entscheidung, die 2,7 Millionen € aus dem Haushalt zu streichen, die in der vergangenen Legislaturperiode auf Drängen der FDP-Fraktion für das Projekt „Qualifizierte Schulvorbereitung“ in den Haushalt eingestellt worden waren. Deshalb beantragen wir, diese Mittel wieder in den Haushalt einzustellen.

(Beifall bei der FDP)

Insgesamt gesehen, lassen sich die von uns geforderten Zukunftsinvestitionen bei entsprechendem Willen problemlos gegenfinanzieren. Wir haben Ihnen die Deckungsvorschläge aufgeschrieben. Unsere strukturellen Einsparungsvorschläge ergeben eine Summe von rund 52 Millionen €. Deshalb muss sich die schwarz-grüne Koalition schon ernsthaft fragen lassen, ob sie, wie das mein Kollege Rentsch gestern schon formuliert hat, lieber in Kampagnen für die Windkraft und für das Zu-Fuß-Gehen als in die Zukunft unserer Kinder investiert. Das ist nicht die richtige Botschaft, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition.

(Beifall bei der FDP)

Ich will das auf den Einzelplan 04 herunterbrechen, über den wir hier diskutieren. Auch die von uns beantragten und vorgeschlagenen Mehrausgaben in diesem Einzelplan sind gedeckt. Wir investieren in den Bereichen, die ich eben genannt habe, in die frühkindliche Förderung. Wir haben überhaupt kein Verständnis dafür, dass diese Koalition nicht einmal die 25.000 € übrig hat bzw. übrig haben will, die man braucht, um den Beitrag für die Stiftung Lesen weiterhin zu bezahlen. Das ist nicht nur eine Ungehörigkeit, sondern auch ein Zeichen politischer Kurzsichtigkeit.

(Beifall bei der FDP)

Wir verstehen auch nicht, dass Sie nicht genügend Geld für die Ganztagsangebote ausgeben und dass Sie nicht genug in die Lehrerausbildung investieren wollen. Deshalb haben wir an beiden Stellen eine Erhöhung der Mittel beantragt.

Wir haben außerdem beantragt, nicht nur zu pfeifen, Herr Kollege May, wenn es um Deutsch als Zweitsprache geht. Natürlich brauchen wir Deutsch als Zweitsprache an den Schulen. Es reicht aber nicht, zu sagen, man packt einfach noch ein paar Lehrerstellen an die Schulen, die sollen das

machen. Kollege Irmer hat schon darauf hingewiesen: Wir haben in vielen Bereichen nicht die Lehrer, die wir brauchen, um den Unterricht zu erteilen, der benötigt wird. Das gilt auch für Deutsch als Zweitsprache. Hierfür haben wir zwar Stellen, aber wir finden die Lehrer nicht, die die notwendige Qualifikation haben, um Deutsch als Zweitsprache zu unterrichten. Deshalb ist es dringend erforderlich, ein entsprechendes Weiterbildungsprogramm aufzulegen. Das haben wir beantragt. Ich bin gespannt, wie Sie sich dazu verhalten werden.

Wir haben in diesem Zusammenhang auch über den Antrag der SPD-Fraktion zur Einführung der Herkunftssprache als zweite oder dritte Fremdsprache an allgemeinbildenden Schulen und den weichgespülten Alternativantrag der Koalition zu diesem Thema zu diskutieren. Das macht wieder einmal deutlich, wo das Problem in diesem Hause liegt. Die SPD-Fraktion hat einen Vorschlag gemacht, bei dem jeder – wahrscheinlich auch in der schwarz-grünen Koalition – sagt: Die SPD-Fraktion war ein bisschen schneller als wir, aber wir müssen einen Haken daran machen. – Selbstverständlich müssen wir die Potenziale heben, die sich daraus ergeben, dass wir Schüler haben, die über eine Muttersprache verfügen, die an den Schulen als Fremdsprache unterrichtet wird. Diese Chance müssen wir nutzen. Deshalb hat die SPD-Fraktion richtigerweise beantragt, die Landesregierung zu beauftragen, etwas dafür zu tun. CDU und GRÜNE wollen diese Forderung weichspülen. Weil Sie es der SPD nicht gönnen können, oder weil Sie es nicht wollen? Das ist die eigentlich spannende Frage.

In Ihrem Antrag heißt es nicht mehr, die Landesregierung solle beauftragt werden, etwas zu tun, sondern Sie formulieren: Die Landesregierung wird gebeten, „weiter an Vorschlägen zu arbeiten, unter welchen Voraussetzungen“ das möglich ist. – Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Koalition, ich will, dass die Landesregierung etwas tut, statt in Hinterstuben zusammenzusitzen und darüber zu reden, dass man eigentlich etwas tun müsste. Haben Sie deshalb bitte Verständnis dafür, dass wir dem SPD-Antrag und nicht Ihrer weichgespülten Alternative zustimmen werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Für alles, was wir beantragt haben, haben wir auch einen Gegenfinanzierungsvorschlag gemacht – und zwar mit einer sehr klaren Botschaft: Das Geld, das Sie mit der Reform der Schulverwaltung einsparen könnten, wollen Sie nicht einsparen, weil sich insbesondere Herr Kollege Wagner und seine Freunde in der letzten Legislaturperiode darauf festgelegt haben, dass diese mittlerweile über weite Strecken als sinnvoll erkannte Reform nicht umgesetzt werden soll.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Von wem als sinnvoll erkannt? Von Ihnen!)

Ich will jetzt niemanden aus Ihren Reihen, aus anderen Reihen oder aus den Reihen der Landesregierung zitieren, der mir das bestätigt hat. Aber die Erkenntnis ist ganz klar. Die Sachsen haben es nicht so verkehrt gemacht, wie Sie das anscheinend glauben. Die Sachsen geben uns den Rat, ein Landesschulamt einzurichten, eine vernünftige Struktur zu schaffen, statt eine zusätzliche bürokratische Ebene mit vier Kooperationsverbünden einzuziehen – das ist der Inhalt des Gesetzentwurfs, den Sie vorgelegt haben –, die Ar

beitskraft bindet und dafür sorgt, dass weniger Leistungen bei den Schulen ankommen, die die Unterstützung der Schulverwaltung bräuchten.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie investieren in Köpfe in der Verwaltung und in das Aufblähen der Bürokratie statt in die Zukunft unserer Kinder. Das ist ein grundlegender Fehler.

(Beifall bei der FDP)

Ich will das Zeitlimit jetzt nicht weiter überschreiten.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Man könnte zu dem Bildungsgipfel noch viel sagen. Wir sind – das will ich zugeben – mit einer gewissen Skepsis an ihn herangegangen, aber durchaus mit der positiven Grundhaltung, das nicht von vornherein in Bausch und Bogen zu verurteilen.